Seitengänge und Schiefe

Rund um die klassische Reitkunst

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Medusa888
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Beitrag von Medusa888 »

@Bernie
Guten Morgen, grundsätzlich bin ich absolut Deiner Meinung, dass dieses Zitat immer wieder falsch verstanden wird und dazu führt, dass die Leute ihre Pferde über jedes normale Tempo hinaus durch die Gegend jagen und sich dabei auf Steinbrecht berufen. Hierbei kommt es meiner Meinung nach ganz schnell dazu, dass die Pferde wie ein Strauß laufen und die Hinterbeine hinten rausschieben um sich abzudrücken.

Allerdings weiß ich nun gerade nicht, was ich falsch verstanden haben soll, denn auch ich spreche hier nur von korrektem vorwärts reiten, was sowohl bei jungen Pferden als auch bei meinem kranken Pferd schwierig genug ist. Also, gemeint ist, dass beide Hinterbeine in gleichem Takt, in gleicher Schritt-/Trittlänge nach vorne unter den Schwerpunkt greifen.
Vielleicht drücke ich mich auch missverständlich aus?!
Bernie
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Beitrag von Bernie »

vorwärts bedeutet in dem Zitat nicht das vorwärtsreiten im Sinne von gerade nach vorne, sondern beschreibt den Weg des Hinterbeines, desse Weg länger nach vorne sein soll als nach hinten hinaus schiebend.
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Janina
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Beitrag von Janina »

Also was ich nicht verstanden habe, ist folgendes:
Medusa888 hat geschrieben: Das Thema der Geraderichtung über Seitengänge habe ich auch mit dem behandelnden Arzt in der Klinik diskutiert und seine Meinung hierzu war:
"Reite Dein Pferd vorwärts und richte es gerade" à la Steinbrecht. Auch durch korrektes geradeausreiten kann man Geraderichtung erarbeiten.
Ich weiß natürl. nicht, ob Bernie das auch meint.

Soll das heißen, du sollst mit deinem einen Pferd gar keine Seitengänge reiten, sondern es durch Geradeausreiten geraderichten?
Wenn ja, wie funktioniert das?
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Alix_ludivine
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Beitrag von Alix_ludivine »

Also ich habe nicht den Eindruck als hätte Medusa an dem Zitat irgendwas falsch verstanden :wink:

Und ja auch durch korrektes Geradeausreiten kann man ein Pferd geraderichten. Auf einem Hufschlag sozusagen, indem man die Schultern immer wieder vor die HH ausrichtet und viel mit Außenstellung/Innenstellung arbeitet. Funktioniert auf allen Linien (gerade/gebogen) und man hat nicht einen Schritt seitwärts dabei, aber ein Pferd was gerade geht.

LG Alix
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Medusa888
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Beitrag von Medusa888 »

Ich glaube ich bin einfach nicht in der Lage mich verständlich genug auszudrücken. Bei allen Beiträgen von Bernie kann ich meistens nur nicken und denke immer, dass ich es genauso auch sehe. Von daher denke ich, dass wir uns im Grunde genommen einig sind, aber es anders beschreiben.

Was mein Pferd betrifft denke ich, dass der TA damit meint, dass ich mich nicht damit ermüden soll ihn in Seitengänge zu zwingen, die er zurzeit nicht bieten kann. Mein Pferd ist ein stattlicher 170 cm großer Friese, ich bin nicht mal 1,65 m groß. Mit ihm war jedes SH, jede Traversale immer Kraftarbeit. Wenn ich ihn über die Diagonale am langen Zügel die Hand wechseln lasse, dann schwankt er, weil die Hinterhand ungleichmäßig arbeitet. Auch die Korrektur des Schwankens ist schon ein Kraftakt bei ihm. Vielleicht ist damit ganz simpel gemeint, dass ich einfach geradeaus reiten soll und das Pferd zieht sich selber gerade. Raus in die Natur, klettern, über Stock und Stein reiten, selber Gleichgewicht finden und selber erfahren, dass geradeaus auch angenehm ist und die HH Musukulatur langsam und gleichmäßig aufbauen.
Ich versuche einfach mich von der Bande zu lösen und ihm diese Anlehnung zu nehmen. Wenn er alleine ohne zu schwanken geradeaus laufen kann, haben wir viel erreicht und dann fangen wir sachte mit Reiten in Stellung an und werden sehen wie es weitergeht.
Bernie
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Beitrag von Bernie »

Medusa, vielleicht habe ich das irgendwie falsch verstanden?

