Zur Diskussion gestellte Ritte die gefallen

Rund um die klassische Reitkunst

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Meg
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Beitrag von Meg »

Danke für deine Ausführungen S & P, sehr anschaulich!
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Max1404
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Beitrag von Max1404 »

@Carjujo, danke für Dein Post.
Ich habe oft das Gefühl, dass ein gutes v/a, das nicht auf der VH ist (und das so aussieht wie im Video von Uta Gräf), von einem Pferd erst dann geleistet werden kann, wenn es sich schließen lässt und erste Versammlung zeigen kann.
Man sollte die Dehnung der Oberlinie, die ein solches v/a erfordert, wie UG es zeigt, nicht unterschätzen. Oft gelingt ein v/a in dieser Qualität erst zum Abschluss der Arbeitsphase.
Der Wechsel zwischen Dehnungs- und Arbeitshaltung ist deshalb ein Thema, das alle Pferde auf jedem Ausbildungsniveau stets begleiten sollte.
Viele Grüße
Sabine
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marquisa
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Beitrag von marquisa »

Max1404 hat geschrieben:@Carjujo, danke für Dein Post.
Ich habe oft das Gefühl, dass ein gutes v/a, das nicht auf der VH ist (und das so aussieht wie im Video von Uta Gräf), von einem Pferd erst dann geleistet werden kann, wenn es sich schließen lässt und erste Versammlung zeigen kann.
Man sollte die Dehnung der Oberlinie, die ein solches v/a erfordert, wie UG es zeigt, nicht unterschätzen. Oft gelingt ein v/a in dieser Qualität erst zum Abschluss der Arbeitsphase.
Der Wechsel zwischen Dehnungs- und Arbeitshaltung ist deshalb ein Thema, das alle Pferde auf jedem Ausbildungsniveau stets begleiten sollte.

Zudem sollte ein sicheres an die Hand treten gewährleistet sein,sprich eine konstante Anlehnung erleichtert die Dehnung bzw. sichert den Zug vom Hinterbein nach vorne bei vorhandenem Spannungsbogen.

Ich glaube zudem,dass selbst so "banale" Dinge wie halbe (geschweige denn ganze) Paraden erst unter dieser Voraussetzung funktionieren,da ansonsten das Pferd diese nicht zuverlässig durchlässt,diese somit an irgendeiner Stelle des Pferdes stecken bleibt.

Das Reken v/a ist für mich kein echtes,gerittenes,die Grundkriterien sind für mich nicht erfüllt.Es mag für das Pferd zu diesem Zeitpunkt durchaus entspannend sein,dennoch hat es für mich primär keinen gymnastizierenden Wert.
Ulrike
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Beitrag von Ulrike »

cajujo hat geschrieben: Ansonsten denke ich, man kommt immer wieder an einen ziemlich unbefriedigenden Punkt wenn man versucht Sportreiter mit Reitern zuvergleichen, die ihr Tun als Kunst begreifen.
Sport will sich messen und hat eine absolute Zielvorgabe an die es zu kratzen gilt und das in einer absehbaren Zeit.
Kunst will etwas Individuelles ausdrücken und hat Raum für schwarz und weiss und versteht sich meist als Prozess, der niemals beendet ist.
Blöde ausgedrückt, vllt versteht ihr trotzdem was ich meine.
cajujo,


das ist einer der schönsten Beiträge, die ich hier bisher gelesen habe, sowas auf den Punkt, klasse!!!!!

LG Ulrike
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marquisa
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Beitrag von marquisa »

Ich persönlich finde die Grenzen zwischen Kunst und Sport nur schwer zu ziehen.

Es gibt durchaus künstlerischen Sport,wie beispielsweise Bodenturnen,daneben Kraft- und Ausdauersport,die teilweise ineinander verschwimmen und wo keine klare Grenze auszumachen ist.

