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Pferd für Dressur absolut nicht motivierbar - was tun??

Verfasst: Mi, 26. Sep 2007 11:50
von Eyreen
Guten Morgen!

Ich muss Euch mit einem wohl für viele etwas lächerlichem Thema belästigen bzw. suche um Rat. Es geht um meinen 9jährigen Anglo-Araber Hengst, und bezüglich der Vorgeschichte muss ich etwas ausschweifen:

Ich habe den "Kleinen" (naja.. Stkm. 160) seit er 2 ist, mit 3 fingen wir mit Bodenarbeit an, mit 4 bin ich das erste Mal draufgesessen. Ich habe mir für die Grundausbildung sehr viel Zeit gelassen und es wurde mir auch tausendfach belohnt, er war von Anfang an ein wirklich ruhiges und gelöstes Pferd, nur leider immer schon recht faul. Mit fast 5 hat er sich in der Box schlimm verlegt und dabei anscheinend das Knie kaputt gemacht (Kreuzbänder angerissen/stark ausgedehnt), er ging aber nur wenige Tage lahm und der damalige Tierarzt hat nicht das Knie diagnostiziert. Die Moral von der Geschichte: nach 3 Wochen haben wir wieder begonnen ihn locker zu Arbeiten, Pferd lief klar, er kompensierte das kaputte Knie anscheinend durch Umbelastung. Da wir nur wenig und locker arbeiteten, viel das so weit leider nicht auf (er war ja auch noch in der Grundausbildung und wurde vielfach nur geradeaus im Gelände geritten).
Einige Monate darauf kam dann das Ergebnis: Sehnenscheidenentzündung im darunterliegenden Fesselgelenk, es kam von der Umbelastung wegen des Knies (das haben wir aber leider erst 1 Jahr später herausgefunden). Somit viel der Junge für ein 3/4 Jahr aus, sprich: 2 Monate Klinik (in der Zeit habe ich auch Stall gebaut), 1/2 Jahr Rekonvalesenz mit 5 Min. Schritt beginnend, dannach langsam mit dem Reiten anfangen. Dabei stellte sich dann heraus, dass das Knie das Problem ist, er ließ die Hinterbeine furchtbar über den Boden schleifen. Ab nach München und erfolgreiche OP. Diagnose: gut!
Wiederum 1/2 Jahr vorsichtiges antrainieren mit 5 Min. Schritt an der Hand. In den ersten Monaten, in denen wir wieder mit wirklichem Reiten (vw-aw) begannen, lief er ganz gut und auch recht motiviert (das war im Winter und wir mussten immer mit dem Hänger in den benachbarten Reitstall fahren, um die Halle zu nützen). Ein paar Monate später kam wieder ein schlimmer Rückfall, es stellte sich im Nachhinein als Borreliose-Schub heraus. Monatelang war das PFerd die reinste Katastrophe, er zog alle 4 Beine über den Boden, war apathisch und für nichts zu motivieren. Wir bewegten ihn auch nur im notwendigen Maß bzw. habe ich in der Zeit eigentlich fast nur an der Longe gearbeitet, da das PFerd für Gymnastik unterm Sattel absolut nicht zu motivieren war (verständlicherweise). Im darauffolgenden Winter (das war dann schon Winter 06/07) war er bis auf den Kampf mit einer chron. Kehlkopfentzündung wieder fit und wir begannen wiederum völlig von vorne, ein paar Runden fleißiger Trab im vw-aw waren schon der Himmel auf Erden. Zeitweise lief er sehr gut, was vor allem wieder dem Training im Reitstall zuzuschreiben war, er war eben immer ein wenig freudig motiviert weil doch wieder andere Pferde zu sehen waren.

