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Versammlung - Unterhals entspannt?
Verfasst: So, 09. Mär 2014 20:18
von thelonelypeople
Hallo
Ich erstelle jetzt mal meinen ersten Thread hier in diesem Forum....
Ich habe noch nicht so viel Ahnung von der Biomechanik des Pferdes, deswegen entschuldigt bitte Fehler
Überall liest man, dass ein Pferd, welches korrekt über den den Rücken geht, den Unterhals entspannen und nur den Oberhals "benutzen" soll, um Hals und Kopf zu tragen.
Wenn man sich Bilder oder Videos anschaut, sieht man bei Pferd in Dehnungshaltung oder einer nicht so hoch aufgerichteten Arbeitshaltung durchaus entspannte Unterhälse mit sichtbarer Drosselrinne und dabei eine sichtbare Oberlinie.
Allerdings fällt mir auf, dass manche Pferde in Versammlung, also in ziemlich hoher Versammlung mit gleichzeitig hoher Aufrichtung, den Unterhals teilweise ziemlich rausdrücken. Der Rest des Pferdes wirkt dabei trotzdem korrekt, also mit rundem Rücken, gebeugter HH, und auch schöner Oberlinie, soweit ich das richtig beurteilen kann.
Sind dass dann Negativ-Beispiele? Seit mir das aufgefallen ist, habe ich kein einziges Bild mit Pferden in höherer Aufrichtung gesehen, wo mir ein entspannter Unterhals aufgefallen wäre. Oder geht es bei einem bestimmten Punkt der Aufrichtung gar nicht anders, als dass es auch den Oberhals zum "Aufstützen" (wofür dieser ja da ist) benutzen muss? Aber ist diese Aufrichtung dann überhaupt noch reell?
Ich schmeiße mal ein paar Fotos ein, die ich bei google finden kann....
http://www.taunusreiter.de/Piaffe_RuydAndrade.jpg
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/c ... /WC07b.JPG
Bei beiden wirkt der Unterhals ziemlich herausgedrückt.
http://www.henning-reitevents.de/images ... _pferd.jpg
Das scheint schon besser... der Oberhals ist gegenüber dem Unterhals schon mehr zu sehen... Aber entspannt sieht auch anders aus.
http://www.anjaberan.de/typo3temp/pics/20305151b4.jpg
Bei Anja Beran sieht das schon am allerbesten aus finde ich!
Im Buch von Thomas Ritter ist mir auch ziemlich oft ein angespannter Unterhals aufgefallen, aber auch nur bei der extremen Aufrichtung, und auch öfter am Langzügel... Auf der Homepage sieht man das teilweise auch.
http://www.klassische-reitkunst.com/galerie.html
Ich weiß, ich habe nur Momentaufnahmen, aber ich glaube schon, dasss die was ausdrücken können!
Die Liste könnte man beliebig erweitern, die Frage bleibt: Ist das Herausdrücken des Unterhalses bei hoher Aufrichtung "richtig", oder kann es durchaus auch anders gehen, oder zeugt das davon, dass die Aufrichtung einafch zu hoch ist?
Ich möchte übrigens keinesfalls irgendwas kritisieren, wie auch, wenn ich es nciht weiß!
Und noch eine Frage: Sind Unter- und Oberhals eigentlich Antagonisten? Bzw die ganzen Muskeln, die daran beteiligt sind. Denn viel Pferde in Versammlunfg scheinen beide Muskelstränge anzuspannen.
Was natürlich auch sein kann: Vielleicht ist auch die Art von mir, An- und Entspannen des Unterhalses zu sehen, einfach falsch?
Jetzt freue ich mich sehr auf Antworten

Ich denke, hier wird es einige geben, die Bescheid wissen!
Vielen Dank und liebe Grüße,
thelonelypeople
Verfasst: Mo, 10. Mär 2014 07:54
von C.Dingens
Es ist (ausgehend von einem gut gerittenen) Pferd eine Frage des Armkopfmuskels des Pferdes. Die sind sehr unterschiedlich und bei Pferden mit ausgeprägtem Armkopfmuskel kann es manchmal einfach so wirken als sei er herausgedrückt. Ich beurteile darum diesen Bereich niemals isoliert. Das führt zu nix. Wenn mir das Gesamtbild gefällt dann fällt mir ein hervortretender Armkopfmuskel nicht negativ auf. Wenn ich aber einen Schenkelgänger beobachte und da sehe ich dann eine absolute Aufrichtung, dann vermute ich auch das der Armkopfmuskel mehr arbeiten muss, als es bei relativer Aufrichtung der Fall wäre. Da pflege ich durch aus meine Vorbehalte.
Das kann man aber selten an Hand von Fotos beurteilen. Die beiden ersten Fotos zeigen in jeden Fall Pferde mit von Natur aus stark ausgeprägtem Armkopfmuskel und starkem Hals im Verhältnis zum Rest des Pferdes.
