Ich weiß nicht, wie interessant Eure Winterausläufe sind. Meine finden sie ätzend und sie haben es eigentlich sehr gut. Großer Unterstand, Betonpaddock, verwinkelte Winterkoppel mit Ästen zum Knabbern und Reizen aus der Umgebung. Das alles 24 h in der Herde. Interessiert sie nach 2 Wochen gar nicht mehr. Wenn nicht gerade irgendwas interessantes am Koppelzaun passiert oder ein Pferd ein anderes ärgert, herrscht Bewegungsruhe. Kein Vergleich mit der spaßigen und sehr großen Sommerkoppel. Wenn ich komme, warten meine Pferde am Ausgang, als würden sie in der Box stehen. Auf der Sommerkoppel empfangen sie mich vielleicht einmal in der Woche interessiert.
Ich arbeite meine Pferde auch aufgrund ihres jungen Alters nicht 5 mal die Woche stur dressurmäßig in der Halle. Abwechselung gehört für mich grundsätzlich dazu, die immer das Ziel hat, den Fokus unterschiedlich zu setzen. Mal mehr geistige Konzentration, mal mehr körperliche Anstrengung. Wenn das Wetter wochenlang schlecht ist, gibt es abwechslungsreiche Hallenarbeit, aber alles im Sinne von Gymnastizierung gemäß Ausbildungsskala, Kräftigung und psychische Weiterentwicklung. Da wir kein zeitliches und kein genau definiertes Ziel verfolgen, artet es weder in Hektik noch in Eintönigkeit aus, noch benötigen sie Pausen. Wovon auch? Von der Abwechselung? Sie sind gesund, finden den Winteroffenstall mit viel verschiedenen Auslaufmöglichkeiten schon nach den ersten Wochen langweilig. Sie können nicht 100te Meter geradeaus galoppieren wie auf der Sommerweide, was die Herde sehr gern tut. Das können sie im Winter nur auf entsprechenden Wiesen unter mir als Reiter. Und danach sind sie richtig zufrieden, schnauben ab, sind entspannt. Gerade Geländereiten ist ganz im Sinne des gesunden Pferdes und entschädigt ein kleines bißchen jeden Koppelzaun. Und jedes Pferd braucht gerade zur Winterfütterung ein Training der Lungen genauso der dressurmäßigen Kräftigung, um den Reiter auch zur eigentlichen Stoffwechselberuhigung gesund im Winter zu tragen. Wenn man Halle oder gutes Wetter hat, ist das auch kein Problem.
Wirklich annähernd artgerechte Haltung kann ich nur gegen Sommerende bieten. Da sind aber parallel auch die Felder bereitbar und die Figur leidet ohne Bewegung bei großer 24-h-Koppel. Mir fällt kein vernünftiger Grund zur Pause ein. Ich bin aber auch kein Spezialist, der jeden Tag einen Schritt der Légèreté näher kommen will oder meint, Gelände oder Springen wären zu gefährlich oder Bodenarbeit nur was für welche, die nicht reiten wollen.

Wir nehmen alles mit, was uns hilft und kombinieren es sinnvoll. Der Fokus ist variabel je nach Form und Laune. Und wie gesagt, es gibt genügend Zwangspausen bei einem Freizeitreiter durch das restliche Leben.
Und wenn ich mich mal als Mensch in einem 3-Wochen-Urlaub beobachte, stelle ich mehr und mehr Faulheit fest. Ein bißchen Abwechselung und Arbeitsanreiz durch Arbeit ist nicht verkehrt. In Dosierungen eines Freizeitreiters nicht mit einer 40-h-Arbeitswoche zu vergleichen. Das wäre dann Turnierpferd

, was wirklich mal Abstand braucht.
Und das Argument, dass es gänzlich ungerittene Pferde gibt und die es auch überleben, gilt nicht. Ein Pferd in der reinen Boxenhaltung überlebt genauso wie im Offenstall. Die Frage ist, was dem artgerechten am nähesten kommt und das tut selbst ein guter Offenstall meiner Meinung nach nicht über mehrere Wochen.
LG Susi