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Der Spanische Schritt in der Pferdeausbildung

Verfasst: Mi, 05. Nov 2008 10:24
von Nilspferd
Nach einer Teilnahme an einem Lehrgang bei Richard Hinrichs als Zuschauer mache ich mir Gedanken über den Spanischen Schritt. Für viele ist das nur "Zirkusquatsch" der zum Betteln verleitet, für andere ne nette Showeinlage, für manche scheinbar ein wichtiges Ausbildungsinstrument.
So nutzte Richard Hinrichs den Spanischen Schritt um schüchterne Pferde etwas selbstbewußter zu machen, das Pferd "vorne höher" werden zu lassen, den Trab zu kadenzieren und zur Entwicklung der Passage ist er ebenfalls sehr beliebt.
Was bedeutet der Spanische Schritt für euch? Eher sinnvoll oder nicht? Warum? Wird dem zuviel Beachtung geschenkt oder oder gar zuwenig? Was für negative Folgen kann der Spanische Schritt evtl. mit sich bringen?

Verfasst: Mi, 05. Nov 2008 10:35
von chica
Wir üben momentan für den Spanischen Schritt (sind zur Zeit erst beim Beinchen heben auf Touchieren), um eine bessere Schulterfreiheit zu erzielen. Wenn ich diese Übungen in die Handarbeit vor dem Reiten einbaue, läuft Pony wesentlich lockerer aus der Schulter heraus und nicht mehr so "in den Boden".

Dazu gab es übrigens bereits diesen Thread: http://www.klassikreiten.de/viewtopic.php?t=504 - allerdings nicht speziell aufs Reiten bezogen...

Verfasst: Mi, 05. Nov 2008 10:41
von Nilspferd
Ja, aber mir ging es jetzt mal speziell um den Nutzen in der Ausbildung, nicht um das Wie :wink:

Verfasst: Mi, 05. Nov 2008 10:44
von lalala
Wir üben das gar nicht. Die Stute ist selbstbewusst genug und muss für den Zwerg händelbar bleiben. Es darf nicht sein, dass sie ihn missversteht und nach vorne rausschlägt.

Ich denke, man kann sich mehr Schulterfreiheit auch durch andere Lektionen erarbeiten.

Verfasst: Mi, 05. Nov 2008 11:14
von Janina
Interessante Frage.
Ich denke, zum richtigen Zeitpunkt kann der Spanische Schritt schon sehr nützlich sein.
Das wäre für mich aber definitv nachdem das Pferd mit den Seitengängen vertraut gemacht wurde.
Meiner hat so zieml. als erstes den Spanischen Schritt gelernt (hat ihn ja so schön angeboten :P ) u. das würde ich heute natürl. nicht mehr machen.
Für die Passage kann er hilfreich sein, allerdings würde ich das vom Pferd abhängig machen.
Bei einem Pferd, das die Passage gar nicht anders lernt: Okay, aber so ein bisschen "getrickst" ist es halt doch.
Wenn das Pferd schon gut piaffiert, eine gute Hinterhandaktivität hat u. einfach so etwas die "Idee" für die Passage fehlt: Auch okay, um mal einen Anfang hinzubekommen.
Aufpassen würde ich bei Pferden wie meinem: Von der Grundbewegung her wenig HH-Aktivität, da wird´s dann nämlich schnell eine "Zirkuspassage" (als der Gefahr muss man sich bewusst sein).

Aber selbst wenn er für weitere Lektionen keinen direkten Nutzen hätte, ist er immer noch gut für die Schulterfreiheit, das Gleichgewicht, die Koordinationsfähigkeit ;)
Mal abgesehen davon, dass er den meisten Pferden Spass macht u. das ist ja auch was Schönes :D

Verfasst: Mi, 05. Nov 2008 11:17
von Castano
Also mein kleiner konnte den schon, als ich ihn gekauft habe...

Am Anfang fand ich das total "geil"... dann konnte man aber doch sehr schnell merken, dass es für ihn ein Dominanzverhalten ist (war lange Hengst)... er packte das dann öfter schon mal aus, wenn er nicht weiter wusste oder sich überfordert fühlte...

so habe ich das erstmal weder von unte noch von oben abgerufen.. ca. ein halbes Jahr lang also gar nicht.

(er kam auch mal im spanischen Schritt auf mich zu...)

Mittlerweile ist das alles kein Thema mehr, und er darf ihn auch ab und an mal wieder zeigen ... ABER immer nur auf Kommando... dann merkt man schon wie sein Ego steigt... er wird richtig groß und stolziert durch die Gegend...