So, nun zum eigentlichen Problem (sofern ich es schaffe, es zu erklären..) Der Hengst ist mittlerweile topfit geblieben, ich erkenne ihn kaum wieder. Er ist extrem munter, hat Power und ist lebhaft, so kannte ich ihn von Früher kaum. Die Probleme fingen aber schon im Frühjahr an, als wir wieder auf unserem eigenen Reitplatz zu Arbeiten begannen: er war völlig unmotiviert, es interessirt ihn nicht. Im Reitsall hat er sich einfach ein klein wenig aufgezwirbelt und hatte auch mehr Energie, zu Hause ist es nur langweilig und mühsam für ihn. Wir haben seit Frühjahr viel an der Longe gearbeitet, viel mit Stangen, um ihm auch wieder die notwendigen Muskeln anzutrainieren. Nach 3 Jahren Krankheit fehlte es einfach an allem, irgendwo verstand ich ihn ja, aber da musste er durch. Leider schleift er nach wie vor die Zehen der Hinterbeine über den Boden und es war sehr schwer ihn richtig zum durchschwingen zu bekommen, sodass er auch mal seinen Popes verwendet. Machte man zu viel Druck, krampfte bzw. klemmte er, bei zu wenig Druck lässt er sich gehen und schlurft dahin - zwar locker, aber ohne Vorwärts. Es ist die reinste Katastrophe gewesen.
Im Laufe des Sommers haben wir dann an der Longe sehr viel herausgearbeitet, unter dem Sattel mussten wir uns zeitweise damit zufrieden geben, dass er die lange Seite mal wirklich locker vw-aw lief, an der kurzen Seite klemmte er wieder da er nicht durch die Wendung arbeiten wollte. Wir haben uns also mit sehr kleinen Erfolgen vorgearbeitet, immer mit viel Lob und Belohnungen (Säcke voll Karotten). Je mehr Kraft er bekam, desto länger konnte er dann ein locker durchgeschwungenes vw-aw durchhalten, aber man durft nie zu viel Druck machen oder zu schnell ein Vorwärts verlangen, sonst lief er sofort klemmig, was auch laufendes Stolpern und Wegknicken der Hinterhand zur Folge hat.
In den letzten 3 Monaten lief er eigentlich schon so gut, dass er Wendungen und Zirkel schön läuft, ohne wieder in der Hinterhand zu klemmen. Das Problem ist aber, dass die Motivation wieder mehr und mehr verloren geht, obwohl er merklich mehr Kraft und Elastizität bekommt. Gehen wir Ausreiten, läuft er freudig vorwärts und zeigt fantastische Arbeit. Haben wir vor auf den Platz zu gehen und reiten nur eine Aufwärmrunde im Schritt durch den Ort, lässt er die Beine schon schleifen wenn wir wieder die Richtung zum Reitplatz einschlagen. Im Schritt ist es dann schon kaum möglich, ihn in ein vw-aw zu motivieren, er kaut nicht ab, er lockert sich nicht. Einzig SH und Travers können ihn munter machen, wenn wir damit beginnen ist es jedes Mal aufs Neue demotivierend für den Reiter. Nase in die Luft, Ausweichen nach allen Richtungen, er zeigt mit allen Mitteln was er davon hält. Erst nach mehrmaliger Aufforderung und wenn man mal wirklich deutlicher wird, lässt er sich zu einem korrekten SH herab. Dann gestern die Katastrophe pur. Von wegen dann lockeres lostraben im VW-AW - Kopf in die Höhe, Außenstellung, Geschlurfe, Rücken durchgedrückt. Ich hätte losheulen können. Das änderte sich auch nicht nach mehrmalig versuchtem Lockern.. Er ignorierte Schenkel und ging in Außenstellung um die kurze Seite, lockerte sich absolut nicht ab, zeigte deutlichen Mißmut zur beginnenden Arbeit.
Ich habe ihn immer mit sehr weicher Hand und minimaler Anlehnung geritten, und bisher hatten wir auch nie das Thema, dass er sich nicht nach vw-aw dehnt. Er lief zwar zeitweise sehr klemmig oder zu wenig vorwärts, aber er drückte nicht gegen die Hand und suchte eine weiche Verbindung. Gestern war ich dann dermassen fertig und von ihm enttäuscht, dass ich am liebsten abgestiegen wäre und ihn am Reitplatz so stehen gelassen hätte. Wie kann es nur sein dass man sich so aufopfernd um ein Pferd kümmert, ihn jahrelang durch seine Krankheit hilft, und dann ist er endlich gesund und er verweigert jegliche Mitarbeit, obwohl man ihn monatelang vorsichtig antrainiert, ihm alle Zeit der Welt gibt und er nie zu etwas gezwungen wurde? Jeden Schritt muss man am Reitplatz rausreiten, nichts tut er freiwillig, alles ist für ihn mühsam und er ist nur noch unwillig.

Ich habe dann gestern vor lauter Frust die Zügel weggeworfen und nichts mehr gemacht, bin auf ihm sitzen geblieben und wollte schauen wie er darauf reagiert. Ich hatte die leichte Hoffnung dass er verwirrt ist und nicht weiss, was nun los ist. Ganz im Gegenteil, das PFerd war nun endlich zufrieden. Er lief kurz zum Zaun um nach seinem Kumpel zu kucken, der dort stand, und schlug schnurstracks den Weg Richtung Reitplatzausgang ein, geradewegs rauf zum Stall. Als er dabei war rauszugehen, hab ich dann endgültig die Nerven verloren und es Knallte mal kräftig. Zum ersten Mal seit wirklich langer Zeit hat es mal mit der Gerte gescheppert, und er ist erschrocken und erbost in die Bahn zurückgesprungen. Nach nochmaligem Nachruck ließ er seinem Ärger mit einem Buggler lauf. So - danach Zügel aufgenommen und ich hatte ein zwar ängstliches und zu Beginn davonlaufendes, aber sehr lockeres und mitarbeitendes Pferd unterm Hintern. Nochmal gab es eine unschöne Szene weil er sein Heil nur noch in der Flucht suchte, dannach konnten wir doch tatsächlich seit Wochen wieder einmal richtig arbeiten, ich merkte richtig den Schub von hinten als er mal seinen Motor kräftig eingeschaltet hat.

