Fühligkeit

Ratschläge rund ums Thema Gesundheit - die allerdings keinen Tierarzt ersetzen!

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Gelsomina
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Fühligkeit

Beitrag von Gelsomina »

Hallo, liebe Klassikreiter,

ich habe eine Frage an Hufexperten:
Ist Fühligkeit immer ein Zeichen für eine "drohende" (oder schleichende) Rehe?

Folgender Hintergrund:
Das Pferd einer Freundin läuft barhuf, und geht auf steinigen Böden eigentlich immer fühlig; dieser Zustand ist schon so, seit ich das Pferd und deren Besitzerin kenne. Bearbeitet wird das Pferd wohl nach der Natural hoof care... und der Hufpfleger sagt, dass das Gras schuld an der Fühligkeit sei (da Sohle dick genug), durch die Fruktane soll wohl der Stoffwechsel gestreßt sein und die inneren Strukturen im Huf würden dadurch lockerer sein (wenn ich das richtig verstanden habe). Auch bei gefrorenen Böden läuft das Pferd auf hartem, steinigem Untergrund fühlig, also auch wenn es kein Gras aufnimmt.
Mein Schmied sagt, dass es einfach Pferde gibt, die schlichtweg nicht barhuf laufen können, aus seiner Sicht sollte das Pferd einfach nur beschlagen werden.

Ich bin irritiert und frage mich seitdem, ob Fühigkeit immer eine drohende Rehe anzeigt (wenn es nicht an einer zu dünnen Sohle liegt) oder ob es tatsächlich Pferde gibt, die einfach nicht barhuf laufen können, die daher lieber beschlagen werden sollten.

Ich würde meiner Freundin gerne ein wenig mit Rat zur Seite stehen, kann aber nix dazu sagen, weil ich mich da nicht auskenne.

Was haltet ihr davon?

Danke!, LG, Mina
gimlinchen
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Beitrag von gimlinchen »

Das ist eine ganz schwierige Frage und wird sofort die Barhuf-Prediger auf den Plan rufen und die Menschen, die Eisen ganz ok finden, wenn sie eben helfen ( = ich, z.B....).
Eine Möglichkeit rauszufinden, was los ist, wäre Schuhe anzuziehen und zu schauen.... Wenn sie fühlig ist, wegen Rehe, dann solte schnell was passieren - insofern würde ich IMMER einen ordentlichen Vet zu Rate ziehen und das ist auch der Rat, den ich geben will.
Und eben evtl. Hufschutz probieren testhalber.... aber das ist nur meine Meinung.
Lilith79
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Beitrag von Lilith79 »

Mein Pony hatte letztes Jahr eine schleichende dann akute Hufrehe. Sie wurde auf hartem Boden zuerst fühliger und hat dann eine akute Rehe bekommen (leider die Anzeichen zu spät bemerkt)

Die Fühligkeit ist aber nach Abklingen der akuten Hufrehe und Fütterungsumstellung sofort wieder verschwunden und seitdem nie wieder aufgetreten. Obwohl der Stoffwechsel meines Ponies immer noch nicht 100% erholt ist (sieht man am Blutbild, sie hat EMS).

Ich würde den Hufpfleger an Stelle Deiner Freundin mal fragen, warum die Fühligkeit im Winter (ohne Fruktan) seiner Meinung nach nicht besser wird und was er generell gegen das Problem unternehmen würde.
Wenn die Antwort dann nicht total logisch und überzeugend klingt, würd ich mal eine Zweitmeinung einholen.

Wenn das Pferd stoffwechsel/grasbedingt IMMER fühlig ist, wäre da denke ich ganz extrem was im Argen...da müsste der Stoffwechsel ja schon stark geschädigt sein oder der Huf schon dauerhaft geschädigt. Wie lange kennst du das Pferd denn schon?
Gelsomina
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Beitrag von Gelsomina »

@grimlinchen, Lilith, danke für eure Antworten!

