Korrekter Sitz Abstriche

Rund um die klassische Reitkunst

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esge
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Beitrag von esge »

Sabrell, erkläre mir doch bitte, warum ein Schenkel intensiver werden soll, wenn man mit einer leichten Veränderung der Schenkellag dem Pferd mindestens ebenso gut verdeutlichen kann, was man möchte. Vorausgesetzt, das Pferd erlernt die Bedeutungen der verschiedenen Schenkellagen sauber und konsequent.

Wenn du diese Veränderung der Schenkellage ablehnst: Wie wirkst du dann
in den Verstärkungen
in den Rückführungen zur Versammlung
in der Piaffe
aus der Piaffe vorwärts
ein?
Es erscheint mir recht verwirrend für das Pferd, wenn all diese Vorgänge über "mehr treiben" vermittelt werden sollen? Letztlich scheint dann nur noch die Hand die Unterscheidung zu bringen, ob "mehr Treiben" bei verhaltenden Handhilfen Versammlung sein soll, oder "mehr Treiben" bei vorgebender Hand Verstärkung bedeuten soll. Dann wären wir aber bei der Versammlung beim von vorn nach hinten reiten. Kann ich mir jetzt nicht vorstellen bei dir. Bitte um Nachhilfe.
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saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Klein S&P hat "geforscht :lol: :
ich habe mir jetzt mal die Mühe gemacht, in "älteren" Büchern so vor 1970 alle Bilder von Reitern "zu vermessen" um die so hochgepriesene Lotrechte aufzuspüren - darunter waren Bücher von Klimke, Neindorff, Seunig, Bürger, Podhajsky, Morris, und noch einige mehr. Was soll ich sagen : ich habe nahezu keine gefunden in der die Lotrechte wirklich gegeben war ! Interressanterweise aber waren in etlichen dieser Bücher Zeichnungen, die der Vermessung stand hielten.

Diese Vermessung war für mich persönlich in soweit aufschlußreich, als daß ich mir künftig zu diesem Thema keinen Kopf mehr machen werde, sondern wie es sich bewährt hat, die Reiter auch künftig so im Sitz anzuleiten, daß sie im Gleichgewicht und Übereinklang mit ihren Pferd sitzen, egal, ob das nachher irgendeinem gewünschten Ideal entspricht, oder eben nicht.

Beim Tippen dieses Beitrages lag mir in den Fingern statt "im Gleichgewicht und Übereinklang" " im Lot mit ihrem Pferd " zu schreiben.

Möglicherweise ist dieser Ausdruck einfach mal wieder eine falsche Interpretation einer überlieferten / niedergeschriebenen Aussage eines klugen Kopfes. Und "im Lot" meint in Wirklichkeit gar nicht die optische Form, sondern schlicht "im Gleichgewicht und Übereinklang". Die Bedeutung des Worte wäre in dieser Form möglich und auch sinngebend.

Wäre dem tatsächlich so :wink: , würden sich etliche Reiter nur deswegen mit Dehnen und nach hinten Ziehen ihrer Oberschenkel herumplagen, um einer falschen Auslegung einer Aussage, die dann von einigen Illustratoren auch noch falsch mit Zeichnungen belegt wurde, nachzueifern. Diese Vorstellung finde ich irgendwie witzig :lol: .
Tatsächlich ist es allerdings nur ein kleiner Gedankengang, den ich euch nicht vorenthalten wollte. 8)
Gruß von S&P
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Guten Morgen,
Esge, Gegenfrage: Warum willst Du Deinen Sitz durch sich verändernde Schenkellagen aus der Balance bringen? Das ist doch gar nicht nötig. Beispiel Versammlung: Da reicht es völlig aus, wenn Du oben im Sitz aufmachst, so dass Dein Pferd den Platz hat, den es braucht, wenn es vorn höher wird. Dadurch, dass sich in der Versammlung der Schwerpunkt des Pferdes verlagert, verlagert sich doch auch Deiner – sprich, Du sitzt quasi automatisch so, wie Du solltest. Und: Ob ich AT reite oder versammelten Trab, dem Bein kommt in beiden Fällen doch die gleiche Aufgabe zu: Es soll das HB des Pferdes zum vermehrten Untertreten bringen.
Was ich übrigens gestern wirklich nicht verstanden – und auch vorher nie gehört habe: Warum soll ich das Bein in der Verstärkung mehr nach vorn bringen?
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esge
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Beitrag von esge »

