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Treibende Hilfen im Schritt
Verfasst: Mo, 12. Apr 2010 16:54
von Viva
(Falls es dieses Thema schon gibt und ich es übersehen haben sollte, ersuche ich um Verzeihung...)
Ich zerbreche mir momentan den Kopf über die treibenden Hilfen im Schritt. Meines Wissens nach gibt es zwei Varianten:
a) Wechselseitiges Treiben
b) Beidseitiges, gleichzeitiges Treiben
(alles im Schritt!)
Bei Variante a) habe ich das Problem, dass ich im Oberkörper nicht mehr so ruhig bin.
Bei Variante b) habe ich das Problem, dass ich mich in der Hüfte/Becken sehr steif mache und einige Zeit brauche, bis ich mich wieder lockern kann.
Was ist richtig, was ist falsch?
Bin auf die Antworten schon sehr gespannt!
Verfasst: Mo, 12. Apr 2010 17:06
von Medusa888
Wir hatten ja schon in Deinem TB drüber diskutiert.
Ich bin überzeugt davon, dass wechselseitiges Treiben sinnvoller ist, denn das gleichzeitige Treiben beider Beine trifft jedesmal auf ein Bein, was auf dem Boden steht. D.h. ein Bein kommt mit der Hilfe an, eines nicht. Das führt zu Ermüdung des Reiters und Abstumpfung des Pferdes.
Ich bin dazu gekommen, weil mir Merlin den Tipp gegeben hatte, als ich darüber klagte, dass ich in der Hüfte einknicke. Sie sagte, dass sie ihren Sitzfehler mit dem wechselseitigen Treiben abstellen konnte.
Der Hinweis in Deinem TB, auf die Gefahr dass das Pferd damit Pass geht, war mir so nicht bekannt. Wer dazu mehr Informationen hat, möchte diese bitte auch aufführen. Das würde mich auch brennend interessieren!
Verfasst: Mo, 12. Apr 2010 17:29
von Lala
Ich brauche sowohl als auch, je nach Situation.
Beim aktiven Wechselseitigen Treiben habe ich einfach das Problem, dass ich schnell ins Dauertreiben komme (erreicht bei meinem Pferd gar nichts, was eh immer da ist, kann man ja getrost ignorieren *lach*).
Mit dem beidseitigen Treiben kann ich die Schenkel leicht anlegen, kommt keine Reaktion etwas mehr, wird das immer noch ignoriert, kommt die Gerte und zwar so deutlich, dass es einen spürbaren Tempounterschied gibt.
Nun ist das ja auch nicht unbedingt die feine, gebildete Art. Mit dem beidseitigen Treiben erhöhe ich sehr effiktiv das Tempo oder Aktions-Level, eine feine Beinflussung wie oder wohin das Bein fussen soll eher weniger.
Beim Dressurmässigen Arbeiten auf dem Platz finde ich das gleichzeitige Treiben nicht ausreichen und treibe dann (nach der Klärung der Schenkelreaktion) auch eher wechselseitig oder beim Reiten von Seitengängen auch mal nur einseitig...
Verfasst: Mo, 12. Apr 2010 19:49
von orest
Hallo,
meiner Meinung nach sollte man nicht aktiv im Schritt treiben. Das macht das Pferd nur stumpf und führt zu einem unruhigen Sitz.
Ich reite aus dem Halten mit einer beidseitigen Schenkelhilfe an. Danach hat das Pferd die Aufgabe, die Gangart zu halten.
Die Schenkel im Schritt würde ich locker am Pferd hängen lassen. Durch die Bewegung des Bauchs gibt es automatisch leichte, wechselseitige Einwirkungen - aber eben nicht bei jedem Schritt aktiv das Bein ans Pferd drücken!
Falls ein Pferd faul oder stumpf am Schenkel ist, sollte man es zunächst wieder auf den Schenkel sensilibisieren und diesen danach sparsam einsetzen. Wir ein Pferd vom selbst, ungefragt langsam erinnere ich mit der Gerte.
