Wer bildet sein Pferd noch gebisslos aus?
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@Phanja:
aber dann ist doch die Reiterei wie du sie beschreibst nicht anders "Impulsreiterei" als auch die mit der angestrebten Anlehnung "klassisch FN" (wenn man das so sagen mag) - leichte ständige Verbindung. Mit einem Hauch mehr Einwirkung, wenn benötigt, ohne danach aber alles fallen zu lassen.
aber dann ist doch die Reiterei wie du sie beschreibst nicht anders "Impulsreiterei" als auch die mit der angestrebten Anlehnung "klassisch FN" (wenn man das so sagen mag) - leichte ständige Verbindung. Mit einem Hauch mehr Einwirkung, wenn benötigt, ohne danach aber alles fallen zu lassen.
"Das Herz mit dem Verstand begreifen zu wollen, ist so ähnlich, wie mit den Ohren sehen zu wollen." Safi Nidiaye
Habe jetzt den Ritter-Artikel nicht gelesen, aber ein ganz entscheidendes Element fehlt mir bei der gebisslosen Reiterei: die „Halbe Parade“. Wie bereitet Ihr z.B. ohne Gebiss auf eine Lektion vor? Ich könnte irgendwie nicht ohne „Halbe Paraden“ reiten, denn mit diesem Instrument kann ich so fein kommunizieren, dass mein Pferd schon in der Ecke weiß, ob ich danach abwenden, verstärken/versammeln, die Gangart wechseln, Schulterherein usw., usw. will und das ist ja nur eine Situation von unzähligen, wo ich Halbe Paraden anwende.
LG Elisabeth
LG Elisabeth
Die Schönheit der Dinge lebt in der Seele dessen, der sie betrachtet. (David Hume)
Tossi: Warum sollte man denn halbe Paraden nicht ohne Gebiss reiten können?
Und: Schmeißt ihr nicht was durcheinander, nämlich gebisslos = ohne konstante Anlehnung/Impulsreiterei? Uta Gräf und auch diese wundervolle Französin Alizée Froment reiten doch auch gebisslos in einer deutlichen und konstanten Anlehnung. Das Glückrad und co. sind ja auch dafür gedacht, sie quasi genauso zu benutzen wie eine Trense, und mit denen kann man denke ich schon auch schwoing erzeugen, weil man eben die konstante Anlehnung hat. Mit Bosal, Hackamore und Knotenhalfter hingegen reitet man nur über Impulse, das ist für mich gar nicht vergleichbar.
Und: Schmeißt ihr nicht was durcheinander, nämlich gebisslos = ohne konstante Anlehnung/Impulsreiterei? Uta Gräf und auch diese wundervolle Französin Alizée Froment reiten doch auch gebisslos in einer deutlichen und konstanten Anlehnung. Das Glückrad und co. sind ja auch dafür gedacht, sie quasi genauso zu benutzen wie eine Trense, und mit denen kann man denke ich schon auch schwoing erzeugen, weil man eben die konstante Anlehnung hat. Mit Bosal, Hackamore und Knotenhalfter hingegen reitet man nur über Impulse, das ist für mich gar nicht vergleichbar.
@Rapunzel
Bei Uta Gräf und Ihrer Art, ohne Gebiss zu reiten (und auch bei der Französin) kann ich mir gut vorstellen, dass die HP funktionieren, wie mit Gebiss. Die Threaderstellerin und einige andere hier reiten aber wohl mehr im Sinne der "Impulsreiterei".
Ich kann mir eine HP nur über den Sitz in Verbindung mit Gebiss->Genick->Hinterhand vorstellen.
LG Elisabeth
Bei Uta Gräf und Ihrer Art, ohne Gebiss zu reiten (und auch bei der Französin) kann ich mir gut vorstellen, dass die HP funktionieren, wie mit Gebiss. Die Threaderstellerin und einige andere hier reiten aber wohl mehr im Sinne der "Impulsreiterei".
Ich kann mir eine HP nur über den Sitz in Verbindung mit Gebiss->Genick->Hinterhand vorstellen.
LG Elisabeth
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Eben, das meine ich ja mit Durcheinanderschmeißen.
