Dehnungshaltung und richtige Kopfhaltung dabei

Rund um die klassische Reitkunst

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Jen
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Beitrag von Jen »

Meiner Meinung nach gibt es keine "lehrbuchmässige richtige Kopfhöhe". Es kommt immer darauf an!

- auf das Exterieur
- auf den Ausbildungsstand
- auf die individuellen Problematiken von Pferd und Reiter
- auf das Ziel, was mit einer bestimmten Haltung erreicht werden will
- welche Lektionen geritten werden sollen und weshalb
- etc.

Ich finde das völlig sinnlos, darüber zu diskutieren, welche Haltung "die" richtige ist. Das gibt es nicht, auch wenn das viele schlaue Bücher weismachen wollen. In der Praxis gibt es das nicht.
Liebe Grüesslis, Jen
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Julia
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Beitrag von Julia »

Jen, grundsätzlich sehe ich das wie Du, aber ich habe bisher noch kein Pferd/Reiter-Paar erlebt denen rumtrüffeln gut tut.

Natürlich kann man kein Lineal anlegen, aber eine grobe Richtung gibt es finde ich schon. Zzumal Dehnungshaltung für mich eine aktive HH voraussetzt und die ist nunmal ab einem gewissen Punkt in der Regel eher nicht mehr gegeben.
Liebe Grüße, Julia
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Finchen hat geschrieben: die Muskulatur wäre damit extrem gedehnt, was sie so aber nicht leisten kann, dh. bei Trüffelschweinhaltung ist automatisch die Folge, dass die HH nicht mehr gescheit untertreten kann, somit wäre dann wieder das Pferd "auseinandergefallen", was nicht das Ziel ist.
Das würde ich so unterschreiben, wobei das natürlich auch ein wenig auf den Ausbildungsstand des Pferdes ankommt: Wenn dessen gesamte Oberlinie bereits ausreichend gedehnt ist, wird es bei tieferer Kopfhaltung auch mehr mit der Hinterhand untertreten können, als das ein z.B,. ein junges Pferd am Anfang seiner Ausbildung kann. Hier führt der tiefe Hals nämlich (kann man klasse an der Longe beobachten) nicht nur dazu, dass die HH nicht mehr richtig untertreten kann, damit einher geht auch ein Verlust von Tempo und Balance.
Dennoch nutze ich die Trüffelschweinhaltung bei beiden meiner Pferde (15 und 6). Aber nicht unter gymnastizierendem Effekt, sondern als eine Art Streckung und mentaler Entspannung.
„Steinbrecht ist nur schwer für den leichten Geist." (Nuno Oliveira)
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Julia hat geschrieben:Jen, grundsätzlich sehe ich das wie Du, aber ich habe bisher noch kein Pferd/Reiter-Paar erlebt denen rumtrüffeln gut tut.

Natürlich kann man kein Lineal anlegen, aber eine grobe Richtung gibt es finde ich schon. Zzumal Dehnungshaltung für mich eine aktive HH voraussetzt und die ist nunmal ab einem gewissen Punkt in der Regel eher nicht mehr gegeben.
Jen hat sicher Recht damit, dass es nicht "die" richtige Haltung gibt, aber so wie Julia ist bislang eben auch mein Kenntnisstand, dass Trüffelnase nicht hilfreich und daher nicht erstrebenswert ist.

Bin aber gerne bereit dazu zu lernen :wink:
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Jen
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Beitrag von Jen »