Kein Vergleich mit dem Pferd von Stückelberger oder dem Schimmel auf dem Anja Beran da sitzt. Das hat aber nichts mit gutem oder schlechten reiten zu tun, sondern mit dem Pferdetyp und dem Exterieur des individuellen Pferdes. Ich finde alle gewählten Fotos sehr gut. Ich sehe gut untertretende Hinterhände bei relativer Aufrichtung des Vorderpferdes. Keins der Bilder lässt mich argwöhnen und ich habe bei keinem Bild den Eindruck hier arbeitet ein Unterhals zu viel des guten. Vor allem ist Versammlung auf diesem Niveau immer anstrengend und je nach dem wie gut das Pferd gymnastiziert ist oder wie "leicht" dem individuellen Pferd die einzelne Lektion fällt "arbeitet" das Pferd und spannt eben auch mal gegen. So lange es dabei im ganzen Losgelassen bleibt ist das völlig legitim.
Verfasst: Mo, 10. Mär 2014 09:38
von cajujo
Das ist ein interessantes Thema und ich bin gespannt auf Erklärungen von mit Pferdeanatomie Beschlagenen.
Für mich war dieser Umstand, der mir auch oft aufgefallen ist einerseits im Gebäude des Pferdes, wie auch für C.D., und den Hebeln über die es arbeiten kann, begründet aber auch mit den Aufgaben der jeweiligen Muskeln.
Die Bilder zeigen überwiegend Pferde, die neben der Absenkung hinten angehalten sind mehr Vorderbeinaktion zu zeigen und diese höher zu nehmen. Dies hat dann auch Auswirkung auf die Schulter.
Sicher sind daran sehr viele Muskeln des Pferdes beteiligt aber eben auch der Arm-Kopfheber. Völlig losgelassen und entspannt kann er die Beine nicht anheben und tiefere Muskulatur die Schulter nicht routieren lassen.
Bei Kraftakten ist der gesamte Körper beteiligt und ein erhöhter Muskeltonus erforderlich.
Um so besser das Pferd hinten trägt und seinen Oberhals und Rückenband einsetzen kann um so weniger prominent tritt der Unterhals in Erscheinung.
Ich denke, man darf viele kleine Weisheiten nicht absolut sehen sonst wird vielen Reitern und Pferden unrecht getan und die eierlegende Wollmilchssau erwartet.
Danke für die interessante Fragestellung.
Verfasst: Mo, 10. Mär 2014 11:01
von grisu
Die Muskeltätigkeit zeigt dieses Bild ganz gut
(Quelle: Denoix, J-M./ Pailloux, J-P.: Physiotherapie nd Massage bei Pferden, Stuttgart 2000, S. 555)
Verfasst: Mo, 10. Mär 2014 11:04
von FNB
Also einen wirklich entspannten Unterhalsmuskel hat mein Fjord mit Hengsthals NUR bei absoluter Dehnungshaltung. Wenn er ihn einfach so hält, auch ohne Reiter, ist er einfach "dicker" bzw. sieht dick aus. Praktisch ist er aber NICHT angespannt, das kann man fühlen.
LG
Verfasst: Mo, 10. Mär 2014 12:11
von Rapunzel
Neben allem, was C. Dingens schon geschrieben hat, denke ich, ist es auch einfach nochmal schwieriger, das "gute" Längen der Oberlinie in der Versammlung beizubehalten. Ist ein bisschen wie das Reiten exakt an der Senkrechten, da geht es ja um Millimeter und die kleinste Verschiebung wirkt sich direkt auf das ganze GGW und Zusammenspiel der Muskeln aus. Mein altes Spanierteilchen ist ein Großmeister des Unterhalses und piaffiert "unbeeinflusst" wie zB mit Halsring immer mit stark rausgedrücktem UH - ganz behutsam an die Hand rangebeten ist er dann locker, aber das ist extrem schwierig zu erreiten.
Verfasst: Mo, 10. Mär 2014 20:41
von Sitara
Umm, ist OT, aber wo ist denn der Schweif geblieben?
Ist auf beiden Bildern verschwunden...
Verfasst: Mo, 10. Mär 2014 22:00
von Rapunzel
Der ist hochgebunden
Verfasst: Di, 11. Mär 2014 20:35
von thelonelypeople
Vielen Dank für die Antworten!
Ja ich habe extra Fotos ausgewählt, die mir ansonsten sehr gut gefallen, weil ich verdeutlichen wollte, wie merkwürdig mir das aufgefallen ist...
Das heißt, wenn der Kopf-Arm-Muskel (ich denke, dass wird der Muskel sein, den man mit Unterhals immer meint?) hervortrittt, muss es nicht immer heißen, dass dieser auch angespannt ist.
Und außerdem ist es dann wohl nicht so schlimm, wenn der Unterhals auch mal mehr arbeitet bei Pferden, die von Natur aus mehr haben, solange das Pferd ansosnten losgelassen über den Rücken und mit guter HH-Aktivität läuft...
