testende Pferde

Infos und Fragen rund ums Thema "wie Pferde denken"...

Moderatoren: Janina, dshengis

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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Janina hat geschrieben:Tanja, ich finde es ein bisschen unfair es mehr oder weniger so darzustellen, als wären allen, die nicht genau deiner Meinung sind, die Befindlichkeiten ihrer Pferde egal.
Ich denke auch, dass es sehr unterschiedlich ist, wie sehr man bei jedem einzelnen Pferd auf dieser "Dominanzgeschichte" bestehen muss.
Wir haben ja jetzt den dritten Hengst und alle drei sind super unterschiedlich. Unterschiedlich auch mit verschiedenen Personen.
Und so sehr ich sie liebe, wenn man auf bestimmte Sachen nicht wirklich Acht gibt, können die auch wirklich körperlich gegen dich gehen. Und da spreche ich jetzt nicht von "mal einen Satz unter´m Sattel machen" (was ich übrigens wie Jen auch überhaupt nicht unter dieser Thematik betrachten würde).
Pferde wissen, dass wir keine Pferde sind. Dementsprechend können (und müssen) sie lernen, dass im Umgang mit uns andere Regeln gelten als innerhalb einer Herde. Wichtig ist nur, dass wir dies dem Pferd verständlich machen können, dafür braucht es kein gezieltes "Dominanztraining", sondern einfach richtiges Handling im Alltag. Ganz unspektakulär und ohne gekränktes Ego oder Emotionen (deswegen verstehe ich das Theater um das Wort "Testen" auch überhaupt nicht, das Pferd testet, wir liefern ein Ergebnis (wie auch immer das ausschaut), das Pferd fragt an, wir antworten, keine große Sache und schon gar kein Drama).
Danke, vieles (das meiste vielleicht sogar?) aus vorherigen Posts was aus meiner Sicht entscheidend ist gut auf den Punkt gebracht! :wink: Daumen hoch!
Max1404
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Beitrag von Max1404 »

Danke Janina!
:trink1:
Viele Grüße
Sabine
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Gawan
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Beitrag von Gawan »

Da hier unterdessen verschiedene Fragestellungen zusammen gekommen sind, versuche ich hier einige meiner Gedanken dazu zusammenzufassen:

Episode “Erziehung eines Junghengstes durch älteren Wallach”
Meine Deutung des Verhaltens: Der Junghengst ist voll auf Testosteron, daher laufen die entsprechenden “Systemprogramme” ab: Äusserer Reiz “Stute” => Programm “Weitergabe der Gene” => Handlung “Bespringen”; äusserer Reiz “Hengst” (im konkreten Fall ohne Eier, aber das scheint der kleine Macho nicht unterscheiden zu können) => Systemprogramm “Konkurrenz ausschalten” => Handlung “Angriff”. Die Reaktion des Wallachs wird dann dazu führen, dass das Programm adapiert wird, bzw. neue Programme installiert werden: z.B. äusserer Reiz “Hengst” => Check “Signale” => Wahrnehmung “angelegte Ohren” => search db “angelegte Ohren - Folge AUA” => Handlung “Ausweichen”. Interessant wäre es zu wissen, ob der Macho als “Einzelkind” aufgewachsen ist und die entsprechenden “Programme” daher noch nicht installiert wurden.

Pferd testet Mensch = Pferd will Mensch verschaukeln
Das ist der Wortgebrauch, den ich am meisten antreffe. Ich glaube, hier sind wir uns einig, dass dies Blödsinn ist, Pferde können Menschen nicht verschaukeln.

“Testen” für “Lernen durch Erfahrung”
Hier scheint mir der Begriff nicht exakt verwendet, aber da werden wir uns wohl nicht einig. Ich gehe grundsätzlich davon aus, das Pferde impulsiv “im Affekt” und ohne vorhergehende Überlegung handeln. Erfahrung führt dazu, dass, wie oben ausgedrückt, neue Programme installiert werden.

