Wieviel Geduld muss ein Reitlehrer haben?

Rund um die klassische Reitkunst

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bea
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Wieviel Geduld muss ein Reitlehrer haben?

Beitrag von bea »

Hallo zusammen

Die heutige Reitstunde hat mich dazu bewogen, oben genannte Frage mal in die Runde zu werfen. Nun: Meine Reitlehrerin hat in meinen Augen viele Vorzüge, aber sie hat natürlich auch Fehler; so ist sie zeitweise sehr ungeduldig mit den Reitern. :?
Mit den Pferden hat sie eigentlich immer eine Mordsgeduld und auch den Reitern sagt sie manche Dinge nochmals und nochmals - aber irgendwann, wenn es etwas gibt, woran man seit mehreren Wochen oder gar Monaten "rumdoktert", dann wird sie manchmal ziemlich ungehalten (und auch mal etwas lauter :) ). Naja, bis zu einem gewissen Grad kann ich das nachvollziehen, aber Fakt ist nun einfach: Auch wenn sie ungeduldig wird klappt das Ganze nicht besser - manchmal trifft sogar eher das Gegenteil ein. :roll:
Meine Frage nun vordergründig an die Reitlehrer in der Runde: Wie läuft das bei euch ab? Müsst ihr euch manchmal sehr zusammen reissen, um zum hundertsten Mal das Gleiche zu sagen? Verliert ihr auch mal die Geduld mit den Schülern und werdet etwas lauter? In welchen Situationen und bei "welcher Art Reiter"?
Und eine Frage an alle: Erwartet ihr von eurem Reitlehrer, dass er in jeder Situation geduldig bleibt? Wie emotional darf er werden, wenn etwas zum 237sten Mal nicht klappt? Darf ein Reitlehrer, der ja in gewissem Sinne eine Dienstleistung erbringt, überhaupt ungeduldig werden mit seinem Kunden? Darf er eigene (hohe :) ) Erwartungen an einen Schüler haben? Und nicht zuletzt: Erbringt ihr vielleicht (im Gegensatz zu mir :wink: ) bessere Leistungen, wenn ein Lehrer vermehrt Druck ausübt?

LG, Bea
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pepe
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Beitrag von pepe »

Es ist immer schwer sich selber richtig einzuschätzen. Falls ich völlig daneben liege soll mir Big Mama eins aufn Deckel geben.
Du brauchst schon sehr viel Geduld, aber du musst auch sehen daß Reiten schwer ist. Feines Reiten ist sauschwer :) , und als Trainer hast du die Verantwortung zwei Lebewesen zu einer harmonischen Einheit zusammenzufügen.

Ich tu mich schwer mit Anfängern auf unausgebildeten Pferden (hatte ich gerade :roll: ). Da tun mir die Pferde furchtbar leid und obwohl der Reiter sich sichtlich bemüht- es wird nie für mich reichen, weil die Technik und die Erfahrung fehlt. Nur, da werd ich meist nicht laut, sondern still.

Ich reite permanent mit, ich kann garnicht anders, ich laufe und gehe mit, rufe zu, feuer an und jedes bißchen Tendenz in die richtige Richtung wird sofort gelobt. Wie soll der Reiter ohne sofortiges Feed-Back wissen ob das das "richtige" Gefühl war? Wenn was schief geht oder so garnicht klappen will habe ichs nicht richtig erklärt, wobei "richtig" auch "anders" sein kann. Wieso soll ich da laut werden? Da könnte ich mich selber anbrüllen.

Geduld, klar, und das Bemühen schon loben, nicht nur die korrekt ausgeführte Lektion. Und das eben bei Pferd und Reiter.
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Medora
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Beitrag von Medora »

Schönes Thema!

Ich halte Geduld für eine ganz wichtige Eigenschaft bei Reitlehrern/innen. Geduld und Ruhe. Und, genau wie Pepe schreibt, ein positiver Fokus: also das sehen und loben, was gut läuft und sei es noch so klein.

Ich würde mich heute von keinem Reitlehrer mehr anbrüllen lassen,
Medora
lalala

Re: Wieviel Geduld muss ein Reitlehrer haben?