Generell sind alle Sachen die nach oben gehen bei dominanten Pferden mit vorsicht zu genießen... ist halt alles eine Gradwanderung


Bild

Verfasst: Mi, 05. Nov 2008 11:28
von emproada
Der spanische Schritt kann meiner Meinung nach sehr sinnvoll für Pferde sein, vor allem wenn sie dazu neigen kaum Aktion aus der Vorhand heraus zu haben. Allerdings muss man auch immer im Kopf behalten, dass es sich dabei um eine Angriffsposition der Pferde handelt und dementsprechend muss man auch dagegensteuern wenn ein Pferd so auf einen zukommt.
Bei meinem Hengst z.B. übe ich das Ganze nur sehr dosiert und lasse auch immer wieder wochenlange Abstände dazwischen, da er sonst dazu neigen würde, den Spanischen Schritt zum Angreifen zu nutzen.
Wohingegen mein Hafi fast jeden Tag den spanischen Schritt zeigen darf, da es ihm 1. unheimlich Spaß macht und 2. seine Schulterfreiheit wesentlich verbessert, da er eine sehr ungünstige Winkelung hat.

Verfasst: Mi, 05. Nov 2008 11:36
von Castano
Ach so...(hab die hälfte vergessen...)

Ich finde es kann schon die Schulter frei machen, jedoch finde ich das Schulterherein oder Konterstellung das gleiche bewirken (da sehe ich jetzt nicht DEN unterschied, oder DEN mega erfolg)...

Im Idealfall soll das Pferdchen ja vorne richig grade raus kommen und hinten schön runter kommen um nachzuschieben... - DAS können die aber erst, wenn die auch wirklich die Kraft im Po haben... Dann finde ich ist der "nutzen" schon ehr gegeben, da man das mit keiner anderen Übung so extrem abrufen kann...

Für mich hat es eher einen "show" effekt und bei der Freiheitsdressur was lösendes für den Rücken und die Schulter...

Das ganze Dehnt die Bänder ja auch ganz schön...(aus diesem Grund übe ich das auch immer nur am "warmen" Pferd...)

Verfasst: Mi, 05. Nov 2008 12:10
von Jen
Für mich ist der span. Schritt eine etwas zweischneidige Lektion. Einerseits finde ich sie gut als "Spass-Lektion", es macht den meisten Pferden Freude sowas zu lernen und fördert Koordination und Gleichgewicht. Andereseits finde ich sie etwas gefährlich. Denn der Span. Schritt als Zirkuslektion fördert m.E. nicht die echte Schulterfreiheit. Denn die echte Schulterfreiheit sollte durch Lastaufnahme und Kraftübertragung der HH geschehen, DADURCH sollte die Schulter freier werden. Reisst das Pferd aber nur die Vorderbeine hoch und bleibt die HH in mangelnder Aktivität oder fällt sogar noch weiter ab (weil sich das Pferd so stark auf vorne konzentriert), hat der Span. Schritt eher negative Auswirkungen für die Schulterfreiheit und v.a. den Rücken, weil der dadurch durchgedrückt wird. Das ist das Bild, das man am häufigsten sieht: ein das vorderbein hochreissendes und wieder auf den boden stampfendes Pferd mit durchgedrücktem Rücken und schleppender HH. Das ist keine gymnastische Lektion. Was soll dabei gymnastiziert werden? Damit der span. Schritt WIRKLICH gymnastizierend wirkt, muss das Pferd bereits schon weiter in der Versammlungsfähigkeit gefördert sein. DANN erst kann man darauf aufbauend mit dem spanischen Schritt die Schulterfreiheit verbessern. Es ist aber eine grosse Herausforderung und gehört für mich eher zu den Lektionen der schweren Schule.

Verfasst: Mi, 05. Nov 2008 13:01
von stromboli20
Für mich ist der spanische Schritt eine tolle lektion zur Schultergymnastik, die den meisten Pferden sehr viel Spass macht. Nicht alle Pferde erreichen dabei besonders viel Ausdruck. Mir ist wichtig, dass die Pferde den Schritt langsam und nicht übereilt ausführen mit guten Nachtreten der Hinterhand. Oft sieht man ein furchtbar hektisches Dahingestopsle. Unserer eher schüchternen Trakehnerstute hat er zu deutlich mehr Ausdruck und Selbstbewusstsein verholfen. Der spanische Schritt ist die absolute Lieblingslektion meines Haflingers, der ihn aber auch wirklich aussergewöhnlich ausdrucksstark zeigt.
Dennoch ist das eine Lektion, die in erfahrene Hände gehört - vor allem bei sehr dominanten Pferden. Man darf dabei nie vergessen, dass es sich um eine Angriffslektion handelt. Manche Pferde neigen zu richtiger Aggressivität beim spanischen Schritt.

