Ausgebunden longieren???

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ottilie
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Beitrag von ottilie »

Rapunzel hat geschrieben:ein Hilfszügel macht es einem weniger talentierten Menschen in mancher Hinsicht leichter, einfach weil er das Pferd rein durch sein Dasein mehr einrahmt und begrenzt
:? Das "mehr einrahmen und begrenzen" gilt aber nur hinsichtlich der Kopfbewegung... insofern glaube ich jetzt nicht, daß einem Pferd mehr gedient ist, wenn es MIT Ausbindern zentrifugiert wird als ohne... wenn man schon davon ausgeht, daß der Mensch nur über wenig Wissen verfügt.
Denn ohne Hilfszügel kann das Pferd wenigstens selber seine Balance finden, indem es den Hals einsetzt, mit Hilfszügel läuft es an Krücken in eben dem vorgegebenen Rahmen (der ja auch falsch vorgegeben sein kann - wer kein Auge hat, schnallt schnell mal was zu eng).
Das ist doch eine ganz andere Basis als wenn jemand longieren kann und bewusst Hilfszügel zweck- und ggfs. auch zeitlich gebunden verwendet.
Es grüsst ottilie
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Alkasar
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Beitrag von Alkasar »

Rapunzel hat geschrieben:Josa: absolute Zustimmung!

Alkasar: Ja, nein, doch ;-) - ein Hilfszügel macht es einem weniger talentierten Menschen in mancher Hinsicht leichter, einfach weil er das Pferd rein durch sein Dasein mehr einrahmt und begrenzt.
@rapunzel Ja, nein, nicht wirklich :wink:
Für den Longierenden mag es sich einfachen anfühlen und ggf. auch ein nach aussen drängen und verbiegen des Pferdes verhindern. Insofern also– ja.
Dadurch ist das Pferd aber noch lange nicht in einer für ihn gesunden und förderlichen Haltung. Setzt nämlich voraus, auch mit HZ zu stellen, zu treiben, und sie überhaupt sinnvoll auszuwählen und zu verschnallen. In dieser Hinsicht also – nein, nicht wirklich.

Ich habe nichts gegen Hilfszügel auch wenn ich sie Momentan kaum verwende. Aber auch sie gehören in geübte Hände, die wissen warum sie was tun.
„Wer nur zu seiner Freude reitet, aus Freude am Leben, aus Freude an Flur und Wald, aus Freude am Pferd, der ist ein König und ein Weiser.“ (aus: Vollendete Reitkunst, Udo Bürger, 1959)
Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

Also, das würde dann heißen: Wenn jemand unerfahren/untalentiert ist, kann er mit Hilfszügeln genauso viel oder wenig erreichen wie ohne. Und wenn er gut ist, ebenso ;-)

Ich kann für mich nur sagen: Ich longiere sehr viel und gern und sehr unterschiedliche Pferde, und ich verwende dabei je nach Pferd und Ziel auch mal nur den Kappzaum oder Kappzaum/Trense mit normalen Ausbindern, Dreieckern oder auch die Locker´sche Longierhilfe (von Kavalkade nachgemacht, aber aus Gummi). "Nur Kappzaum" ist dabei für mich die am wenigsten interessante Variante; ich reite allerdings auch nicht "leger" oder ohne Anlehnung oder nur mit hauchzarten Hilfen, und so longiere ich denn auch nicht :wink: - ich will das Pferd auch mal ein bisschen "anpacken" können, meinen älteren Wallach arbeite ich fast nur an der Longe, er geht mit viel Spaß und Elan an der Longe Piaffe, Passage, Pirouette usw., das könnte ich natürlich auch mit Hilfszügeln nicht erzwingen, aber er braucht dazu eben einen guten Rahmen, weil er eine fürchterliche Selbsthaltung hat und auch freilaufend nur mit weggedrücktem Rücken und Unterhals herumhirscht.
Phanja

Beitrag von Phanja »

@Josatianma
Ich bin kein totaler Gegner von Hilfzügeln beim Longieren. Ich hatte einfach das Glück, dass alle bisherigen Pferde recht schnell kapiert haben, was man möchte und dementsprechend reagiert haben.
Ich kann mir aber durchaus vorstellen, dass das eine oder andere Pferd - warum auch immer - den Weg über den HZ braucht.
Ich wollte an sich nur ausdrücken, dass ich denke, dass die meisten Pferde plus Besitzer das sehrwohl lernen können.

Zu der Diskussion weniger talentierte Menschen, etc.
Ich seh das auch eher so, dass ein Hilfszügel kein Argument dafür ist, es sich einfacher zu machen. Wenn man von Longieren keine Ahnung hat und auch keine Lust hat, sich ein wenig mit der Frage zu befassen, warum man longiert und was will man beim Pferd körperlich erreichen, etc., dann sollte man finde ich eben nicht longieren.
Was ich nicht kann und auch nicht wissen will, lass ich entweder sein oder ich muss damit leben, dass es schief gehen wird.
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Tossi
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Beitrag von Tossi »

Wir sollten uns mal ein bisschen genauer ausdrücken:

1. "Ausbinder" egal ob mit oder ohne Gummi, seitlich in die Trense - wird eigentlich einhellig abgelehnt, da keine Dehnungshaltung und kein v/a möglich.

