Mal ein Gedankenanstoß:
Umziehen ist für Pferde ein völlig normaler Vorgang. Das machen sie auch, wenn sie in freier Natur leben und unbegrenzt Platz haben. Immer wieder wechselt die Herde dort die Orte. Je nachdem, wie sie Nahrung und Wasser finden. Was Pferde weniger toll finden ist ein Herdenwechsel.
Bei einem Stallwechsel bist Du nun die einzige bekannte Bezugsperson, statt der altbekannten Herde. Damit bekommst Du jetzt auch mehr Aufmerksamkeit und das PFerd wendet sich Dir zu, wenn e snoch unsicher ist. Natürlich mag sich das Pferd dann auch nicht so gerne von Dir trennen. Das ist völlig normal.
Was für ein Pferd in solchen Momenten wichtig ist, ist sich einer neuen Herde anschließen zu können, denn kein Pferd der Welt will alleine sein. Es sind halt Herdentiere. Außerdem möchten Pferde Routine haben. Sie wollen gesichert wissen wann und wo es Futter, Wasser und Rückzugsorte gibt. Alles soll wieder schön seine Ordnung haben.
Es gibt für Umzüge und damit Herdenwechsel zwei Vorgehensweisen.
Die einen haben gute Erfahrungen damit gemacht ein neues Pferd ganz langsam in eine neue Herde zu integrieren. Erst nur mit einem Pferd und stundenweise und das nach und nach ausdehnen. Auf die Art dauert es eine ganze Weile bis das Pferd in der Herde ankommt und so lange das so ist, wird Dein Pferd sich eben ein wenig anders verhalten als sonst.
Die andere Variante ist, das Pferd einfach in die neue Herde zu packen und ansonsten so weit wie möglich die ganz normale Routine durchzuziehen.
Ich habe damit bisher immer sehr gute Erfahrungen gemacht.
Meine idealer Umzug sieht so aus:
Pferd kommt im neuen Stall an, bekommt einen Einzelpaddock in mindestens Sichtnähe der neuen Herde. Ich räume die ersten Dinge ein und mache dann am liebsten als erstes einen Ausritt mit einem der zukünftigen neuen Herdenkumpels. Hinterher kommt meiner dann zusammen mit dem neuen "Kumpel" in die Herde. Danach verbringe ich zwei Tage sehr viel Zeit im Stall. Allerdings bin ich dann so wenig wie möglich beim Pferd sondern einfach nur irgendwo "in der Nähe". Gerade so, das ich das Gefühl vermitteln kann, dass ich ihm schon helfen werde/er sich an mich wenden kann, wenn irgendwas schief geht oder er unsicher wird, auch wenn ich nicht ständig bei ihm bin.
Wenn ich ihn mal aus der Herde rausnehme, dann so kurz wie möglich. Die ganz normale Putzroutine, kurz zusammen das Stallgelände abklappern, die vermeindlichen Gruselecken untersuchen lassen, die Halle oder den Platz zeigen oder einfach nur mal kurz irgendwo grasen lassen. Alles so, wie ich es am alten Stall auch gemacht hätte. Kein besonderes Eingehen auf irgendwas.
Danach halte ich in der ersten Woche die Arbeit aus den gleichen Gründen relativ kurz: So viel Zeit wei möglich mit der neuen Herde.
Im Prinzip also eine Konfrontationsvariante. Das Pferd muss sich nunmal so oder so an Alle und Alles dort gewöhnen, da macht es keinen Sinn, ihm zu vermitteln, dass es um die Nummer rum kommt. Schon gar nicht soll das Pferd das Gefühl haben, dass das etwas ist, vor dem es sich fürchten muss. Es sollte eher das Gefühl vermittelt bekommen, das das etwas ist, was es ohne mich ganz alleine toll schaffen wird.
Nach den zwei Tagen erscheine ich ganz normal. Bin ich also vorher nicht täglich im Stall gewesen, dann bin ich das auch nicht im neuen Stall.
Ich habe festgestellt, dass es den Pferden gut tut, tatsächlich Zeit zu haben, so etwas ganz in Ruhe alleine zu klären.
Allerdings gebe ich zu, dass ich bisher immer die Ställe so wählen konnte, das er in eine gut sozialisierte Herde kam und ich habe den Vorteil einen sehr verträglichen Wallach zu haben. Wenn ich mir anschaue, wie zickig oft Stuten auf neue Herdenmitglieder reagieren kann ich mir vorstellen, dass dieses Vorgehen nicht immer die beste aller Ideen ist.
Die einfachste Integration war die in eine recht große, reine Wallachherde und lief ungefähr so ab:
Pferd rein, allgemeine Begrüßung, mein Pferd liegt am Boden und wälzt sich. Es folgte ausprobieren ob man überall ans Futter kommt, wie das Wasser schmeckt, rausfinden, wer potentieller Spielekumpel wird und wo man sich noch etwas zurückhalten muss. Fertig. Der Rest ist dann nur noch "Feinarbeit". Nach nichtmal einer Stunde war er am Spielen. Die nächsten Tage war ich echt sowas von abgeschrieben
Er kam zwar sofort an, sobald ich erschien und er blickte mir auch wie ein waidwunder Dackel hinterher, wenn ich ging, aber er war auch immer mit einem Öhrchen bei den neuen Kumpels.
Die völlig normale Arbeit ging für ihn in der ersten Woche dennoch weiter. Ich habe sie dann lediglich etwas kürzer gehalten. Auf ihn prasselten ja eh schon soviele neue Eindrücke ein. Da reicht das dann auch dicke, wenn es kürzer ist.
Langer Rede, kurzer Sinn.
Ein wenig sind Umzüge neben der Stall bzw. Herdenwahl auch schlicht eine Einstellungssache des Menschen.
Natürlich ist eine neue Herde anstrengend fürs Pferd und natürlich ist das für uns Menschen nicht immer leicht dabei zuzusehen und es zu akzeptieren, dass das fürs Pferd nicht nur lustig ist.
Sobald ich aber dem Pferd vermittle, dass die Möglichkeit eines leichteren Weges besteht, wird das Pferd das auch annehmen wollen. Das macht es aber für alle Beteiligten nicht wirklich leichter.
Ich würde daher nicht dem Pferd Bachblüten geben, sondern eher mir selber eine Familienpackung Rescuetropfen besorgen
Meiner Beobachtung nach gibt es drei wichtige Faktoren, die man im Blick haben sollte. Herden, bei denen alle Pferde jederzeit in Ruhe soviel fressen und trinken können, wie sie wollen + viel Platz + normal sozialisierte Pferde ergeben zusammen fast immer eine erfolgreiche Herdenintegration.
Hier hilft man als Mensch am meisten, wenn man den Dingen seinen Lauf läßt und versucht sich selber zu entspannen.