Unterhals

Rund um die klassische Reitkunst

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silence
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Beitrag von silence »

Ja, das ist das Problem: fast jeder sagt "amen" ohne nachprüfen was einfach behauptet wird von Leute die schon salonfähig sind.
Warum sage ich salonfähig?
Weil man kann nicht sagen, z.B. dass Denoix und Pailloux unkompetent sind aber sind wir über ihren Kompetenz und über ihren unparteisches Vorgehen sicher?
Haben die beide einen Pferd ausgebildet? vielleicht ja.Haben sie es nach die Lehre von Baucher 2. Manier getan? sicherlich nein!
Da schon, und gerade weil es um dieser Ausbildungsform geht, sollte man schon sehr vorsichtig sein mit unsere Amen-Gutglaubwürdigkeit.
Es ist sicherlich bequem: man braucht nicht zu viel selbst vergleichen, recherchiert, überlegen. Man verliert auch damit keine gute alte Freunde. Aber es bringt niemals die Diskution weiter.

Fachlich:
Gewöhnlicherweise bringt einen Muskel, wenn er sich verkurtzt (arbeitet) seinen Ansatz in Richtung seinen Ursprung.
Es gibt mehrere Muskel , z.B. der Brachio-cephalis und die Multifidi-Dorsi (ganz kleine Muskeln am WS lang) die eben das Gegenteil auch tun können, sich "umpolen" wenn man so will.
Diese Funktionsfähigkeit ist extrem wichtig um das Pferd zu erlauben sich, beim Aufrichten, auf die HH zu verhänkern und damit eine Bewegungsleistung sofort im Gleichgewicht zu bringen.
Ohne vom reiten zum sprechen, das ist was ein Pferd tut wenn, im Freiheit, es hört oder sieht einen Gefahr, sich daher sofort aufrichtet, beugt die Hanken (Anteroversion des Beckens), wölbt damit seinen Rücken (realle Wölbung), also versammelt sich um die Flucht zu ergreifen ohne auf die Nase zu fliegen. Ohne die Versammlungsfähigkeit, die wirklich mehr als natürlich ist... , würde keine Pferde mehr auf diese Erde sein.

Fachlich weiter:
Denkt ihr wirklich dass einen Mensch in der Lage ist, der Hals un der Kopf des Pferdes zu aufrichten OHNE der Wille des Pferdes dabei zu haben? (geistige Wille==> biomechanische Wille/Antwort)
Glaubt ihr das wirklich?
Hat jemand von Euch schon der Kopf und Hals des Pferdes angehoben, beim Zahnartzpflege z.B., wenn dieses Pferd teilweise narkotiesiert ist, so das es aber stehen bleiben kann????!!!!!!!!!!! Ist das nicht schwer? Ja nee?!
Klar, das Pferd hat hier keine Wille oder Unwille. Man ist also alein da, mit das Gewicht diesen Körperteilen. Und dabei ist man noch dazu unten, man kann mit seiner ganzer Krafft mit beide Arme nach oben drücken. Aber auch nicht lange.
Angenommen es wäre möglich, konnt ihr mal euch vorstellen das Gleiche zu tun AUF DEM PFERD (Tourette-S...), mit euren kleinen Händchen die 2 dünnen Zügelchen halten...im Schritt mehrere Runde,...im Trab...im Galopp... .
Sorry, ich nicht.
Wenn das Pferd nicht willig mit machen würde, könnte keinen von uns, KEINE (T.S...) es schaffen mit Kraft der Kopf und der Hals des Pferdes zu anheben.
Dieses ist aber möglich weil, wenn man es in dem Sinne der Versammlung aufruft, man verlangt etwas ganz natürliches. Was unatürlich ist, ist irgendwas zu verlangen mit einem Reiter auf dem Rücken (ja wo sonst). Aber, wir wollen die Pferde reiten und sie dabei logisch und schadenlos dafür trainieren.
Die Versammlung so schnell wie MÖGLICH (T..ach ihr wisst schon) zu suchen ist eine Beitrag dafür. Diesen "so schnell wie möglich" hat aber seinen Preis: es ist am Anfang unspektakulär.
Ich finde es aber, aus Erfahrungen, viel mehr schonnend als einen trab trab trab-v/abw Training weil Trab ist schon das Gegenteil von einen Arbeitsgang. Trab bildet nicht aus. Trab prüft die Ausbildung die, in der Suche der Versammlung, zu erst im Schritt statt finden sollte. Das heißt aber nicht das man sollte nie traben aber dabei sollte das Pferd in der Lage sein es in Selbsthaltung aufgerichtet zu gehen, immer und immer mehr.

Ihr habt hier oft kein Problem zu wiedersprechen Leute die sich sehr wohl auskennen mit dieser Art die Pferde zu ausbilden: die Pferde rund durch Anheben der VH und Verhänkerung auf die HH. Ist in Ordnung, gut.
Ich würde es aber begrüssen wenn ihr genauso viel Skepsis gegenüber alle salonfähige (mit oder ohne Dr-Titel) "Pferdeleute" zeigen würden.

Wenn ich irgendwann einen "amen!" kriegen werde für was ich euch erzähle, da werde ich bescheid wissen: ihr habt in der Moment aufgehört zu nachdenken.