2. Stoßzügel - einhellige Ablehnung

3. Dreieckszügel in die Trense - für erfahrene Longenpferde ok

Ich longiere ausschließlich mit Variante

4. Dreieckszügel in die seitlichen Ringe am Kappzaum und Longe im mittleren Ring vom Kappzaum.

So kann ich Situations- und Pferdeabhängig viele unterschiedliche Verschnallungen wählen (zwischen den Vorderbeinen -> seitlich zum Longiergurt oder zum Widerrist, seitlich vom Longiergurt unten -> seitlich Longiergurt oben oder -> Widerrist). Generell wird das Pferd in keine Haltung gezwungen, sondern es wird ihm erleichtert, die gewünschte - erstrebenswerte Haltung einzunehmen. Anders formuliert: die unerwünschte Haltung wird ihm nicht unmöglich, aber doch deutlich unangenehmer gemacht.

Sicher kann man mit viel Geduld auch ohne jegliche HZ zum Ziel kommen, aber eben mit der Gefahr, dass das Pferd z.B. wegen einer Kleinigkeit "abspackt" und dann in einigen Runden mit weggedrücktem Rücken etc. die vorangegangene Arbeit zunichte macht. Dies schadet in meinen Augen viel, viel mehr, als wenn ich dem Pferd durch einen vernünftig verschnallten Dreiecker einen Rahmen vorgebe.

Vertrauen zum Gebiss erarbeite ich ausschließlich beim Reiten und an der Hand. Aus diesem Grund habe ich ein Chambon bisher auch nur in ganz wenigen Spezialfällen kurzzeitig eingesetzt. Es hat für mich die fatale Wirkung, dass das Pferd belohnt wird, wenn es den Kontakt zum Gebiss vollkommen aufgibt.

Außerdem wichtig für mich:

- Longieren ist kein Selbstzweck, sondern immer Ergänzung zum Reiten
- ich longiere nie länger wie ca. 30 Min.
- Abwechslung durch Stangen, Tempiunterschiede, Übergänge usw.
- häufige Handwechsel
- individuelle Anpassung der Dreiecker an den momentanen Ausbildungschwerpunkt und die Tagesform des Pferdes
- und natürlich meine vier "K": Konzentration, Konsequenz, klare Körpersprache und Körperspannung des Longenführers.

Leider sehe ich sehr viele schlecht longierte Pferde und gelangweilte Longenführer ("der Zossen muss noch bewegt werden"), da wäre es oft vernünftiger, man hätte die Pferde einfach in Ruhe auf der Weide gelassen, das schadet wenigstens nicht...
Zuletzt geändert von Tossi am Mo, 03. Mai 2010 15:02, insgesamt 1-mal geändert.
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smilla
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Beitrag von smilla »

Tossi hat geschrieben:Wir sollten uns mal ein bisschen genauer ausdrücken:

1. "Ausbinder" egal ob mit oder ohne Gummi, seitlich in die Trense - wird eigentlich einhellig abgelehnt, da keine Dehnungshaltung und kein v/a möglich.

2. Stoßzügel - einhellige Ablehnung

3. Dreieckszügel in die Trense - für erfahrene Longenpferde ok

Ich longiere ausschließlich mit Variante

4. Dreieckszügel in die seitlichen Ringe am Kappzaum und Longe im mittleren Ring vom Kappzaum.
Nö! Mit dem Konsens bin ich nicht einverstanden ;) Mir leuchtet nach wie vor der einfache Lederausbinder ohne Gummiringe am ehesten ein, warum habe ich ja schon beschrieben.

Ich finde z.B. Dreieckszügel gar nicht überzeugend. Die Pferde, die ich bisher damit sah, waren meistens sehr instabil am rumeiern.

edit: Und Hilfszügel in den Kappzaum finde ich nicht sinnvoll.
"Reiter und Pferd sind zu einer geistigen und körperlichen Einheit verschmolzen, sind zwei Herzen und ein Gedanke- die wunderbare Alchemie des Reitens hat aus den zweien in Wahrheit eins gemacht. Solche Kunst ist klassische Kunst!"
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Tossi
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Beitrag von Tossi »

Mir ist noch nie ein Pferd begegnet, das auf diese Weise in allen Lebenslagen ordentlich longiert wurde, sorry.

Longierst Du über Stangen, wie tief/hoch stellst Du die Ausbinder seitlich?

Außerdem musste ich vor vielen Jahren mal mit ansehen, wie sich ein Pferd panisch mit Ausbindern in der Trense überschlagen hat - das Erlebnis wünsche ich keinem.
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Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

Meiner Erfahrung nach gibt es kein "ich mache das grundsätzlich so oder so", weil jedes Pferd ein Individuum ist und man manchmal ganz andere Wege gehen muss als gedacht.