Aber Du schreibst jetzt ja, dass Dein TA damit meinte, Du sollst Dein Pferd nicht ewig in Seitengängen reiten. Und auf das wollte ich hinaus:

Steinbrechts Zitat hat nichts mit "ich reite gerade vorwärts" oder "ich reite seitwärts" zu tun, sondern mit dem Weg des Hinterbeines.

Das Hinterbein soll mehr tragen, weniger schieben.

Denn selbst eine Verstärkung sollte aus einer Versammlung kommen, also aus einem deutlich abgekipptem Becken, hier wäre es im Idealfall :wink: dann also 50:50 Trag- und Schubkraft.

ein Pferd, das weiter nach hinten hinaustritt, ist auf der Vorhand und schiebt mehr. Das wollte Steinbrecht scheinbar nicht?!

Also greift das Zitat sowohl beim gerade-gerade, gerade-gebogen, in allen Seitengängen, einfach immer. :lol:

Ok, irgendwie kann ich nicht besser erklären, WAS ich meine. :wink:

Medusa, wenn Dein Pferd noch so mit der Balance kämpft, würde ich ihn nicht komplett von der Bande nehmen. Bei jungen Remonten nutzt man ja die Bande auch als Hilfe. Die Anregung, raus in's Gelände und gerade aus reiten finde ich gut. :D
horsman
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Beitrag von horsman »

Schulterherien ist das Aspirin der Reitkunst. Es heilt alles.
(Oliveira)

Soviel zu den Empfehlungen von Tierärtzen Seitengänge seien "schädlich".
Natürlich immer in angemessenem Tempo (zuerst immer im Schritt) und korrekter Ausführung!

Was Steinbrecht mit "vorwärts" meint beschreibt er selbst im Anschluss an seinen berühmten Satz. Nachlesen lohnt ! Da steht nämlich sowas, dass vorwärts sogar beim Rückwärtsrichten gegeben sein kann.
Das wird selten so verstanden, weil alle Welt nur diesen einen Satz kennt, sich aber nie die Mühe gemacht hat, den folgenden Satz noch zu lesen.

Lest den also mal, und ihr seit 95% aller Reitlehrer schon um Längen voraus.
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Medusa888
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Beitrag von Medusa888 »

Hallo Bernie!
ich finde die Diskussionen mit Dir sehr fruchtbar und interessant, aber wir kommen hier leider - was ich bedauere - zu weit vom eigentlichen Thema "Geraderichtung über Seitengänge" ab.
Über das was Herr Steinbrecht sagt, sind wir uns beide sehr einig und haben jeder für sich ganz viele Schlussfolgerungen getroffen die wir beide versuchen bestmöglich umzusetzen.
Mein Pferd ist bereits 9 und recht ordentlich ausgebildet. Durch den Beckenschiefstand und die irreparabel ausgeleierten Bänder/Sehnen im Kreuzdarmbeingelenk bringt er sich selber aus dem Gleichgewicht.

Ich halte Seitengänge zur Geraderichtung für ganz wunderbar und absolut notwendig, aber es geht eben - wie oben beschrieben - nicht immer nur auf diesem Weg. Lassen wir mal den Herrn Steinbrecht weg :wink: und sagen einfach mal: in solchen Fällen fördert auch ein korrektes Geradeausreiten ohne unterstützende Banden die Balance und die Geraderichtung jedes Pferdes.

Herzliche Grüße aus Bremen!
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Medusa888
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Beitrag von Medusa888 »

horsmän hat geschrieben: Soviel zu den Empfehlungen von Tierärtzen Seitengänge seien "schädlich".
Diese Aussage stammt nicht von meinem Tierarzt, das möchte ich hier ausdrücklich klarstellen.