VG
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"Die Pferde versuchen immer uns zu verstehen, das aber muss ihnen erlaubt werden; nur Gehorsam zu fordern, macht sie dumm." Jean-Claude Racinet
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

silence hat geschrieben: Fachlich weiter:
Denkt ihr wirklich dass einen Mensch in der Lage ist, der Hals un der Kopf des Pferdes zu aufrichten OHNE der Wille des Pferdes dabei zu haben? (geistige Wille==> biomechanische Wille/Antwort)
Glaubt ihr das wirklich?
Natürlich glaube ich das. Genauso, wie ich glaube, und oft genug sehe, dass der Mensch in der Lage ist Kopf und Hals eines Pferdes in die Rollkurposition zu befördern, geht diese Rollkur auch nach oben. Man nennt das Phänomen, was dahintersteckt, schlicht "learned helplessness".
@Jen: ”Ein Pferd funktioniert immer als Ganzes. Es macht keinen Sinn, ein Pferd derart in seine "Einzelteile" zu zerlegen. " Das bringt es auf den Punkt und genau das führt auch den Baucherismus ad absurdum.
Zuletzt geändert von Cubano am Sa, 06. Aug 2011 14:39, insgesamt 1-mal geändert.
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Isomer
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Beitrag von Isomer »

Ohne vom reiten zum sprechen, das ist was ein Pferd tut wenn, im Freiheit, es hört oder sieht einen Gefahr, sich daher sofort aufrichtet, beugt die Hanken (Anteroversion des Beckens), wölbt damit seinen Rücken (realle Wölbung), also versammelt sich um die Flucht zu ergreifen ohne auf die Nase zu fliegen. Ohne die Versammlungsfähigkeit, die wirklich mehr als natürlich ist... , würde keine Pferde mehr auf diese Erde sein.
Genau es hebt seinen Kopf/Hals bei Gefahr um einen besseren Überblick zu bekommen, hat Mr.Evolution dabei an einen Reiter gedacht? Nein wohl kaum.

Und Pferde Versammeln sich nicht wenn sie fliehen möchten, ganz im Gegenteil Versammlung ist eher das Repertoire des Pferdes für den Kampf.

Was ist also die typische Reaktion eines Pferdes wenn ihm etwas Schmerzen bereitet, unangenehm ist usw? Es fällt in die Stereotypen die es gewohnt ist bei "Gefahr" es hebt den Kopf und senkt ihn nicht. Wenn man hieraus Schlussfolgern will das es biomechanisch Sinn macht den Hals anzuheben weil das Pferd keinen Widerstand entgegenbringt hat definitive nicht zu Ende gedacht oder sowas in der Art.

Ich spreche nicht Grundsätzlich die Möglichkeit ab diese Position nutzen zu können um umzupolen aber sie ist nicht Folge von Entspannung, Losgelassenheit usw
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Beitrag von Max1404 »

Silence, Du hast Recht, einen Pferdekopf kann man kaum heben, dazu muss das Pferd schon mithelfen. Aber es geht nicht unbedingt darum, dass das Pferd Muskeln anstrengt, sondern welche. Ein Pferd, das durch das Reiten (nicht durch das Fressen von hoch angelegten Heuraufen oder ähnlichen "Freizeitvergnügungen") einen Unterhals entwickelt, entwickelt die falsche Muskulatur, und das kann unter Umständen auf Dauer gesundheitsschädlich sein. Sofern es das tut, weil es die Sache nicht anders versteht oder weil es körperlich verbaut ist, dann sollte es die Aufgabe des Reiters sein, diese körperlichen Mängel zu mildern und dem Pferd einen Weg aufzeigen, wie es die richtige Muskulatur zum richtigen Zeitpunkt anstrengt und wie es sich im Gleichgewicht bewegen kann. Nichts anderes fordert Baucher (und nicht nur er :wink: ). Sofern das Pferd trotz gutem Körperbau einen Unterhals entwickelt, oder sich die Muskeln der Oberlinie zurückbilden, dann sehe ich hier Probleme in der Reiterei, die dem Pferd nicht begreiflich machen kann, wie es die richtigen Muskeln anstrengen soll. Ein Pferd, das gut geritten ist, wird schöner und bewegt sich auch in der Freizeit auf der Koppel anders - weil es nämlich gelernt hat, seinen Körper besser zu beherrschen und sich im Gleichgewicht zu bewegen.
Das ist für meine Begriffe allgemein gültig und reitweisenunabhängig.

Cubano:
@Jen: ”Ein Pferd funktioniert immer als Ganzes. Es macht keinen Sinn, ein Pferd derart in seine "Einzelteile" zu zerlegen. " Das bringt es auf den Punkt und genau das führt auch den Baucherismus ad absurdum.
Nicht ganz. Auch bei Trainingsmethoden für Sportler oder Tänzer werden manche Übungen zuerst einzeln ausgeführt (z. B. nur Beinarbeit, nur die Armarbeit), bevor man dann die Teile zusammensetzt. Man kann manche Ganzkörperbewegungen auf diese Art und Weise besser erlernen. Es geht hierbei also um Koordination und das Erlernen bestimmter Bewegungen. Ganz typisch für dieses Vorgehen ist z. B. die Stangenarbeit beim Ballett-Tänzer - jedes Training beginnt damit, bevor es an das Tanzen im freien Raum geht.