Nun bin ich aber seit gestern völlig frustriert und könnte heulen. An der Longe kann ich ihn motivieren und er läuft nach seiner üblichen, recht langen Aufwärmzeit locker flockig vw-aw, aber jeden Schritt muss man raustreiben. Aber immerhin kriegt man ihn zum Arbeiten und er läuft immer schön gelöst. Lediglich das Vorwärts muss man mit gering dosiertem Druck rausquetschen. Aber beim Reiten ist er so wahnsinnig unmotiviert, ignoriert jede freundliche Aufforderung zur Mitarbeit, dass man als Reiter irgendwann einfach nicht mehr die Geduld aufbringt. Eine Zeit lang lief er ganz gut und man konnte ihn mit viel Gefühl in die richtige Richtung bringen, seit kurzem wird es aber von Mal zu Mal schwieriger mit ihm - er hat einfach keinen Bock, und mir gehen nun mittlerweile die Ideen aus, wie ich es ihm schmackhaft machen kann. Und das frustrierendste: es ist alles perfekt für ihn: top passender Sattel, laufend Kontrolle durch Physiotherapeutin (er ist gesund!), laufend Chiropraktiker wenn er sich mal wieder auf der Koppel hinschmeisst und Blockaden hat. Aber er HAT NICHTS! Er ist topfit! Es geht ihm so gut wie noch nie, er bekommt genug Kraftfutter um wirklich auch Energie und Bewegungslust zur Arbeit zu haben, wir arbeiten max. alle 2 - 3 Tage und das sehr abwechslungsreich (entspannende Ausritte, Longe, Freispringen, er wird eingefahren) und er hat mit seinem Kumpel ein 24h-Leben auf der Wiese!

Also was mache ich falsch???? :cry: Sein Kumpel, ein Traber aus ganz schlechter Haltung, ist das motivierteste Pferd bei der Arbeit.. es macht so viel Spaß mit ihm zu arbeiten, und er hat so eine Energie und LEbensfreude, die er mitbringt. Er folgt jeder freundlichen Aufforderung und ist einfach WILLIG, etwas zu tun.. ihm ist ansonsten langweilig! Der Hengst will natürlich auch etwas tun, aber nichts was mit dem Reitplatz zu tun hat! Am besten 1 x in der Woche Ausreiten, und das wars... ansonsten kann ihn nichts motivieren (außer wenn wir ihm Winter zum Reitstall fahren..).
Mache ich alles falsch, oder kann es mir passieren dass ich jedesmal mit dem Pferd zusammenkrache, um ihn zum Arbeiten zu bekommen? Aber es kann doch nicht angehen, dass man ein Pferd nur unter Androhung von Strafe zur Arbeit bekommt??!!! Seit gesten bin ich so dermassen enttäuscht von meinem Hengst, dass ich ihn am liebsten wegstellen und nicht mehr arbeiten würde...

Es tut mir leid Euch mit dem langen Roman zu belästigen, aber irgendwo musste ich meinem Frust Luft machen und mal um Rat fragen.. ich dachte immer, dass ich meine Pferde mit Geduld und Motivation zu allem bewegen und ausbilden kann. Dass ich, je feiner ich arbeite, umso mehr Motivation und Dankbarkeit zurück erhalte. Funktioniert das Prinzip also doch nicht? Brauchen manche PFerde also innsgeheim doch Druck, um überhaupt anständig unterm Sattel zu arbeiten?

Liebe Grüsse, Silke

Re: Pferd für Dressur absolut nicht motivierbar - was tun??