Vom Mensch ans Pferd gestellte Aufgaben
Ich denke, wir sind uns einig, dass fast alles, was wir vom Pferd verlangen, etwas ist, was Pferde voneinander nicht verlangen. Offen ist dagegen die Frage, ob es sich um ein Rangproblem handelt, wenn das Pferd sich dabei nicht verhält wie verlangt. Ich gehe in dem Fall davon aus, dass mit dem Pferd a) noch zu wenig geübt wurde (das Programm ist noch nicht richtig installiert) und/oder b) das was wir vom Pferd verlangen ist aus unserer Sicht etwas, was wir dem Pferd schon beigebracht haben, aus Sicht des Pferdes handelt es sich aber um etwas anderes. Typisches Beispiel: Anhalten auf dem Weg weg vom Stall und den anderen Pferden ist nicht das Selbe wie Anhalten auf dem Weg zurück zum Stall und den anderen Pferden, auch wenn der Mensch meint in beiden Fällen das Selbe zu verlangen. Oder wie mir mein Jungspund mal klar gemacht hat: In der Halle aufsteigen ist nicht das Selbe wie draussen aufsteigen. Und dann gibt es noch die Version c) der Mensch stellt sich dabei idiotisch an.

Thema Rangordnung / Dominanz
Da gibt es verschiedene Meinungen, wie wichtig das Thema ist. Zusammengefasst nochmals meine Haltung zu diesem Thema: Der Begriff der Ranghöhe passt nicht in das Verhältnis Pferd - Mensch, vielleicht müssten wir für das, was wir damit wirklich meinen, einen neuen Begriff erfinden. Es wäre auch fraglich, ob es die Arbeit mit einem Pferd wirklich erleichtern würde, wenn uns ein Pferd im pferdischen Sinn als ranghöher ansähe, dann würde es uns nämlich nach Möglichkeit meiden. Mit einem Pferd zu arbeiten, dass nur ausweicht, wäre schon am Boden schwierig, das Aufsteigen wäre noch schwieriger.
Mit ist auch der Weg von “X lässt Y weichen” zu “X bedeutet für Y Sicherheit” unklar.

Aufmerksamkeit
Ich halte Aufmerksamkeit im Umgang mit Pferden für ein ganz wichtiges Thema. Im Beispiel vom Pferd, das sich “anschleicht” wäre dies kaum passiert, wäre der Mensch aufmerksam gewesen. Und da immer wieder die Rede vom konsequenten Umgang mit dem Pferd ist (habe ich irgendwo behauptet, der sei nicht nötig?): ich kann nicht konsequent mit dem Pferd umgehen, wenn ich nicht aufmerksam bin. Aufmerksam muss ich sein, um etwas von dem mitzubekommen, was im Pferd abgeht, damit ich gleich darauf reagieren kann (mancher würde hier formulieren “um zu merken, was das Pferd im Schilde führt”, aber da würde ich dem Pferd wieder eine Absicht unterstellen); aufmerksam muss ich auch sein um die Umgebung abzuchecken, um möglichst viel von dem wahrzunehmen, was das Pferd vielleicht ablenken oder beunruhigen könnte.
Persönlich brauche ich lieber den Begriff Präsenz, da dieser neben der Aufmerksamkeit im engeren Sinn auch noch die Ausstrahlung umfasst, die ein Mensch haben kann. Mangelnde Präsenz war nebenbei bemerkt das Hauptproblem des zweiten Teilnehmers bei der Longierübung, das Pferd hätte sich etwa gleich verhalten, wenn man ihm einen Gymnastikball hingelegt hätte. Erfahrene Pferdeleute zeigen mehr Präsenz als unerfahrene, sie nehmen dank ihrer Erfahrung Vieles unbewusst wahr und reagieren ebenso unbewusst darauf. Mit ihrer Präsenz bilden sie eine Art “Kraftfeld” um sich und das Pferd (ich ziehe dieses Wort der “Blase” vor).