Im übrigen möchte ich Euch darum bitten Euch auch meine Beiträge sorgfältig durchzulesen, bevor Ihr nur auf ein Stichwort hin anfangt, mir Oberflächlichkeit zu unterstellen. Das ist nicht nett und der Diskussion auch nicht sachdienlich. Vielen Dank.
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Janina
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Beitrag von Janina »

Alix_ludivine hat geschrieben: Und ja auch durch korrektes Geradeausreiten kann man ein Pferd geraderichten. Auf einem Hufschlag sozusagen, indem man die Schultern immer wieder vor die HH ausrichtet und viel mit Außenstellung/Innenstellung arbeitet. Funktioniert auf allen Linien (gerade/gebogen) und man hat nicht einen Schritt seitwärts dabei, aber ein Pferd was gerade geht.

LG Alix
Schon klar, ABER um die Schulter auf die HH oder umgekehrt ausrichten zu können bzw. um eben KORREKT geradeaus zu reiten, muss das Pferd die Hilfen dafür ja erst mal gelernt haben.
Dafür braucht man u. a. die Seitengänge.
Wenn man diese nun aus gesundheitlichen Gründen(?) nicht nutzen soll, wie kann man dann trotzdem zum Ziel kommen?
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Alix_ludivine
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Beitrag von Alix_ludivine »

Janina hat geschrieben:Schon klar, ABER um die Schulter auf die HH oder umgekehrt ausrichten zu können bzw. um eben KORREKT geradeaus zu reiten, muss das Pferd die Hilfen dafür ja erst mal gelernt haben.
Dafür braucht man u. a. die Seitengänge.
Wenn man diese nun aus gesundheitlichen Gründen(?) nicht nutzen soll, wie kann man dann trotzdem zum Ziel kommen?
Nicht zwingend. Wenn ein Pferd z.B. links mit der Schulter zu sehr an der Bande klebt, läuft es nicht gerade, wenn ich hier jetzt leichte Außenstellung verlange und über die Schulterkontrolle die Schulter mehr vor die HH hole, dann brauche ich keine Seitengänge dazu.
Und da richte ich nur die Schulter auf die HH aus, nicht umgekehrt.
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Janina
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Beitrag von Janina »

D. h. im Umkehrschluss aber auch, dass das Pferd dazu neigt, mit der HH nach innen auszuweichen u. das wird es garantiert noch genauso gut in Außenstellung können :wink:
Aber das wird jetzt sehr theoretisch, ich weiß nur, dass ich mein Pferd in seinem anfänglichen Zustand nicht durch ein bisschen Stellung im Halsbereich auch nur annähernd hätte geraderichten können.
LordFado

Beitrag von LordFado »

die Hilfengebung ist doch dieselbe, ob ich Schulterherein reite oder "nur" leichtes Reiten in Stellung, um das Pferd zur Geraderichtung zu bringen...

Egal ob auf der geraden oder gebogenen Linie: die Schulter wird auf die HH eingespurt, ob man das dann Seitengang nennt oder nur dran denkt ist doch egal. Das Pferd muss die Hilfen kennen und akzeptieren, was es logischerweise nach Kenntnis "extremerer" Übungen wie SH etc. eher tut als ohne.
Bernie
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Beitrag von Bernie »

Medusa, nicht eingeschnappt sein, ich habe das absolut nicht böse gemeint. :wink:

Und ich bin mit Dir einer Meinung, ich reite sehr viel einfach gerade vorwärts, da bekommt man schön den Rücken, gerade im Wechsel mit den Seitengängen. Ich probiere einen Mittelweg zu gehen, damit komme ich ganz gut klar, aber jedes Pferd ist anders, ganz klar.

LordFado, ja, genau so ist es. Seitengänge sind meist deshalb schädlich, da die Reiter zuviel seitwärts im Kopf haben, dann geht es auf Gelenke und Knochen. Dran denken reicht bei vielen Pferden schon aus.

Wobei es für das Pferd einfacher ist, wenn es zuerst ein SH mit mehr Biegung und Abstellung lernt, die Schulterkontrolle installiert wird und dann am Feintunung (Reiten in Stellung, gerade-gerade) gearbeitet wird.
LordFado

Beitrag von LordFado »

genau das wollte ich sagen, Bernie.
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