Beitrag von lalala »

bea hat geschrieben: Und eine Frage an alle: Erwartet ihr von eurem Reitlehrer, dass er in jeder Situation geduldig bleibt? Wie emotional darf er werden, wenn etwas zum 237sten Mal nicht klappt? Darf ein Reitlehrer, der ja in gewissem Sinne eine Dienstleistung erbringt, überhaupt ungeduldig werden mit seinem Kunden? Darf er eigene (hohe :) ) Erwartungen an einen Schüler haben? Und nicht zuletzt: Erbringt ihr vielleicht (im Gegensatz zu mir :wink: ) bessere Leistungen, wenn ein Lehrer vermehrt Druck ausübt?

LG, Bea
Ein RL ist auch nur ein Mensch...mein RL ist ein RL alter Schule und ein "Brüllkopp", den ändert man auch nicht mehr, er war vor 20 Jahren schon so und so unterrichtet er sogar seine Frau. Er reitet einfach jede Parade, jeden Übergang, jede Lektion mit und wenn es aufgrund reiterlicher Unfähigkeit misslingt dann bringt er seinen Unmut auch deutlich zum Ausdruck. Sobald die Stimme lauter wird und einen Eunuchen-Touch annimmt weiss ich, dass er kurz vorm explodieren ist und muss dann meistens einmal grinsen. Das Lob folgt aber auch sehr überschwenglich und auf dem Fusse, wenn man es richtig macht. Sobald man einen Schritt in die richtige Richtung macht wird gelobt - das ist für mich wichtig, zwischendurch immer wieder ein positives Feedback zu bekommen.

Er weiss, wie er mich zum richtigen Zeitpunkt anstacheln kann und natürlich hat er hohe Erwartungen.Er weiss aber auch, dass die Stute nicht einfach ist (er hat es bereits selber gespürt), wann man wieder Schritte zurück geht um später wieder besser voranzukommen. Er will sehen, dass man ihn begreift und daran arbeitet es umzusetzen. Vermutet er mangelnde Bereitschaft beendet er das Schüler-Lehrer-Verhältnis recht schnell (deshalb ist er auch nicht überall beliebt)...etwas nicht-verstehen ist nie schlimm, solange man nachfragt, aber Stunden zu zerreden ist auch nicht produktiv.

Manchmal hilft es sich bei auswärtigen RL Tips zu holen, einfach einen anderen kleinen Ansatz bekommen oder auch in einer ganz anderen Reitweise...ein RL kann nicht alles sehen und wissen und ab und zu ist es ratsam nach Jahren mal den RL zu wechseln.

Ich muss auch nicht alles an meinem RL gut finden, aber ich muss vieles aus seiner Arbeit für mich sinnig anwenden können. Wenn mir etwas völlig gegen den Strich geht, dann sage ich ihm das und er akzeptiert es, wenn die Begründung gut ist.
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bea
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Beitrag von bea »

"Laut werden" ist für mich nicht gleich "anbrüllen" - das ist für mich schon noch eine Stufe höher und mit negativen Emotionen verbunden. Meine RL lobt auch unheimlich viel und ist sehr motivierend, keine Frage. Aber manchmal scheinen einfach ihre eigenen hohen Erwartungen an Schüler durch; da wird sie dann ungeduldig (vielleicht auch bis zu einem gewissen Grad mit sich selber).
Pepe hat geschrieben:Wenn was schief geht oder so garnicht klappen will habe ichs nicht richtig erklärt, wobei "richtig" auch "anders" sein kann. Wieso soll ich da laut werden? Da könnte ich mich selber anbrüllen.
Grundsätzlich gebe ich dir recht, aber wo ist dann die Grenze der Verantwortung des Lehrers und der Eigenverantwortung des Schülers? Was ist, wenn du wirklich alle dir zustehenden Quellen ausgeschöpft hast; dem Schüler präsentiert hast, was auch immer du zu bieten hast? Das Problem ist ja Folgendes: Der Lehrer kann dem Schüler nun erklären, wie er das richtige Körpergefühl erreichen kann bzw. wie es sich anfühlen soll - reiten muss der Schüler selber.

