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Aikido à la Dr. Ritter - biomechanische Gedanken gesucht

Verfasst: Sa, 15. Jan 2011 18:24
von -Tanja-
Ich habe gestern das Buch von Dr. Ritter mit der Post bekommen und heute gleich angefangen zu lesen. Dabei ist mir umgehend eine Passage über seine Ausbildungsprinzipien ins Auge gesprungen, was mir u. U. weiterhelfen könnte, meine und Herrn Färds Kurs-Buckel-Probleme in den Griff zu bekommen.

Zunächst: bei mir hat sich im Hinterstübchen irgendwie zwischenzeitlich leider recht fest manifestiert, daß Amor während unserer Dressurlehrgänge böse buckelt. Dementsprechend verspannt bin ich natürlich während dieser Einheiten. Denke ich daran, setzt das Pferd das natürlich dann auch um: es buckelt. :roll: Die Befürchtungen habe ich zu Hause weder im Gelände, noch sonst wo. Ist also bei mir ein reines Kopfproblem.

Nun steht im Ritter-Buch zu lesen, daß es ein Aikidoprinzip gibt (Aikido s. bei wiki: http://de.wikipedia.org/wiki/Aikid%C5%8D): man lenkt die - in diesem Moment vom Pferd auf etwas Falsches gerichtete - Energie in eine nützlichere Richtung um (s. S. 38 im Buch).

Hierbei kam mir der Gedanken, daß das evtl. ein Ausstieg für meine Kopf-Probleme sein könnte: wenn ich nämlich merke, daß ich durch diese Energieumlenkung in was Nützliches Amor dazu bringen kann, die Buckelei sein zu lassen, bin ich entspannter und kann diesen Kreislauf durchbrechen. Ich hoffe, Ihr versteht, was ich meine.

Aber: in was könnte ich das Buckeln umlenken? Mir fiel da spontan das Mezair ein, was natürlich übertrieben ist. :wink:

Ich würde mich also zunächst mal über ein paar biomechanische Gedankenanstöße freuen. Ideen?

Verfasst: Sa, 15. Jan 2011 19:13
von gimlinchen
was ist Mezair?

(äh. ich habe eine idee, die eher eine blöde frage ist: bei den galoppern (also daußen, natürlich) begegne ich dem buckeln immer mit frischem vorwärts reiten udn das löst das problem.... das ist aber sicher zu einfach, oder????)

aikido-ideen findet man auch viele bei mark rashid in seinem letzten übersetzten buch.

Verfasst: Sa, 15. Jan 2011 21:15
von Gawan
gimlinchen hat geschrieben:was ist Mezair?
Aus de la Guérinière (Übersetzung Knoell) im Abschnitt "Erhabene, oder Schulen über der Erde":
Mezair ist ein Wort, das so viel, als Halbschule bedeutet. Es ist ein Sprung, der, ob er gleich unter die erhabenen Schulen gerechnet wird, doch nur etwas mehr, als Terre à terre, aber weniger erhaben und mehr vorwärts gehend, als eine Courbette ist. Man nennt ihn Halbschule, Mezair, weil er zwischen beiden ist, und aus dem Grunde nennen ihn auch einige Bereiter halbe Courbette, welches ziemlich genau die Bewegung ausdrückt, die ein Pferd in dieser Schule macht.
Ein Stich dazu findet sich hier: http://academicartofriding.com/exercises/levade/pesade/
Weitere Beschreibung und Bild hier: http://www.melange-baroque.de/begriffe.html

Tanja Xezal

Verfasst: Sa, 15. Jan 2011 21:59
von Max1404
Ich weiß, dass meine Antwort nicht genau auf Deine Frage eingeht.

