Zentaure hat geschrieben:Wenn es aber heißt Balance vor Bewegung, welchen Sinn hat es dann das Pferd im Halten aus der Balance zu bringen, was beim Überstellen auch im Halten stattfinden würde???
Das Überstellen soll bei Baucher nicht dazu dienen, das Pferd aus der Balance zu bringen, sondern die Halsflexionen werden zunächst (ähnlich wie in der frühen HDV) nicht aufgesessen durchgeführt (und erst später unter dem Reiter), um die Halsmuskulatur zu dehnen, zu lockern und zu flexibilisieren. Sie dienen also der
vorbereitenden Arbeit, die auch dazu dient, die Balance des Pferdes zu verbessern - natürlich nicht, indem ich das Pferd so flexioniere, dass es bald umkippt, sondern nur in dem Maß, in dem es seine Balance noch halten kann.
Balance vor Bewegung: Baucher beschreibt in seiner 2. Manier verschiedene Arten von Gleichgewicht (ersten und zweiten Grades). Im Gleichgewicht 2. Grades ist es dem Pferd zwar möglich, einzelne Lektionen im Gleichgewicht auszuführen, (Zitat:) "Unternahm ich aber einen Richtungswechsel oder einen Übergang zu einer anderen Übung, so verringerte sich dieser Grad der Légèreté". Das Gleichgewicht ersten Grades ist also das, in dem das Pferd
in jeder Situation vollkommenes Gleichgewicht hat bei gleichbleibender Leichtigkeit.
Trennen von Kraft und Bewegung: Er geht davon aus, dass Widerstände, Kraftauswirkungen aufgrund von inkorrekten Stellungen u. ä. schwerer in der Bewegung zu korrigieren ist. (Nochmals zur Erinnerung: Er ist der Auffassung, dass er das Pferd ins Gleichgewicht bringen muss, um alle Schwierigkeiten in der Ausbildung zu beseitigen - und das Gleichgewicht findet er leichter im statischen Halten als in der dynamischen Bewegung). Zitat: "Wenn der Reiter nach einigen Schritten einen Widerstand feststellt, so kommt er, in welcher Gangart auch immer er sich gerade bewegt, in den Halt, stellt das Gleichgewicht wieder her und lässt genügend Zeit verstreichen, damit die Muskelkontrationen abebben und innere Ruhe eintritt. Wenn nötig, muss man mehrere Minuten im Halt bleiben, immer so lange, bis das Pferd
entspannt ist, das heißt bis die vorhergehende Bewegung nicht mehr im Pferd
widerhallt."
Er stellt also im Halten die Balance wieder her und reitet danach wieder an, um den gut ausbalancierten Zustand in die Bewegung zu übertragen. Er hat es also nicht als Selbstzweck getan, sondern nur dann, wenn er das von ihm angestrebte Gleichgewicht verloren hatte. Ich vermute, das Pferdematerial war damals nicht so gut, dass sie sich, wie viele Warmblüter heute, durch die Bewegung und das Vorwärts "geradegezogen" haben.