Widerrist anheben

Rund um die klassische Reitkunst

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Gast

Beitrag von Gast »

horsmän hat geschrieben:d Was bleiben einem dabei für konkrete Mittel, insbesondere dann, wenn das Pferd sich auf die Hand stützen will?

Treiben gg. die Hand, auf die das Pferd sich schon auflegt??

Frisches vorwärts mit einem Pferd, was schon vorhandlastig ist??

halbe Paraden
Genau das. Klingt komisch, ist aber so.
horsman
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Beitrag von horsman »

Sorry, aber das hat hat sich für mich in etlichen Reiterjahren nach der einen sowie auch nach der anderen Methode als eher nachteilig heraus gestellt. Nachteile: gleichzeitiges wirken von Hand und Bein stumpft das Pferd sowohl am Bein sowie auch im Maul ab. Langes reiten in schlechtem GW mit viel Gewicht auf der Hand wirkt nicht gerade gesundheitsfördernd, weder für die Vorhand noch fürs Maul. Maultätigkeit wird immer schlechter usw...das latent bekannte dt. Reiterlied halt.

Aber man muss den Einzelfall sehen und ggf. kombinieren, so würde ich das heute sehen. Missen möchte ich deshalb die Baucher´schen Vorgehnesweisen und auch Denkweisen (hier WR anheben und Kieferflexion) auf keinen Fall mehr. Man würde viel verschenken und dem Pferd die Arbeit erschweren, wenn man sie nihct nutzt.
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esge
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Beitrag von esge »

Medusa888 hat geschrieben:Danke für das Bild, Trissa! Ich hatte schon gesucht und gedacht, das die Fotos rausgenommen wurden.

Ich denke trotzdem, dass dieses Bild/Pferd eine echte Ausnahme ist. Esge schreibt es ja auch.
Leider habe ich keine aktuellen Aufnahmen, vor allem kein Video. Da könnte man dann sehen, wie dasselbe Pferd sein Hinterbein bewegt, WENN es sich vorn hebt. :wink:

Mein momentaner erkenntnisstand (an dem sich immer wieder was ändern kann...) sagt mir, dass ich tatsächlich keinen oberen Spannungsbogen erzeugen kann, ohne dass Hand und Bein zusammenwirken. Ebenfalls momentaner Erkenntnisstand ist aber auch, dass ich zuvor dem Pferd gern Hand und Bein EINZELN erklärt haben möchte, ehe ich das tue.
Auch in der frz. Reitkunst gilt Hand ohne Bein, Bein ohne Hand nur bis zur Entwicklung der Piaffe. Und auch erst über diese wird dann der Spannungsbogen entwickelt. Das ist eben ein eklatanter Unterschied zur deutschen Tradition, in der man den Spannungsbogen erheblich früher entwickeln möchte (auch aufgrund des bevorzugt verwendeten Pferdematerials, das ein solches Vorgehen stark begünstigt) und ergo auch sehr viel früher Hände und Beine zusammenwirken lassen muss (oder im ungünstigen Falle halt gegeneinander).
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horsman
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Beitrag von horsman »

@esge

Ein Pferd was im freien laufen imponieren will und passagiert und dabei eine wunderschöne runde Oberlinie zeigt (wie man unzähligen Kalenderfotos sehen kann), tut das aber auch ohne einen durch Hand und Bein gespannten Spannungsbogen. Also geht es auch ohne.

Wie immer natürlich beutet "ohne Hand" nicht das völlige aufgeben der "Anlehnung"durch völliges hingeben des Zügel, sondern (so verstehe ich das jedenfalls) die Hand als solche nicht besonders wirken zu lassen. Immer nur ein Wirkprinzip zur selben Zeit.
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Susanne
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Beitrag von Susanne »

Ich finde den Vergleich zwischen freilaufendem Pferd und gerittenem Pferd in diesem Fall schwierig. Das freilaufende Pferd hat nämlich ein Problem schon mal rein gar nicht: den Menschen zu tragen, der noch dazu an einer Stelle sitzt die durchhängen kann.
Liebe Grüße
Susanne
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Beitrag von le_bai »

falls es um die von mir eingestellten fotos geht - ich versuchte nur der problematik im schritt ein bild zu liefern :lol:

wie seht ihr das ? auf meinen 2 schritt-bildern angehobene widerriste oder nicht??
Max1404
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Beitrag von Max1404 »

horsmän hat geschrieben:der "normale" Weg durch "korrektes Reiten von hinten nach vorne" sieht dann wie aus? Was bleiben einem dabei für konkrete Mittel, insbesondere dann, wenn das Pferd sich auf die Hand stützen will?
Es gibt so viele Möglichkeiten, und viele hast Du schon genannt.

