Die Henning - Reitevents sind seit 15 Jahren eine feste Institution in der Reiterszene und wie immer folgte ich der ins Haus geflatterten Einladung. Zusammen mit einer Freundin machte ich mich etwas früher auf den Weg zum Reiterverein von Lützow Herford und wir konnten noch die letzten Reiter des A-Springens und die chaotische Ehrenrunde verfolgen. Danach überfielen wir die Pommesbude und sicherten uns einen guten Platz auf der Tribüne – direkt unter einem Heizstrahler und mittig der langen Seite *freu*.
Pünktlich um 20 Uhr folgte die Begrüssung der Gäste durch die Sponsoren und natürlich durften die neuesten Autotrends nicht fehlen. Alois Pollmann-Schweckhorst sollte mit seiner Präsentation den Abend beginnen. „Die Springausbildung von Reiter und Pferd“ versprach ein paar Basics und hoffentlich nette Übungen für den Alltag. Vor einiger Zeit referierte Frau Weinberg zum selben Thema und man konnte viel über Stangenarbeit und Übungsreihen mit nach Hause nehmen. Leider hatte Herr P-S kein Konzept. Das merkte man recht schnell, als die erste Reiterin in die Bahn kam. Der Zuschauer bekam lediglich die Info, dass es sich um ein 5jähriges Pferd handelte, welches noch nie auf einem Turnier gewesen wäre. Hm, entweder war der Schimmel völlig stumpf oder man wollte uns einen Bären aufbinden. Das Tier zuckte nicht mal mit dem Ohr, hatte an der Tribüne keine Scheu etc. Und die Reiterin – den lokalen Besuchern wohlbekannt: eine sehr erfolgreiche S-Springreiterin, wurde nicht vorgestellt.

Der Schimmel sollte nun über drei Trabstangen traben, während Alo darüber sinnierte, dass sich so ein junges Pferd ja erstmal an die Umgebung gewöhnen müsse. Naja, der Schimmel war seit knapp 10 Minuten in der Bahn und schien weder nervös, noch war er spannig und nicht nur wir wunderten uns über Herrn P-S. Den Trabstangen folgten Galoppstangen und dann ein kleiner Steilsprung.

Alles nett gemacht, sehr lässig, sehr durchlässig. Dann folgte der erste Oxer. Nett angeritten, sehr taktsicher und schwups stand die Kiste. Da hatte die Miriam den Schimmel einfach ausgebremst und vorm Sprung geparkt. Völlig unnötig – eine wirkliche Verweigerung war es ganz sicher nicht, denn die Reiterin hatte durchaus die reiterlichen Qualitäten den Schimmel über das Sprünglein zu bringen – der Oxer war ja nur knapp nen Meter hoch und auch nicht breit. Sie hatte einfach aufgehört zu reiten. Aber Herr P-S schien das nicht so zu sehen. Betonte, wie wichtig es auch wäre Fehler zu machen und das sich junge Pferde ja erstmal alles anschauen müssten. Beim zweiten Durchgang sprang der Kleine dann den ganzen Parcours ohne Fehler, einschließlich Distanz, Kombi und nem schwierigen Weg. Ahhhhja...völlig unerfahrenes Pferd also...wers glaubt.

Es folgte Pferd Nummer 2, auf L/M Niveau geritten, Reiterin ist Kreismeisterin oder Vizekreismeisterin, nicht schön aber mit Go und sehr brav. Auch hier zeigte die Reiterin trotz mässiger dressurmässiger Leistung schöne Runden im Parcours und Herr P-S setzte seine Konzeptlosigkeit fort: selber Parcours wie beim Schimmel und alle Hindernis lediglich zwei Loch höher.


Es kam ein großer Fuchs in die Bahn, ein gruseliges Gebiss im Maul, die Reiterin 4 Zügel in der Hand und sie trabte schön auseinandergefallen und riegelnd in der Bahn herum – gruselig.