Ich habe mir schon gedacht, dass es darauf hinauskommt... Gerade beim Reiten scheint man ja oft sehr fest an einem Idealbild festzuhalten, und wenn dann etwas leicht zu beurteilendes nicht stimmt (nase vor der senkrtechten, konkave/ konvexe linie) wird das nur herausgegegriffen, anstatt das gesamtbild und viel wichtigere dinge anzuschauen...
Also, nochmal vielen Dank, das hilft mir echt weiter!
Ich finde es insgesamt schwierig mit diesen Idealbildern, die führen irgendwie manchmal in die Irre...
Liebe Grüße!
PS: Zu dem Bild mit der Piaffe auf Halsring: Kann es nicht sein, dass der UH da hervortritt, da das Pferd sich sozusagen etwas gegen den Ring spannt? Das muss ja nicht negativ sein. Aber wenn ich ein Seil um den Bauch habe, und jemand daran zieht oder auch nur bisschen eine "Verbindung aufnimmt", werde ich meinen Bauch doch auch anspannnen, damit das Seil nicht einschneidet... Kann das sein?
Verfasst: Di, 11. Mär 2014 21:07
von Sascha
thelonelypeople hat geschrieben:Und außerdem ist es dann wohl nicht so schlimm, wenn der Unterhals auch mal mehr arbeitet bei Pferden, die von Natur aus mehr haben, solange das Pferd ansosnten losgelassen über den Rücken und mit guter HH-Aktivität läuft...
Hm, ich habe ein Pferd, das sehr schnell über den Unterhals arbeitet und für mich ist das ganz klar ein Ausbildungsmanko und ein Zeichen für fehlende Kraft, nicht unbedingt in der Hinterhand, sondern im Bereich der Rumpfträgermuskulatur.
Verfasst: Di, 11. Mär 2014 22:47
von Wiebs
Interessante Frage!
Für mich ist grad cajujos Beitrag ein kleiner Schlüssel fürs Verständnis:
cajujo hat geschrieben:
Die Bilder zeigen überwiegend Pferde, die neben der Absenkung hinten angehalten sind mehr Vorderbeinaktion zu zeigen und diese höher zu nehmen. Dies hat dann auch Auswirkung auf die Schulter.
Sicher sind daran sehr viele Muskeln des Pferdes beteiligt aber eben auch der Arm-Kopfheber. Völlig losgelassen und entspannt kann er die Beine nicht anheben und tiefere Muskulatur die Schulter nicht routieren lassen.
Eigentlich weiß ich über diese Funktion des Kopf-Arm-Muskels, aber manchmal fallen einem die einfachsten Dinge nicht mehr ein...
In dem Zusammenhang - also das Heben der Vorderbeine über den Kopf-Arm-Muskel - kommt mir noch eine Frage:
Kann man das dann wiederum zusammen mit dem Exterieur des Pferdes sehen? Also tun sich Pferde mit einer guten und beweglichen Schulter dabei leichter?
Oder habe ich einen Denkfehler

Verfasst: Do, 13. Mär 2014 22:23
von saltandpepper
Wie meinst du das, Wiebs ?
Ob die Schulterbeweglichkeit mit der Versammlungsfähigkeit zu tun hat ?
Verfasst: Fr, 14. Mär 2014 06:46
von saltandpepper
Sascha hat geschrieben:thelonelypeople hat geschrieben:Und außerdem ist es dann wohl nicht so schlimm, wenn der Unterhals auch mal mehr arbeitet bei Pferden, die von Natur aus mehr haben, solange das Pferd ansosnten losgelassen über den Rücken und mit guter HH-Aktivität läuft...
Hm, ich habe ein Pferd, das sehr schnell über den Unterhals arbeitet und für mich ist das ganz klar ein Ausbildungsmanko und ein Zeichen für fehlende Kraft, nicht unbedingt in der Hinterhand, sondern im Bereich der Rumpfträgermuskulatur.
Diese Aussage habe ich ebenfalls nicht verstanden. Sascha, wie meinst du " über den Unterhals arbeiten " ?
Verfasst: Fr, 14. Mär 2014 08:30
von C.Dingens
Ich könnte mir vorstellen das damit eine "spezielle" Dynamik gemeint ist.
Mir fällt die häufig bei eher schlecht gerittenen Friesen auf. Die stellen ihr "Hälschen" hin drücken den Unterhals durch und den Rücken weg und es wirkt optisch so als würde diese Haltung den Rumpf nach vorne oben bewegen.
Verfasst: Fr, 14. Mär 2014 09:51
von marquisa
Aber diese Pferde arbeiten nicht über den Unterhals,denn dieser ist in dieser vermeintlichen "Durchdrückposition" nämlich längstens gedehnt und nicht angespannt.
Diese Pferde verkrampfen sich in der Oberlinie,die obere Hals-und vordere Brustwirbelmuskulatur im Bereich des Trapezius ist stark kontrahiert,dort halten sie sich fest und lassen nicht los.
Das ist eine Mär,dass Pferde ihren Hals "aus dem Unterhals tragen",dieser Bereich der Muskulatur ist bezogen auf den Kopf zum senken dieses zuständig,nicht zum heben!