Mit Bosal, Hackamore, Knotenhalfter kann man ein Pferd mMn nicht klassisch dressurmäßig ausbilden, dazu sind diese Zäumungen ja auch absolut nicht gedacht, sondern eben zu einer impulsmäßigen Arbeitsreitweise - man kann sehr fein und präzise damit reiten, aber nicht von hinten nach vorn in die konstante Anlehnung mit Schwoing.
Mit Bosal, Hackamore, Knotenhalfter kann man ein Pferd mMn nicht klassisch dressurmäßig ausbilden, dazu sind diese Zäumungen ja auch absolut nicht gedacht, sondern eben zu einer impulsmäßigen Arbeitsreitweise - man kann sehr fein und präzise damit reiten, aber nicht von hinten nach vorn in die konstante Anlehnung mit Schwoing.
Rapunzel, beide Reiterinnen haben ihre Pferde aber über das Gebiss ausgebildet. Ich denke schon, das solche weit ausgebildete Pferde, dies in gewissem Mass auch auf den Gebisslosrn Zaum übertragen können, was sie vorher gut gelernt haben. Das klapp bei meinem Pferd auch: alles was er gut kann, kann gut gebisslis übertragen werden. Für die Ausbildung aber bleibt die Kommunikation zu schwammig und unpräzise. Man wirkt zb immer über den Nasenrücken (grossflächig) ein und kann links und rechts nicht gleich präzis unterscheiden. ist also eher mit einer Stange als mit einer gebrochenen Trense vergleichbar. Man nimmt sich einen wichtigen und äusserst hilfreichen Baustein in der Ausbildung, wenn man auf die Anlehnung verzichtet. Reiten ist so schon schwer genug, warum es sich nich schwerer als nötig machen? Nicht umsonst ist zB die einhändig blanke Kandare am Ende der Ausbildung angesiedelt, wo viele der Trensenhilfen/-korrekturen nur noch über den Sitz gegeben werden können. Hier würd ich dann auch das herausragende gebisslose Reiten ansiedeln. Wie gesagt: ich spreche von der klassischfn Ausbildung und deren Ideal. Selbstverständlich kann man für den 'Hausgebrauch' auch alles gebisslos machen. Ich habe selber auch rinige Kunden, die ich zeitweise oder über eine Weile gebisslos unterrichte. Aber für die weiterführende, hochspezialisierte Ausbildung wünsche ich mir auch ein möglichst präzises Instrument für klare, präzise Kommunikation.
Warum wechselt denn zB ein Jeff Sanders überhaupt auf die blanke Kandare? Das muss doch auch einen tieferen Sinn dahinter haben?
Warum wechselt denn zB ein Jeff Sanders überhaupt auf die blanke Kandare? Das muss doch auch einen tieferen Sinn dahinter haben?
Liebe Grüesslis, Jen
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Das Maul des Pferdes ist kein Bremspedal! Martin Plewa
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Tja, aus was besteht denn nun die halbe Parade? doch im wesentlichen aus einem praktisch nicht zuende durchgeführten Parieren auf den Hinterfuß (wenn es zuende geführt würde, würde es zum Halten führen).
DAS sollte wiederum absolut ohne Gebiss möglich sein, wenn die ganze deutsche Reiterei wirklich so ehrlich von hinten nach vorn durchgeführt würde, wie immer angestrebt.
Mir fehlt ohne Gebiss nochwas: nämlich ein weiteres Gelenk, das nachgeben kann: Das Kiefergelenk.
ich finde reiten ohne gebiss darum immer irgendwie stumpf. Das antwortende Maul gibt mir das Gefühl, dass mein Pferd mit mir redet. Ich gebe aber gern zu, dass das sehr subjektiv ist.
DAS sollte wiederum absolut ohne Gebiss möglich sein, wenn die ganze deutsche Reiterei wirklich so ehrlich von hinten nach vorn durchgeführt würde, wie immer angestrebt.
Mir fehlt ohne Gebiss nochwas: nämlich ein weiteres Gelenk, das nachgeben kann: Das Kiefergelenk.
ich finde reiten ohne gebiss darum immer irgendwie stumpf. Das antwortende Maul gibt mir das Gefühl, dass mein Pferd mit mir redet. Ich gebe aber gern zu, dass das sehr subjektiv ist.