LG, Bea
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pepe
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Beitrag von pepe »

Der Schüler soll reiten lernen, fühlen lernen,( dafür zahlt er).
Klar hat der Schüler Eigenverantwortung, aber m.E. nur was das Interesse und die theoretische Weiterbildung angeht. Evtl. ist eine andere Quelle auch ein neue? Andere Trainer formulieren anders und das weckt neue, eben andere, Assoziationen.
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Big Mama
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Beitrag von Big Mama »

Mein erster Reitlehrer war ein "Brüller wie Sau"!!! Das war eine rießige Reitschule, er Chef und Herr von Gottes Gnaden, da kamen täglich grob geschätzt ca. 100 Reitschüler durch seine Hände. Abteilungen von 20 Reitern keine Seltenheit, in einer rießigen Halle. Da war Lautstärke auch oft nötig, die Wortwahl noch öffter nicht so glücklich. Ganz ehrlich... was da aber auch für Leute dabei waren... da hätte ich nicht nur gebrüllt die hätte ich vom Pferd gezogen. Mich hat er nie angblöckt, nur ein Mal, als mein kl. Füchsle mich zum 3. Mal in den gleichen Oxer geknallt hatte meinte er im Kassernenweckton :Wachst Du jetzt auf oder macht er das noch 10x mit Dir???? O.K.

Jetzt habe ich eine RL die Ruhe ausstrahlt und viel auf anschauliche Art erklärt ,wobei sie verschiedene Assosationen benutzt. Sie lobt viel - manchmal weiß ich gar nicht warum, ich fand es nich so besonders- aber denoch bestärkt Lob natürlich den Weg. Wenn sie schon mal motzt, dann weil ich mein Pferd nicht genug lobe :lol: Ich soll dann immer ein `Faß´aufmachen - Stierle??? Mir geht es manchmal ein wenig zu schnell vorwärts, manches würde ich gerne genauer erarbeiten, nur weiß ich nicht so recht wie ich es formulieren soll- ist ja bei mir immer so ein "Gefühl ". Da muß ich mich noch ein bisschen mit ihr zusammenraufen. Aber ein absolutes Highligth das ihr mal sehen solltet : Pepe demonstriert Seitengänge ( sie reitet ja mit) mit sauber gekreuzter Vorderhand und einer sehr schön gebogenen Halslinie, nur wenn sie mich dann noch unterm Wuschelpony hervor anblinzelt bin ich manchmal versucht " Ole" zu rufen und nach meinem nicht vorhandenen Torrero-Spies zu greifen. :pferd2: Das sie sehr überzeugend rüber kommt wurde mir dadurch klar das sie innerhalb kürzester Zeit meine SB mit Anhang als Reitschüler gewinnen konnte. Sie kann die Geheimnisse des Reitens so vereinfachen das jeder auf seinem Level damit klar kommt und Erfolgserlebnisse hat, ich denke das ist eine Gabe die nicht jeder hat.
Jetzt habe ich genug geschwärmt, ich würde wirklich gerne mal sehen was sie macht wenn 15 Reitschüler auf einmal um sie rumkugeln, aber da fällt mir auf das hier viele Einzelunterricht haben, reitet jemand von Euch Abteilung? Eigentlich fand ich das früher ganz nett, da konnte man zwischendurch ein bischen bummeln. :P
Im übrigen bin ich der Meinung das ein RL auch mal laut werden darf und ganz entschieden für das Wohl des Pferdes zu sorgen hat! Ich erwarte das die Lektionen mein Pferd gesund erhalten ,es nicht überfordern und das ich gebremst werde wenn ich zu viel erwarte oder fordere. Die Verantwortung für das Pferd muß im Vordergrund stehen. Das kann sehr schwierig sein.
Grüßle Big Mama
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Barbara
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Ungeduld

Beitrag von Barbara »

Ich kann die RL schon auch verstehen, dass sie manchmal die Geduld verlieren. Aber bei mir bewirkt das dann nur, dass ich mich verspanne und verzweifelt versuche, alles "richtig" zu machen und dann geht sowieso gar nichts mehr. Mit meiner jetzigen Reitlehrerin läuft es sehr gut, auch, weil wir uns persönlich gut leiden können und ich ihr auch sagen kann, wenn ich mich überfordert fühle oder glaube, dass wir auf dem eingeschlagenen Weg nicht zum Ziel kommen. Es gab's auch schon, dass ich so übernächtigt zur Reitstunde erschienen bin, im Gepäck nur das Bareback Pad, und verlangt habe, dass wir nichts Anstrengendes machen, sondern was Lustiges. Resultat war eine supertolle Reitstunde mit einem superlockeren Pferd und einer superlockeren Reiterin :lol: Meine Reitlehrerin meinte dann nur, ich solle öfters mal so müde in die Stunde kommen, ich sei dann viel entspannter.