Das darf meiner Meinung nach aber nicht dazu führen, nur noch isoliert zu arbeiten, weil es möglicherweise einer bestimmten Philosophie entspricht. Das ist eine der Gefahren, wenn man sich zu intensiv und zu ausschließlich auf Baucher einlässt.
Viele Grüße
Sabine
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Rioja
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Beitrag von Rioja »

Ich schliesse mich da Max an. Komplexe Abläufe werden in vielen Sportarten in Einzelbewegungen geteilt und auch erstmal sehr langsam (konzentriert, versammelt) ausgeführt, bevor sie so gut sitzen, dass diese auch unbewußt schneller funktionieren (spreche hier gerade für mich von Karate :D)

Ich hatte jahrelang das Problem, dass meine ältere Stute nur auf der VH latscht. Sie ist halt lang, mit einem tief angesetztem Hals. Mehrere Fohlen haben ihre Beckenbänder geschwächt, so dass sie auch noch in der Hinsicht zeitweilig sich mit Problemen rumschlägt.
Erst meine Versuche mit der Baucher-Methode haben Erfolge gezeigt. Ich habe sie in meine übliche Arbeit mit eingebaut, ganz halt nicht, weil ich selbst, für diese Methode einfach zu inkosequent bin (bin halt nur ambitionierter Freizeitreiter :wink: )
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Max1404 hat geschrieben: Nicht ganz. Auch bei Trainingsmethoden für Sportler oder Tänzer werden manche Übungen zuerst einzeln ausgeführt (z. B. nur Beinarbeit, nur die Armarbeit), bevor man dann die Teile zusammensetzt. Man kann manche Ganzkörperbewegungen auf diese Art und Weise besser erlernen. Es geht hierbei also um Koordination und das Erlernen bestimmter Bewegungen. Ganz typisch für dieses Vorgehen ist z. B. die Stangenarbeit beim Ballett-Tänzer - jedes Training beginnt damit, bevor es an das Tanzen im freien Raum geht.

In meinen Augen vergisst Du dabei einen wesentlichen Punkt und deshalb halte ich Mensch und Pferd da auch für nicht vergleichbar: Ein Mensch kann ganz gezielt – s. Ballett, siehe auch einige Pilates-Übungen – einzelne Körperteile trainieren, wobei das eigentlich schon nicht korrekt ist. Das Bein ist ja nicht isoliert, ein Training des Beins hat immer auch Auswirkungen auf den Restkörper. Dennoch: Der Mensch kann diese Fokussierung vornehmen, weil er das dazu nötige Bewusstsein mitbringt. Ein Pferd dagegen hat in meinen Augen das Bewusstsein: Oh, heute ist die Hinterhand dran, und morgen dann die Bauchmuskulatur :wink: schlicht nicht, und genau deshalb bleibt die isolierte Arbeit nach meinem Verständnis Augenwischerei. Dazu kommt noch etwas anderes: Jemand, der eine solche Arbeit mit Pferden wirklich ausführen kann, müsste extrem bewandert in den Funktionsweisen der Muskelketten etc. sein, dass er quasi ein wandelndes Vet-Lexikon wäre. Ich glaube kaum, dass es sehr viele solcher Reiter gibt, die nicht nur um die Funktionsweise, sondern auch in jeder Sekunde über die Reaktion seines Tuns Bescheid weisst. Was mich angeht, finde ich das ganzheitliche Training eines Pferdes schon komplex genug, ich muss mich nicht zwingend mit Gedankenwelten eines Ecuyers auseinandersetzen, bei dem ich vielen Bildern und Stichen eindeutig eine absolute Aufrichtung erkenne. Zumal die Ergebnisse mich eben einfach nicht überzeugen – und bis heute gilt das für ausnahmlos alle Bilder/Videos, die ich gesehen habe.
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Beitrag von Max1404 »

Man darf nicht vergessen, dass die langsamen Bewegungen oft genau so viel oder sogar mehr Kraft kosten wie die schnellen, dynamischen. Es kann ein sehr guter Muskelaufbau und eine gute Koordinationsfähigkeit durch langsame Bewegungen erfolgen.

Das große Aber bei Baucher ist aber, dass dabei sehr darauf geachtet werden muss, dass das Pferd wirklich nicht nur langsam geht, sondern auch unter den Schwerpunkt greift. Gerade im Schritt, der sowieso wegen der Fußfolge die am schwersten zu reitende Grundgangart ist - und damit auch die fehleranfälligste ist. Um ein Pferd hauptsächlich im Schritt auszubilden, bedarf es eines Reiters, der so gut geschult und so geschickt ist, dass er 1. merkt, wenn das Pferd nicht tief genug unterfußt, sondern statt versammelt nur langsam läuft, 2. sofort minimale Verschiebungen der Fußfolge bemerkt, 3. sofort merkt, wenn das Gleichgewicht gestört ist und der 4. das sofort korrigieren kann. Und dazu muss man eine Menge können, und deshalb ist die Methode Baucher nur etwas für sehr sehr gute Reiter mit viel Erfahrung.