Verfasst: Mi, 26. Sep 2007 12:03
von Alix_ludivine
Salut Silke,

wie baust Du denn Deine Reiteinheiten auf? Was machst Du da und in welchen Abfolgen? Für mich klingt das alles ein bissl danach, dass ihm bocklangweilig ist...
Eyreen hat geschrieben:Ich habe dann gestern vor lauter Frust die Zügel weggeworfen und nichts mehr gemacht, bin auf ihm sitzen geblieben und wollte schauen wie er darauf reagiert. Ich hatte die leichte Hoffnung dass er verwirrt ist und nicht weiss, was nun los ist. Ganz im Gegenteil, das PFerd war nun endlich zufrieden. Er lief kurz zum Zaun um nach seinem Kumpel zu kucken, der dort stand, und schlug schnurstracks den Weg Richtung Reitplatzausgang ein, geradewegs rauf zum Stall. Als er dabei war rauszugehen, hab ich dann endgültig die Nerven verloren und es Knallte mal kräftig. Zum ersten Mal seit wirklich langer Zeit hat es mal mit der Gerte gescheppert, und er ist erschrocken und erbost in die Bahn zurückgesprungen.
Du weißt schon, dass Dein Ausraster ihm gegenüber äußerst unfair war? Einerseits sagst Du ihm "Pause. Mach was Du willst" und zuckst Dich nicht mehr auf dem Pferd und dann donnerst Du so auf ihm los, nachdem er das macht, was Du ihn machen lassen hast... Kein Wunder, dass er danach sauer war..

LG Alix

Verfasst: Mi, 26. Sep 2007 12:09
von kiki
Also erstmal vorweg, jedes Pferd ist anders, mess ihn nicht am Traber.
Der Hengst ist vielleicht ein furchtbar phlegmatisches Pferd, zumindest wenn er arbeiten soll ( auf der Koppel habe ich ihn ja auf dem Video gesehen, du redest von diesem Hengst :lol: ).
Ich habe einen Wallach und seine Mutter, der junge Mann ist ein Typ: ich will gefallen, also arbeitet er gerne mit, er hat langeweile wenn ich nichts mache und denkt sich Blödsinn aus ( 7 Jahre alt ).
Seine Mutter heißt mit 2ten Vornamen Faulheit und mit 3tem Dickkopf ( eben Stutenzickig ), die muß ich auch ständig auffordern mitzuarbeiten, und sie tut es nur nach Aufforderung.
Sie arbeitet besser mit, wenn ich nicht jeden Tag was mache.
Aber ein hallowach mittels Gerte braucht sie leider auch immer erstmal, so ist sie eben, immer erst fragen muß ich wirklich.
Dein Hengst ist vielleicht einfach nur faul, und weil du den tollen Traber hast findest du es, da einen Vergleich hast doppelt doof ( sonst würdest du es vielleicht garnicht als so schlimm empfinden, weil du es nicht anders kennst ). Der Traber hat schlechtes durchgemacht und weiß dich vielleicht eher zu schätzen. Dem Hengst ist ja nie was böses passiert, warum soll ich mich denn bemühen, die ist doch eh nett zu mir.

So das ist das was mir dazu einfällt.

Re: Pferd für Dressur absolut nicht motivierbar - was tun??

Verfasst: Mi, 26. Sep 2007 12:17
von kallisto
Hallo
Eyreen hat geschrieben:....ich hatte ein zwar ängstliches und zu Beginn davonlaufendes, aber sehr lockeres und mitarbeitendes Pferd unterm Hintern. ...
Für mich sehr widersprüchlich. Wie definierst Du locker? Kommt dann wirklich der Rücken und läuft er balanciert und gesetzt? Für mich klingt die Formulierung eher, als kippt er im Hals ab und rennt mit tiefen Hals davon. Ein wirklich entspanntes Pferd muss auch im Kopf entspannen können. Und warum ängstlich?

Für mich klingt es so, als ob er mit Deiner Arbeitsweise nicht zufrieden wäre. Das Reiten klappt im Gelände gut, so dass man gesundheitliche und satteltypische Probleme wohl ausscheiden kann. Was sagen andere, die Dich beim Reiten beobachten?

LG Susi

Verfasst: Mi, 26. Sep 2007 12:18
von Mara
Auch, wenn das jetzt nach Vorurteil hoch 10 klingt - aber er ist ein Hengst!
Du warst Jahrelang (aus verständlichen Gründen) lieb und freundlich zu ihm. Warst immer vorsichtig und hast lieber zu wenig gemacht als zu viel. Er war es bisher gewohnt, dass immer alles Friede, Freude, Eierkuchen ist und er, wenn er Symptome seines Unwohlseins gezeigt hat, geschont wurde - und das über Jaaaahhhre!
Wenn man erst mal in so einem Schlurf drin ist, braucht es halt einen gewaltigen Knall, um da wieder rauszukommen.