Mit Hufschuhen ist die Fühligkeit weg, so wie auf allen weichen Böden.
Ich kenne die beiden nun seit bestimmt 7 Jahren; zwischendurch - etwa 2,5 Jahre oder so - war das Pferd mal beschlagen, aber es ist barhuf eigentlich (egal nach welcher "Methode" ausgescnitten wird) immer das selbe mit der Fühligkeit... Ich würde gerne zum Beschlag raten, aber das ist ja immer so ne Sache (gegenüber vehementen Barhufbefürwortern...) mit den Argumenten, viele glauben ja, dass das die Probleme nur verschleiert und ich frage mich halt einfach, ob das Pferd dann einfach "bequem" laufen könnte (auf allen Böden; wobei ich natürlich nicht der Ansicht bin, dass über Schotter oder ähnlich "drübergedonnert" werden sollte).
gimlinchen
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Beitrag von gimlinchen »

ja, klingt eher nach bedarf für hufschutz. aber wie du selbst sagt, die diskussion ist immer schwierig. leider!!!
Jolly
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Beitrag von Jolly »

Ich habe auch ein Pferd, das fühlig läuft, wenn er zuviel Gras bekommt oder der Stoffwechsel durch Fellwechsel etc. angestrengt ist.
Bei ihm hat die Fühligkeit eindeutig auch mit der Fütterung zu tun.
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dornröschen
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Beitrag von dornröschen »

Hallo Mina,

Fühligkeit kann ein Hinweis auf entstehende Rehe sein, in dem von Dir geschilderten Fall glaube ich das aber nicht. Dagegen spricht für mich zum einen, dass die Fühligkeit über einen so langen Zeitraum besteht, ohne dass es jemals zum Reheschub kam und zum anderen, dass die Fühligkeit unabhängig von der Grasaufnahme ist.

Dass die Sohle offensichtlich dick genug ist, muss nix heißen. Es gibt auch Pferde die fühlig laufen wenn die Sohle ZU dick ist. Zuviel Sohlenhorn kann auch drücken.

Ich schließe mich Lilith an und würde Deiner Bekannten raten, nochmal mit dem Hufpfleger zu sprechen und gegebenenfalls eine Zweitmeinung einzuholen.

Für mich klingt das aber insgesamt auch danach, dass Hufschutz Not tut. Natürlich ist es möglich, dass irgendwelche grundlegenden Probleme bestehen, die durch Hufschutz nur verschleiert würden, aber ehrlich gesagt, hätte da in 7 Jahren nicht mal irgendwas zu Tage treten sollen, wenn dem so wäre?

Ich glaube auch, dass es bei Pferden mehr und weniger empfindliche Exemplare gibt.
Was spricht denn dagegen, dem Pferd im Gelände Hufschuhe anzuziehen und es ansonsten barhuf laufen zu lassen? Das wäre doch eine gute Kombination. Mit meinem eigenen mache ich das auch so. Er war früher vorne beschlagen, hinten hatte er noch nie Eisen. Seit fast einem Jahr läuft er jetzt ganz barhuf. Ohne Schuhe geht er immer fühlig, sobald der Untergrund nicht weich oder ganz eben ist. Mit Schuhen geht's ohne Probleme.

Was sagt den Deine Bekannte? Stört sie die Fühligkeit?


Viele Grüße,
Daniela
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Gelsomina
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Beitrag von Gelsomina »

Danke auch für eure Antworten, @Dornröschen, Jolly!

Ein Hufschuh wäre wahrscheinlich eine gute Idee!

Die Besitzerin von dem Pferd ist sich halt auch unsicher, überlegt, was sie tun soll, wobei beschlagen wohl nicht in Frage kommt.
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Jarit
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Beitrag von Jarit »

Ich gehöre in die Kategorie Barhufbefürworter und denke, dass ein Beschlag nur eine Schmerztablette ist und das eigentliche Problem verdeckt sowie die Hufsituation langfristig verschlechtert.