Für einen Durchschnittsreiter lösen sich viele Probleme viel leichter und weniger fehleranfällig im frischen Trab oder Galopp. Und manche Koordinationsprobleme, die im Schritt bestehen, sind im Trab leichter zu lösen.

Eine zeitweilige Mischform der unterschiedlichen Stile, wie ich sie gelegentlich betreibe und wie sie Rioja beschreibt, finde ich aber sinnvoll, sofern die Notwendigkeit dafür besteht.

Cubano zum isolierten Arbeiten: das sehe ich anders. Das Bewusstsein des Pferdes für das Training ist nämlich der Reiter. Der hat dafür zu sorgen, dass das Training gleichmäßig bleibt und dass keine Muskelgruppen übermäßig belastet werden und dass andere ständig zu kurz kommen. Kein Reiter wird jeden Tag das gleiche Programm mit seinem Pferd durchführen, ganz speziell nicht, wenn das Pferd weit ausgebildet ist. Und wenn Du Baucher mal studierst, dann wird Dir auffallen, dass er niemals die Empfehlung ausspricht, jahrelang, beständig, das gesamte Reiterleben des Pferdes lang, isoliert zu arbeiten.
Viele Grüße
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Beitrag von Cubano »

Max1404 hat geschrieben:Um ein Pferd hauptsächlich im Schritt auszubilden, bedarf es eines Reiters, der so gut geschult und so geschickt ist, dass er 1. merkt, wenn das Pferd nicht tief genug unterfußt, sondern statt versammelt nur langsam läuft

Cubano zum isolierten Arbeiten: das sehe ich anders. Das Bewusstsein des Pferdes für das Training ist nämlich der Reiter. Der hat dafür zu sorgen, dass das Training gleichmäßig bleibt und dass keine Muskelgruppen übermäßig belastet werden und dass andere ständig zu kurz kommen. Kein Reiter wird jeden Tag das gleiche Programm mit seinem Pferd durchführen, ganz speziell nicht, wenn das Pferd weit ausgebildet ist. Und wenn Du Baucher mal studierst, dann wird Dir auffallen, dass er niemals die Empfehlung ausspricht, jahrelang, beständig, das gesamte Reiterleben des Pferdes lang, isoliert zu arbeiten.
Moins,
zu Deinem ersten Punkt. Warum wird hier eigentlich immer von Versammlung gesprochen? In meinen Augen ist genau das das größte Problem bei den Alternativ-Ausbildern: Alle Welt hechelt nach Versammlung, kaum jemand will noch die Vorarbeit dazu leisten. Deshalb fehlt mir in Deiner - ansonsten vollkommen richtigen - Aufzählung möglicher Fehlerquellen auch ein Punkt: die Geraderichtung. Es geht nämlich bei der Versammlung gar nicht um das tief unterfußen, sondern um das unter den Schwerpunkt fußen. Und genau da hapert es bei den meisten Reitern ganz gewaltig. Das ist so lange nicht schlimm, solange man nicht Versammlung im Kopf hat. Will man die aber erreichen, ohne Geraderichtung (und ohne Federkraft :wink: ) kommt man ziemlich schnell an seine Grenzen – ein Pferd, was nicht exakt spurt, KANN sich nicht korrekt versammeln. Und in meinen Augen ist versammelnde Arbeit ohne die vorhergehende geraderichtende Arbeit für die Katz - wird nur heute sehr gern so gemacht…

zum zweiten Punkt: Das ist völlig richtig, aber Du beschreibst hier auch nicht das isolierte Arbeiten, sondern das ganzheitliche. Wenn ich an einem Tag an der Dehnungshaltung, am anderen an der Versammlung arbeite, trainiere ich dabei nicht isoliert Einzelteile des Pferdes, sondern setze andere Schwerpunkte.
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Beitrag von Max1404 »

:lol: Du hast Recht, das bemerke ich gerade grinsend. Ich habe extra vom tiefen Unterfußen gesprochen, weil es vielen "Klassikern" genau da fehlt. Die Pferde fußen zu weit hinter dem Schwerpunkt und laufen bloß langsam ohne Lastaufnahme hinten.

Ich verstehe Deinen zweiten Punkt nicht ganz, kannst Du mir das erläutern? Baucher bearbeitet nicht einzelne Muskelgruppen total isoliert. Er bearbeitet im Schritt und im Halten zwar die VH und die HH isoliert (Abbiegeübungen und Übertreten mit der HH). Aber er fügt das natürlich auch wieder zusammen. Insofern sehe ich nicht ganz den Unterschied zu dem Training, das ich vorher beschrieben habe. Ich trainiere völlig andere Muskelgruppen, wenn ich mich an einem Tag verstärkt auf die Seitengänge im Schritt und Trab stürze (und vielleicht gar nicht galoppiere) und am nächsten Tag hauptsächlich Galopparbeit ohne Seitengänge mache (und nur kurz zum Lösen leichttrabe).
Edit: Baucher gibt ja sogar Zeitangaben an und wie viele Wiederholungen gemacht werden sollen. Ich müsste es mal überprüfen, aber ich glaube, das ist über den Tag verteilt (er propagierte ja als erster mehrere kurze Einheiten am Tag) weniger als manch Feld-Wald-Wiesenreiter wie unsereins teilweise reitet :wink:
Viele Grüße
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Beitrag von Cubano »

