Finchen zum Kreuzgalopp:
Ernsthaft: bis vor etwa 150 Jahren galt der Viertaktgalopp als richtig. Heute für uns undenkbar, denn wir versuchen, den Dreitakt zu erhalten, weil wir uns an der natürlichen Gangart des Pferdes orientieren und versuchen, sie zu erhalten und zu verbessern. So ändern sich die Zeiten
Jen hat geschrieben:
nun, Zweifel für den Angeklagten. Wie Max vorhin sagte: ich kann nicht wirklich glauben, dass jemand wie Steinbrecht (von dem ich denke, dass jeder hier ihm grosse Kompetenz zusprechen würde, oder?) sein Pferd in einem völlig nutzlosen Zackelschrab reiten würde. Der wusste sicher ganz genau, was er tat. Wir verstehen heute wohl nicht mehr genau, was der Hintergrund war. Aber haben wir das Recht deshalb darüber zu urteilen?
Oh Kompetenz möchte ich ihm nicht absprechen! Aber ist er Schrab gezackelt geritten? Ich frage das ganz aufrichtig, weil ich schlicht nicht den theoretischen Hintergrund habe wie ihr, also keine Pseudofrage vermuten.
Finchen, Plinzner hat zugegeben, dass es schwer war, aus der Reiterei des Meisters beim Zuschauen zu lernen, weil er einfach nicht die gängigen Dinge getan hat. Trotzdem hat Plinzner ja auch bei diesen ungewöhnlichen Methoden deutliche Fortschritte beim Pferd erkannt ("...und wobei die Hankenschwingungen sichtlich immer schöner und geschmeidiger wurden ..."). Wie sollen wir, die ihn nicht gesehen haben, heute noch so eine Frage beantworten können?
Wie schon gesagt, ich verlasse mich auf seine Aufzeichnungen - wer so klar und ausführlich schreibt, dass sein Werk heute, mehr als 130 Jahre nach seinem Tod, noch immer für Reiter auf der ganzen Welt ein Maßstab ist, der kann so schlecht nicht gewesen sein, oder?
Also mit meinem spanisch-geprägten, lebensfrohen reiterlichen inneren Bild habe ich bei dieser Szene:
"Ich hatte den alten Herrn wohl öfters einmal im Tiergarten getroffen, wo man ihn in keineswegs sehr elegantem Kostüm in nachlässigem, losem Sitz mit tanzenden Händen meist in einer halben Schulterhereinstellung in einer Gangart zwischen Schritt und Trab sein Pferd arbeiten sah, wenn er sich nicht in fröhlich-freundlicher, sympathisch anmutender Weise mit anderen Reitern unterhielt."
…etwas ganz anderes vorm Auge: Nämlich einen fröhlichen Reiter, der ein wenig der Gesellschaft im Tiergarten imponieren wollte, in dem er sein Pferd elegant ein wenig von rechts nach links tänzeln ließ und dem Ganzen einen Hauch von lässiger "nebenbei-Gymnastizierung" verlieh.
„Steinbrecht ist nur schwer für den leichten Geist." (Nuno Oliveira)
Nach der SdA unterwegs
ein Schelm wer Böses denkt, aber du hast schon Recht, waren auch früher nicht alles und immerzu ehrenhafte Leute, die nur und ausschließlich dem Wohle der Pferdeausbildung dienten - vermutlich zumindest.
Finchen, so böse habe ich mein inneres Bild gar nicht gemeint – der Herr hatte vielleicht auch einfach mal Spaß daran, mit seinem Pferd ein wenig "anzugeben". Ist doch nur menschlich und macht mir den Guten eine ganze Ecke sympathischer als die Vorstellung, dass er stets und ständig von hehren Gedanken an die hohe Reitkunst beseelt mit pastoralem Gesicht zu Pferde gesessen haben soll
„Steinbrecht ist nur schwer für den leichten Geist." (Nuno Oliveira)
Nach der SdA unterwegs
Öhm, so böse habe ich auch nicht gedacht... aber eben menschlich gedacht, dass wie du sagst ein Mann typisch Mann (und in dem Punkt sind auch Frauen typisch Mann mitunter ) ist und mal gerne zeigt was er hat.. äh kann...
so, ich hab da auch mal noch ne Frage. Hoffe, die passt hier überhaupt rein. Wenn nicht, kann ich ja auch noch nen neuen Thread aufmachen...