Gruß Tina
Verfasst: Mo, 12. Apr 2010 20:03
von lalala
Man treibt kurz bevor das entsprechende Hinterbein abfusst. Wenn es bereits in der Luft ist verpufft die Hilfe ohne etwas bewirkt zu haben. Ein beidseitiger, gleichzeitiger Impuls macht keinen Sinn.
Will man einfach nur mehr Tempo holt man sich das mit der Gerte, mehr Fleiß jedoch durch das gezielte Treiben mit der Wade vor dem abfußen. Ist alles gut, lässt man die Beine einfach am Pferdebauch hängen.
Pass entsteht immer dann wenn man auf irgendeine Art klemmt - z.B. wenn man in der Mittelpositur nicht flexibel genug ist und ins schieben gerät, die Hände und die Schulterpartie blockiert sind und man dem Pferd durch das nicht mehr zulassen der Nickbewegung das Leben schwer macht etc pp.
Verfasst: Mo, 12. Apr 2010 22:46
von sinsa
Mein Tipp: Nicht ans treiben denken! Die Beine sollen so am Bauch liegen, dass sie die Bewegungen des Bauches gut spüren und mitschwingen können. Das Bild eines nassen Hantuches trifft es ganz gut. Wenn das klappt, treibt es sich tatsächlich von ganz alleine und es hat den Vorteil, dass man sich nicht den Schrit durch falsches treiben selber ruiniert

Verfasst: Mo, 12. Apr 2010 22:55
von horsman
ich brauche nichts mehr zu schreiben, da orest es bereits bestens beschrieben hat.
Vielleicht noch zwei Dinge:
vor allem nicht mit der Hüfte anschrieben wollen - das bremst - nur völlig passiv aber locker mitnehmen lassen
wenn das Pferd zu langsam wird, auch mal in die hand fühlen, ob sie die vorwärtsbewegung blockiert oder ev. ungewollt verlangsamt
Verfasst: Di, 13. Apr 2010 08:53
von Viva
Danke für die zahlreichen Antworten!
Ich versuche auch, wenn wir einen annehmbaren Schritt gehen, die Schenkel ruhig liegen zu lassen. Leider reagiert Vivaldi auf den Schenkel fast gar nicht, da kommt man schon mal schön aus der Puste... Ich habe es mittlerweile geschafft, wenigstens ein paar Tritte mit dem Treiben aufhören zu können; aber eben nur ein paar Tritte (dann gibts viel Lob

).
Beim Anreiten vom Halt in den Schritt gebe ich den Impuls auch gleichzeitig, in weiterer Folge versuche ich seit kurzem, auch wechselseitig zu treiben.
@Medussa: Das mit der Hüfte kommt mir sehr bekannt vor!! Vielleicht kann ich das Problem ja auch damit in den Griff bekommen ...
Verfasst: Di, 13. Apr 2010 11:29
von Carmen
Wenn Pferd sich bitten lässt, dann solltest du erst recht nicht jeden Schritt heraustreiben. Einmal gibt es die Schritthilfe, dann hat Pferd den Schritt selbst zu halten. Wenn nicht, kommt die Gerte. Je mehr du tust, desto mehr klemmt das Pferd. Aus der Puste kommen sollte man beim Treiben niemals. Das Pferd spürt jede Fliege...
Verfasst: Di, 13. Apr 2010 11:46
von Viva
Ich nehme auch die Gerte zuhilfe; leider ignoriert er die Gerte genauso wie die Schenkelhilfen (im Übrigen auch die Stimmhilfen *grrrr*). Vivaldi hat leider so viel hinter sich, dass er oft einfach zu macht...sogar, wenn ich mal vehementer mit der Gerte nachhelfe, ist ihm das relativ egal. Langsam fängt er schon an zu reagieren, wir arbeiten aber auch schon über ein Jahr darauf hin. Ich versuche bewusst, die Intensität der Hilfen zu erhöhen, wenn er nicht reagiert. Leider versuche ich nach vergeblichen Versuchen oft mit ganzem Körpereinsatz das Pferd vorwärts zu bringen und fange dann natürlich zu klemmen an...ein Teufelskreis wenn das Pferd nicht und nicht reagieren will.