Hilfszügel im Kappzaum finde ich nur am Anfang vielleicht noch sinnvoll, ansonsten bringt mir das für die Erarbeitung einer stabilen Anlehnung nicht viel. Chambon & co verwende ich nicht, weil ich auch nicht will, dass das Pferd für das Ausweichen vor dem Gebiss belohnt wird. Aber siehe oben, vielleicht hab ich mal ein Pferd an der Longe, bei dem nur das in diesem Moment weiterhilft, dann würde ich das auch probieren.

Ausbinder finde ich sinnvoll a) bei sehr "schlängeligen" Pferden, bei denen ich eine gewisse Stabilisierung in der Längsachse erarbeiten will und b) bei Pferden, die zum Aufrollen/Verkriechen neigen, weil der Ausbinder der ruhig stehenden Reiterhand immer noch am ähnlichsten ist.
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Lulu
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Beitrag von Lulu »

Tossi hat geschrieben:Leider sehe ich sehr viele schlecht longierte Pferde und gelangweilte Longenführer ("der Zossen muss noch bewegt werden"), da wäre es oft vernünftiger, man hätte die Pferde einfach in Ruhe auf der Weide gelassen....
Und hier liegt doch der eigentliche Hund begraben! Viele betreiben Longieren nur als "Bewegungstherapie" und sind sich der eigentlichen Möglichkeiten oft garnicht bewusst!

Korrektes Longieren, egal wie man es selber betreibt, hat einen enormen gymnastizierenden Effekt für das Pferd, aber auch nur dann wenn der Longenführer auch jeden Moment und genauso konzentriert bei Sache ist, wie es es von seinem Pferd erwartet!

Ansonsten muss jeder für sich und sein Pferd den richtigen Weg finden --> will heißen, was der eine für sich als den "Weg" empfindet, kann für einen anderen schon wieder völlig anders aussehen! Ich für meinen Teil, versuche jeweils auf die persönlichen Befindlichkeiten des jeweiligen Pferdes einzugehen!
Beispiel: 6-jähriger WB-Wallach, wurde zwar 3-jährig "angeritten und anlongiert", aber halt nur unter dem Motto "Das Pferd darf sich im Kreis rennend bewegen"! :evil: Der kannte nur den Hirschen an der Longe, zudem unkontrolliertes Rennen (im Trab) mit einem Hineinfallen in den Galopp --> ganz gruselig! Habe dann begonnen mit sehr lang verschnallten Dreieckszügeln zu longieren, auf einem möglichst großen Kreisbogen. Das Umlernen ging sehr schnell und mittlerweile zeigt er ein schönes lockeres V/A, die Rückenmuskulatur hat innerhalb von 4 Monaten so zugelegt, dass der Sattel mal eben viel zu eng geworden ist :oops: Und ich jetzt ganz soft mit DL-Arbeit angefangen habe!

Lulu
LG Lulu

Achtung, in Deckung Monstergetier mit Struwelkopf in Sicht!

Da gibt´s Bilder!
horsman
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Beitrag von horsman »

da ist es ja wieder:
"1. "Ausbinder" egal ob mit oder ohne Gummi, seitlich in die Trense - wird eigentlich einhellig abgelehnt, da keine Dehnungshaltung und kein v/a möglich. "

Ausbinder sind nicht für eine v/a-Arbeit gedacht. v/a ist aber auch nicht das einzige Ziel. Ich lehne Ausbinder nicht so pauschal ab. Man muss nur wissen wofür und wann und wie.
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Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

Sach ich doch 8)
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

Rapunzel hat geschrieben:b) bei Pferden, die zum Aufrollen/Verkriechen neigen, weil der Ausbinder der ruhig stehenden Reiterhand immer noch am ähnlichsten ist
DIE Kurve krieg ich jetzt nicht. Ein Pferd neigt zum Aufrollen, und das soll am ehesten durch einen Ausbinder verhütet werden? Der sofort durchhängt und keine Einwirkung mehr hat (vorausgesetzt, er ist in entsprechender Länge verschnallt, die dem Pferd eine Haltung vor der Senkrechten erlaubt), sobald das Pferd sich verkriecht?
:kopfkratz:
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Beitrag von Rapunzel »

Genau. Dann kommst nämlich du als Longierer ins Spiel, der dem Pferd, genau wie beim Reiten, den Weg zurück nach vorn an den stetig "angebotenen" Ausbinder zeigt, durch viele Tempounterschiede innerhalb der GA, durch Übergänge, durch stärkeres Abstellen oderoderoder - eben mit all den Methoden, die man beim Reiten auch nutzt, um einen Aufroller zu korrigieren. Nur mit dem Vorteil, dass der Ausbinder absolut unbestechlich ruhig da steht und niemals nach hinten einwirkt.
Einen Aufroller beim Reiten durch "Nicht-anfassen" korrigieren zu wollen ist auch nicht wirklich erfolgversprechend.
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smilla
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Beitrag von smilla »

Ich verlinke mal ein Foto (leider nur ein Foto, vielleicht folgt ja mal noch ein Video) von K. Gerhard, das mich u.a. nachdenklich gemacht hat:

Bild

Hoffe, ihr seht es?
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Beitrag von Rapunzel »

Ey jo, die Kerstin kann´s halt aber auch. Und die Verfasser der Hdv waren auch keine Trottel.
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