Max1404 hat geschrieben::Baucher bearbeitet nicht einzelne Muskelgruppen total isoliert. Er bearbeitet im Schritt und im Halten zwar die VH und die HH isoliert (Abbiegeübungen und Übertreten mit der HH). Aber er fügt das natürlich auch wieder zusammen.
Moins,
zu Deinem "Irrtum": Seeehr verständlich, wie Du darauf gekommen bist, grins…
In meiner Gegenüberstellung "ganzheitlich" und "isoliert" bezog ich mich exakt auf die von Dir o.g. einzelne Bearbeitung von VH und HH. Was mich angeht, konzentriere ich mich eigentlich gar nicht unbedingt auf einen Teilaspekt. Selbst wenn ich (mit meinem Lütten) am Schultervor arbeite oder an simplem Schenkelweichen, lasse ich immer auch andere Arbeit mit einfließen - Galopparbeit, z.B. Das hält sich auch die Waage. Ausnahme: Dehnungshaltung. Da widme ich schon mal eine gute halbe Stunde einer Einheit nur dieser, ansonsten Schritt, Pausen, Feierabend. Von daher unterscheidet sich unsere Arbeit vielleicht voneinander. Überleg: Als ich meinen Schimmel noch geritten bin, habe ich das eigentlich ähnlich gehandhabt. Um genau zu sein, habe ich auch nie nur an unseren bescheidenen Anfängen der Versammlung gearbeitet, sondern den Schimmeligen stets von dort aus wieder ins Arbeitstempo oder in die Verstärkung geschickt…

Ach ja, ein Nachtrag noch an Silence und ihre Frage, ob es möglich ist, ein Pferd ohne dessen Willen aufzurichten. Eigentlich beschreibt das nichts anderes, als die absolute Aufrichtung, die vollkommen gegen die Biomechanik der relativen Aufrichtung handelt – warum sollte das, neben meinem vorher genannten Beispiel nicht möglich sein?
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Beitrag von Max1404 »

Nunja, ausschließlich konzentrieren auf Teilaspekte tue ich ja auch nicht. Aber mal ab und an eine VH-Wendung "im Schwenken" oder im Gang schadet doch nicht und überprüft den Schenkelgehorsam. Oder auch aus dem Halten heraus ein kurzes Schwenken der HH nach rechts und links. Und da mein Großer beim Halten gerne mal "auf den Kopf kommt", er pariert noch gut auf der HH durch, meint danach aber gerne, er müsse jetzt Pause bekommen :wink: , nutze ich die Balanceverschiebung nach hinten im Halten recht gerne.
Übrigens war ich nach dem Zuschauen beim Ritter-Kurs, wo anfangs im Schritt auf Volten mit eingebauten VH- und HH-Wendungen, RR und ganzem Travers gearbeitet wurde, ziemlich überrascht, als ich das mal selbst zu Hause versucht habe. Nämlich in dem Moment, als ich angetrabt bin: sehr schön kadenziert, ein Ergebnis, das ich normalerweise erst nach sehr viel längerer Trabarbeit erreiche.
Aber Abwechslung ist ja bekanntlich das halbe Leben, und je mehr Werkzeuge ich kenne und nutze, desto besser bilde ich ja aus. Deshalb suche ich immer in der Literatur auch bei umstrittenen Meistern nach Gemeinsamkeiten und Schnittmengen mit dem mir Bekannten.
Aber ich glaube, wir entfernen uns gerade sehr stark von der Unterhalsproblematik :wink:
Viele Grüße
Sabine
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Bernie
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Beitrag von Bernie »

Ach, Silence, gerade mich des Nichtdenkens zu bezichtigen. Lustig. Zeig mir nur ein! gut ausgebildetes Pferd nach Racinet, das keine schwere Kindheit hatte oder sonstige Mängel. Wohin geht die Reise, wie sieht das Ziel aus? DANN macht ein Vergleich Sinn.
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Jen
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Beitrag von Jen »

silence hat geschrieben:Ja, das ist das Problem: fast jeder sagt "amen" ohne nachprüfen was einfach behauptet wird von Leute die schon salonfähig sind.
Warum sage ich salonfähig?
Weil man kann nicht sagen, z.B. dass Denoix und Pailloux unkompetent sind aber sind wir über ihren Kompetenz und über ihren unparteisches Vorgehen sicher?
Haben die beide einen Pferd ausgebildet? vielleicht ja.Haben sie es nach die Lehre von Baucher 2. Manier getan? sicherlich nein!
Das ist auch völlig unerheblich, ob sie das getan haben oder nicht. Sie sagen ja nicht "wie" man ausbilden soll, sondern erklären die grundlegende Biomechanik, d.h. wie ein Körper des Pferdes funktioniert.

Es geht nicht darum, die Biomechanik im Nachhinein auf einen Ausbildungsweg anzupassen, sondern umgekehrt. Der Ausbildungsweg sollte sich gut daran tun, der Biomechanik des Pferdes anzupassen.