Ein Umlegen der Unterschenkel sollte das Fundament des Reitersitzes nun wirklich nicht gleich aus der Balance bringen. Dann taugt das Fundament nicht viel und auch der einseitig verwahrende Schenkel würde das Fundament, also das Gleichgewicht dann in Unordnung bringen. Was natürlich bei unsichereren Reitern tatsächlich gern geschieht.
Nach vorn nehmen für die Verstärkung ist allerdings tatsächlich irrig geschrieben: Soll heißen: Für die verstärkung liegt der Schenkel am Gurt, für jede Nuance mehr Versammlung wird er etwas weiter zurück genommen.

Genauso könnte ich jetzt aus deinem Beitrag interpretieren, dass du, wo du doch für die Versammlung den Sitz vorn öffnest, ihn für die Verstärkung zusammenkneifst. :wink:
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saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Das unterschiedliche Plazieren des Schenkels nach hinten, bewirkt nur dann einen Verlust der Balance, wenn das gesamte Bewegungsspektrum nach hinten bereits ausgeschöpft ist ( z.b. wenn man zwanghaft den Oberschenkel nach hinten verfrachtet) Liegt er in einer neutralen Haltung, gestattet de Konstruktion des Beines ( Gelenke!) ein Verlagern, ohne die Basis ( das Becken) in funktioneller( lächelt verzückt) Hinsicht zu beeinträchtigen.

Oder anders gesagt :
Wenn man den Oberschenkel nicht schon bis zum Anschlag nach hinten gezerrt hat, ist man auch in der Lage das Bein nach hinten zu verlagern, ohne nach vorne überzukippen :lol:
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

S&P und Esge: Das ist völlig richtig. Aber wozu sollte ich das tun, wenn es anders ebenso leicht und effektiv funktioniert? Und warum sollte ich in der Verstärkung irgendwas zusammenkneifen? Da braucht das Pferd unter mir ebenfalls Platz. Darüber hinaus sehe ich viel mehr Reiter, die in der Versammlung eben nicht das gesamte Bein, sondern nur den Unterschenkel nach hinten "werfen". Und DAS ist nun alles andere als "funktional". Breitgrinst :P
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Beitrag von esge »

Gut, dann verbleiben wir bei deinem "wozu sollte ich das Bein verlegen" contra mein "wozu sollte ich mehr treiben, wenn es auch ohne geht".
Sollte es womöglich mehrere Wege geben, die beide zielführend sind? :shock:
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Beitrag von Cubano »

@Esge: Das ist nicht unwahrscheinlich. Was mich angeht, kenne ich das natürlich mit dem Bein zurücklegen. Aber Du könntest spaßeshalber ja mal die Methode ausprobieren, die ich geschildert habe. Meine Feststellung ist halt, dass man dabei noch weniger macht und das Pferd noch mehr in Ruhe lässt. Nur: Von MEHR treiben war nicht die Rede, grinsel. Wechselnde Intensität kann durchaus auch weniger bedeuten. Wenn ich das HB bereits durch einen treibenden Impuls habe, mache ich nämlich – nix. :D
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saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Cubano hat geschrieben:@Esge: Das ist nicht unwahrscheinlich. Was mich angeht, kenne ich das natürlich mit dem Bein zurücklegen.
Natürlich !
Aber Du könntest spaßeshalber ja mal die Methode ausprobieren, die ich geschildert habe. Meine Feststellung ist halt, dass man dabei noch weniger macht und das Pferd noch mehr in Ruhe lässt. Nur: Von MEHR treiben war nicht die Rede, grinsel. Wechselnde Intensität kann durchaus auch weniger bedeuten. Wenn ich das HB bereits durch einen treibenden Impuls habe, mache ich nämlich – nix. :D
Schildere doch die Methode mal genauer, Cubano, das würde mich ernsthaft interessieren. Wie reitest du die Versammlung und wie die Verstärkung ? Mit allem was so dazu gehört : Schenkel, Hand, Sitz, Sitzmodifikation.
Sagen wir : eine Piaffe aus dem Schritt/ aus dem Trab, einen versammelten Trab, einen Mitteltrab ab Punkt, ein Zulegen, einen Übergang vom Arbeits- zum versammelten Trab.
Grüßle S&P
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Beitrag von Cubano »