...zum verzweifeln....
@ Carmen: Sobald Vivaldi reagiert, versuche ich sofort aufzuhören, leider geht das maximal 2-3 Schritte gut, dann verfällt er wieder in seinen alten Trott...
Verfasst: Di, 13. Apr 2010 11:52
von ottilie
Ist das beim Bodenarbeiten/Longieren auch so ein grosses Thema?
Und reitet auch jemand anders, wo er sich genauso verhält, oder tritt das nur bei Dir auf? Ist beim Freilaufen alles in Ordnung? Ist er im Trab und Galopp genauso verhalten?
Verfasst: Di, 13. Apr 2010 11:57
von Carmen
Kann mich Ottilie anschließen. Das schreit eigentlich danach, beim Longieren / Freiarbeiten korrigiert zu werden. Wenn das Pferd schon nicht mehr auf die Gerte reagiert, liegt einiges im Argen.
Wie wäre es, wenn du mit ihm am Boden erarbeiten würdest, dass ein Anlegen der Gerte vorwärts bedeutet? Das könntest du dann allmählich aufs Reiten übertragen.
Ist er im Gelände auch so? Was passiert, wenn du im Schritt nur oben sitzt und nichts mit den Schenkeln machst? Bleibt er dann Stehen und steht bis zum Jüngsten Gericht? Meist wird es ja langweilig und Pferd tritt doch wieder an. Darauf könntest du warten und das belohnen.
Auf jeden Fall musst du von dem starken Treiben weggkommen, und das kannst du nur, wenn du es ab sofort einstellst.
Verfasst: Di, 13. Apr 2010 12:12
von Lala
Kann mich meinen Vorrednerinnen anschliessen.
Hab das Problem mit meiner Stute auch durchgemacht. Nach dem die Zähne gemacht wurden und etwas später noch der Chiro da war, konnte sie wieder deutlich leichter vorwärts gehen, aufs Treiben hat sie aber immer noch zäh reagiert.
Geholfen hat dabei, dass ich im Schritt das Treiben komplet eingestellt habe, getrieben wurde erst, als sie (fast) still stand, zuerst Beine anlegen, etwas mehr Druck und Stimmhilfe und dann Gerte und zwar so fest, bis sie nicht nur vorwärts schlich, sondern trabte. Treiben sofort einstellen und Pferd in Schritt fallen lassen. Schleichen lassen, bis sie steht, Spiel wieder von vorne.
Am besten nicht mit allzu viel Zuschauer machen zu Beginn, Gerten-Einsatz kann schon recht heftig nötig werden. Die Gertenhilfe zu Beginn am Boden installieren...
Kennen Vivaldi ja nicht persönlich, aber wenn er vom gleichen Typ Pferd ist wie meine, kann man wirklich bis zum jüngsten Tag warten, bis ein freiwilliger Schritt kommt
Mit diesem Vorgehen konnte ich aber mein Pferd sehr gut kurieren, je nach Tag braucht es einfach in den ersten 5 Minuten wieder eine Gedächtnis auffrischung

Verfasst: Di, 13. Apr 2010 12:51
von solera
ich hab jetzt nicht alles durchgelesen, aber die einzige variante, die für mich sinn macht ist das wechselseitige treiben, aber dazu muss ich gar nicht aktiv treiben... ich versuch das mal zu beschreiben: wenn sich der rücken des pferdes bewegt und man sich einen gut mitgehenden reiter von der seite ansieht, sieht man eine kreisende bewegung in der hüfte nach hinten, die sich im bein fortsetzt. man spührt diese bewegung auch wenn man locker draufsitzt. das sind abwechselnde kreise rückwärts - in etwa so als würd das becken auf 2 reifen stehen die rückwärts fahren. dadurch gibt man schon automatisch wechselseitige treibende hilfen. mehr braucht man selten und falls doch schwingt man etwas mit dem pferdeleib mit. dieses ranschwingen des beines geschieht durch das wegschwingen des pferdeleibes um für das hinterbein platz zu machen. und meine schenkelhilfe (die ja eigentlich aus der hüfte kommt) regt zum etwas weiteren vortreten des hinterbeines an und geschieht beim abfußen des hinterbeines das ich ansprechen will. im prinzip ist das ein kurzes überstreichen mit dem bein. sollte das nicht ausreichen, kommt die gerte zeitgleich mit dem bein. denn auch hier ist timing das um und auf.
gleichzeitiges treiben verwende ich praktisch nie.