Erziehung
Habe ich irgendwo behauptet, man könne, müsse, dürfe, solle Pferde nicht erziehen? Was mich interessiert, ist die theorische Grundlage, auf der die “Pferdepädagogik” aufbaut, da die erstere letztere beeinflusst. Meiner Ansicht nach ist Erziehung genauso Training, wie einem Pferd eine Piaffe beizubringen, nur eben in einem anderen Bereich. Ich trainiere die Verhaltensweisen, die ich will, und gewöhne jene ab, die ich nicht haben will.
Dabei kann auch ein gut anerzogene Verhaltensweise ausfallen, wenn das Verhalten des Menschen vom Gewohnten abweicht. Das wohlerzogenste Pferd in unserem Stall wird nie angebunden und ohne Strick von der Weide geholt. Die Besitzerin stellt es jeweils an seinen Platz, und dort bleibt das Pferd brav stehen während die Besitzerin Putzzeug, Sattel etc. holt. Dabei kann die Besitzerin auch in der Sattelkammer ein kurzes Schwätzchen halten. Einmal wurde allerdings aus dem Schwätzchen ein längeres Gespräche, und siehe da, das brave Pferd machte sich auf Wanderschaft in die nächste offene Box, wo es die Krippe ausputzte. Timeout für das installierte Programm “Stehenbleiben”, Start des Systemprogramms “Futtersuche”.

Befindlichkeiten
Ich hoffe doch sehr, dass die Teilnehmer in diesem Forum ihre Pferde rücksichtsvoll behandeln, dies ist schliesslich kein Forum für Rollkurer. Was mich aber gelinde gesagt etwas irritiert hat, war der Wendyalarm, der losging, als ich erzählte, dass ich meinem Pferd zugestehe zu protestieren, und ich versucht habe, darzustellen, wie mich mein Pferd möglicherweise sieht, und dass dabei die positiven Erfahrungen, die es mit mir macht, eine Rolle spielen könnten. Und wenn ich schreibe “Ich kann durchaus zackig und rabiat reagieren, wenn eine Situation dies verlangt”, dann meinte ich damit nicht, dass ich Wattebäuschchen werfe, sondern dass ich z.B. die Gerte einsetze.

Damit genug geschrieben.
Gute Nacht
"Der Reitlehrer sei unser eigenes Pferd" SGS
(und der Schüler zeige Geduld, Demut und Hingabe)
Draussen bin ich 4:0 unterwegs, in der Halle 3:1, manchmal 1:3.
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Janina
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Beitrag von Janina »

Um jetzt auf alles zu antworten, ist mir das etwas zu viel. Zumal ich das "Programme installieren" in Bezug auf Lernvorgänge beim Pferd auch nicht so ganz treffend finde. Ich gestehe einem Pferd schon gewisse Überlegungen zu (eben auf "Kleinkindniveau").
Nur kurz zu der Sache @Befindlichkeiten.
Gawan hat geschrieben: Du kannst es gerne als wendymässig bezeichnen, wenn ich auf die Befindlichkeiten meines Pferdes Rücksicht nehme.
Das kam von dir und wir (ich) haben dagegen protestiert, dass du es damit so darstellst, als würden wir eben keine Rücksicht darauf nehmen.
Ich bin jedenfalls der Meinung das zu tun. Und trotzdem halte ich das Dominanzthema für extrem wichtig. Das ist überhaupt kein Gegensatz.
Protestieren darf ein Pferd. Aber in gewissen Grenzen. Geht der Protest in eine Richtung, die für mich oder andere (oder das Pferd selbst) eine Gefahr darstellt, geht das eben nicht mehr. Ist es mal so weit, habe ich schon vorher verpasst da Prävention zu betreiben.
Ich vermute aber mal ganz stark, dass wir uns in der Praxis nicht so unheimlich unterscheiden würden und das nur eine Einstellungsfrage ist. Da wird man sich aber wahrscheinlich auch nicht unbedingt einig werden :wink:
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Janina hat geschrieben:Um jetzt auf alles zu antworten, ist mir das etwas zu viel. Zumal ich das "Programme installieren" in Bezug auf Lernvorgänge beim Pferd auch nicht so ganz treffend finde. Ich gestehe einem Pferd schon gewisse Überlegungen zu (eben auf "Kleinkindniveau").
Nur kurz zu der Sache @Befindlichkeiten.
Gawan hat geschrieben: Du kannst es gerne als wendymässig bezeichnen, wenn ich auf die Befindlichkeiten meines Pferdes Rücksicht nehme.
Das kam von dir und wir (ich) haben dagegen protestiert, dass du es damit so darstellst, als würden wir eben keine Rücksicht darauf nehmen.
Ich bin jedenfalls der Meinung das zu tun. Und trotzdem halte ich das Dominanzthema für extrem wichtig. Das ist überhaupt kein Gegensatz.
Protestieren darf ein Pferd. Aber in gewissen Grenzen. Geht der Protest in eine Richtung, die für mich oder andere (oder das Pferd selbst) eine Gefahr darstellt, geht das eben nicht mehr. Ist es mal so weit, habe ich schon vorher verpasst da Prävention zu betreiben.
:
Mal wieder: volle Zustimmung! Vielen Dank, Janina, dass du dir die Mühe machst, es wieder mal so auf den Punkt zu bringen. Ich gestehe, ob der recht theoretischen Ausführungen und der Ausführlichkeit habe ich mich nicht rangetraut! :wink:
skywalker