Welchen didaktischen Weg man dazu wählt, einem Pferd zu erklären, was man von ihm möchte, steht einem ja immer noch frei! Da gibt es ganz viele Möglichkeiten. Aber die grundlegende Biomechanik ändert sich deswegen ja nicht.

Fachlich:
Gewöhnlicherweise bringt einen Muskel, wenn er sich verkurtzt (arbeitet) seinen Ansatz in Richtung seinen Ursprung.
Das kommt ganz darauf an, was für ein Muskel es ist. Es gibt Muskeln, die arbeiten konzentrisch, dann von einem Ansatzpunkt oder vom anderen her, oder gesamt und so weiter und so fort. Das ist nicht *immer* bei *allen* gleich. Es arbeiten auch nicht immer alle Muskelfasern eines Muskels gleichzeitig. Die Kunst ist es, so wenig wie möglich, so viel wie nötig zu rekrutieren. Aber das geht zu tief in die Materie rein und ist hier eigentlich unerheblich, weil es um viel fundamentalere Lücken der Biomechanik geht.

Es gibt mehrere Muskel , z.B. der Brachio-cephalis und die Multifidi-Dorsi (ganz kleine Muskeln am WS lang) die eben das Gegenteil auch tun können, sich "umpolen" wenn man so will.
Diese Funktionsfähigkeit ist extrem wichtig um das Pferd zu erlauben sich, beim Aufrichten, auf die HH zu verhänkern und damit eine Bewegungsleistung sofort im Gleichgewicht zu bringen.
Ohne vom reiten zum sprechen, das ist was ein Pferd tut wenn, im Freiheit, es hört oder sieht einen Gefahr, sich daher sofort aufrichtet, beugt die Hanken (Anteroversion des Beckens), wölbt damit seinen Rücken (realle Wölbung), also versammelt sich um die Flucht zu ergreifen ohne auf die Nase zu fliegen. Ohne die Versammlungsfähigkeit, die wirklich mehr als natürlich ist... , würde keine Pferde mehr auf diese Erde sein.
Danke für diese Erläuterung, denn sie bringt Licht ins Dunkel. Jetzt wird mir vieles klar und auch warum wir immer an uns vorbeisprechen. DAs was du da beschreibst, wird in der konventionellen Reiterswelt nicht als Versammlung angesehen, sondern ist das genaue Gegenteil davon.

Warum:
Die Oberlinie und die Unterlinie arbeiten nicht im harmonischen Gleichgewicht, sondern die Oberlinie verkürzt sich übermässig und fixiert damit auch die Wirbelsäule (im alten Beitrag hat das glaube ich "fliehendes Pferd" gut erklärt). Diese Feststellung stabilisiert, verhindert aber die geschmeidige Beweglichkeit, die man beim Dressurreiten wünscht. Haben wir sicher alle schon einmal bemerkt, wenn sich ein Pferd erschreckt hat und losgedüst ist. Lässt es sich dann locker und leicht stellen und biegen? nein, ist ist fest. Und wenn ein Pferd sich katapultartig mit der Hinterhand losstösst, um möglichst schnell von einer Gefahr zu fliehen, dann wird das Becken nach hinten ausgestellt und die HH arbeitet nach hinten, weg vom Schwerpunkt, um den Körper möglichst schnell nach vorne zu transportieren. Der hohe Erregungszustand und die angespannte Muskulatur erlaubt es dem Pferd schnell und explosionsartig zu reagieren. Ein Pferd flieht ja nicht in einer losgelassenen, ruhigen, rhythmischen Piaffe vor dem Säbelzahntiger. Dann wäre das pferd wohl schon lange ausgestorben. ;)

Wenn aber ein Reiter an Versammlung arbeiten möchte, dann möchte er das genaue Gegenteil einer Fluchtreaktion! Er möchte das Pferd in einer psychischen Losgelassenheit, er möchte, dass das Pferd mit seiner HH zum Schwerpunkt hin arbeitet, weil das Pferd nun das zusätzliche Reitergewicht tragen muss. Dies erlaubt ein abkippen des Beckens, wäre das Becken nach hinten ausgeklappt, würde die HH nicht so weit nach vorne greifen können und mit übermässiger Schubkraft "hinten rausschaufeln". Das hat rein mit Effizienz zu tun: Form follows function. Um eine Funktion zu ermöglichen, braucht es eine gewisse Form. Und diese Form ist nur in einem bestimmten Gleichgewicht möglich. Dies spielt alles zusammen. Damit das Pferd nun überhaupt nach vorne schwingen kann, muss die Oberlinie dies erlauben, das heisst loslassen! Und damit wären wir wieder beim Beitrag von Denoix/Pailloux: ohne das Loslassen der Oberlinie kann sich die Unterlinie nicht tonisieren. Der lange, schräge Bauchmuskel führt das Hinterbein vor! Die hintere Gesäss- und obere Kruppenmuskulatur schiebt das Hinterbein nach hinten. Ist die Oberlinie zu aktiv, schiebt das Pferd nach hinten, anstatt, dass die Bauchmuskulatur arbeitet. Wird das Pferd zu früh aufgerichtet, bevor die Unterlinie richtig gelernt hat mit der Oberlinie zusammen zu arbeiten, kann das Pferd die Vorhand nicht über die korrekte Muskeltätigkeit anheben.
Fachlich weiter:
Denkt ihr wirklich dass einen Mensch in der Lage ist, der Hals un der Kopf des Pferdes zu aufrichten OHNE der Wille des Pferdes dabei zu haben? (geistige Wille==> biomechanische Wille/Antwort)
Glaubt ihr das wirklich?
Du hast es selber erklärt: in Racinets Reitweise will man dem Pferd die Anlehnung nicht gewähren.