Es ist wohl das Los aller RL's, dass sie immer und immer wieder das Selbe sagen müssen. Ich denke, solange die Wiederholung nicht darin begründet ist, dass ich als Schülerin nicht ernsthaft versuche, die Korrekturen umzusetzen, ist Ungeduld fehl am Platz. Von meiner RL erwarte ich, dass sie die nötige Geduld mitbringt und ausserdem ideenreich genug ist, mir die Dinge anders zu erklären, wenn ich sie nicht verstehen oder umsetzen kann. Im Gegenzug bemühe ich mich (normalerweise), konzentriert zu reiten und die Dinge anzunehmen, die sie mir sagt. Ich brauche ja auch die Wiederholung, jemand, der mir sagt: Wo ist deine äussere Hand, spürst du deine Sitzknochen, etc. Es ist halt oft so verdammt viel, dass man sich nicht auf alles gleichzeitig konzentrieren kann. Wenn zu viel Druck kommt, kann ich nichts mehr. Aber ich habe in der Regel auch Einzelunterricht, allenfalls zu zweit, wenn meine Reitbeteiligung mitreitet. Ab Ende November gehe ich jeweils montags in einen Kurs, da reiten so sieben, acht Leute mit. Mal sehen, wie das wird...

Gruss, Barbara
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DonBayron
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Beitrag von DonBayron »

Ein sehr sehr Interessantes Thema. Ich kann hier nur jedem RL anerkennend auf die Schulter klopfen dem nie die Gedult für seine Schüler ausgeht :!: . Ich hätte die leider nicht immer das gebe ich aufrichtig zu. Allerdings finde ich es persönlich wichtig das auch beim 100sten misslungenen Versuch ein ordentliches Schulterherein oder was auch immer mit Ruhe ergründet wird woran das liegt. Denn indem man mich anbrüllt muss ich auch bei mir festellen das ich mich eher verspanne bei dem versuch es nun doch endlich mal richtig zu machen :wink: .
Da ich mich nun seid Anfang des Jahres mit meinem Pferd zusammen auf den langen , aber auch Erfolgreichen Weg, der klasischen Reitkunst begeben habe , wir also beide erst lernen müssen wie es sich richtig anfühlt ist das für den Reitlehrer natürlich auch nicht so einfach. Aber seine Ruhe und Gedult bringt uns Schritt für Schritt weiter und wenn es heute nicht klappt versuchen wir es halt beim nächsten mal und machen zur Entspannung etwas was halt klappt damit das positive Gefühl vorrang hat. Es gibt eine Reitlehrerin am Stall die höre ich schon wenn ich aus dem Auto aussteige und muss sagen das mir das überhaupt nicht gefällt, da stellen sich mir schon so die Nackenhaare hoch und mein Körper verspannt sich automatisch so könnt ich nicht locker werden um zu reiten.
Aber auch jeder Reitschüler ist anders und die diesen Unterricht geniessen sagen mir zumindest das sie das brauch um weiter zu kommen.
Also denke ich ist die vielfalt der Reilehrer gefragt und noch mals Hut ab vor denen die nie die Ruhe verlieren.
skywalker

Beitrag von skywalker »

Ich für meinen Teil könnte mit einem die-Geduld-verlierenden RL so ganz und gar nicht. Ich bin, was lautstarke Kritik angeht, da etwas mimosenhaft und verliere aber ganz schnell die Freude! Grund ist, dass ich ohnehin selbst perfektionistisch veranlagt bin und alles richtig machen möchte. Ich ärgere mich schon genug über mich selber, wenn ich was nicht schaffe. Wenn ich dann von jemand anders auch noch meine Selbstzweifel verstärkt kriege, gebe ich schnell auf.
Mich kann man am allerbesten mit Lob motivieren. Klar darf es auch Kritik geben, aber bitte freundlich und konstruktiv, sonst gebe ich schnell auf ("ich werde das ja sowieso nie lernen").

Dass RL aber auch nur Menschen sind, ist mir schon klar. ich denke, es kommt sehr auf das Verhältnis zum RL an (ist man vielleicht schon richtig befreundet, oder nicht...), ob der auch einmal in die Luft gehen darf (für mich persönlich).

LG, sky
lalala

Beitrag von lalala »

Mein RL darf mich solange "beschimpfen" wie es nicht persönlich wird, das weiss er auch...es gab Situationen wo er schon ziemlich derbe Sachen zu einem Mitreiter gesagt hat (okay, ich konnte schon verstehen warum er da so ausgerastet ist). Hätte er das zu mir gesagt, wäre ich gegangen...aber K kann das ab, ihn störts auch nicht.
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Francois
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Re: Wieviel Geduld muss ein Reitlehrer haben?