Kunst kann alles bedeuten,vom scheinbar wahllosen Klecks an der Wand bishin zum detaillierten Gemälde.Auch in der Kunst geht es meist um ein Transportieren seiner eigenen Wahrnehmung nach außen und um die Anerkennung einer gewissen Anhängerschaft,ansonsten gäbe es keine Vernissagen,der Künstler möchte seine Gesinnung offenbaren und oft auch kommerzialisieren.

Doch was ist Kunst? Für die einen ist es lediglich ein Spiegel ihrer Interpretation,für die anderen kommt es von "Können".
Wer darf festmachen,ob etwas Kunst ist,oder nicht? Oder ob ein Sport künstlerisch ist,oder nicht?

Also muss es irgendeine Möglichkeit geben,um eine Art Qualitätsstandart ausmachen zu können. In der Reiterei bieten sich da eben Aspekte wie eine Anlehnung an die SdA an.

Prinzipiell ist es mir jedoch schnurz,was und wie jemand mit seinem Pferd reitet oder sonstige Dinge tätigt,solange es nicht tierschutzrelevant ist soll doch jeder nach seiner Fasson glücklich werden. Letzendlich ist dieser erhobene Zeigefinger immer das,was einen auf die Palme bringt.
Max1404
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Beitrag von Max1404 »

Ich denke, das ist einer der Punkte, der immer wieder zu Diskussionen führt, und an denen sich die Geister scheiden.

Für mich steht vor der Kunst das Handwerk, und wer dieses sehr gut beherrscht, der darf sich Variationen und Freiheiten erlauben. Demzufolge ist jemand, der eine freie Interpretation wagt, ohne das Handwerk sauber zu beherrschen, für mich nicht tolerabel als Künstler oder gar Vorbild. Genau aus diesem Grund werbe ich hier auch immer wieder für Basisarbeit. :wink:
Viele Grüße
Sabine
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Meg
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Beitrag von Meg »

Für mich ist schon lange klar, dass Reiten Geschmackssache ist, daher habe mich (fast) aus diesen ewigen Diskussionen die meist eh nichts bringen zurückgezogen. Für mich ist die Reiterei der Charlotte Dujardin mit Valegro oder Uta Gräf mit Damon Jerome durchaus Kunst, weil es athletische Präzision und Korrektheit (also das was ich unter Korrekt verstehe) mit Leichtigkeit verbindet. Das Video von Valegro, nur auf Trense geritten, ist einfach nur "allererste Sahne" (wie Hess sagen würde), für mich ist das einfach eine Messlatte. Wenn jemand alle Lektionen auf Trense reiten kann und die gleiche Leichtigkeit zeigt, da habe ich einen wahnsinns Respekt vor. Ich glaube (leider) nicht, dass das viele können.
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marquisa
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Beitrag von marquisa »

Und dann kommt erschwerend hinzu,dass man beim Reiten aus zwei Individuen eine Verschmelzung hinbekommen muss.

Die "Größen" im Reitgeschehen können einfach aus einem riesen Pool an Pferden schöpfen und sich ihre pferdischen Partner ganz nach Gusto und Verwendungszweck sprich Eignung aussuchen,während unsereins sich mit seinem Zausel halt arrangieren muss.
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Kosmonova
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Beitrag von Kosmonova »

Marquisa, du hast ja nun weißgott keine Zausel unterm werten Hintern ;-)
Es grüßt Nadine

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so schwer wie die freiheit, so leicht ist der zaum der sie hält... (frei nach and one - krieger)
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grisu
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Beitrag von grisu »

Max1404 hat geschrieben:Ich denke, das ist einer der Punkte, der immer wieder zu Diskussionen führt, und an denen sich die Geister scheiden.

