Sascha hat geschrieben:amara hat geschrieben:Von Jung selber weiss ich, dass diese strikten Abläufe und die Lektionen der Dressur allein schon deswegen für viele VS Pferde schwierig sind, weil sie sich im Selber-Denken und Selber-machen sehr eingeschränkt fühlen. Das klingt vielleicht blöd - aber vieles in der VS muss im Gelände vom Pferd selbst angegangen werden, müsste der Reiter da noch treiben oder machen oder tun, DAMIT das Pferd geht, wäre das lebensgefährlich.
Hm, ich mag das so nicht recht glauben. Natürlich muss ein Vielseitigkeitspferd selbst denken und handeln, aber ebenso muss es doch auch einer Anweisung seines Reiters sofort und ohne zu zögern folgen, weil es sonst echt gefährlich werden kann. Meiner Meinung nach müsste das Vertrauen hier in beide Richtungen gelten. Wenn da ein Pferd schon in einer "einfachen" Dressurprüfung beginnt zu diskutieren, dann würde ich mit dem gar nicht auf einen Geländeparcours gehen wollen, wo ich mich darauf verlassen können muss, dass mein Pferd auch noch im höchsten Eifer auf minimale Kurskorrekturen reagiert.
Ich habe früher viele Vielseitigkeitspferde und Springpferde geritten. Es ist tatsächlich so, dass die Selbstständigkeit einem bei der reinen Dressur und beim Aufgabenreiten (nicht bei der dressurmäßigen Arbeit) im Wege stehen kann.
Das Abwarten auf die Reiterhilfen bei Lektionen ist für solche Pferde sehr schwer. Daher fehlt es häufig an Losgelassenheit, denn sie möchten immer "mitgestalten".
Das fängt bei den fliegenden Wechseln an, die ein Springpferd relativ selbstständig springen sollte. Weiter gehts bei einem zivilisierten Außengalopp und Übergänge ohne die dauernde Frage des Pferdes "Wann gehts denn endlich los? Wann hört das blöde Hin- und Her endlich auf?"
Das hat aber mit ungenügender Reaktion auf die Reiterhilfen, die du ansprichst, überhaupt nichts zu tun, sondern mit dem Abwarten auf für das Pferd nicht erkennbar gerichtete Anweisungen in einer Dressuraufgabe. Hier ist der Job des Pferdes die exakte Ausführung der Reiteranforderungen, möglichst ohne viele kreative eigene Gestaltungsideen. Dabei muss es sich völlig auf die Reiterhilfen fokussieren.
Beim Springen oder auf der Geländestrecke ist dagegen aber eine situationsangepasste Mitarbeit des Pferdes unerlässlich.
Beispiel: Du reitest einen Parcours, gehst in die Wendung. Dein Pferd erkennt den nächsten Sprung. Es ist ein Oxer, danach ein Steil. Du weißt, dass du nach dem Oxer extrem zurückmusst. Dein Pferd zieht zum Sprung (sein Beitrag). Du "versammelst" ein bisschen (dein Beitrag). Dein Pferd weiß aus Erfahrung und weil es gut geritten ist: "ok, ich muss ein bisschen zurückkommen, dann mit Kraft abspringen und dann wieder bei meinem Reiter sein, sonst semmeln wir den nächsten Sprung." Beim übernächsten Sprung vermeterst du dich ein bisschen, anstatt riesengroß abzuspringen, verhält sich dein Pferd, schaltet einen kleine Hoppelgaloppsprung ein und ihr überlebt den Sprung. Hätte es rückhaltlos auf deine Hilfen vertraut, würdet ihr jetzt im Stangensalat liegen.
Bei meinem letzten reinen Springpferd, das ich zu reiten hatte, hat es lange gedauert, bis sie sich völlig entspannt hat und einfach abgewartet, was ich mir als nächstes ausgedacht habe. Dann konnte man sehen, dass sie zwei ganz verschiedenen "Modi" hatte. Bei der Besitzerin , die sie nur noch auf dem Turnier ritt, selbstständig den Ritt mitgestaltend - bei mir gelassen abwartend und motiviert ausführend: fast wie zwei verschiedene Pferde.