Das heisst konkret das Pferd lernt über die Reaktion von der Reiterhand und Trense den Kopf höher zu tragen. Es ist eine Vermeidungshaltung, das Pferd vermeidet die Anlehnung. Es ist eine angelernte Reaktion. Man kann den Pferden alles beibringen. Man kann ihnen auch beibringen auf ein Husten hin mit dem Kopf zu wackeln. Pferde sind sehr gutmütige und grundsätzlich kooperative Tiere, das liegt in ihrer Natur als Herdentier. Ob es sinnvoll ist und was man damit bezwecken will, ist eine andere Frage. Und ja, als Fluchttier ist es eine natürliche Reaktion, dass ein Pferd den Kopf grundsätzlich hoch tragen will, weil es so die Umgebung scannen kann und allfällige Gefahren frühzeitig entdeckt. Als REittier sollte sich das Pferd aber dem Menschen anschliessen und das scannen der Umgebung ihm überlassen. Der Reiter sollte entscheiden, ob Gefahr droht und nicht das Pferd. Das kann sonst unangenehme Konsequenzen haben.

Klar, das Pferd hat hier keine Wille oder Unwille. Man ist also alein da, mit das Gewicht diesen Körperteilen. Und dabei ist man noch dazu unten, man kann mit seiner ganzer Krafft mit beide Arme nach oben drücken. Aber auch nicht lange.
Angenommen es wäre möglich, konnt ihr mal euch vorstellen das Gleiche zu tun AUF DEM PFERD (Tourette-S...), mit euren kleinen Händchen die 2 dünnen Zügelchen halten...im Schritt mehrere Runde,...im Trab...im Galopp... .
Sorry, ich nicht.
Wenn das Pferd nicht willig mit machen würde, könnte keinen von uns, KEINE (T.S...) es schaffen mit Kraft der Kopf und der Hals des Pferdes zu anheben.
Ganz ehrlich, ich verstehe nicht, was du mit dem Tourette Syndrom erklären willst. Das Tourette syndrom ist eine neurologische Krankheit, die sich in Tics äussert, wie zb. die unwillkürliche verbale Äusserung von Schimpfwörtern. Was genau möchtest du uns damit sagen? Ist es überhaupt relevant in dieser Diskussion?

Dieses ist aber möglich weil, wenn man es in dem Sinne der Versammlung aufruft, man verlangt etwas ganz natürliches. Was unatürlich ist, ist irgendwas zu verlangen mit einem Reiter auf dem Rücken (ja wo sonst). Aber, wir wollen die Pferde reiten und sie dabei logisch und schadenlos dafür trainieren.
Die Versammlung so schnell wie MÖGLICH (T..ach ihr wisst schon) zu suchen ist eine Beitrag dafür. Diesen "so schnell wie möglich" hat aber seinen Preis: es ist am Anfang unspektakulär.
Ich finde es aber, aus Erfahrungen, viel mehr schonnend als einen trab trab trab-v/abw Training weil Trab ist schon das Gegenteil von einen Arbeitsgang. Trab bildet nicht aus. Trab prüft die Ausbildung die, in der Suche der Versammlung, zu erst im Schritt statt finden sollte. Das heißt aber nicht das man sollte nie traben aber dabei sollte das Pferd in der Lage sein es in Selbsthaltung aufgerichtet zu gehen, immer und immer mehr.
Nun, dass es am Anfang unspektakulär ist und dass man vom schrittweise aufbaut bin ich ganz klar auch deiner Meinung. Nur spreche ich - wie wohl die meisten hier - von einer anderen "Versammlung" als du. Und das ist ein grundlegendes Kommunikationsproblem, wenn man definierte Begriffe plötzlich umdefiniert.

Ich habe NIE davon geschrieben, dass das Pferd einfach stumpf runde um runde v/a traben soll. Auch Denoix/Pailloux haben das nicht geschrieben (oder hast du das zwishcen den Zeilen gelesen?). Vielleicht solltest du nicht einfach Worte in den Mund deiner Diskussionspartner legen, die sie nicht gesagt haben. Das würde dem Diskussionsklima auch zuträglich sein.

Ich halte sogar sehr viel von einer guten Schrittarbeit. Aber halt nicht so, wie ihr es zeigt, sondern so wie es zb. bei einem Marc de Broissia zu sehen ist. Das finde ich intelligente, gymnastische Übung. (Übrigens ist MdB auch einer der sich mit Baucher auskennt.) Und diese Schrittarbeit steht auch nicht am Anfang einer Ausbildung, sondern kommt erst später, wenn grundsätzliche Grundlagen bestehen. Am Anfang muss gegen diese Aufrichtung und verkürzung der Oberlinie gearbeitet werden, damit die Beugemuskulatur trainiert wird und die paravertebralen Muskeln gedehnt werden. Dies erlaubt auch die Öffnung der interspinalen Zwischenräume und beugt Schmerzen durch zu frühe, falsche Aufrichtung "ohne Rücken" vor.