Fühligkeit kann ein Zeichen beginnender Rehe sein, muss aber nicht.
Meiner Auffassung nach liegt Fühligkeit zum überwiegenden Teil an schlechter bzw. suboptimaler Hufbearbeitung. Im Übrigen höre ich das häufiger von NHC-Pferden, dass die auf harten Böden fühlig laufen und Hufschuhe benötigen. Ich würde deshalb die Bearbeitungsmethode wechseln bzw. einen anderen Hufbearbeiter (Barhufexperte!, sorry, aber ich hab kein Vertrauen in Schmiede, was die Barhufbearbeitung angeht) ans Pferd lassen und so noch eine weitere Meinung einholen.
LG
Jarit

Erfahrung heißt gar nichts. Man kann etwas auch 35 Jahre lang falsch machen. - Tucholsky
Nakim

Beitrag von Nakim »

ich habe zwei Stuten die nach überstandener Rehe ohne Schäden leicht fühlig geblieben sind. Bei liefen vorher seit 7 Jahren Barhhuf mit der gleich Hufbearbeitung. An der Hand sind beide nicht fühlig. Aber sowie sie mit Reiter auf hartem Boden gehen laufen sie ohne Hufschuhe fühlig. Wobei eine Stute so extrem auf Gras reagiert, daß sie schon Stunden nach einigen Maul voll Gras auch ohne Reiter fühlig geht. Das verschwindet nach 1-2 Tagen wieder.

Beide muskeln extrem schlecht auf seitdem und bekommen nur Heu mit etwas Mineralfutter sowie Futter für EMS Pferde. Haben aber kein EMS.

Bei sind nach der Rehe eher etwas zu schlank als zu dick. Sie nehmen aber auch nicht zu. Blutbilder sind in Ordnung. Eigentlich waren sie vorher sehr leichtfutterig. Beide werden nur an der Handgearbeitet und longiert um Muskeln aufzubauen.

Ich denke schon, daß Fühligkeit mit Stoffwechselproblemen zusammen hängen kann. Aber als Ersthilfe würde ich immer Hufschuhe nehmen.
gimlinchen
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Beitrag von gimlinchen »

logisch, es gibt natürlich mehrere ursachen dafür
Lilith79
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Beitrag von Lilith79 »

Dass es Stoffwechselbedingte Fühligkeit gibt ist denke ich klar, aber ich finde es halt in diesem Fall etwas merkwürdig, dass das Pferd seit Jahren wegen Gras/Stoffwechsel ungefähr gleichmäßig fühlig sein soll, ohne dass etwas passiert.

Bei einer Fühligkeit durch Gras würde ich aus meinen Erfahrungen erwarten, dass es irgendwann zu einer Verschlimmerung oder zu einem Supergau (akute Rehe) kommt oder dass man eben Unterschiede merkt --> schlimmer bei viel Gras, besser ohne Gras, etc.
Jolly
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Beitrag von Jolly »

Ich kann von meinem Pferd sagen, dass er auch immer fühliger ist, als die anderen Pferde, die schon seit Jahren gleich gehalten werden, den gleichen Hufschmied haben etc. Die Fühligkeit ist unterschiedlich stark ausgeprägt, aber immer da. Am besten war es in den Zeiten, in denen er im vollen Distanztraining stand, vermutlich, weil der Stoffwechsel da deutlich aktiver war. Allerdings ist er zu den Zeiten auch immer Beschlagen gewesen, so dass eine Fühligkeit auch nicht so stark auffällt.
Verletzungen hatte er wenn dann meist im Frühjahr, es gibt inzwischen einige Tierärzte, die die Theorie vertreten, dass eine hohe Eiweißzufuhr mehr Histamin im Körper zu Folge hat und damit dann auch die Entzündungsbereitschaft im Körper stark ansteigt.
Diese Theorie scheint mir gar nicht so abwegig, in diesem Frühjahr, in dem es aufgrund der Trockenheit nur wenig Gras gab, gab es auf Distanzritten nur relativ wenige Ausfälle. Dafür gab es im Juli deutlich mehr Ausfälle als in anderen Jahre, die TÄ führen das auf das im Juni sprießende Gras zurück.
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Filzi
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Beitrag von Filzi »

Fühligkeit kann auch ein Hinweis auf White Line Disease sein. Hatte meine auch, als das behandelt wurde, waren die Hufe widerstandsfähiger und sie war weniger fühlig.

Wobei es bis heute der Fall ist, dass sie lieber auf der Wiese geht, Asphalt ist ihr auch egal, nur kleine Steinchen sind ihre Feinde.
"Es gibt keinen Weg zum Frieden, denn Frieden ist der Weg." Mahatma Gandhi
Gelsomina
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Beitrag von Gelsomina »

Ich habe eure ganzen Erfahrungen jetzt mal "weitergegeben".
Danke hierfür nochmals!

LG, Mina
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