Anstatt immer die Unterschiede zwischen "klassisch-deutsch" und "französisch" zu suchen, sollte man eher auf die Gemeinsamkeiten schauen. Und da gibt es mehr als manch einer denkt. Man muss sich nur ein wenig öffnen und andere Begrifflichkeiten nicht gleich verwerfen, sondern herausfinden, was tatsächlich dahinter steckt. Die Begriffe sind ähnlich, aber in vielen Fällen nicht deckungsgleich. Außerdem sollte man nicht immer die Karikaturen der jeweils anderen Reitweise vor Augen haben.

"Deutsch-Reiten" mit Dauersporendruck und Bizepstraining gleichzusetzen spiegelt zwar leider oft das wider, was man so ab und zu geboten bekommt, entspricht aber nicht dem Wesen dieser Reitlehre.

Deshalb ist auch das Treiben gegen die kurz feststehende Hand nicht verkehrt - wenn es richtig gemacht wird, nämlich so, dass sofort nachgegeben wird, wenn der gewünschte Effekt erreicht wurde.

Und ein frisches Vorwärts kann viele Probleme lösen, wenn es nicht als "Vorwärtsschrubben" verstanden wird. Auf der anderen Seite kann ein ruhiges Tempo bei aktivem Hinterbein die Tragkraft fördern.

Und weil es noch keiner genannt hat: Tempiunterschiede, antreten lassen - einfangen - erneut antreten lassen. Das fördert ebenfalls die Tragkraft (und nebenbei auch die Durchlässigkeit). Und die Schaukel - wenn das RR richtig ausgeführt wird. Sie fördert ebenfalls (elegant zum Thema zurück) das Anheben des Widerists, die Lastaufnahme der Hinterhand und die Durchlässigkeit. Schade, dass RR in deutschen Reithallen oft als Straflektion angesehen wird.
Viele Grüße
Sabine
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horsman
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Beitrag von horsman »

@Susanne
man meint immer, dass da wo der Reiter sitzt der Rücken neigt "durchzuhängen", bzw. leicht durchhängen kann, weil dort der Schwung der Oberlinie nach unten geht/seinen Tiefpunkt hat. Wenn man sich aber mal das Skelett anschaut, erkennt man, dass eigentlich nur die Dornfortsätze dort am kürzesten sind, und die Oberlinie deshalb dort nach unten verläuft. Der eigentliche Rückenwirbelsäule ist aber an der Stelle wo der Reiter sitzt ungefähr an seinem höchsten Punkt und von daher nicht so sehr anfällig "durchzuhängen".

Das eigentliche Problem, was der Reiter dem Pferd verursacht, scheint eher darin zu liegen, dass der vordere Teil der Wirbelsäule (erkennbar am den Dornfortsätzen des WR) in den Bänderapparat der Schultern einsinkt.
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saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

So ist es Horsemän, wenn der Rumpf und damit natürlich auch die Dornfortsätze / weil angewachsen :wink: ) absacken/ -sinken, dann wird es schwierig. Und es gibt viele Pferde, die das auch ganz für sich allein ohne Reiter machen. Sie haben einfach einen schlaffen Tonus in den zum anheben vorgesehenen Muskeln, oft auch mit einem starken Tonus der langen Rückenmuskeln und des Zungenbein-Brustbeinmuskels. Das gibt dann die optik des "Trinkers der Lüfte". Mit konkaver Oberlinie und hroizontal gezogenem Becken. Auch beim Pferden, die vorrangig für den Zug gezüchtet sind. Bei Rassen, die prädestiniert für hohes Tempo und für Zug selektiv gezüchtet sind, sind die Eigenschaften häufiger anzutreffen.

Aber auch andere Faktoren, wie durch Stürze bedingte Blockaden, falsches Anreiten, ein unpassender Sattel und sogar auch über längere Zeit bestehender Streß können diese Muskelzustände bewirken.

Alle Übungen die die gewünschten Muskelzüge erfordern, sind geeignet, den Wiederrist/ Rumpf anzugeben. Sie vermitteln dem Pferd ein Bewußtsein für diese Muskeln. Die Motivation kann dann bewirken, daß das Pferd sie aktiv einsetzt.