Für mich steht vor der Kunst das Handwerk, und wer dieses sehr gut beherrscht, der darf sich Variationen und Freiheiten erlauben. Demzufolge ist jemand, der eine freie Interpretation wagt, ohne das Handwerk sauber zu beherrschen, für mich nicht tolerabel als Künstler oder gar Vorbild. Genau aus diesem Grund werbe ich hier auch immer wieder für Basisarbeit. :wink:
Zu dem Thema "Reiten und Kunst" habe ich ein schönes Zitat von Wilhelm Müseler im Vorwort zu seiner (auch heute noch lesenswerten) Reitlehre. Ich hatte es in einer anderen Diskussion hier schonmal eingestellt:

„Reiten kann jeder lernen, denn Reiten ist Geschicklichkeit. Geschicklichkeit eignet man sich nur an durch „Ausprobieren“ und „Üben“, nicht aber durch Nachahmen einer äußeren Form. Wer die Geschicklichkeit beherrscht, sollte sie in guter Haltung ausüben.

Reiten ist auch schön und kann zur Kunst werden. Jeder hält sich gern für einen Künstler. Berufen ist aber nur, wer mit ganzer Seele in die Psyche eines Pferdes eindringt, wer nicht mit Gewalt, sondern aus dem Gefühl heraus einen Zusammenklang herstellt. Gefühl ist keine schwarze Magie. Bis zu einem sehr erheblichen Grade kann sich jeder Gefühl aneignen.

Vollendete Harmonie zwischen Reiter und Pferd – also Schönheit – ist das Endziel aller Dressur. Man muß dem Pferde ansehen, daß es sich wohlfühlt, und darf dem Reiter nicht anmerken, wie schwer der Weg ist.“
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Colloid
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Beitrag von Colloid »

Max1404 hat geschrieben:@Carjujo, danke für Dein Post.
Ich habe oft das Gefühl, dass ein gutes v/a, das nicht auf der VH ist (und das so aussieht wie im Video von Uta Gräf), von einem Pferd erst dann geleistet werden kann, wenn es sich schließen lässt und erste Versammlung zeigen kann.
...
Das ist definitiv so, das Pferd braucht dafür schon ein gutes Mass an horizontalem Gleichgewicht, daß ihm erstmal verloren geht, wenn sich ein Reiterlein auf die Vorhand setzt (ein Reiter belastet mit seinem Gewicht dadurch, wo er sitzt, mehr die Vorderhand). Trotzdem bin ich hier regelmäßig ausgelacht worden, wenn ich im Zusammenhang mit v/a von beginnender Versammlung gespochen habe... :wink:
Dennoch sollte man eigentlich davon ausgehen können, daß ein weit ausgebildetes Pferd (M aufwärts) und ein Profi auf seinem Rücken dazu in der Lage sind. Stattdessen sieht man Pferde, die zwar die Oberlinie dehnen und den Hals fallenlassen, den Unterhals und das Genick aber nicht. Und ich muss zugeben, daß ich egal in welcher Haltung keine gequetschten Ohrspeicheldrüsen mehr sehen kann. Auf den guten Fotos, die Kosi hier eingestellt hat und auch bei Uta Gräf kann man gut sehen, wieviel Platz da hinterm Genick ist und man kann gradezu anatomische Studien der Drosselrinne betreiben. Und das, liebe Cubano, völlig exterieurunabhängig, daß sieht bei einem Fjord ohne jegliche Ganaschenfreiheit in echter Dehnung ähnlich aus. Und in einer guten, reelen Versammlung ist da nicht viel weniger Platz.
Und genau deswegen (@Jen) glaube ich schon lange nicht mehr, daß die Profis, die keine halbwegs passable (bitte: ich rede nicht von perfekt!) Dehnungshaltung reiten, das mal eben könnten, wenn sie denn wollten...
Und für mich gehört zu halbwegs passabel, daß sich der Hals vollständig dehnt und die HH untertritt, das darf dann gern zu tief, zu hoch, zu schluffig oder zu schnell sein, aber eine Dehnungshaltung ist es halt erst, wenn die Dehnung vorne rum und hinten rum gut ist, bis dahin arbeitet man dran... ;)

@Grisu: :) der gute, alte Müseler..."Gefühl ist keine schwarze Magie" *schön*
Max1404
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Beitrag von Max1404 »

@Grisu: das gefällt mir :D

@Collo: ich denke, dass einige Sportreiter es einfach nicht reiten, vielleicht, weil sie keinen Wert darin sehen. Ich bin sicher, dass diejenigen Reiter, die eher nach System S. Janssen arbeiten, ein gutes v/a eher als hinderlich betrachten. Das ist aber nicht durchgängig im Sport so.