Einen Knall hattest Du. Seine Mitarbeit danach zeigt für mich, dass er Dich nicht wirklich ernst nimmt. Ja, die Reaktion war evtl. etwas heftig. Aber er hat gemerkt "huch, die kann ja böse werden und weiss, was sie will"

Mach Sachen, die ihm Spass machen, geh weiter regelmässig raus, aber beharre auch darauf, dass auf dem Platz gearbeitet wird. Erst, wenn er Dich wirklich ernst nimmt, kann er Freude an der Zusammenarbeit haben.
Dass er in einer anderen halle aufdreht, würde ich als Hengst-Imponiergehabe einstufen.

meine Meinung


edit: nein, ich bin NICHT der Meinung, dass man Hengste generell härter anfassen muss. Aber es liegt in ihrer biologischen Natur, den Menschen noch eher als Führungsperson in Frage zu stellen, als bei Wallachen oder Stuten (zumindest meine Erfahrung)

Verfasst: Mi, 26. Sep 2007 12:27
von horsman
Oha, du denkst nicht so einfach wie ein Pferd, sondern so kompliziert wie ein Mensch. Das Pferd dankt Dir nicht die Pflege in Krankheit und gutes Futter durch gute Dressur. So zu denken ist Unsinn.

Also, wo ist das Problem?
Das Pferd geht nicht von alleine vorwärts? Ist es das?
Mal angenommen es ist ansonsten alles gesund, dann wären zwei Schritte zu tun:
1. selbstständiges vorwärts an Longe ohne Reiter erarbeiten
2. selbstst. vorwärts unter dem Reiter erarbeiten.
Dabei gilt immer die selbe einfach Regel:
Durch geeignete Hilfe "vorwärts" anordnen, Ausführung einfordern, dann mit Hilfe sofort aufhören und erst neue Hilfe, wenn vörwärts erneut eingefordert werden muss. Das Pferd beginnt dann allmählich zu verstehen.

An der Longe Hilfe durch Longierpeitsche ggf. mit Stimme kombiniert. Dabei wird der natürliche Fluchtreflex angesprochen (der ist bei einen Pferd stärker, beim anderen schwächer ausgeprägt). Erst später wird der nat. Fluchtreflex auf die Peitsche in einen ankonditionierten Vorwärtsreflex auf die Schenkel umtrainiert. Das heißt aber korrekter Schenkeleinsatz, sonst funktioniert das nicht !!! (unabhängiger Sitz + Gefühl!!!)
Dauerklemmen oder Dauerdruck mit Schenkel ist da völlig kontraproduktiv.

Außerdem ist das für das Pferd richtige Tempo zu bestimmen. Dazu muss man das Pferd beobachten. Es darf sich nicht verhalten (klemmen) und nicht ans laufen kommen (eiliges gerenne). Bei manchen Pferden (oft Arabisch geprägte) ist das Intervall zw. den beiden Grenzen zu Anfang nur sehr klein.

Darauf abzustimmen ist der korrekte Zügelgebrauch. Der Zügel darf nicht bremsen, was du gleichzeitg an vorwärts einforderst. Auch da muss man sehen, wie das jeweilige Pferd reagiert.

Außerdem scheint es, dass Du v/a mit Beizämung verwechselst. Beizäumung (rund in Kopf und hals bei nachgiebigem Maul+Genick)) entsteht nicht durch "lockeres v/a" (leider typisch deutsches Denken), sondern nur durch lösendes arbeiten der Hanken.

Deine gesamte Gestaltung der Arbeit erscheint mir wenig schlüssig.

Am besten Du suchst Dir einen geeigneten Ausbilder, der Dir hilft. Meist jedoch findet man kaum jemanden, der da genug Plan von hat.

Gruss
horsmän

Verfasst: Mi, 26. Sep 2007 13:44
von Eyreen
Danke schon mal für die vielen Antworten! Ich werde versuchen, noch ein wenig Licht in die Sache zu bringen..

@Alix: der Aufbau zur Arbeit am Platz: ich gehe immer zuerst eine Runde auswärts, aufwärmen im Schritt am Platz finde ich kontraproduktiv. Daran, wie fleissig und freudig er schon vom Stall weggeht, kann ich auch ein wenig sein Befinden einordnen. Wenn er schon vom Stall weg schlurft oder ausgepowert ist (z.B. auf der Koppel sehr viel gerannt/gespielt), fange ich keine Dressurarbeit an sondern disponiere um und gehe ins Gelände. Wenn fit und munter, komme ich nach 15 Minuten Schritt auf den Platz. Dann zuerst lösende Schrittarbeit, weiche Verbindung herstellen, gutes Vorwärts erreichen , Wendungen, Volten.. wenn er locker läuft fange ich mit SH an, Travers, dabei wird er meist ein wenig munter, manchmal läuft es gut, manchmal braucht es etwas mehr Nachdruck. Dann gönne ich ihm zuerst lockeres traben in sehr ruhigem Tempo, ich weiss dass er irgendwie trotz allem noch ein wenig ein Problem mit seiner Hinterhand hat und lasse ihn zuerst wirklich untertourig laufen, manchmal muss er auch durch seinen empfindlichen Kehlkopf einmal abhusten (ist aber ausgeheilt!). Wenn wir mit Trabarbeit loslegen reite ich keine langen Einheiten, immer mal wieder Schrittpausen mit langem Zügel, baue Trabstangen ein, und reite auch zu Anfang viel ganze Bahn und nur große Zirkel, da wir einfach schon damit beschäftigt sind ein konstantes Vorwärts bei gleichbleibender Anlehnung zu erhalten. Wenn das klappt, gehen wir erst zu mehr über: Ecken ausreiten, mal größere Volten etc. etc. Alles in allem habe ich bisher versucht nur die grundlegendsten Dinge zu erreichen: Takt, Losgelassenheit, konstante Anlehnung, Vorwärts, Schwung. Bis dahin war ich mir auch sicher auf dem richtigen Weg zu sein da man gerade noch vor ein paar Monaten gut merkte, dass er eine lange Seite schon sehr schön lief, in den Wendungen aber Probleme bekam und nicht gleich losgelassen durchtreten konnte.
Bocklangweilig kann ihm nicht sein, da ein MEHR noch gar nicht möglich ist, sprich ihm dazu auch nocht die Kraft fehlt es durchzuhalten. Ich kann nicht mehr fordern, als er körperlich imstande ist...