Gleichgewicht vor Bewegung ist übrigens auch ein Prinzip, welches ich schon bei gewissen Pferden mit bestimmten Problematiken angewendet habe. ABER die Frage ist doch welches Gleichgewicht. Und da habe ich eine andere Vorstellung davon, was ein gutes Gleichgewicht ist, als das, was in euren Videos zu sehen ist.

Vom Einfachen zum Schweren. Das ist doch das Prinzip, was es bei der Kommunikation mit einem andersartigen Lebewesen zu beachten gilt. Schrittweise Aktivierung der für den Vorwärtsschub und die Versammlung wichtigen Muskeln. Die schrittweise Aufrichtung zeigt sich erst mit der Zeit und dem nötigen Muskelaufbau, wenn die Bauchmuskeln ausreichend tonisiert sind, um die lumbale Beugung aufrechtzuerhalten. Langsamer Aufbau, vom horizontalen Gleichgewicht in die Aufrichtung. Denn das Pferd weiss nicht, was wir von ihm wollen. Es muss uns verstehen und es muss das Gleichgewicht, die Kraft und die Geschmeidigkeit erlangen, uns zu (er-)tragen und die Aufgaben zu erfüllen, die wir ihm stellen. Wir können nicht bei Shakespeare beginnen, wenn wir das Alphabet noch nicht kennen. Es gibt keine Abkürzungen.
Liebe Grüesslis, Jen
***
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Jen
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Beitrag von Jen »

@max

ja du hast recht, es gibt Übungen, die den Schwerpunkt mal eher auf den einen Teilbereich oder den anderen legen. Aber wie Cubi schon geschrieben hat, wird man dabei nicht den ganzen Rest vergessen oder in eine Haltung bringen, die es erschwert. Ein Ballettänzer an der Stange wird auch nicht einfach das Bein möglichst hoch heben, ohne Rücksicht darauf, wie der Rest der Körperhaltung ist. man wird sich dabei darauf achten, dass man zb. im Oberkörper nicht total verkrümmt ist. JEDE Bewegung, sogar jeder Gedanke, hat eine Reaktion im Körper und dies löst eine Kettenreaktion aus. Ob wir wollen oder nicht. Das ist halt einfach so.

Das heisst ja nicht, dass man - mit diesem Bewusstsein - nicht Prioritäten legen kann.

Die konventionelle Reiterei fängt ja auch nicht beim schweren an, sondern ist ein schrittweiser aufbau, der dem Pferd den Weg und die HIlfengebung erklärt.
Liebe Grüesslis, Jen
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Das Maul des Pferdes ist kein Bremspedal! Martin Plewa
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

Jen hat geschrieben: Am Anfang muss gegen diese Aufrichtung und verkürzung der Oberlinie gearbeitet werden, damit die Beugemuskulatur trainiert wird und die paravertebralen Muskeln gedehnt werden. Dies erlaubt auch die Öffnung der interspinalen Zwischenräume und beugt Schmerzen durch zu frühe, falsche Aufrichtung "ohne Rücken" vor.
Doppelt unterschreib aus meiner Erfahrung mit Iberern und ihrer naturgemäß recht hohen Aufrichtung. Ohne gedehnte Oberlinie treten nicht nur die von Dir beschriebenen gesundheitlichen Schäden auf, eine gedehnte Oberlinie wirkt sich auch direkt auf Gang und Schwung aus. Und Versammlung ohne diese gedehnte Oberlinie geht schon gleich dreimal nicht, weil sie dann schlicht mit aufgekröpftem Hals geritten wird.
Und mal eben zur ach-so-natürlichen Versammlung: Mal davon abgesehen, dass ich frei laufende Pferde auch nur dann in Versammlung sehe, wenn sie kämpfen. Schon mal ein freilaufendes, entspanntes Pferd beobachtet? Das trabt, oft mit fallen gelassenem Hals, das galoppiert, aber das versammelt sich nur dann freiwillig, wenn die Situation es erfordert. Warum? Weil Versammlung anstrengend ist und das Fluchttier Pferd nicht nur auf schnelle Reaktionen ausgerichtet ist, sondern auch darauf, seine Kräfte ökonomisch einzuteilen.
Und: Frühe "Versammlung" bei einem naturgemäß schiefen Pferd halte ich für mindestens so kontraproduktiv für eine vernünftige Ausbildung wie stundenlanges v/a-Schrubben. Das Ergebnis dieser Pseudo-Versammlung lässt sich prima am Beispiel des Braunen in dem Ami-Video sehen: auf der Vorhand und ausgesprochen matt. Und entgegen landläufiger Meinung wird aus früher Versammlung nicht automatisch mal eine gute Versammlung.
„Steinbrecht ist nur schwer für den leichten Geist." (Nuno Oliveira)
Nach der SdA unterwegs :-)
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