Hallöchen zusammen
sorry, dass ich mich nicht regelmässig an den Diskussionen beteiligen kann, der liebe Tag hat einfach zu wenig Stunden.
Für mich liegt dem Arbeiten mit Hilfszügeln ein fundamentaler Denkfehler vor. Ein Pferd das nicht in der gewünschten Haltung läuft, zb. mit zu engem Genick oder hirschhalsig hat das Problem, dass es entweder mit zu kurzer Unterlinie (im ersten Fall) oder zu kurzer Oberlinie (im zweiten Beispiel) geht. Dieser Überkürzung damit zu begegnen, dass man das Pferd begrenzt, d.h. eine weitere Verkürzung auslöst, ist für mich fundamental falsch, denn ich will das Pferd zuerst Mal in die Länge arbeiten. Ein Hilfszügel zieht das Pferd ja nicht in die Länge, sondern ein Hilfszügel begrenzt immer. Entweder nach vorne, zur Seite oder nach oben oder nach unten, je nach Art des Hilfszügels. Es ist immer eine Begrenzung. Und das will ich in dem Fall ja genau nicht. Ich möchte, dass das Pferd als erstes lernt, sich führen zu lassen. Und da darf ich noch nicht zuviel begrenzen, denn zuerst muss ich ja das Gewünschte erreichen und ein Zuviel an dem Gewünschten (zb. zuviel Biegung) kann ich begrenzen. Aber wenn noch gar keine Biegung da ist, was will ich da an Biegung begrenzen? Die Begrenzung ist erst der überüberübernächste Schritt, nämlich dann, wenn ich den Rahmen verändern möchte. Aber nicht mal für Rahmenveränderungen ist der Zügel das auslösende Moment, sondern dafür ist die HH und die entsprechende Energie zuständig. Ich kann auch am Kappzaum ohne HZ das Pferd in unterschiedlichen "Kopfhöhen" arbeiten, indem ich das Pferd tief v/a strecken lasse oder es über Aktivierung der HH (und keinesfalls durch zupfen am Kappzaum oder anheben des Kopfes mit der Longe!!!) in einer Arbeitshaltung gehen lasse.
Ein weiterer Grund ist der, dass die Kopf-Hals-Rückenverbindung elementar für das Gleichgewicht des Pferdes ist. Das Balanceorgan ist - wie beim Menschen - im Innenohr. Jegliches "Festbinden" des Kopfes beeinflusst die Gleichgewichtsfindung des Pferdes zentral. Ich will, dass das Pferd das Gleichgewicht so finden kann, dass es seinen Körper selber in der gewünschten Form organisiert, und der Kopf wird sich am gewünschten Ort einfinden, wenn der Rest des Körpers sich entsprechend organisiert hat. Nur weil ich den Kopf in seiner Bewegungsfreiheit begrenze, habe ich nicht automatisch ein besseres Gleichgewicht. Hier wird Ursache und Wirkung verwechselt! Ein Pferd mit einem guten Gleichgewicht hat einen ruhigen Kopf. Aber den Kopf ruhig(er)stellen hat keinen direkten automatisch positiven Einfluss auf das Gleichgewicht. Der Kopf ist immer nur das Symptom!
Aus diesem Grund arbeite ich ohne Hilfszügel. Das heisst nicht, dass ich in der Mitte stehe und darauf warte, bis das Pferd von alleine aus irgendeiner wundersamer Eingebung weiss, was ich von ihm möchte.

