Hui, hier ist ja was los.
Thema Haltung:
da sind wir wieder bei dem Punkt, wenn die Pferde bei "artgerechter" oder artgerechteRER Haltung nicht das leisten können, das der Mensch von ihnen verlangt, wie in dem Fall mehrere Reiteinheiten am Tag, dann ist ja die Frage, ob da der Egoismus angemessen ist.
Anders sehe ich es bei dem was amara beschreibt, HIT-Aktivstall, so oft hochgelobt, eigentlich für die meisten Pferde eine Katastrophe, weil sie nicht ausgeglichen und zufrieden sondern eher ausgelaugt-müde sind, weil durch die Vorgabe der Fresszeiten die meisten Pferde ihre individuellen Fressintervalle nicht einhalten können - das führt zu dauerhaftem oder zumindest sehr häufigem Hungergefühl, Stress etc - da ist es für mich absolut nachvollziehbar, dass die Pferde dann nicht wirklich leistungsbereit sind. Aber mit herden-normaler Haltung hat das ja auch nichts zu tun leider. (Fand interessant, dass zwei Fütterungsberaterinnen unabhängig voneinander erzählt haben, dass sehr viele Pferde in solchen Haltungskonzepten krank weil gestresst und nicht "gut" gefüttert sind - aber das ist fast ein eigenes Thema wert)
Preise:
eben, das hochgejubelte Marketing muss bezahlt werden. Und auch wenn ich absolut nachvollziehen kann, dass einem der RU diesen Preis durchaus wert sein kann, habe ich persönlich ein Problem damit, wenn jemand die MÖGLICHKEIT die Preise sehr hochzuschrauben (Nachfrage regelt schließlich den Markt/das Angebot) so ausschöpft. Wer sich selber auf die Fahne schreibt nur und im Sinne der Pferde und der Welt sein glorreiches (alleiniges) Wissen weiter geben zu wollen, der sollte doch um der Pferde Willen auch denen sein Wissen zu erlangen ermöglichen, die nicht mehr als übliche hohe Preise zu zahlen.
Beispiel OS: 45 Euro für ein Schulpferd, das wirklich sehr hoch ausgebildet ist und ein einzigartiges Lern-Gefühl ermöglicht, ok. Aber dann kostet die Reitstunde auf eigenem Pferd 100 Euro, wenn ich das richtig kombiniere. Kein Trainer "muss" für 100 Euro die Stunde arbeiten. Kann er natürlich, aber MIR ganz persönlich kommt es da ein wenig moralisch quer... oder so ähnlich. Weiß nicht wie ich das richtig zum Ausdruck bringen soll was ich meine.

So tief in die Tasche greifen zu lassen nur weil man es kann... ist halt auch eine Einstellung.
Dazu passend:
nur weil man es KANN weil die Leute ja die KLappe halten und von einem lernen wollen ist es aus meiner Sicht absolut nicht ok die Reitschüler oder sonstwen anzubölken/anzuherrschen, laut zu werden.
Wer so arg betont wie respektvoll man mit den Pferden umzugehen hat, der sollte doch wissen und auch beachten, dass man mit Menschen ebenso umgehen kann und sollte. Auch Menschen lernen gewiss nicht schlechter, wenn die Atmosphäre freundlich, respektvoll und positiv insgesamt ist.

Klar, er würde lächelnd auf mich als Schüler verzichten, keine Frage, aber ich würde dennoch gewiss nicht Ton und Art schlucken, nur weil er der sonntag-ernannte Gottmeister himself ist.
Anspruch und Wirklichkeit:
ich sehe die Fotos und Videos der OS auch kritisch grade in Bezug auf das was sie predigen was sie wollen. Balance. Balance über allem. Und dann stuppeln die Pferde mit ihren Hinterbeinen, als hätten sie verlernt, dass es die gibt - und ne, ich rede nicht von "HB deutlich aktivieren" sondern davon, dass wenn DAS was da teilweise zu sehen ist nur das NORMALE Gangbild dieser Pferde wäre, sie eine Blamage für ihre Züchter wären. Also wenn die Ausbildung nicht nur in seltenen kurzen Momenten sondern durchaus immer wieder und für längere Passagen den Schritt zB eines Pferde so verunglimpft, dann kann das für mich nicht der positive Weg sein. (Ist schon ernst gemeint dass ich mir echt Gedanken mache, ob ich es schnell genug MIT Darius dann lernen werde, ihn so zu reiten, dass ich das Potenzial nicht vernichte - sonst werde ich das Reiten wohl dran geben, kurz nachdem ich es wieder begonnen habe).
Beurteilung von Bildern oder Videos im Vergleich zu "vor Ort sein":
denke das macht keinen so gravierenden Unterschied, AUSSER vielleicht man sagt nur wer auf dem Pferd selber gefühlt hat, der kann den Unterschied wirklich beurteilen. Aber wäre zB Losgelassenheit nicht auch von außen zu bewerten, wie sollte das Richten, wie sollte Reituntericht überhaupt funktionieren, es könnten ja keine Reitschüler jemals dazu lernen, das erfühlen lernen, ihre Pferde dahin bringen, die nicht selber sehr viel auf gut ausgebildeten Pferden den Unterschied spüren gelernt haben. Und auch wenn das letztere sicher ein wichtiger und hilfreicher Punkt in der Ausbildung ist, glaube ich sicher, dass auch diejenigen ohne diese Möglichkeit gute Reiter werden können.
Gesamt für mich:
ich glaube bei weitem nicht, dass alles schlecht ist, was in den OS vermittelt wird, kann mir sehr gut vorstellen, dass der Unterricht auch von Herrn O. durchaus viel vermitteln kann, keine Frage.
Ob man ihn braucht um ähnliches Niveau zu finden, kann ich nicht beurteilen. Trainer würde ich annehmen gibt es ähnlich gute, was die Schulpferde betrifft kann ich das nun wirklich nicht beurteilen.
Objektivität:
i@amara: ich glaube es ging bei Takt nicht darum, ob eine Piaffe im Takt ist (im Vergleich stimme ich dir total zu, wenn die Tendenz die Hankenbeugung und Verlagerung auf die HH zeigt, nicht aus Kopf- Hals-Kraft hochgezogen oder mit rückständigem VB dafür toll im Takt geritten wird, ist das sicher mehr wert) sondern eher darum, dass die Grundgangarten im schlichten Geradeaus bzw den Seitengängen teilweise bei den OS echt "vermurkst" scheinen. Da hakt es bei mir eben auch... "nicht perfekt" und "auf dem Weg ist es auch immer wieder so, dass nicht alles so läuft wie es soll" geschenkt, aber von hoch ausgebildeten Pferden unter regelmäßig dort reitenden Menschen würde ich erwarten, dass sie nicht in der Anzahl so komische Sachen in einer Vorführung zeigen.
(Vergleich übrigens Konstanze Kopta gerne: die hat nun auch keinen Anspruch mit Zirkel und Lineal zu messen, auch der Takt darf wie oben beschrieben bei der Erarbeitung der Piaffe mal verloren gehen, aber immer sehe ich Pferde locker mit ihrem Körper, nicht wie "zweigeteilt" sich bewegen, das macht für mich einen gewaltigen Unterschied. Grade wenn man sich Thema Balance so auf die Fahne schreibt, sollte doch bei den fortgeschritteneren Pferden die Gewichtsaufnahme mit der HH regelmäßiger sein als es den Eindruck vermittelt!?)
"Das Herz mit dem Verstand begreifen zu wollen, ist so ähnlich, wie mit den Ohren sehen zu wollen." Safi Nidiaye