Gut, die Reaktion war unfair, das gebe ich ja auch zu, und mir tut es sicherlich im Nachhinein mehr weh als dem Pferd . Aber mir ist nach 10 Min. absoluten Unwillens des Pferdes einfach der Kragen geplatzt, dass er trotz freundlicher Aufforderung und Geduld so gegen mich gearbeitet hat, ohne sich einen Deut zu bemühen.

@kiki: das ist eben das was mir nicht glaube und nun den Fehler wohl doch bei mir suche... oder ich irre mich und mein Pferd zieht mich einfach übern Tisch weil's ihm - wie mein ehemaliger Reitlehrer sagte - ZU GUT geht... aber das will ich einfach nicht glauben..

@kallisto: ja, es ist ein wenig widersprüchlich. Er ist im ersten Moment unterm Hintern davongelaufen, hat einen Kragen gemacht und sich aufgeplustert. Wie ein Gockelhahn. Er hat sich einfach erschreckt nach dem Motto "Was'n jetzt los, ich mach eh alles, aber schlag mich nicht!". Zum einen hatte er plötzlich etwas Bammel, auf der anderen Seite hat er sich wahnsinnig bemüht. Ich brauchte etwa 2 Runden um ihn wieder in ruhiges Tempo zu bekommen, hatte dann aber ein wirklich durchschwingendes, und mal effektiv VON HINTEN tretendes PFerd. Er hat ja nach ein paar Runden im Kopf ebenfalls wieder entspannt, war aufmerksam, fleissig, und hat wirklich mitgearbeitet. Endlich einmal das Gefühl, das Pferd wirklich VORM BEIN zu haben, wie hier immer angepriesen wird. Leider war er aber auch die restliche Zeit hypersensibel, weshalb ich auch keineswegs ein Pferd auf diese Art und Weise zur Mitarbeit bringen will. Er war mir ZU Aufmerksam und Bedacht, nicht nochmal einen Fehler zu machen.
Im Gelände kann ich ihn im Übrigen ebenfalls dressurmässig arbeiten, das klappt wunderbar da er seinen natürlichen Vorwärtsdrang mitbringt und locker flockig vorwärts läuft!

@Mara: das ist das, was mir gerade meine ehemaligen Reitlehrer ebenfalls sagen, aber ich möchte das auch wieder nicht so recht glauben. Eigentlich ist der Hengst extrem sensibel, und bei zu viel Druck macht er dicht und klemmt komplett, dann kann man sich eine halbe Stunde lang bemühen ihn wieder locker zu kriegen. Andererseits lief er nach unserem Krach gestern wie ein Glöckchen...

@horsmän: das mit gute Pflege/Futter war vielleicht falsch ausgedrückt. Ich denke mir nur, er hat sein ganzes Leben lang keine schlechten Erfahrungen mit Reiten gemacht. Er hat noch nie ein einziges Mal daran gedacht, mich abzusetzten. Es fehlt ihm rein körperlich/seelisch an absolut gar nichts (naja, o.k., eine Stute vielleicht). Er fühlt sich rundum wohl, hat Energie und Lauffreude (auf der Koppel jeden Tag zwischen 4.00 und 5.00 Uhr morgends zu hören), warum hat er dann so ein Problem mit Arbeit? Warum freute er sich nicht über die Abwechslung mal was zu tun als auf der Wiese zu stehen und zu fressen? Vor allem, wenn ich ihn einige Tage nicht arbeiten konnte (Wetter oder was auch immer) sprüht er vor Energie und will ja was tun (beim Ausreiten explodiert er dann fast förmlich), außer Dressurarbeit.. da wird er zum Opa, zieht alle Beine übern Boden und kann seinen Hintern nicht bewegen... Das widerspricht sich irgendwie für mich.. er müsste doch irgendwie auch seine Power loswerden wollen, so wie er es dann auch bei einem Ausritt macht :roll:

Zu Deinem ersten PUnkt: dem nicht vorwärts-laufen. Das haben wir an der Longe halbwegs hinbekommen, aber wir sind NICHT an dem PUnkt, dass er ein Selbstläufer ist. Man muss immer am Arbeiten bleiben, immer dran bleiben, nicht aufhören zu treiben.
Dann das Problem: fordere ich ein Vorwärts etwas energischer, klemmt er sofort. Das heisst, ich muss ihn freundlich auffordern. Das bedeutet unterm Sattel: Schenkel, und falls darauf keine Reaktion kommt, Gerte als Mithilfe so "zart" einsetzen, dass er sich nicht unter Druck gesetzt fühlt, aber doch wieder so bestimmt, dass er es nicht ignoriert. Unser Hauptproblem: ihn SO vorwärts zu bekommen, dass er trotzdem locker und gelöst bleibt und von Hinten arbeitet. Das ist das, was er in letzter Zeit nicht mehr machen will. Wir haben es geschafft, seinen Motor ganz gut zu aktivieren. Das ist anstrengend, und da ist er draufgekommen. Nun denn, das Vorwärts haben wir oft schon, aber dann lässt er sich einfach auseinander fallen - er hebelt sich raus. Und gestern hat er sich einfach von Anfang an gleich rausgehebelt, hat nicht einmal daran GEDACHT mitzuarbeiten.

Dauerdruck und Schenkelklemmen habe ich nicht, dazu fehlt mir auch die Kraft. Ich bin auch kein Dauertreiber, ich habe immer versucht ihn darauf zu konditionieren, alleine zu laufen. Vor ein paar Monaten musste ich mit dem Schenkel noch gut dranbleiben um ihm am Vorwärts zu halten, ist mittlerweile nicht mehr so (ich brauche meine Schenkel hauptsächlich zum biegen). Das Problem ist, dass er das Vorwärts eben oft falsch ausführt, also sich raushebelt, oder klemmig davonläuft.
Auch mein Zügel bremst nicht, ich hatte immer eine sehr leichte Anlehnung. Würde ich die Zügel einmal gut anpacken, könnte ich ihm den Kopf nach FN-Marnier auch einfach runterziehen, er ist sehr weich und sensibel im Maul. Das bringt aber nichts, ich würde ihn in eine Form pressen. Er muss selbst in die Tiefe und seine Anlehnung suchen, hat er bis jetzt auch gemacht, seit kurzem hebelt er sich aber einfach raus und lässt sich nicht wie üblich wieder in Anlehnung bringen.
Was Du damit meinst, dass ich vw-aw und Beizäumung verwechsle, verstehe ich momentan nicht ganz.. Für mich sind diese beiden Dinge unzertrennlich? Ich habe einfach das Problem, dass sich mein Pferd aus dem vw-aw rausschwindeln will. Entweder er läuft beigezäumt, vergisst aber seine Hanken, oder man will endlich genau diese Aktivieren, und er hebelt sich dafür aus der Beizäumung raus. So empfinde ich es im Moment.

Die Idee mit dem Ausbilder - ich suche seit 3 Jahren :cry: . Wir haben hier nur ein paar FN-Trainer, die absolut katastrophal sind. Ich habe immer wieder mal den einen oder anderen Trainer aufgesucht, da könnte ich Dinge erzählen.. nein leider, bis auf den einen oder anderen Kurs auswärts ist ein Trainer bei uns aussichtslos.. und ich spreche wirklich von einem Umkreis von 200 km..

Wir haben vor ein paar Tagen eine kurze Sequenz an der Longe aufgenommen (Ton bitte ausschalten, habe mit dem Mädel, welches mir im Stall hilft, gequatscht). Ich werde versuchen, es auf myvideo zu stellen um zu Zeigen, wie er an der Longe läuft. So kann man mir einmal mehr auf die Finger schauen, welche Fehler sich eingeschlichen haben.