Beitrag von Francois »

Geduld haben wofür? Für das individuelle Lernverhalten des Schülers? Oder für das persönliche Verhalten des Schülers gegenüber dem Reitlehrer oder dem Pferd? Gegenüber dem Lernverhalten des Schülers kann ein Reitlehrer nicht geduldig genug sein. Sollte der Schüler das Gewünschte nicht umsetzen können, sollte er eher die Methode wechseln, bevor er sich zu irgendwelchen wilden Gefühlsausbrüchen hinreißen lässt. Allerdings hat jeder Reitlehrer seinen eigenen „Stil“ und Schüler UND Lehrer müssen diesbezüglich passen. Wer also als Schüler einen eher strengen Ton braucht, sollte sich auch einen solchen Lehrer suchen (Wobei streng nicht brüllen oder gar werfen von Gegenständen bedeutet :shock: ) Ein guter Lehrer wird sich auch von seinem Schüler trennen, bevor er an seiner Geduldsgrenze angekommen ist und sich eingestehen, dass er diesem Schüler mit seinen Methoden nicht helfen konnte.

Es gibt für mich 2 Situationen, in denen ich Verständnis für mangelnde Geduld des Reitlehrers zeige, sofern die gezeigten Reaktionen dann verhältnismäßig sind. Zum einen, wenn der Schüler durch sein Verhalten dem Pferd Schmerzen oder deutliches Unbehagen bereitet und dies nach mehrmaliger Auforderung nicht ändern will. Zum anderen wenn der Schüler während der Reitstunde mangelnden Respekt zeigt oder gar Diskussionen führen will. Dafür ist vor oder nach der Stunde Zeit. Auf dem Pferd gesessen sollte er dem Reitlehrer diszipliniert folgen, den er sich ja vorher rausgesucht hat. Gerade diese mangelnde Disziplin ist selbst auf Kursen „großer“ Ausbilder leider immer wieder zu beobachten.

Viele Grüße

Francois :wink:
C'est dans la légèreté que repose l'équitation savante.
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Josatianma
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Beitrag von Josatianma »

Geduld muss ein Reitlehrer reichlich mit sich bringen. Und wenn das was er auffährt nicht reicht, auch mal andere Wege beschreiten und suchen. Eine Schülerin von mir war mir definitiv zu Handlastig und bekam es nicht in den Griff mehr über den Körper zu arbeiten. Da habe ich zum Halsring gegriffen.

Anbrüllen vor Wut darf mich keiner. Reiten ist mein Hobby und ich möchte Spaß haben. Verstehe ich eine Anweisung nicht, frage ich direkt nach oder gehe nach der Stunde hin und frage, warum ich das so machen sollte. Ein lauter werden der Stimme zur Motivation ist in Ordnung, aber ich glaube ein Rumpelstilzchen in der Mitte des Platzes würde mich doch amüsieren. Mit dem Diskutieren fange ich erst an, wenn ich fünfmal die gleiche Anweisung bekommen habe, habe mich fünfmal bemüht diese umzusetzen und es hat fünfmal nicht geklappt. Dann denke ich, es muss doch noch einen Weg geben. Diese Situation hatte ich aber lange nicht mehr.

Über die Arbeit mit Kindern habe ich gelernt gleiche Dinge unterschiedlich zu formulieren. Nicht jedes Kind reagiert auf die gleiche Anweisung mit der richtigen Reaktion. Genauso halte ich es bei meinen Schülern.
Liebe Grüße, Sabine

Ideale sind wie Sterne, man kann sie nicht erreichen, aber man kann sich an ihnen orientieren

"Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt" Mahatma Gandhi
skippi
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Beitrag von skippi »

Also ich finde das Reitlehrer nicht immer super Geduldig sein müssen aber sie dürfen einen nich anschreien, denn das ist für niemanden schön und Respektlos und es ist verletztend, jedenfalls in manchen fällen :cry: .

Natürlich sind Rl nur Menschen, manchmal muss man auch darüber hinnweg sehen.
Ich wehre mich wenn meine Reitlehrerinn mich Anschreit.
Doch man muss abschätzen wann man vieleicht auch besser den Mund hält.