Huch, Piaffe reite ich gar nicht. Aber ich kann Dir das mal schildern, wie ich z.B. zulege und zurücknehme. Sobald ich (wohl am WE) mal wieder aufs Pferd komme. Nachtrag: Aber vielleicht ist der Kerl mal nicht schreibfaul, wenn er wiederkommt und erklärt das statt meiner.
Zuletzt geändert von Cubano am Do, 31. Mai 2012 13:02, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von esge »

Cubano, beim nächsten Pferd komme ich vielleicht drauf zurück. Bei Saltim bin ich eigentlich mit dem Ergebnis des Weges, den ich von meinen Lehrern in den vergangenen 10 jahren vermittelt bekam, ganz schön zufrieden. :wink:
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Beitrag von Cubano »

Esge, Du sollst doch Deine Reiterei nicht umstellen. :-) Einfach nur mal antesten, was ich heute Morgen geschrieben habe. Vorausgesetzt, das war halbwegs verständlich.
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Tess
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Beitrag von Tess »

Ich kann nur aus eigener Erfahrung sprechen: mir wurden bei einem Sitzkurs nach EM die Bügel ein Loch kürzer geschnallt, obwohl sie eigentlich von vornherein schon nicht die längsten waren ... fand ich ...
Die Veränderung in meiner Einwirkungsmöglichkeit war aber beeindruckend. Mein Becken wurde freier beweglich und ich habe mein Pferd seitdem deutlich besser "am Sitz", das Hohlkreuz ist weg .

Zur Schenkellage ist es bei mir so, dass der vorwärtstreibende Schenkel "am" Gurt liegt. Will ich mein Pony zur Lastaufnahme im Sinne von Hankenbeugung bringen, nehme ich die Schenkel etwas zurück. Will ich von der Versammlung wieder ins Vorwärts geht der Unterschenkel wieder vor.

Dabei liegt der Oberschenkel immer gleich und nur der Unterschenkel verändert seine Position. Würde ich den Oberschenkel bewusst mit nach hinten nehmen, würd ich mir wieder mein Becken blockieren.
Paula

Beitrag von Paula »

Rosana hat geschrieben:
AdrWgl hat geschrieben:Natürlich, ich wollte damit auch nicht ausdrücken, dass man nicht an seinem Sitz arbeiten muss. Ich sehe relativ oft, dass bei besser gerittenen Pferden, auch schlechter sitzende Reiter besser sitzen. Nun stellt sich für mich die Frage ob man wirklich bis 100% an seinem Sitz feilen sollte, oder nur vielleicht bis 90% und der „Rest“ ergibt sich, wenn das Pferd besser läuft, von alleine.
Ich würde das bejahen und aus den 90% sogar 70% bis 80% machen. Denn ich erlebe beim Reiten gelegentlich Momente, wo mein Pferd so gut läuft und alles so stimmt, dass ich auf einmal überhaupt keine meiner üblichen Sitzprobleme mehr habe: Die Unterschenkel sind plötzlich ruhig, das Knie bleibt tief,der Rücken richtet sich wie von alleine auf.
Wenn diese Momente (hoffentlich) immer häufiger werden und länger dauern und dann irgendwann zum Normalzustand werden, dürfte eigentlich "wie von Zauberhand" auch dieser gute Sitz zum Dauerzustand werden.