Beitrag von skywalker »

Ich hab jetzt die letzten Posts nur überflogen, sorry.

Hier meine Ansichten:
JA, Pferde testen Menschen, Pferde testen sich untereinander. Weder aus Böswilligkeit oder um den andern zu ärgern, sondern einfach um zu sehen, wer wo steht.
Testen ist für mich aber keine aktive Handlung, sondern eher was ganz passives, getestet wird meiner Erfahrung nach eher durch Nicht-Reagieren (und das Ziel des Testes ist herauszufinden, ob man nun reagieren muss oder nicht). Beim Beispiel mit dem Gras ist dann eben nicht das Testen, DASS das Pferd zum Gras zieht (das ist natürlicher "ich will fressen"-Instinkt), sondern andersrum das Nicht-Reagieren auf meine Einwirkung. Nimmt es auf ein leichtes Zeichen (das es kennt) den Kopf wieder aus dem Gras, war das kein Test. Muss ich rucken und werweißwie einwirken, damit ich irgendeine Reaktion bekomme, war das ein Test.

Weiters würde ich sagen, dass nur Rangniedrige die Ranghohen testen, weniger umgkehrt! Einer, der sich für wiet ranghöher hält als der andere, braucht nicht ständig testen: weicht mir der eh noch immer aus? Zumindest hab ich noch nie gesehen, dass ein ranghohes Pfed ein rangniedriges ständig wegjagt, nur um auszutesten, ob das eh noch funktioniert. Leider ist das eher das, was Menschen mit Pferden ständig tun (ständig testen, ob "es eh noch funktioniert").

Zur Diskussion um Dominanz und Rangordnung. ich bin ja *mich oute* ein Pro-Dominanzler, damit meine ich dass ich bejahen würde, DASS es eine Rangordnung zwischen Mensch und Pferd gibt und dass der Mensch im Idealfall ranghöher ist, weil er sich in der vom Menschen geschaffenen Welt mit Autobahnen, Traktoren und Flugzeugen, dafür ohne wildlebende Wölfe und Löwen halt besser auskennt als das Pferd.
Wichtig aber, und das wird in der Rangdiskussion immer vergessen: Ranghöher sein heißt ja nicht nur, dass ich Rechte habe (wie das Pferd hier hin und dorthin zu schicken etc.), sondern v.a. Pflichten! Nämlich es zu beschützen. "Dominanz" hat für mich nicht was mit Unterdrückung zu tun, sondern mit Vertrauen. Daher ist "Dominanz" für mich auch überhaupt nicht negativ besetzt.
Und wenn nun ein Rangniedriger einen Ranghohen testet, dann eben nicht aus Bosheit, sondern um zu sehen, ob es ihm vertrauen kann. Da spielt dann die Aufmerksamkeit mit rein. Ein Ranghoher, der nicht bemerkt, dass der Rangniedrige ihn grad weggeschubst hat (passiert schnell beim Menschen, das Beispiel mit dem unbewussten Schritt zur Seite...), ist so unaufmerksam, dass der Rangniedrige ihm sein Leben halt lieber nicht anvertraut.