Bedenklich finde ich es aber auf der anderen Seite, wenn der Fokus zu intensiv und zu lange auf das (in diesen Fällen oft sehr falsch verstandene) v/a gelegt wird. Wer jahrelang zu keiner normalen Arbeitshaltung kommt, tut seinem Pferd (und für die eigene reiterliche Entwicklung) nicht gerade was Gutes. Vor allem nicht, wenn das Pferd dabei auseinanderfällt, auf der VH schlappt und die Zügel weggeworfen werden (zur Verdeutlichung extra plakativ ausgedrückt).
Viele Grüße
Sabine
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cinnamon
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Beitrag von cinnamon »

gerade zufällig drüber gestolpert:
https://www.youtube.com/watch?v=2yfQl1yMe1s
von einer ausdrucksvollen passage ins vorwärts-abwärts (minute drei).
saltandpepper

Beitrag von saltandpepper »

Colloid hat geschrieben:
Max1404 hat geschrieben:...von einem Pferd erst dann geleistet werden kann, wenn es sich schließen lässt und erste Versammlung zeigen kann.
...
Drosselrinne betreiben. Und das, liebe Cubano, völlig exterieurunabhängig, ... aber eine Dehnungshaltung ist es halt erst, wenn die Dehnung vorne rum und hinten rum gut ist, bis dahin arbeitet man dran... ;)
und genau das wollte auch ich hiermit :"... dass in der Dehnung, die Bauch und Schultermuskulatur zwar weiterhin das Pferd "hinten halten", der Hals sich aber dabei streckt- also dass SOWOHL Ober- wie AUCH Unterhalsmuskulatur loslassen, sich längen." zum Ausdruck bringen

:trink1:

@ Grisu :love: Danke, für die Mühe, das Zitat zu tippen !
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Colloid
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Beitrag von Colloid »

Max1404 hat geschrieben:@Grisu: das gefällt mir :D

@Collo: ich denke, dass einige Sportreiter es einfach nicht reiten, vielleicht, weil sie keinen Wert darin sehen. Ich bin sicher, dass diejenigen Reiter, die eher nach System S. Janssen arbeiten, ein gutes v/a eher als hinderlich betrachten. Das ist aber nicht durchgängig im Sport so.
Lass mal den Jansen da raus und bleiben wir doch beim "normalen" Profi, also Pferdewirte, Berufsreiter und alternative "Größen". Da gibt es durchaus Leute, die das so können, aber eher wenige. Und ich denke, das Groß der Leute kann es schon deswegen nicht, weil ihre Pferde nicht die Muskulatur dafür haben.

Bedenklich finde ich es aber auf der anderen Seite, wenn der Fokus zu intensiv und zu lange auf das (in diesen Fällen oft sehr falsch verstandene) v/a gelegt wird. Wer jahrelang zu keiner normalen Arbeitshaltung kommt, tut seinem Pferd (und für die eigene reiterliche Entwicklung) nicht gerade was Gutes. Vor allem nicht, wenn das Pferd dabei auseinanderfällt, auf der VH schlappt und die Zügel weggeworfen werden (zur Verdeutlichung extra plakativ ausgedrückt).
Und ich denke, wenn mehr Leute an so einem v/a, wie Frau Gräf es zeigt, arbeiten würden, anstatt an der nächsten A-Dressur und der "normalen" Arbeitshaltung, gäbs deutlich mehr gesunde Pferde.
:wink:
@saltandpepper: :wink: :trink1:
Das Pferd lehnt sich an den Reiter an. Wenn die Abstimmung zwischen Pferd und Reiter ideal ist, wird das Mittel der Anlehnung, der Zügel, fast entbehrlich.
Richard Hinrichs
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