Deshalb denke ich, dass sich auf jeden Fall beides gegenseitig bedingt: Solange das Pferd noch nicht optimal geht, ist es schwieriger, gut zu sitzen, (und solange der Reiter schlecht sitzt, ist es für das Pferd natürlich schwer, gut zu gehen). Auf einem gut gehenden Pferd sitzt man dagegen (vorausgesetzt man hat eine grundsätzliche Balance und die richtige Körperspannung) fast von alleine gut.
So erlebe ich das auch, bzw so sehe ich das auch.
Aber ein Sattel der es dem Reiter gestattet korrekt zu sitzen ist ebenfalls notwendig.Es gibt Sättel die setzten den Reiter z.b. in einem Stuhlsitz. Mir wurde mal ein ehemaliger Springsattel ohne Pauschenl verkauft, es war der einzige Sattel der meinem Pony passte( Hafifigur), hier hatte ich im Dressursitz keine Chance, ich wurde immer nach vorne gesetzt. also vor die Schwerlinie, der Schwerpunkt des Sattels war so.
Ruhig konnte ich schon sitzen, aber keinesfalls akademisch.

Zu den weiter hinten liegenden Schenkeln, im Buch von Neindorff gibt es Bilder auf denen er piaffiert, mitweit zurückliegenden Schenkeln,
ich denke entscheidend ist wie das Pferd reagiert, und nicht was akademisch richtig ist. Bei deutlichen Kreueinnsatz,lege ich meine Schenkel weiter zurück,weil ich so das Gefühl habe besser durchzukommen...
Gast

Beitrag von Gast »

esge hat geschrieben:Sabrell, erkläre mir doch bitte, warum ein Schenkel intensiver werden soll, wenn man mit einer leichten Veränderung der Schenkellag dem Pferd mindestens ebenso gut verdeutlichen kann, was man möchte. Vorausgesetzt, das Pferd erlernt die Bedeutungen der verschiedenen Schenkellagen sauber und konsequent.
Warum sollte ich es Turnvater Jahn gleichtun, wenn dem Pferd die Bedeutungen von Haarfühlung und Hautfühlung des Schenkels, bei senkrecht nach unten fallendem Bein, klar sind?
Unnötiger Schnickschnack.

esge hat geschrieben: Wenn du diese Veränderung der Schenkellage ablehnst: Wie wirkst du dann
in den Verstärkungen
-> vorbereitende Halbe Parade, Hautfühlung am Schenkel, Becken leicht nach hinten kippen lassen (über die Bauchmuskulatur), Rahmen öffnen, fertig.
in den Rückführungen zur Versammlung
-> vorbereitende Halbe Parade, Hautfühlung am Schenkel, Becken leicht nach hinten kippen lassen (über die Bauchmuskulatur), Rahmen schließen, fertig.
in der Piaffe
-> vorbereitende Halbe Parade, Hautfühlung am Schenkel (bei Bedarf wechselseitig), Becken leicht nach hinten kippen lassen (über die Bauchmuskulatur), Rahmung elastisch durchhaltend, fertig.
aus der Piaffe vorwärts
-> vorbereitende Halbe Parade, Hautfühlung am Schenkel (keinesfalls wechselseitig), Becken leicht nach hinten kippen lassen (über die Bauchmuskulatur), Rahmen öffnen, fertig.

ein?
esge hat geschrieben: Kann ich mir jetzt nicht vorstellen bei dir. Bitte um Nachhilfe.
Ich mir auch nicht.
Denn: im Gegensatz zu vielen meiner Mitmenschen, lege ich Wert darauf, dass mir das Pferd schwunghaft an die Hand tritt und derselben folgt (sobald wir die Phase "Hand folgt dem Maul" hinter uns gelassen haben), es also Anlehnung sucht. Da Schwung und Durchlässigkeit unter Zuhilfenahme des tätigen Rückens HINTEN entstehen und ich "das" am leicht unterstützenden Schenkel nur nach vorne durchlassen muss (daher das Wörtchen Durchlässigkeit), indem ich mit meinem Gestell nicht im Weg bin ... verstehe ich schon Deine skurile Interpretation nicht. Aber das macht nix :)
Es wird daran liegen, dass Schwung und Anlehnung in MEINER persönlichen Ausbildungsskala vorkommem. Und ich Schwung nicht mit Tempo verwechsle.
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