Nie hätte ich gedacht, dass die zwei gemeinsam eine nette Runde auf S-Höhe hinlegen. Das brave Pferd sprang trotz der Reiterin überragend – so, oder so ähnlich hätte es wohl in einem Richterprotokoll gestanden. Weitere Kommentare erspare ich mir. Herr Pollmann-Schweckhorst hat sich meiner Meinung nach nicht gut verkauft und auch die Vorteile über schlechte Dressurarbeit der Springreiter bestätigten sich leider mal wieder, obwohl Herr P-S immer wieder die Wichtigkeit des durchlässigen und gut dressurmässig gearbeiteten Pferdes betonte.
Unser Höhepunkt des Abends rückte näher. Nach einer kurzen Umbaupause betrat Hubertus Schmidt die Bahn und brachte einen jungen Reiter auf einem 4 jährigen Pferd mit viel Qualität mit.


Das Pferd war von der Kulisse sichtlich beeindruckt, sehr spannig, sehr nervös und der Reiter tat sein möglichstes die Kontrolle zu behalten. Hubertus Schmidt liess ihn Schritt reiten, er sollte noch gar nicht an der Tribüne vorbei. Schmidts Ratschlag: gehen Sie Kompromisse ein. Erstmal dort reiten wo sich das Pferd sicherer fühlt und wenn es an den Hilfen steht und losgelassen ist dann kann man sich an die „gefährlichen“ Sachen heranwagen.

Um dem Pferd die Eingewöhnung zu erleichtern rief er die nächste Reiterin in die Bahn. Ein mopsiger Brauner, auf Kandare gezäumt und bereits erfolgreich in der Kl. M vorgestellt. Die Reiterin kam mir bekannt vor und ich vermute , dass ich sie bereits bei Herrn Theodorescu erleben durfte. Der Braune war die Coolness in Person.

Hubertus liess die Reiterin antraben und lösen und man sah, wie fein dieses Pferdchen von seiner fein einwirkenden Reiterin gearbeitet wurde. Es lies den Hals fallen, lief zufrieden daher und nach ein paar Zirkelrunden und Trab-Galopp-Übergängen war die Lösungsphase beendet. So lange lösen, wie es nötig ist – im Vergleich dazu der Jungspund, dessen Ziel der ganzen Einheit es war Losgelassenheit und Dehnungshaltung zu erzielen. Der Reiter sollte auf großen gebogenen Linien locker leichttraben und versuchen ein ruhiges Tempo zu reiten, dazwischen immer wieder Schrittpausen und loben.
Reiterin 3 kam in die Bahn – aus dem Stall meines RLs. Ein kleines, schlankes Persönchen auf einem imposanten Rappen auf dem Weg zur Kl. S. Auch sie sollte schon einmal mit der Lösearbeit beginnen.

Der mopsige Braune und seine Reiterin sollten nun mit der Arbeitsphase und dem Weg in die Versammlung beginnen. Hubertus forderte 8m Volten, die anfangs noch recht groß und ungleich waren. Er verlangte mehr Konzentration und gab einfache Tipps und schon klappten auch die Volten. Immer wieder sollte die Reiterin versuchen die Trabbewegungen kadenzierter und schöner nach vorne raus reiten, auch mal an die Grenzen gehen. Der Braune war etwas irritiert, quittierte die ersten unterstützenden Gertenklatsche mit unwilligem Schweifschlagen – wozu soll man sich denn mehr anstrengen, wenn man schon fein saher läuft ? Das Gesicht der Reiterin sprach ebenfalls Bände. Der coole Braune kann wohl auch anders und sie hatte scheinbar Angst vor einer Explosion. Gehorsam tat er jedoch, was seine Reiterin von ihm verlangte. Als Schmidt damit zufrieden war ging er zum SH weiter.

Es folgte eine lange Seite SH und dann eine halbe Traversale. Ein paar Minuten und kleine Korrekturen später hatte das Pferd viel mehr an Ausdruck gewonnen und das Publikum klatschte begeistert. Niemand dachte mehr an den noch vor wenigen Minuten sichtlich überforderten 4jährigen. Doch es passierte nichts – der 4jährige hatte seine Coolness aus der Abreitehalle wiedergefunden, liess sich von seinem Reiter immer besser ins v-a leiten und auf einmal erstrahlte der Schritt und aus verspanntem Trab wurde eine natürliche, elastische Bewegung. Zwischendurch wurde er zwar immer wieder etwas eng und hektisch und Schmidt betonte mehrfach, dass das Ziel dieses Paares ein korrektes v-a wäre und Spannungstritte und verkriechen nicht erwünscht sind.