Strombo im spanischen Schritt:
http://s351.photobucket.com/albums/q446 ... rombo2.jpg

http://s351.photobucket.com/albums/q446 ... rombo6.jpg

Verfasst: Mi, 05. Nov 2008 13:18
von Carmen
Ich finde, Span. Schritt ist eine tolle Lektion. Zum einen kapieren die Pferde relativ schnell, was sie tun sollen, zum anderen kann man ihn mit Sicherheit gut dazu nutzen, um das Gewicht etwas von der VH nach hinten verschieben zu können.

Aber man muss sich darüber klar sein, dass diese Lektion einiges an Aggression beinhaltet. Ich würde nie damit anfangen, bevor die Rangfolge nicht eindeutig (zu meinen Gunsten :roll: ) geklärt ist, denn sonst kann es böse ausgehen. Für aggressivere Pferde ist es eine gute Möglichkeit, Dampf abzulassen, für schüchternere Vertreter etwas, dass ihnen mehr Selbstvertrauen gibt.

Außerdem ist es eine geniale Übung, um daraus später die Passage zu entwickeln.

Wir üben momentan Beine heben auf Touchieren bzw. Fingerzeig, sowohl im Halten als auch im Schritt. Ein korrekter Span. Schritt wird aber m.M. nach erst erreicht, wenn das Pferd stark versammelten Schritt beherrscht. Sonst ist es wirklich nur eine Dehnübung. Nicht umsonst sagen viele Ausbilder, der Span. Schritt kommt erst nach der Piaffe.

Verfasst: Mi, 05. Nov 2008 13:23
von fina
Mein Pony hat vom Sp. Schritt profitiert.

Ich achte gar nicht auf irgendwelche Gymnastizierung dabei: Wir machen das nur weil er es verstanden hat, ich loben und motivieren kann, er es selber anbietet (sonst eher unmotiviert) und ja, sein Selbstbewusstsein steigt. Pferd hat Spaß dran.
Was das Pony da zeigt, erfüllt natürlich keine besonders hohen Anforderungen. Eher "Guckt mal, ich kann mein Bein heben! Guck mal, das andere auch, bin ich nicht toll?!"

Nur für die Psyche.
Ich gehe mal davon aus, dass es keinen Schaden anrichtet, auch wenn die Hinterhand nicht so richtig dabei ist und er stampft.

Bei ranghohen Pferden würde ich das aber auch gut überlegen.. genau wie Steigen.

Verfasst: Mi, 05. Nov 2008 18:09
von sinsa
Meiner hat gesundheitliche Probleme in der Schulter und ich könnte/müßte eigentlich jedesmal, wenn ich bei ihm bin, die Schulterübungen mit ihm machen, die mir die Osteo gezeigt hat. Nun bin ich aber nicht mehr die Jüngste und da ist die Idee, dass er ein wenig auch selber und ohne meine Hilfe machen kann äußerst sympathisch. 8)
Zum anderen, habe ich ein Pferd, das zwar viel in Frage, stellt, aber niemals in die Offensive gehen würde. Ihm hat das Erlernen des Spanischen Schrittes, bei dem wir noch ganz am Anfang sind, sehr gut getan. Ich habe es bewußt eingesetzt, um sein Ego zu stärken und das ist auf wirklich nette Weise gelungen und hat so mit dazu beigetragen, dass sich mein Dicker nun immer öfter auch selber mal so richtig toll findet :lol:

Verfasst: Mi, 05. Nov 2008 22:38
von Cat_85
Als agressiv würde ich den Span. Schritt nicht einstufen. Es ist eine Drohgebärde die Mögliche Kampfhandlungen anzeigt, wenn der andere nicht nachgibt. Agressiv heißt für mich, gleich drauf los gehen. Aber ist vielleicht eine Definitionsfrage. Für mich ist agressiv ein zu starkes Wort dafür.

Das es aber von Pferden auch mal in die agressive Richtung gehen kann ist klar. Da muss man aufpassen. Aber bei manchen Pferden kann man damit mögliche agressive Neigungen auch in gelenkte Bahnen bringen.

Verfasst: Mi, 05. Nov 2008 22:43
von equispirit
Ich habe noch keinem meiner pferde spanischen schritt beigebracht, und die aspekte die hier zum vorschein kommen, lassen mich auch stark überlegen wer es noch lernen soll oder nicht

lt honza trainiert der spanische schritt die diagonale koordination und balance, was auch logisch erscheint wenn man sich die bilder von stromboli anguckt

ich denke ich werde den spanischen schritt mal bei meiner stute versuchen, die sich balancetechnisch immer auf die eine seite hängt