Ich les mich grad durch ein Buch von Baucher. (diese altdeutsche Schrift macht mich noch wahnsinnig... )
Kurz davor hab ich eins von PK gelesen und dachte eigentlich, dass PK viel von Bauchers Ideen quasi "übersetzt" hat, so dass sie der Normalo auch versteht.
Jetzt stoße ich aber darauf, dass Baucher gleichzeitig sowohl Schenkel- als auch Zügelhilfen einsetzt. Das passt ja jetzt nicht so wirklich zu PK.
Hab ich da irgendwas falsch verstanden/interpretiert? Oder ist das der Teil, den PK eben nicht "übernommen" hat?
Auch das unerfahrenste Pferd kann dem besten Reiter noch etwas lehren.
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Das mir mein Pferd das Liebste sei,
sagst du oh Mensch, sei Sünde.
Das Pferd blieb mir im Sturme treu,
der Mensch nicht mal im Winde.
Claudius: nee, Du hast die 1. Manier.
Baucher hat sich im Laufe seines Lebens weiterentwickelt (einen Schritt zurück Richtung Klassik) und ging erst in der 2. Manier nach seinem folgenschweren Unfall dazu über, Hand- und Beineinwirkungen strikt zu trennen (auch wenn der Effet d'Ensemble noch immer eine Rolle spielt). Die 2. Manier gibt es erst seit letztem Jahr erstmals in deutscher Übersetzung (das gebundene Buch vom Cadmos-Verlag).
ahh... na das erklärt einiges... DANKE! ich hoffe, die 2. Manier ist dann auch nicht mehr in altdeutscher Schrift verfasst
OT: was hatte er denn für einen Unfall?
Dass es 2 Versionen von Baucher gibt war mir zwar bekannt, aber auf die Idee bin ich bei meiner Frage jetzt nicht gekommen
Auch das unerfahrenste Pferd kann dem besten Reiter noch etwas lehren.
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Das mir mein Pferd das Liebste sei,
sagst du oh Mensch, sei Sünde.
Das Pferd blieb mir im Sturme treu,
der Mensch nicht mal im Winde.
Claudius: Kronleuchter fiel von der Decke oder so ähnlich ...
Baucher ist sehr widersprüchlich, und er ist schwer zu lesen, weil man viel interpretieren und zwischen den Zeilen lesen muss. Widersprüchlich nicht nur deshalb, weil er aus Vertragsgründen auch in der 2. Manier einige Passagen aus der 1. Manier unverändert übernehmen musste und nur einige Kapitel mit neuen Erkenntnissen hinzugefügt hat.
Besseren Zugang findest Du bei Racinet, er erklärt sehr schön.
Oder bei dem Baucher-Schüler Kerbrech, der unschlagbar praxisorientiert schreibt.
PK bewegt sich auf Baucher-Basis, hat aber selbstverständlich viel Eigenes hinzugefügt.
Äh, ich grübel gerade, was für ein Buch hast Du denn? Ich habe den Nachdruck der 3. Ausgabe von 1884, Olms-Verlag - da ist die Schrift aber normal ...
naja, ich dachte dass man Baucher schon mal gelesen haben muss, wenn man sich mit der klassischen Reitkunst auseinander setzt und da er mir auf der letzten Messe ins Auge gesprungen ist, hab ich ihn gleich eingepackt... Ist vom Jagd- und Kulturverlag. Ist ein Buch, das einfach "auf alt gemacht ist". Ist nämlich von 2006... naja, aber man gewöhnt sich an die Schrift und das schadet der Bildung vllt ja auch nicht
Racinet liegt auch noch auf meinem "zu-lesen-Stapel". Bis zum Travers war ich auch schonmal, aber da muss ich nochmal von vorne anfangen. Weiß ich nicht mehr richtig.
Racinet find ich aber recht schwer zu lesen, da man sehr genau lesen muss um seine Meinung zu sehen. Ich finde, er vergleicht sehr viel und schreibt von allen möglichen Reitlehrern.
Auch das unerfahrenste Pferd kann dem besten Reiter noch etwas lehren.
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Das mir mein Pferd das Liebste sei,
sagst du oh Mensch, sei Sünde.
Das Pferd blieb mir im Sturme treu,
der Mensch nicht mal im Winde.