ich denke, da müsstest du mehrgleisig fahren: für Bewegung sorgen, geistige Auslastung, Erziehung/Ausbildung des Pferdes und v.a. Arbeit an deiner Hilfengebung/deiner Körpersprache. Ruhige Konzentration kann man/das Pferd lernen, ist aber ein schrittweiser Prozess.
Ich denke erstmal musst du dafür sorgen, dass er genügend Möglichkeit hat, sich frei zu bewegen, so dass er bei der Arbeit sicher keinen "Stallmut" rauspowern muss. Hat er genügend Weide? Hat er genügend Möglichkeit rumzugaloppieren, ev. mit anderen zu spielen? Macht er es auch oder ist er sonst eher ruhig?
Wenn ja: Ich werde immer etwas skeptisch, wenn Pferde den ganzen Tag auf der Weide sich kaum bewegen und dann bei der Arbeit plötzlich so "temperamentvoll" sind, und einen ehrgeizigen Bewegungsdrang entwickeln. In so einem Fall, wo das Pferd genügend Möglichkeit hätte, sich zu bewegen, ist es für mich schlicht Erziehungssache, dass ein Pferd zuhört und nicht davonhibbelt. Das bedeutet auch mal ein ruhiges, freundliches, aber doch klares und bestimmtes "Nein", wenn ein Pferd einfach draufloshibbelt und Übungen vorwegnehmen möchte. Lob, wenn das Pferd wartet. Diese "Wartepausen" langsam verlängern.
Ich habe einen Lusitano in Ausbildung, der war am Anfang auch ganz krass. Der hatte keinen regelmässigen Takt. Der konnte kaum einen Schritt wie den anderen gehen, kein Fluss in der Bewegung, ständig am zackeln, am liebsten nur noch Gas geben und - natürlich total fest im Rücken - losschiessen, dann wieder vollkommen verhalten, dann wieder vorwärts. Hypersensibel, wollte schon die Gedanken lesen, in seinen Reaktionen überschiessend, leicht cholerisch veranlagt, wenn er meinte, dass er korrigiert wurde. Dieses Pferd musste lernen zuzuhören und die Hilfen akzeptieren. Und für den Menschen gilt, das man eine absolut präzise Körpersprache hat, die aus der Mitte kommt und man in seiner Mitte ruht. Jede Unklarheit vom Mensch führt zu genervtem Pferd und Hibbeligkeit. Da hab ich am Anfang wirklich nur "langweilig" gearbeitet. Das fand er anfänglich natürlich total blöd, aber es ging einfach nur um Takt, Losgelassenheit und Anlehnung. Geradeaus, grosse Linien. Schnell wechselnde Lektionenabfolgen waren absolut zu vermeiden, weil sie das Pferd hochgeputscht hatten. Er fand es langweilig, aber genau das war, was er lernen musste. Und er musste lernen, nach und nach sich mit den Hilfen mehr "anfassen" zu lassen, so dass ich "näher ran" durfte, d.h. quasi fast eine Desensibilisierung. Das war für die Besitzerin anfänglich schwierig zu verstehen, weil sie Angst hatte, die Feinheit ihres Pferdes zu verderben. Aber die Sorge war völlig unbegründet. Er ist heute superfein zu reiten, fast nur mit Gedanken, aber die Reaktionen kommen auf die Hilfen abgestimmt und nicht mehr überschiessend. Ist man zu weit weg mit den Hilfen, kommt jeder Kontakt, jede Berührung überraschend und provoziert dieses davonschiessen. Ist man aber in Kontakt und kann das Pferd diesen Kontakt akzeptieren (und das bedeutet Kontakt mit Sitz, Bein, Anlehnung), kann man nur durch ein "schicken der Energie" die Hilfe geben. Es ist schwierig, dies in schriftlicher Form zu erklären. Aber es bedeutet v.a. Arbeit an sich selber
Ich weiss nicht, ob dir das eine grosse Hilfe ist. Denn man müsste es live und in Farbe sehen und erklären und das ist nicht etwas, was sich so in ein paar Einheiten löst. Das dauerte beim Beispiel oben ca. ein dreiviertel Jahr bis man annähernd vernünftig anfangen konnte zu arbeiten, ein weiteres Jahr bis Takt, Losgelassenheit und Anlehnung weiter gefestigt waren und heute kann man anfangen "richtig zu reiten", sprich auch etwas von ihm verlangen, zb. mehr Versammlung, ohne dass er gleich in eine töltartige Zappel-Hysterie verfällt. Aber das dauerte halt seine Zeit...