Wie gesagt: es kommt ja immer darauf an. Ich würde jetz auch nicht eine ganze Lektion in dieser tiefen Haltung arbeiten. Aber zb. bei einem Pferd, das die Tendenz hat, immer zu hoch zu sein, und die Oberlinie zu verkürzen, kann es durchaus sinnvoll sein, den Zügel aus der Hand kauen zu lassen und dabei die Anlehnung NICHT aufzugeben. Das heisst, das Pferd soll lernen, egal, wo der Kopf ist, immer den Kontakt zur Hand beizubehalten und sich dran zu dehnen. Dann gerne auch zwischendurch mal für kurze Zeit so tief. Es ist eine Entspannungshaltung. Und wenn ich ein guckiges, nerviges Pferd habe, dann ist das durchaus sinnvoll, auch unter dem Aspekt, dass Kopfsenken für das Fluchttier Verantwortung abgeben bedeutet. Und zusätzlich muss es in der gesamten Oberlinie loslassen, dadurch hebt es den Rücken durch den passiven Zug des Nackenbands mehr, und man kann versuchen, dies zu erhalten, wenn man die Zügel und den Rahmen wieder verkürzt. Etwas erhalten ist grundsätzlich immer einfacher, als etwas neu herstellen. Zb. bei Pferden mit kurzem Rücken und strammer Nierenpartie finde ich das zb. sinnvoll. Auch das weite untertreten dabei kann man trainieren und das bedeutet noch mehr Dehnfähigkeit über die gesamte Oberlinie: Hals, Widerrist, Lende, Kruppe. Es "öffnet" den Rücken. Es ist auch spannend mal einen Trab-Schritt-Trab übergang in einer tiefen Haltung (Nase muss vorne bleiben! Anlehnung muss erhalten bleiben!) zu reiten. Kommt der Kopf hoch oder nicht? Kommt die Bewegung von hinten oder muss das Pferd sich über den Hals helfen? kann ganz interessant sein.
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Hm, spannend... als Entspannungshaltung mal zwischendurch gibt es bei uns dieses "Hals fallen lassen" und wenn gewünscht vom Pferd bis zur Trüffelsuchhaltung, aber dann eben für eine halbe bis eine Runde, nicht als Übungseinheit. Zu Beginn der Reiterei hat´s Pony das nach ein wenig "Anstrengung" immer gerne gemacht, da gab es das öfter mal, jetzt werden die Einheiten dazwischen länger bzw diese Phasen mit völliger Streckung in die Tiefe seltener je Reiteinheit.

Jen, ist es für dich ein regelmäßigeres "Instrument" in der Arbeit?
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Jen
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Beitrag von Jen »

wie gesagt: es kommt darauf an! ;) je nachdem was die Situation halt erfordert. Das kann ein paar Meter im stufenlosen Wechsel mit anderen Höhen/Haltungen sein, das kann auch mal eine Lànge oder ein paar Zirkelrunden sein, wenn es nötig ist. Es kann auch eine Ausbildungs-Phase sein, wo ich es mal öfter verwende, um etwas bestimmtes zu erreichen, aber später dann fast nie mehr in dieser Form abrufe, weil es nicht mehr nötig ist. Aber ich würde nie sagen: aus Prinzip und bei jedem PFerd so und so lange oder so und so kurz. Das ist halt individuell.
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Beitrag von Julia »

Jen, wie immer hast Du Recht mit der Ausführung über das warum und wieso. :D

Aber ich denke auch hier schon sollte man unterscheiden zwischen Dehnungshaltung und ich sag mal "Therapiemaßnahmen".

Denn Dehungshaltung hat für mich nichts mit mal entspannen oder dem Pferd verantwortung abnehmen o.ä. zu tun. Das sind Maßnahmen die ich vielleicht kurz ergreife, aber das Ziel ist doch die DH, mit aktiver HH und dem Spannungsbogen. Und da geht m.M.n. beim rumtrüffeln eben nicht.

Jetzt wäre es spannend zu wissen was Josa genau meint ;)
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Josatianma
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Beitrag von Josatianma »

Eine pauschale Beurteilung ist eh nie möglich. Daß diverse äußere Umstände beachtet werden müssen ist auch klar.

Was mir eben nicht behagt ist die Aussage: durch das noch tiefere Einstellen vorne würde der Rücken eben automatisch vermehrt hochkommen.

Sie sollte das vor allem am Schluß reiten. Also als Abschluß ihrer kompletten Einheit. Das Pferd neigt für mich eh eher zum latschen auf der VH und dies würde in dem Fall dieser tiefen Einstellung eben gefördert werden.
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Jen
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Beitrag von Jen »

@Julia
ja, aber es gibt für mich auch nicht "die" DH. Es gibt PFerde, die dürfen in einer bestimmten Phase nicht tiefer als so und so kommen, weil sie sich sonst verkriechen, es gibt Pferde die nicht höher als so und so kommen, weil sie sich sonst verkürzen. Ist das PFerd verhalten oder ist das PFerd gegen die Hand, ist das PFerd zäh oder ist es übersensibel-hysterisch.... ist es kurz, ist es lang, hat es einen langen Hals mit leichtem GEnick, hat es einen kurzen, breiten, festen Hals...ist es vorne schwer oder zu leicht... womit tut es sich schwer, was fällt ihm leicht. Was sind die Problematiken des Reiters.... es gibt doch kein Schema x und deshalb auch nicht ein richtig. Es kommt darauf an, was damit zu welchem Zeitpunkt erreicht werden soll.
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Beitrag von Julia »

Jen, ich spreche gerade von egal welchem Pferd das so geritten wird dass es aktiv in der HH ist, ein Spannungsbogen erkennbar ist und die Nase sich vor der Senkrechten befindet.

Das je nach Pferd die Nase ein bischen woanders ist doch klar, aber ich finde nicht dass man sagen kann das es keine grobe Richtung gibt.