Bei mir ist es zur Zeit so das ich das Gefühl hab das meine Rl jedes meiner Worte auf die Goldwage legt. :(
Naja, das ist meine Meinung

Liebe Grüße Christina
die Ausbildung eines Pferdes gleicht einer Leiter bei der eine Sprosse zur nächsten führt
Stephanie

Beitrag von Stephanie »

Guten Morgen,

ja, wirklich, ein äußerst interessantes Thema.

Als RL bist Du jederzeit in der Verantwortung für das, was passiert, egal, ob positiv oder negativ.
Als RL möchte ich dazu meinem RS ein Feedback geben können, egal ob negativ oder positiv. Und ich muss auch mal sagen können, das, was Du da reitest, ist total daneben!
Und ich muss auch mal sagen können: Weiss ich jetzt auch nicht, muss ich zuhause mal nachlesen oder mir eine andere Lösung überlegen.

In meinem Unterricht gebe ich die Anweisungen für die Lektionen und deren Abfolge, ich bestimme, wann Pause ist und wann gearbeitet wird. Aber: wenn wir an einem sensiblen Punkt arbeiten, überlasse ich die Verantwortung auch dem RS, z.B. wenn wir am Nachgeben am Gebiss arbeiten, ist es immer zu spät, wenn ich sagen würde: Hand weg, also soll sich der RS den Punkt des Nachgebens selber erfühlen und vorgeben, damit es auf den Punkt genau kommt und eben nicht zu spät (er bekommt also die Anweisung: gib selber nach, wenn der Druck geringer wird). Ich selber gehe mit dem stimmlichen Lob hinein, das ist für die Pferde sehr wichtig, denn auch sie orientieren sich an mir. (Und manchmal heißt es dann auch zu den Pferden: Ja, DU hast das brav gemacht, das Frauchen braucht noch ein bisschen, sieh es ihr nach... - ich bilde mir ein, die Pferde verstehen das :wink: )
Ein RS hat aber auch die Verantwortung, zu sagen,wenn er was nicht versteht. Damit ich weiss, dass ich es besser nochmal erkläre - oder zeige.

Ich muss bei jedem Schüler individuell versuchen herauszufinden, wie er lernt - und mich darauf einstellen können. Díe eine lernt besser mit Bildern im Kopf, die andere braucht technisch versierteste Erklärungen, die nächste ist mit Handgriff allein schon so ausgefüllt, dass jede weitere Erklärung zuviel ist, die nächste will lieber, dass ich mal reite... und manche brauchen zumindest als Zuschauer mal einen Kurs bei einem anderen RL, um zu verstehen, was ich meine (oder zumindest mal ein Ziel zu erkennen)...
Andere haben auch keine Ahnung von klassischer Reitkunst, sie haben mich gesehen mit Stallkolleginnen und finden den Unterricht gut: weil Du immer so ruhig und fröhlich bist...
Oft stören die vielen Erklärungen anderer RL oder theoretisches Wissen aus vielen Büchern... Überinformation kann auch behindern, bzw. es gibt auch Reitschüler, die eigentlich nur ihr theoretisches Wissen zeigen wollen, die bekommen dann auch mal zu hören: Bevor Du ein weiteres Buch in die Hand nimmst, reitest Du erstmal die Grundlagen und vielleicht noch diese eine bestimmte Lektion...
Und während ich dies schreibe, entringt sich meiner Brust ein tiefer Seufzer... weil ich immer geduldig bleiben muss... immer bereit sein muss, nochmal zu erklären, einen anderen Weg zu suchen... immer bereit sein muss, zuhause selber zu lesen, was andere irgendwo nachgelesen haben oder aufgeschnappt oder mir immer nochmal eine andere Erklärung suchen muss, immer vollen Einsatz geben muss (den ich allerdings auch von meinen Schülern erwarte)...
Weil viele die unterschiedlichen Methoden und Stile nicht mehr auseinanderhalten können und fröhlich mischen... Weil alle sich Ponies oder Pferde kaufen können, mit denen sie hoffnungslos überfordert sind...
Weil für viele Grunderziehung am Boden immer noch nicht selbstverständlich ist...Weil viele nicht die Seele und den Charakter ihres Pferdes erkennen und sich über Schwierigkeiten wundern, die im Zusammenspiel zweier unterschiedlicher Charaktere entstehen können - und dabei muss nicht mal das Pferd der Dickkopf sein...