Loslassen hilft
Jen: ICH reite ja auch genau aus diesen Gründen nicht gebisslos, obwohl ich das auch mal zwischendurch tue und mein Pferd auch so einwandfrei "funktioniert", ich sehe nur absolut keinen Vorteil darin, dafür aber mehrere Nachteile, die du und esge so treffend beschrieben haben.
Mir ging es nur um eine Differenzierung zwischen gebisslosen Zäumungen, die "trensenähnlich" verwendet werden sollen, und solche, die für Impulsreiterei ohne Anlehnung gedacht sind. Das ist mMn ein sehr großer Unterschied und sollte nicht in einen Topf geworfen werden.
Mir ging es nur um eine Differenzierung zwischen gebisslosen Zäumungen, die "trensenähnlich" verwendet werden sollen, und solche, die für Impulsreiterei ohne Anlehnung gedacht sind. Das ist mMn ein sehr großer Unterschied und sollte nicht in einen Topf geworfen werden.
Ah, ok, sorry, nicht geschnallt. 
Phanja, zur "leichten" Anlehnung noch: deshalb verwendet man bei der einhändig blanken Reitweise mit leicht durchängenden idR schwerere Kandarenzügel und nicht die leichten fliegenden der klassischen Reitweise, um den Kontakt trotzdem besser herstellen zu können. Trotzdem ist man weiter weg und langsamer in der Korrektur. Deshalb ist diese Zäumung auch erst auf weiter ausgebildeten Pferden angebracht, die bereits ein bestimmtes Repertoire an Kommunikation mit dem Reiter gelernt haben. Ich unterscheide deshalb schon klar zwischen "ausbilden" und "nachreiten".

Phanja, zur "leichten" Anlehnung noch: deshalb verwendet man bei der einhändig blanken Reitweise mit leicht durchängenden idR schwerere Kandarenzügel und nicht die leichten fliegenden der klassischen Reitweise, um den Kontakt trotzdem besser herstellen zu können. Trotzdem ist man weiter weg und langsamer in der Korrektur. Deshalb ist diese Zäumung auch erst auf weiter ausgebildeten Pferden angebracht, die bereits ein bestimmtes Repertoire an Kommunikation mit dem Reiter gelernt haben. Ich unterscheide deshalb schon klar zwischen "ausbilden" und "nachreiten".

Liebe Grüesslis, Jen
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Das Maul des Pferdes ist kein Bremspedal! Martin Plewa
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Pflichte ich beiden bei: Jen, dass Ausbilden und nachreiten zweierlei sind und Rapunzel in der Differenzierung der Wirkungsweisen der gebisslosen Zäumungen.
Ebenso übrigens die Verwendung der blanken kandare: Kein Ausbildungsinstrument, sondern sozusagen Freiheit auf Ehrenwort mit nachhaltiger Kontrollfunktion, dass das Ehrenwort auch eingehalten wird.
Ebenso übrigens die Verwendung der blanken kandare: Kein Ausbildungsinstrument, sondern sozusagen Freiheit auf Ehrenwort mit nachhaltiger Kontrollfunktion, dass das Ehrenwort auch eingehalten wird.
Loslassen hilft
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Yep, das ist denke ich sogar ein sehr großer Unterschied!esge hat geschrieben:Pflichte ich beiden bei: Jen, dass Ausbilden und nachreiten zweierlei sind und Rapunzel in der Differenzierung der Wirkungsweisen der gebisslosen Zäumungen.
"Das Herz mit dem Verstand begreifen zu wollen, ist so ähnlich, wie mit den Ohren sehen zu wollen." Safi Nidiaye
Es wurde ja nun schon ein paarmal angesprochen, aber richtig geäußert hat sich noch niemand:
loisachqueen hat geschrieben:Was mir an dem Thread bis jetzt noch fehlt, sind Praxisanwendungen., damit meine ich z.B. wie ich das Gebiss und seine Wirkung in bestimmten "Lektionen" ersetze. zb. wie ich dem Pferd die äußere Begrenzung ohne Gebiss erkläre (gerade das interessiert mich sehr, da ich damit auch mit Gebiss so meine Probleme habe und meine RB ein Meister im Enziehen nach außen ist). Im Vordergrund möchte ich das erstmal losgelöst von anderen Hilfen (Gewicht und Schenkel) betrachten, weil ich davon ausgehe, dass die egal mit oder ohne Gebiss ähnlich bis gleich sind.