Anna,auf dem Rappen, hatte gut zu tun. Er verkroch sich immer wieder und ich erkannte meinen RL wild gestikulierend auf der anderen Seite grinz .Auch Hubertus forderte immer wieder das Genick mehr zu öffnen, die Hand mehr vorzugeben und nach SH und Traversalen sah das auch alles schon viel besser aus – Schrittpause.

Wieder der mopsige Braune an der Reihe. Einfache und fliegende Wechsel standen auf dem Plan. Beides klappte sehr gut und Hubertus arbeitete mehr Ausdruck in die fliegenden Wechsel herein. Das schien dem Braunen zu anstrengend zu werden – er sperrte, quittierte die Gerte mit Schweifschlagen und wurde klemmig. Daraufhin liess Hubertus erstmal Arbeitsgalopp – zulegen – versammeln reiten...spannen und wieder entspannen und als das Gefühl gut war kamen wieder die Wechsel, dieses Mal auf Schlangenlinien durch die Bahn und sie waren herrlich bergauf und gut durchgesprungen.

Das Publikum war begeistert, jeder ritt die Wechsel im Geiste mit und die Reiterin saß breit grinsend auf ihrem Pferd und lobte es was das Zeug hielt. Hubertus sparte nicht mit Lob und betonte, dass er selten so ein reelles Paar gesehen hätte.
Der Rappe wurde wieder ins Visier genommen. Galopptraversalen bereiteten dem Paar keine Schwierigkeiten, fliegende Wechsel schienen Spielerei zu sein und so arbeiteten sie recht bald an der Baustelle: Galopppirouetten. Auf der rechten Hand klappte die Vorarbeit schon super und es war faszinierend wie leicht diese zierliche Person den Riesen zusammenschieben konnte. Auch hier wieder: spannen – entspannen. Jeder hochgradigen Versammlung folgte ein befreiendes Vorwärts. Auf der linke Hand erkannte man dann die Probleme. Da wollte der Rappe nicht so recht Last aufnehmen, wehrte sich und versuchte sich zu entziehen. Hubertus brachte immer wieder Ruhe rein und setzte dann neu an und so gelang dann auch ein guter Ansatz – sofort Zügel lang und loben und Einheit beendet und ich erkannte einen zufrieden nickender RL auf der anderen Hallenseite.
Man merkte, dass Hubertus Schmidt sich bereits im Vorfeld mit den Reitern beschäftigt und sie auch schon in der Abreitehalle beobachtet hatte. Alle drei Paare lieferten eine gelungene Demonstration, konnten sicherlich noch einiges mitnehmen und waren beste Anti-Rollkur-Werbung. Ich hätte ja gerne noch die zwei Springreiterinnen in Schmidts Unterricht gesehen. DAS hätte sicherlich einige Aha-Effekte gegeben. Zu den Fotos schreibe ich absichtlich nichts. Ich denke, sie sprechen für sich selbst und verdeutlichen die Probleme der einzelnen Paare und die kleinen Momente , die wir auch aus unserer eigenen Arbeit kennen und an denen wir arbeiten.
Bedauerlich fand ich, dass ausgerechnet bei so einer öffentlichen Lehrveranstaltung keine Reitkappen getragen wurden.
Viel zu schnell verflog die Zeit und um halb elf war die Veranstaltung zu Ende. Hubertus Schmidt hatte alle Erwartungen erfüllt, seinen Standpunkt und seine Arbeit gut präsentiert und wir fuhren heim. Ich hätte gerne noch mit meinem RL gesprochen, doch er musste erst das Pferd versorgen und ich wollte da nicht stören. Ich werde aber sicherlich noch die Gelegenheit haben, um mit ihm über seine Beobachtungen zu reden.
Alle Fotos durfte ich mit freundlicher Genehmigung von Isabelle K. (http://www.tierfotografin.de.vu) verwenden und veröffentlichen.