Ich als RL erwarte, dass meine RS das nachreiten, was wir zusammen geübt haben, ich erwarte, dass RS den Bedürfnissen ihrer Tiere gerecht werden (in Haltung und Umgang) und ich erwarte Toleranz gegenüber den Tieren. Konsequenz und Dominanz sind wichtig, aber im richtigen Maß dem jeweiligen Tier angepaßt. Manchmal reicht als Demonstration dafür schon, dass ich den Platz betrete, manche stehen beinahe stramm und für andere kann ich auch mal die Stimme erheben...
Wieder andere reißen allerdings beim Betreten des Platzes meinerseits ihren Besitzern beinahe die Zügel aus der Hand, um zur Begrüßung angeeilt zu kommen...
Manche Pferde führen meine Kommandos bereits aus, wenn ich sie ausspreche, aber noch keine Hilfe von oben oder dem Longenführer gegeben wurde... Nun, damit muss sich der RS selber auseinandersetzen und seine eigene Position dem Pferd klar machen!
Aber wenn das Pferd mal total ungehorsam ist und sich den Hilfen verweigert, greife ich auch ein und stelle von unten klar, dass wir Menschen das Sagen haben...

Grundsätzlich denke ich, muss ein absolutes Vertrauensverhältnis bestehen - und das hat nichts mit Freundschaft zu tun. Der RS muss das Gefühl haben, auch mal sagen zu können, ich kapier das nicht oder es fällt mir schwer, ich hab kein Gefühl dazu... es ist doch auch nicht so, dass wir immer alles sofort können, nur weil wir als RL etwas mehr vom Reiten verstehen (sollten), das sollte man doch nachempfinden können. Manchmal ist es auch so, dass ich dann erzähle, was mir schwer gefallen ist oder wie lange ich für eine bestimmt Lektion gebraucht habe - und das erstaunt dann immer wieder und macht Mut.
RS sollten auch nicht bei jeder Kleinigkeit (vor allem bei dem, was Zaungucker beim Unterricht so alles besser wissen und gemacht hätten...) zu jemand anderem rennen und nachfragen, sondern sich mal einlassen und sich das Reinreden verbieten (Man kann durchaus mal sagen, wir machen das aus dem und dem Grund, auch wenn es für Aussenstehende etwas seltsam aussieht, der Weg ist das Ziel). Das macht zwar u.U. nicht besonders beliebt, fördert aber den eigenen Seelenfrieden und das Lernen auf einer Linie!

Auch das sofortige Aufgeben, wenn es mal eine Tiefphase gibt, ist anstrengend für RL, denn man steht unter dem permanenten Druck, es immer gut und richtig machen zu müssen... und vor allem besser als beim letzten Mal.

Ich als RL muss mir aber auch klar machen, dass das, was für mich ein Job ist (also meine Lebensgrundlage und damit ziemlich Ernst), für andere Freizeit ist. Die RS haben meist einen anstrengenden Arbeitstag HINTER sich und wünschen nun motiviert zu werden, sich noch einmal anzustrengen und dabei mit dem Pferd Spaß zu haben.

Aber die Hauptgrundlage sind für mich Respekt (gegenseitig und dem Tier gegenüber), Vertrauen, Zuverläßigkeit und gegenseitige Verantwortung.

Der RS muss sich auch mal klare Worte anhören, Leute, die bei mir reiten, weil sie nur hören wollen, wie toll sie sind, bleiben nicht lange... Sie wollen ja nicht sehen, was sie noch lernen müssen und dass es ohne eine gewisse Grundlage nicht geht. DA kann ich sehr direkt werden!

Auch, wenn Reiter behaupten, ihre Tiere würden zB einfach nicht nachgeben, während sie selber im Zügel hängen und die Hand einfach nicht lockern - und es auch nicht merken... Dann sage ich ihnen, dass das an ihnen liegt und sie an SICH arbeiten müssen!

Auch, wenn Tiere ungerecht behandelt werden oder krank sind und trotzdem im Unterricht gehen sollen. Oder einfach mal eine Pause brauchen...

Je mehr Erfahrung ich habe, desto ruhiger werde ich jedoch. Es gibt für alles eine Lösung und mit Ruhe und Beharrlichkeit bin ich noch an fast jedes Ziel gekommen.
Verständnis, aber nicht zu jedem Preis, Motivation, Kritik und Lob können Bestandteil jeder Reitstunde sein, aber Respekt ist die Grundlage von allem!

Steffi
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