Ich helfe dem nach, indem ich dem Pferd eine systematische Hilfengebung beibringe, mit der ich dem Pferd die gewünschte Form näher bringe und mit der es lernt, sich anders zu bewegen. Das heisst, auch schon ganz zu anfang, wenn ich dem Pferd im Stand lerne, den Kopf führen zu lassen, nach oben, nach unten, zur seite etc. gebe ich nur ein Signal, aber ausführen muss es das Pferd selber. ich arbeite nicht mit dem Prinzip: ich übe Druck aus und wenn das Pferd nachgibt, gibt der Druck nach! Falsch! Ich lehre dem pferd ein Signal (zb. ein leichtes Zupfen am Kappzaum) und das Pferd lässt seinen Hals fallen. Das ist ein elementarer Unterschied. Denn damit verlange ich eine gewisse "Selbstverantwortung" und Mitarbeit des Pferdes. Pferde, die das so lernen fangen auch frei an, sich anders und besser ausbalanciert zu bewegen, als pferde, die von anfang an in ihrer Bewegungsfreiheit begrenzt werden und sobald man die Hilfszügel ausschnallt ist wieder alles beim alten. So ein Pferd hat nix dazugelernt! Das ist für mich nicht interessant.
Und ja, es gibt harte Nüsse, die stark schief sind und die sehr Mühe haben, da muss man mit geeigneten Übungen an der Basis arbeiten. Und ja, es soll auch Pferde geben, die haben Mühe mit dem Kappzaum und der Einwirkung auf die Nase. Ich habe jedoch bisher noch keine erlebt, die mit einem breiten, weichen Kappzaum und der korrekten Hilfengebung nicht damit zurechtgekommen sind. auch solche, die stark hdS von alleine gelaufen sind. Will es aber nicht ausschliessen. Hier kann man es mit verschiedenen Modellen von Kappzäumen versuchen oder dann würde eben mit der Doppellonge arbeiten.
Mit der Doppellonge arbeite ich nach dem gleichen Prinzip in der V-Verschnallung. V-Verschnallung, weil die innere Longe damit nicht nach Hinten sondern zur Seite wirkt. Also, wie beim Reiten, wenn ich den Zügel zur seite hin öffne, um dem jungen Pferd zu helfen, dem inneren zügel zu folgen. So kann ich das Pferd immer wieder an der inneren Longe vorsichtig anfragen, ob es nicht den Kopf ganz leicht nach innen nehmen möge, gefolgt von sofortigem nachgeben. Die äussere Longe ist erstmal durchhängend und passiv. Man kann es durchaus auch mal nur an der einfachen Longe ausprobieren: ohne äussere Longe verschnallt man die einfache Longe nicht direkt an dem Trensenring, sondern fädelt es durch den Trensenring ein nach hinten an den Sattelgurt/Longiergurt führend. ich verschnalle dabei die Longe meistens eher tief, weil ich noch v/a arbeite und dabei den Ring auf der Höhe wähle, wo ich die Maulspalte gerne hätte. Ich habe bis jetzt nur 1 Pferd kennengelernt, das mit einer höheren Verschnallung besser gegangen ist, die anderen neigten bei höherer verschnallung dazu hdS zu kommen, das muss man aber ausprobieren. Die Longenhand zieht dabei keinesfalls den Kopf nach unten oder zur Seite, sondern man hält die Longe sehr passiv und gibt höchstens eine leicht angedeutete sanfte Einwirkung zur Seite an. Mit der Longierpeitsche wirkt man auf die Schenkellage, um dem Pferd beizubringen, im Bauch nachzugeben und den Bauch etwas nach aussen weichen zu lassen, so wird sich das Pferd sehr passiv an der Longe biegen, weil die Longe ja nicht länger wird. Wird das gefühlvoll und im richtigen Timing gemacht, weicht auch nicht die HH nach aussen, sondern das Pferd biegt sich und das v/a ist das Resultat.
v/a muss ich das Pferd immer bis zum Punkt Nase bis in den Sand schicken können. Will ich den Kopf höher, dann erreiche ich das über die aktivierung der HH und nicht über Manipulation an der Longe/am Kopf (auch wenn es verlockend ist). Gerade bei sehr vorlastigen Pferden, die gerne sehr tief kommen sehr wichtig!
langer Beitrag und trotzdem zu kurz und oberflächlich beschrieben...
Fazit: Ich lehne HZ also nicht einfach ab, weil sie "böse" sind od so. Sondern weil sie schlicht und einfach dem Pferd nicht das beibringen können, was ich brauche!