Wenn ein "ranghoher" Mensch sein Pferd in den Hänger schickt geht es ohne Zögern dann hinein, weil es ihm vertraut, nicht weil es ihm aus Angst weicht.

Ein Pferd fängt m.M. nach dann deutlich zu testen an ("muss ich wirklich...."), wenn der Mensch inkonsequent ist. Und ein testen geht m.M. nach auch immer mit einem Vertrauensverlust einher. Es hat nix Böses an sich, und es will niemanden ärgern, nur sich selbst versichern, ob Mensch heute eh genauso aufmerksam ist wie sonst auch, ob er Konsequenzen nur androht oder auch durchführt, ob er noch genauso reagiert wie gestern. Das macht ihn dann durchschaubar, verlässlich und damit vertrauenswürdig.
Pünktchen

Beitrag von Pünktchen »

Ich bin auch der Ansicht, dass Pferde durchaus ihre Grenzen austesten - wie Kinder.

Meiner weiß z.B. ganz genau, dass er nicht beißen soll. Letztens hat er mir dann aber doch in den Ärmel gebissen und bevor ich überhaupt reagiert habe, ist er schon rückwärts geschreckt und hat sich halb ins Halfter gehängt. Weil er eben genau weiß, dass er das nicht darf und da Ärger bekommt.
Warum macht er es trotzdem? Weil er seine Grenzen austesten will, würde ich sagen.
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Tossi
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Beitrag von Tossi »

...jetzt bin ich endlich mal dazu gekommen, den ganzen Fred nachzulesen...ist ein wirklich endloses Thema, aber ich will mich kurz fassen und auf einen Gedanken beschränken:

natürlich "testen" Pferde, denn "try and error" ist wahrscheinlich eines der elementarsten Prinzipien der Evolution höher entwickelter Tiere. Außer in absolut instink-/hormonell gesteuerten sowie in lebensbedrohlichen Situationen wird diese Strategie in allen möglichen Lebensbereichen eingesetzt.

Ich finde den Begriff "testen" auch nicht optimal, http://synonyme.woxikon.de: abtasten, anfangen, ausprobieren, durchprobieren, durchprüfen, experimentieren, probieren, prüfen, sich bemühen, sich vortasten, untersuchen, wagen, anstellen, versuchen - das alles gehört für mich ganz normal zum Verhaltensrepertoire von Tieren und muss eben in die gewünschten Bahnen gelenkt werden.

Für unsere Pferde hängt die Motivation zum "Testen", wie schon etliche hier geschrieben haben, von vielerlei Faktoren ab und dient primär der Befriedigung von Bedürfnissen (Hunger, Bewegung, Sozialkontakt etc.). Bei intelligenten Pferden habe ich auch durchaus schon strategische Vorgehensweisen beobachten können.
Die Schönheit der Dinge lebt in der Seele dessen, der sie betrachtet. (David Hume)
Coco
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Beitrag von Coco »

so ich muss mich jetz als Neuling hier auch mal einklinken und um Rat fragen: was mich bei meiner Stute (4 Jahre, Oldenburger, habe sie seit 2 Monaten) beschäftig ist, dass sie, als das erste mal der Hufschmied da war, sich bei den Hinterbeinen nicht mehr anfassen lassen wollte und sofort immer den Arsch hergedreht hat und schlagen wollte.
Jetz habe ich vorm nächsten Termin echt Panik, ich meine, wir habens schon hinbekommen dann, aber so kenn ich sie nicht. Sie lässt sich sonst überall anfassen, gibt alle Hufe brav, hält still und ist mehr Schaf als Pferd ;-)