Wie geschrieben : nicht der Reiter oder die Übung hebt den Rumpf, sondern das Pferd !
Max1404
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Beitrag von Max1404 »

Unterschreibe bei Horsmän und Saltundpepper.
Darf ich hierzu noch etwas hinzufügen?
nicht der Reiter oder die Übung hebt den Rumpf, sondern das Pferd !
Und der Reiter vermittelt/erklärt dem Pferd, wie es das bewerkstelligen soll.
Viele Grüße
Sabine
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esge
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Beitrag von esge »

horsmän hat geschrieben:@esge

Ein Pferd was im freien laufen imponieren will und passagiert und dabei eine wunderschöne runde Oberlinie zeigt (wie man unzähligen Kalenderfotos sehen kann), tut das aber auch ohne einen durch Hand und Bein gespannten Spannungsbogen. Also geht es auch ohne.
.
solche Pferde befinden sich in einem Erregungszustand, der ihnen die nötige (positive) Spannung gibt. In einer normalen Reitsituation aktiviert sich das Pferd nicht in dieser Weise - es sei denn, es hat es durch sorgfältige Ausbildung gelernt.
Zudem sehe ich bei freilaufenden Pferden, wie du sie beschreibst, meistens prellende Bewegungen, die der Angabe und dem Größermachen dienen. Absolut nicht das, was man beim Reiten erstrebt, denn da sollen die Gelenke weich durchfedern, weil sich sonst sowohl Pferd wie auch Reiter den Rücken stauchen. Autsch. Diese Frei-Passage hat meist ein flach gestelltes Becken, gerade um dieses Abprellen zu bewirken. Freie, piaffeartige Bewegungen sind in der Regel nur dann zu sehen, wenn das Pferd sich vor einem Zaun produziert, sprich nicht weiter nach vorn kann. Sie sind fast immer die Vorbereitung zu einem schnellen Vorderbeinschlag oder Steigen.
Im Grunde bin ich ja d'accord mti dir, Horsmän. Aber, wie schon oben beschrieben, Erkenntnisse entwickeln sich weiter. Aktuell wirkt bei mir eben der Eindruck, den mir mein jüngeres, verdorbenes Pferd vermittelt. Und für den brauche ich Beine und Hände.
Wie schon Max schrieb, bedeuten zusammenwirkende Hilfen nicht, dass vorn gezogen und hinten gequetscht wird. Vielmehr folgen Hand- und Beinhilfen in einem Wechselspiel aufeinander. Sie sollten außerdem nicht isoliert stehen (nicht Runde um Runde außenherum reiten, Hand und Bein gegeneinander wirken lassen und hoffen, dass die Erkenntnis übers Pferd kommt), sondern werden in Übungsabläufe, wie Max sie beschrieben hat und viele andere eingebunden, damit das Pferd sich nach und nach "aufbaut". Bis ein Pferd sich dann über einen längeren Zeitraum hinweg unterm Reiter im Rumpf gehoben bewegen kann, dauert es Jahre. In derselben Zeit wird die Hilfengebung des REiters sich mehr und mehr minimieren können, so dass wir am Ende wirklcih bei einem Pferd sind, das sich auch unterm Reiter quasi allein hebt.
Das wird aber längst nicht jeder erreichen. Die Frage ist also, ob ich auf den Weg verzichten soll, weil ich dieses Ziel nicht erreichen kann oder ob ich lieber sage, ich/mein Pferd bleibt halt auf einen Teil der Hilfengebung angewiesen, kann sich damit aber dann gelenkschonend bewegen.

Ich für meinen Teil, halte den zweiten Weg für gesünder fürs Pferd.
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Susanne
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Beitrag von Susanne »

@ horsmän: Selbst auf einen Stahlträger wirken die Kräfte anders, je nachdem ob er an der Stelle, auf die die ein Gewicht wirkt von unten abgestützt, ist oder nicht ;-). Das wollte ich damit sagen
Liebe Grüße
Susanne
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Beitrag von horsman »

und ich wollte mit dem Irrglauben aufräumen, dass das Pferd an der Stelle wo der Reiter sitzt, nun besonders schwach im Rücken ist, weil da die Wirbelsäule nach unten gewöbt ist. Ist sie ja nicht, sondern sogar leicht nach oben.
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Beitrag von Gabi »

Mangels Unterricht mit meinem jungen Pferd habe ich das Anheben der Schulter nicht geübt, mit der Folge, dass mein sehr gehfreudiges Pferd immer mehr auf die Schulter kam, mit allen Nachteilen, wie sie hier schon beschrieben wurden.
Als RL doch mal schaute und mir den Fehler aufzeigte, hatte ich deutliches Aha-Erlebnis, die Reiterei lief dann wieder! Ich möchte dieses Ausbildungsmittel nicht mehr missen, obwohl ich allzuoft aus dem "konservativen" Lager dafür kritisiert werde. Es sieht halt am Anfang nicht schön aus, das ändert sich erst, wenn das Pferd verstanden hat und sich dieses unvergleichliche Reitgefühl einstellt.
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Max1404 hat geschrieben:...Und der Reiter vermittelt/erklärt dem Pferd, wie es das bewerkstelligen soll.
Max, :trink1: !



Es gibt aber auch Pferde, denen der gehobene Rumpf leichter fällt, esge. Die brauchen dann nicht Jahre, nur solche Hoppels, wie "unsereins " immer vor die Nase gesatzt bekommt, die brauchen dazu so lang :wink: :wink: :wink:
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