Trotzdem :) : Meiner Meinung nach solltest Du bei dem Problem Ursachenforschung machen und psychologisch herangehen.
Wann genau fängt er denn an zu buckeln? Gibt es bestimmte Momente, in denen er das macht? Z. B. wenn zu viel auf der Tribüne los ist; wenn Du Galopphilfen gibst ... buckelt er "aus dem Nichts" los, oder erst dann, wenn Du mit ihm Lektionen reiten möchtest? Ist er schon nach dem Aufsitzen beim Warmreiten im Schritt am langen Zügel verspannt und explodiert? Erst wenn du die Zügel aufnimmst? Kann es sein, dass er in fremder Umgebung unsicherer und damit explosiver ist als zu Hause? Ist es Dir möglich, ihn mit Lektionen nach dem Warmreiten so zu beschäftigen, dass er gar nicht mehr ans Buckeln denkt?
Wenn Du Dir darüber Gedanken machst und ein gewisses "Muster" findest, dann kannst Du anfangen überlegen, was Du dagegen tun kannst.

Und gegen Dein "Kopfproblem": wie wär's mit nem Gläschen Sekt vorm Kurs, dann bist Du lockerer :wink:

Verfasst: So, 23. Jan 2011 22:24
von heike61
hallo tanja,

:arrow: was passiert vor der "buckel-attacke", hast du diesen zeitpunkt schon mal analysiert?

das umleiten der energie, die vom pferd ausgeht (HH), ist ein ständig anwesender "prozess" , wie man mit der ankommenden energie umgeht, ist der "knackpunkt " schlechthin in der reiterei.



lieben gruß
heike

Verfasst: Mo, 24. Jan 2011 10:21
von skywalker
Interessant! Klingt mir seeehr stark an Mark Rashid angelehnt, und zwar dessen letztes Buch: http://www.amazon.de/Pferde-suchen-eine ... 613&sr=8-1 (der deutsche Titel ist Käse, im Original heißt das Buch: Horsemanship through Life).

Rezension hab ich mal hier geschrieben:
http://pferdebuecher.forumieren.eu/t75- ... nen-freund

Auf einer DVD von Rashid (ich glaube namens "Developing Softness") beschreibt er auch recht genau anhand bestimmter Übungen, wie er Aikido bei der Arbeit mit dem Pferd integriert und anwendet. Es geht genau darum: Nicht mit dem Pferd zu "kämpfen", sondern seine Energie (auch wenn es gerade unerwünschte ist) aufzunehmen und "umzuleiten".
Ich persönlich konnte praktisch nichts damit anfangen, weil mein Pferd eher das Energiepsar-Modell ist und ich lieber wüsste, wie ich Energie von mir ins Pferd reinkrieg *G*.
Abe das Buch ist auf jeden FAll empfehlenswert, und die DVD auch.

Verfasst: Mo, 24. Jan 2011 10:33
von gimlinchen
:-) hatte ich paar Posts weiter oben auch erwähnt. ist wirklich gut

Verfasst: Mo, 24. Jan 2011 10:48
von skywalker
oh, das war zu unscheinbar, hab ich überlesen :oops: . Sorry.

Verfasst: Mo, 24. Jan 2011 10:55
von gimlinchen
so hab ich das pferdebuecher forum gefunden :-)

Verfasst: Di, 25. Jan 2011 07:43
von -Tanja-
Wenn Amor buckelt, sieht es so aus:

http://www.youtube.com/watch?v=UYaP3AIQ_o0

Das war letzten November beim DOB-Kurs - und es ist lange nicht das, was das Pferdchen an Energien beim Buckeln freisetzen kann, hier fehlt noch das Hakenschlagen. :roll: :evil:

Was er vorher macht? Meistens ist er so lange brav, wie man keine höhere Leistung von ihm will. :? Ich vermute auch, daß ich in letzten Konsequenz zunächst mal nicht das verlange, was ich dann während der Kurseinheit umsetzen will.

Verfasst: Di, 25. Jan 2011 07:56
von Nakim
Respekt wie Du das gesessen bist und dann ruhig weiterreitest! Das kann er wirklich gut....

Ohne Kritik üben zu wollen, gefällt mir die Anlehnung außen nicht. Der Zügel springt ein bischen und man sieht daß er sich ein klein wenig verhält. Schon vorher auf dem Zirkel geht er mir nicht energisch genug vorwärts. Vielleicht empfinde nur ich das so, aber ich würde ihn hier mehr treiben. Nicht schneller aber mehr von hinten an die Hand. Dann müßte auch die Anlehnung besser werden.