Max1404 hat geschrieben:Weiterhin interessiert mich - da einige schon Hinweise darauf gegeben haben - wie Stellung und Biegung gebisslos erarbeitet werden. Denn auch ich glaube, dass dies gebisslos eine andere Technik erfordert als mit Gebiss. Möglicherweise haben wir aber durchaus auch unterschiedliche Anforderungen an Stellung und Biegung, auch hier wäre ich über entsprechende Hinweise dankbar, damit wir nicht aneinander vorbeireden.
Vielleicht könnte hierauf nochmals eingegangen werden?sapere aude hat geschrieben:Zum Thema Stellen mit Hackamore:
Einem Pferd die allerersten Anfänge der Stellung direkt über die Hackamore beizubringen, ist schwieriger als mit einer Trense. Daher wird dies mit Bodenarbeit vorbereitet. Als direkte Einführung in die Stellung mit Hackamore genügen hier je nach Persönlichkeit und Gebäude des Pferdes 1-2 Trainingseinheiten am Boden und 1-2 Einheiten vom Sattel aus. Danach ist das kein Thema mehr. Ein Reiter, der gelernt hat, seinen Sitz für Stellung und Biegung mit einzusetzen hat damit anschließend überhaupt kein Problem.
lg, Tanja
Reiten ist nicht weiter schwierig, solange man nichts davon versteht.
Aus: "Vollendete Reitkunst", Dr. Udo Bürger, 1959
Reiten ist nicht weiter schwierig, solange man nichts davon versteht.
Aus: "Vollendete Reitkunst", Dr. Udo Bürger, 1959
Zum Thema Anlehnung, man darf nicht vergessen, dass Pferde auch noch psychisch in Anlehnung gehen sollten. Anlehnung geht für mich sogar ganz ohne Kopfstück - nach meinem Verständnis geht sie weit über "Kontakt" Kopf-Maul hinaus. Zu sehen bei einigen "Ganz ohne Reitern" - die selbst am Halsring das Pferd versammeln und es die korrekte Haltung einnimmt, nur aus dem Sitz eingeleitet. Genauso kann es daraus wieder ins Vw/aw geschickt werden (also praktisch ZadHkl) - gesehen im letzten "Ritte die gefallen" -Post von Traumdauterin
Ich reite mit LG Zaum wie mit der Trense, kann aber schlechter stellen. Interessanterweise übe ich viel am Kappzaum. Stellen, Biegen auch Seitengänge, das geht wiederrum problemlos auch ohne Trense. Wobei ich zustimmen muss, dass die Antwort am Gebiss viel prompter erfolgt, das Kauen besser angeregt werden kann. So meine Erfahrung.

Ich reite mit LG Zaum wie mit der Trense, kann aber schlechter stellen. Interessanterweise übe ich viel am Kappzaum. Stellen, Biegen auch Seitengänge, das geht wiederrum problemlos auch ohne Trense. Wobei ich zustimmen muss, dass die Antwort am Gebiss viel prompter erfolgt, das Kauen besser angeregt werden kann. So meine Erfahrung.
Es grüßt Nadine
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so schwer wie die freiheit, so leicht ist der zaum der sie hält... (frei nach and one - krieger)
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so schwer wie die freiheit, so leicht ist der zaum der sie hält... (frei nach and one - krieger)
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Ich glaub, das siehst du etwas zu rosarot, Kosmonova - das Pferd in dem Clip geht wirklich schön, aber die Kopfhaltung ist schlicht andressiert. Das machen auch sämtliche Parelli-Leute und dieser Nevzorov so, dass auf ein bestimmtes Signal hin das Pferd den Kopf hinstellt. Das ist überhaupt nicht schlimm, aber "nur aus dem Sitz" passiert das mitnichten. Und wie gesagt, ich finde das sehr schön anzuschauen, was sie da reitet, und auf sehr hohem Niveau.