Und letztens, habe ich den Schweif gebürstet, und dann die Schweifrübe mit einem Öl eingerieben, weil sie schuppig war, da hat sie auch nach ein paar Sekunden einreiben gemeint, sie hebt jetz mal den Hinterhuf. Ich hab sie geschimpft und ihr einen Klatsch auf den Bauch gegeben. Wie soll ich bei solchen Situationen eurer Meinung nach reagieren??

lg coco
Sheitana
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Beitrag von Sheitana »

Nun, in dem Moment sicherlich motzen, denn gegen mich das Bein heben geht schon nicht.

Und danach ihre Reaktion durchaus ernst nehmen und mich fragen, warum sie das so plötzlich tut.
LG
Sheitana
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bubi9191
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Beitrag von bubi9191 »

Ich denke, dass Pferde nicht 'testen' in dem Sinne, dass sie sich denken "Jetzt schaue ich mal, was ich mit der machen kann".

Dieses 'testen' ist ja eigentlich immer ein Ausdruck davon, dass irgendwas nicht stimmt.
Das kann anfangen bei undeutlichen Hilfen, sozusagen ein Kommunikationsproblem.
Aber natürlich sind Pferde Herdentiere und hinterfragen auch ihre Rangstellung.
Wichtig ist meiner Meinung nach, in solchen Situationen sein eigenes Verhalten zu reflektieren: Hat das Pferd mich verstanden? Nimmt es mich ernst, ignoriert es mich?

Zu deiner Stute, Coco:
Ich bin ja grundsätzlich dafür, erst einmal nachzudenken, WARUM das Pferd das jetzt macht. Vielleicht hat es Angst o.Ä.
Trotzdem ist schlagen gefährlich und meiner Meinung nach ein No-Go. Das würde sie auch sicher nicht in der Herde gegenüber ranghöheren Tieren machen, auch nicht, wenn ihr etwas nicht passt.
In solchen Situationen bin ICH dann nicht zimperlich und mache dem Pferd unmissverständlich klar "So nicht!"

Es sind immer noch Lebewesen, die mehr Kraft haben als wir und solche Tritte können schnell daneben gehen und gefährlich werden und da hört der Spaß dann auf.

Ich möchte mein Pferd in keinster Weise 'bestrafen', sondern ihm nur zeigen, dass sein Verhalten in dem Moment sofort eine Reaktion mit sich zieht.

Es kommt für mich allerdings nicht wie 'Grenzen austesten' rüber.
Excalibur

Beitrag von Excalibur »

Wenn ein Pferd nach mir tritt, würde ich auch nicht lange überlegen und direkt reagieren, da dürfte es bei mir auch "richtig scheppern". Das Pferd sollte lernen, dass dies keine zu billigende Reaktion ist, um seinen "Unmut" zu äußern.
Im nächsten Moment ist dann aber die Frage des "Warum" angebracht, damit die Ursache abgestellt wird. Treten ist in erster Linie ein Akt der Verteidigung und kein austesten.
padruga
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Beitrag von padruga »

Nach testen hört sich dsas nicht an.
Du schreibst nur was von Bein gehoben, bist du dir sicher dass es überhaupt gegen dich gemeint war? Oft tut man dem Pferd auch unrecht, Beispiel schuppige Schweifrübe mit Öl einreiben: Vielleicht hat es auch nur gejuckt und Pferd wollte mal Bescheid geben. Unterscheiden kannst du es indem du es ansprichst und auf seine Reaktion dabei achtest. Man kann durchaus tolerant reagieren, wenn ein Pferd nur das Bein hebt um zu signalisieren" aua das ist jetzt unangenehm". Wenn es sich allerdings um eine gezielte Drohung gegen den Menschen handeln würde, ist rasches und energisches Klarstellen nötig.
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