Verfasst: Di, 25. Jan 2011 13:58
von Belfigor
Mir fällt hier noch das Buch "Reiten ohne Stress und Angst" ein von Toni Bentley. Ist schon ein recht altes Buch, darin geht es aber in weiten Teilen um die Bilder, die wir im Kopf haben und die sich auf's Pferd übertragen und wie man sich davon befreien kann. Jeder Gedanke löst eine Körperspannung aus, die quasi vom Pferd "gelesen" wird...

Die Autorin ist Alexandertechniklehrerin, also geschult darin, Körpersprache zu deuten und zu verändern und versucht das in dem Buch weiterzugeben mit vielen praktischen Hinweisen.

Dein Hafi buckelt ja noch recht "manierlich", Sylliska! Sieht nicht so aus, als würde er dich partout loswerden wollen... Denk dir diese Energie die er hierfür aufbringt "um" in ein flüssigeres Vorwärts mit mehr Schub von hinten.

Verfasst: Di, 25. Jan 2011 16:22
von -Tanja-
@Skywalker: Danke für die PN! Ich meld mich deshalb die nächsten Tage mal!
Nakim hat geschrieben:Ohne Kritik üben zu wollen, gefällt mir die Anlehnung außen nicht. Der Zügel springt ein bischen und man sieht daß er sich ein klein wenig verhält. Schon vorher auf dem Zirkel geht er mir nicht energisch genug vorwärts. Vielleicht empfinde nur ich das so, aber ich würde ihn hier mehr treiben. Nicht schneller aber mehr von hinten an die Hand. Dann müßte auch die Anlehnung besser werden.
Nein, da hast Du vollkommen Recht! Als ich mir das nochmals angeschaut habe, ist mir auch DOBs Frage aufgefallen: ob mir das zu schnell sei. Ich hab "Nö!" gesagt - aber so im nachhinein denke ich: doch! Sobald Amor nämlich schneller wird, krieg ich noch mehr Schi**. Er müßte da wesentlich besser vorwärts gehen.

Ich hab auch nochmals die Artikel von TR auf seiner HP gelesen - da war einer dabei, ich glaube, es war der Legerete-Artikel - in dem er schrieb, wenn ein Pferd nicht vor dem Schenkel sei, könne es seine dadurch verhaltene Energie auch in Buckeln oder Scheuen o. ä. ablenken. Sein Buch lese ich ja gerade - hoffentlich kommt da noch mehr. :wink:

@Belfigor: Danke für den Buchtipp. Werd' mal gucken.

Verfasst: Mi, 26. Jan 2011 23:00
von Max1404
Hallo Sylliska,

kann es sein, dass Amor etwas unter Spannung gestanden hat? Mir kam es so vor, als wären seine Tritte etwas verhalten gewesen und dass er dadurch noch nicht zu 100 % vor Dir war (deshalb wollte der RL ja auch, dass Du etwas flotter vorwärts reitest). In so einer Stimmung kann es bei jeder kleinsten Ablenkung "in die Luft gehen". Kurz vor der Buckelattacke hast Du den äußeren Zügel völlig aufgegeben, und das Tempo war Dir, wie Du schreibst, etwas zu hoch (ungewohnt = Unsicherheit). Er war also nicht ganz vor Dir, einen kurzen Moment war keine Anlehnung da (und damit war auch die Sicherheit für ihn weg, außerdem hat er Deine eigene Unbehaglichkeit gefühlt) und dann seid Ihr noch direkt an den Zuschauern vorbeigeritten. Hat in diesem Moment vielleicht ein Zuschauer eine schnelle unbedachte Bewegung gemacht?
Die kleinen Buckler waren bestimmt ganz schön fies zu sitzen, oder? :wink:

Ich finde es in einer solchen Situation immer sehr wichtig, ganz besonders konzentriert auf eine gleichmäßige Anlehnung zu sein, die ihm Sicherheit geben soll in der fremden Umgebung und ihm gleichzeitig aber signalisiert, dass Du aufpasst und ihm keine Gelegenheit für Spässchen gibst. Das ist kopfmäßige Schwerstarbeit, weil man sich wirklich total auf jede kleinste Regung konzentrieren muss! Lies mal bei TR im Wasserprinzip nach: man muss das Pferd so mit seinen Hilfen einrahmen, dass es keine offene Tür findet, durch die überschüssige Energie entweichen kann. Und das ist richtig schwer!
Grundsätzlich könntest Du herausfinden, ob Du ihn in einer solchen "Stimmung" lieber sehr frisch vorwärts reitest oder ob Du lieber 10 Minuten lang etwas verhaltener reitest und ihn dann, wenn er mental etwas losgelassen hat, etwas mehr "heranholst". Es gibt Pferde, die entspannen sich, wenn man sie einfach mal ganze Bahn so richtig kräftig vorwärts traben lässt - das reicht, um den ersten Druck abzulassen (und Traben verleitet nicht so sehr zum Buckeln wie das Galoppieren). Bei anderen geht das gar nicht, die regen sich nur noch mehr auf.

Ich gehe auch oft Kompromisse ein und reite mit einem Abstand von 1-2 Metern an der Tribüne oder anderen "gefährlichen Orten" vorbei, um so ein Scheuen zu vermeiden. Warum sich Stress machen, wenn man ihn durch einen kleinen zeitweisen Kompromiss vielleicht völlig vermeiden kann? Wenn die erste Spannung weg ist, kann man dann ja wieder auf den Punkt reiten. Es ist ja ein Kurs, und keine Dressurprüfung, bei der Du die Hufschlagfiguren genau auf den Punkt reiten musst.

Du musst immer bedenken, dass er bei einem Kurs eine mehr oder weniger lange Hängerfahrt hinter sich hat, vielleicht eine Gastbox bezogen hat, und nicht jedes Pferd geht damit völlig entspannt um. Was hältst Du von Bachblüten?

Und Aikido-Prinzip: Du hättest nach dem Buckeln weitergaloppieren können, um den Schwung für Dich zu nutzen. Und nach einer Runde wieder mit der Trabarbeit fortfahren können (die durch das Buckeln und das anschließende galoppieren vermutlich mehr an Schwung und Losgelassenheit gewonnen hätte).

Verfasst: Do, 27. Jan 2011 07:02
von -Tanja-
Ich danke Euch für Eure Gedankenanstöße. Auch Heike danke für die PN. Du hast es da ziemlich genau auf den Punkt gebracht.

Was mir durch diesen Fred hier ganz deutlich klar geworden ist - und das ist wirklich keine angenehme Erkenntnis: Amor war ja schon immer von Anfang an stoffelig, wenn es darum ging, von ihm etwas zu verlangen, was ihm zu anstrengend ist. Da hat er mich schon in unseren ersten paar Wochen böse runtergebuckelt, wenn es nur darum ging, im Gelände im Schritt mal ein bissele flotter zu laufen. Und das war sicherlich auch der Grund, warum der Vorbesitzer ihn mit 6 Jahren verkauft hat.

Ich dachte eigentlich, daß wir das überwunden hätten, aber da habe ich mir wohl deutlich was vorgemacht die letzten 10 Jahre, wenn es sich zwischenzeitlich auch nurmehr zu 99 % auf die Dressurlehrgänge beschränkt. Was mich zu der Frage führt, ob ich mich insgeheim im Gelände/zu Hause eben "arrangiert" habe. :?

Amor ist beileibe kein Pferd, das unsicher ist - vielmehr ist er sehr, sehr selbstbewußt, sehr neugierig, nur schwer zu erschrecken. Damit hat es beim Kurs wirklich nichts zu tun. Es geht bei ihm wirklich nur darum, daß er etwas tun soll, was ihm nicht paßt. Und dann nutzt er eben jede Gelegenheit, um das zu zeigen.

Ich muß mir das jetzt erst mal gründlich durch den Kopf gehen lassen. Diese Erkenntnis "schlägt" mich jetzt grad ein bissele zu Boden. *soifzt* Andererseits puscht sie mich auch ganz schön. :twisted:

Zwecks der genauen Hilfengebung muß ich mal überlegen. Da melde ich mich nochmal.