Verfasst: Mi, 26. Sep 2007 14:04
von Eyreen
Hier die kurze VideoSequenz (ich weiss horsemän, Du kannst sie wieder mal nicht sehen :D )

Die Dreiecker sind hier etwas zu lang (daher schlenkern sie manchmal), er hatte sich kurz davor etwas verhalten und ich habe sie für die Trabstangen länger gemacht damit er sich komplett abstrecken kann.

http://www.myvideo.de/watch/2411797

Verfasst: Mi, 26. Sep 2007 16:03
von Celine
Hm, ich bin kein Fan von Ausbindern, will aber hier auch keine Grundsatzdiskussion vom Zaun brechen :wink:
Das Pferd wirkt auf mich schlaff, der Kopf ist viel zu tief, und der Rücken scheint auch nicht aufgewölbt zu sein. Die Hinterhand ist nicht aktiv.
Ist für mich keine optimale Dehnungshaltung.

Aber vielleicht melden sich hier noch die Leute zu Wort, die mehr davon verstehen :)

Verfasst: Mi, 26. Sep 2007 16:10
von Mara
noch so ein Trüffelschweinchen wie meiner ^^

Dein Pferd geht auf dem Video leider nicht vowärts/abwärts sondern nur abwärts und das viel zu tief.
Will er den Kopf etwas höher nehmen, bekommt er sofort Druck auf das Gebiss und taucht wieder ab.
Wie läuft er denn ohne Hilfszügel? Ich bin generell kein Freund davon.
Die Hinterbeine schlurfen etwas und er schlägt ständig mit dem Schweif.
Er ist alles andere als zufrieden auf den Bildern.... leider

Verfasst: Mi, 26. Sep 2007 16:11
von kiki
Erstmal stimme ich auch Celine zu ( auch was die Ausbinder betrifft ). :wink:
Mir drängt sich der Eindruck auf ( nachdem was ich anhand des Videos sehen kann ) das du das Pferd um dich rumlaufen läßt, mir fehlt die aktive Arbeit von dir an der Longe. Korrektur mit der Longe, feine Verbindung, auffordern mit der Pietsch fleißiger zu treten, mit der Pietsch Stellung/Biegung fordern. Pferd tritt nicht richtig in Schwerpunkt, d.h. Rücken nicht richtig aufgewölbt.

Verfasst: Mi, 26. Sep 2007 16:14
von Celine
......das ist ein Fall für Jen! Hast du den Thread "Anleitung zum Longieren am Kappzaum" (oder so ähnlich) mal angeschaut? Seeeeehr empfehlenswert, aber die Ausinder müssen dann leider auf dem nächsten Flohmarkt verkauft werden :wink:

Verfasst: Mi, 26. Sep 2007 16:21
von skywalker
Hi!

Ich hab ja selber auch ein recht unmotiviertes Pferderl, und mir fällt als erstes ein:

Du sagst, er ist unmotiviert, aber du kannst ja nicht mehr machen, weil er körperlich zu mehr nicht in der Lage ist...
Das erste, was mir in den Kopf geschossen ist war: Vielleicht ist er zwar körperlich ausgelastet auf die Art und WEise, aber er ist geistig unterfordert? Stinkelangweilig nicht körperlich, aber im Kopf? Im GElände ist er ja mit Schauen etc. beschäftigt, das ist spannender.
Vielleicht helfen ein paar "Denksportaufgaben". Ich muss meinen dauernd geistig beschäftigen (körperlich können wir auch noch nicht viel!!), sonst schläft er mir ein (durchaus wörtlich zu nehmen... :roll: )

LG sky

Verfasst: Mi, 26. Sep 2007 16:38
von Sheitana
Hi!

Habe auch schon mal in Richtung Skywalker gedacht.
Was machst du sonst noch mit ihm auf dem Platz? Vielleicht Bodenarbeit, kleine "Kunststücke", oder einfach Dinge wo er mehr bei denken muss. Damit er mit dem Platz nicht immer gleich Langeweile verbindet. Für mich klingt das auch nach einem geistig unterforderten Pferd.

LG
Sheitana

Verfasst: Mi, 26. Sep 2007 18:32
von DieLilo
Zu Deinem ersten PUnkt: dem nicht vorwärts-laufen. Das haben wir an der Longe halbwegs hinbekommen, aber wir sind NICHT an dem PUnkt, dass er ein Selbstläufer ist. Man muss immer am Arbeiten bleiben, immer dran bleiben, nicht aufhören zu treiben.
Meinst du dsa wörtlich, nicht aufhören zu treiben?
Vielleicht sind deine "treiben" und "nicht treiben" phasen nicht deutlich genug,
so dass er gar keinen Sinn darin siehz, richtig aktiv worwärts zu gehen, weil er danach die Pause nicht bekommt.
Deutlich treiben (so dass er nicht klemmt.. oder da vielleicht einfach mal weitertreiben?) und dann aber auch deutlich pause. Sie muss nicht lang sein, du musst nur erkennen, dass das pferd sie wahrgenommen hat.

Mal so ein gedanke.. vielleicht hab ich deine aussage auch falsch aufgenommen.

LG, Maria