Und es gibt nunmal Merkmale die die DH ausmachen, wie schon gesagt, bei egal welchem Pferd.
Liebe Grüße, Julia
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

@Jen:
wenn ich dich aber richtig verstehe ist das ganz tiefe aber doch etwas, was für (mehr oder weniger) kurze Etappen zum Einsatz kommt, um damit anderes zu erreichen. Die DH sehe ich aber doch eher als etwas mittelfristiges in den Einheiten, und nehme an dazu gehört dann diese tiefe Haltung nicht. Meinst du das in der ausführlichen Erlärung so?
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Beitrag von Jen »

Josatianma hat geschrieben: Was mir eben nicht behagt ist die Aussage: durch das noch tiefere Einstellen vorne würde der Rücken eben automatisch vermehrt hochkommen.

Sie sollte das vor allem am Schluß reiten. Also als Abschluß ihrer kompletten Einheit. Das Pferd neigt für mich eh eher zum latschen auf der VH und dies würde in dem Fall dieser tiefen Einstellung eben gefördert werden.
Grundsätzlich habt ihr beide recht. Je länger und tiefer der Hals, desto mehr wird der Rücken durch den passiven Zug des Nacken-Rückenbands hochgezogen. Das wurde sogar wissenschaftlich nachgewiesen und gemessen.

Aber es stimmt natürlich auch, dass je tiefer der Kopf ist, desto schwieriger ist es für das PFerd das Gleichgewicht gut verteilt zu halten und nicht nach vorne runter zu kippen. Die Gefahr der stärkeren Vorhandlastigkeit ist natürlich sehr gross.

Trotzdem kann es sinnvoll sein, dass man diese Vorlastigkeit zu diesem Zeitpunkt bewusst in Kauf nimmt, wenn zb. sich das Pferd vorher schwer getan hat mit der Dehnung an die Hand, mit dem öffnen und hergeben des Rückens, der Reiter sich schwertut zu spüren, was der Rücken macht und wie es sich anfühlt, wenn der Rücken hochkommt etc... doch das kann schon helfen. Einfach so pauschal gesagt. Ob es in dieser Situation mit dieser Reiterin und diesem Pferd Sinn gemacht hat, weiss ich natürlich nicht. ;)
Zuletzt geändert von Jen am Do, 19. Mai 2011 18:23, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von Jen »

Julia hat geschrieben:
Und es gibt nunmal Merkmale die die DH ausmachen, wie schon gesagt, bei egal welchem Pferd.
ja, einfach gesagt die Dehnung in der Oberlinie (sprich Anlehnung)! Und die ist nicht abhängig von der Kopfhöhe. Es gibt Haltungen, wo diese Dehnung einfacher zu erreichen sind, als andere (und die sind abhängig vom Pferd). Diese Höhen müssen stufenlos verstellbar werden, ohne die Dehnung zu verlieren. Aber grundsätzlich muss genau diese Dehnung ja auch in der Aufrichtung erhalten bleiben und das ist ja so verdammt schwer ;) wie es übrigens auch gar nicht so einfach ist, die Anlehnung bei der sehr tiefen Kopfhaltung zu erhalten!

klar kann man sagen: sobald die Maulspalte tiefer als das Buggelenk ist, sagt man dem vorwärts-abwärts, Maulspalte ungefähr auf Buggelenk ist Dehnungshaltung, Maulspalte ungefähr kurz unter Widerrist ohne spezielle Hankenbeugung ist die Gebrauchshaltung und höher ist AUfrichtung. Aber das sind ja nur abstrakte Begriffe für eine stufenlose verstellbarkeit und der Bereich dieser Kategorien hängt vom Exterieur des Pferdes ab. Ein Pferd mit langem Hals und leichtem GEnick kann viel höher aufgerichtet werden, als ein Pferd mit dickem Hals und wenig Ganaschenfreiheit. Was aber GUT für das jeweilige Pferd ist, sagen die Begriffe ja noch lange nicht aus. Deshalb gibt es für mich keine "richtige" Position mit dem Zentimetermass ausgedrückt. es ist in der Praxis schlicht nicht relevant. ;)
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Beitrag von Jen »

Finchen hat geschrieben:@Jen:
wenn ich dich aber richtig verstehe ist das ganz tiefe aber doch etwas, was für (mehr oder weniger) kurze Etappen zum Einsatz kommt, um damit anderes zu erreichen. Die DH sehe ich aber doch eher als etwas mittelfristiges in den Einheiten, und nehme an dazu gehört dann diese tiefe Haltung nicht. Meinst du das in der ausführlichen Erlärung so?
richtig, die sehr tiefe Kopfhaltung ist für mich keine eigentliche Arbeitshaltung.
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