...ich hoffe man versteht das - ein gefühl beschreiben ist immer recht schwierig.
edit: also jetzt habe ich alles gelesen...
ich bin aber immer noch obiger meinung. diese kreisbewegung im becken einfach mal erspühren - zur not führen lassen wenn das pferd nicht weiter will. mehr treiben bringt in solchen fällen leider meist weniger erfolg.
und nicht auf "das pferd muss jetzt angehen" sondern vielleicht mehr eine freundliche einladung "wollen wir wieder ein bisschen?" vielleicht auch einseitig den zügel etwas einladender öffnen.
wenn man das mit den kreisen mal hat, kann man auch ein bisschen zu spielen beginnen mit kreise größer oder kleiner denken (denken reicht meist schon).
Verfasst: Di, 13. Apr 2010 14:26
von Viva
Ich möcht mich nochmals für die zahlreichen Antworten bedanken!
Beim Longieren, Freilaufen, auch im Gelände ist Vivaldi wie ausgewechselt. Er geht flott vorwärts, verhält sich nicht. Auch wenn ich beim Longieren oben sitze (da ich auch Sitzlongen nehme und er da wie ein "Schulpferd" ist), geht er super vorwärts. Sobald ich die Longe aushänge(n lasse), ist es schon vorbei.
Vielleicht soll ich auch noch erwähnen, dass Vivaldi nicht zugeritten, sondern gebrochen wurde. Er hatte vor mir niemals die Erfahrung machen dürfen, dass Reiten nichts schlimmes ist. Eingeritten wurde er angeblich so: Rohes, junges Pferd in die Halle, jagen bis es nicht mehr kann. Dann Sattel drauf, Longe dran und jagen bis es nicht mehr kann, dann Reiter drauf und das gleiche Spiel von vorne. Und das an einem Tag!! Grausig!!!! Er hat einfach keine guten Erfahrungen mit Reitern, Menschen, was auch immer gemacht.
Deshalb möchte ich jegliches Druck-machen vermeiden, soweit es geht. Er soll einfach Freude an der Arbeit haben. Es ist auch schon viel besser geworden. Wir haben einige Phasen durchstanden. Als ich ihn bekommen hab, ist er mir unter dem Hintern weggelaufen, hat nur versucht mich loszuwerden. Mittlerweile ist er eine Lebensversicherung, aber extrem "minimalistisch"
Ich glaube das Prinzip des wechselseitigen Treibens (also wie ich es machen sollte) hab ich verstanden und praktiziere es auch so (oder versuche es zumindest). Wenn ich ihn treibe, dann aufhöre wenn er reagiert, geht es ja ein paar Schritte, dann ist es vorbei. Wenn ich nicht weitermache, steht er (ich könnt mit ihm bis übermorgen stehen, es wär ihm egal, er kriegt dann seinen Schulpferdeblick, der sagt, ich bin schon mindestens 30 und soooo arm...). Ich persönlich fühle mich mit dem wechselseitigen Treiben auch wohler, weil ich mich nicht - wie erwähnt - in der Hüfte festmache. Trotzdem hat es mich schon verwirrt, dass anscheinend beides gängig ist.
Vielleicht habe ich das Glück und es filmt mich mal jemand, dann stell ich das Video rein...
Zähne wurden vor kurzem gemacht, Chiro war auch da, alles ok....
Vielleicht kann meine Trainerin auch einen Beitrag dazu schreiben, die kann meine Fehler besser aufführen als ich...
PS: Sorry, dass meine reitertechnische Eloquenz zu wünschen übrig lässt...