hmm, interessantes Thema, vor allem weil es so komplex ist. Ich schildere mal kurz meine bisherige Erfahrung zu dem Thema:
Nachdem ich irgendwie trotz an sich qualifizierter RL auf der Stelle getreten bin (ich rede hier nicht von großartigen Lektionen, sondern einfach Schritt, Trab, Galopp einfache Hufschlagfiguren und einige kleine Sprünge..., also alles ca. A-Niveau...), habe ich vor ca 1,5 Jahren mit regelmäßigen Feldenkrais und Alexandertechnik-Einheiten angefangen um mein eigenes Körpergefühl zu schulen, jedoch alles nicht reitspezifisch.
Vor ca. einem Jahr bin ich dann auf die die Wanless-Bücher gestoßen und war im wahrsten Sinne des Wortes besessen davon, vor allem, da ich allein vom Lesen der Bücher jede Menge umsetzen konnte und sich das dann auch wirklich so angefühlt hat, wie in den Büchern beschrieben

Von da an habe ich versucht jede Sekunde auf dem Pferd die Richtige Ausrichtung und Körperspannung zu behalten und ungefähr 5 Monate lange bemerkte ich täglich Fortschritte, wurde sicherer und präziser mit der Hilfengebung , konnte mein Pferd über die Beckenausrichtung lenken usw. Es war phänomenal, ich war geradezu süchtig, der leidige Spaltsitz war verschwunden, ich saß gerade und konnte die Beine unter den Hüften halten. Naja, jedenfalls stellte sich dann letzten Herbst eine gewisse Depression ein, nichts schien mehr zu funktionieren und ich wusste nicht warum. Jedenfalls viel ich wieder in sämtliche alte Muster zurück und konnte trotz erheblicher Mühen die ganzen Wanless-Strategien nicht mehr umsetzen, egal wieviel ich mich bemühte. Ich wusste genau was ich machen sollte, aber ich konnte mich auf nichts mehr konzentrieren und hatte irgendwie auch keine Kontrolle mehr über meinen Körper. Und je mehr ich mich bemühte, desto krampfiger wurde das Ganze und desto weniger Kooperationsbereitschaft zeigte mein Pferd und desto mehr fühlte ich mich selbst absolut unfähig. Ich hab dann "wiedermal" dem ganzen Dressurreiten abgesagt und bin bis vor ca. 2 Monaten nur noch im Gelände ein wenig herumgegondelt. Als ich dann im Frühjahr einmal eine Runde auf dem Reitplatz drehte, war ich selbst von meiner Reiterei und den Bewegungen meines Pferdes dermaßen entsetzt, dass wirklich ernsthaft eine Lösung her musste. Ich habe mir dann das Buch von Herrn Dr. Ritter über die Biomechanik besorgt sowie sein Reitbahnnavi und habe das Projekt "Pferd wird rittig" neu in Angriff genommen.
Wesentlich ist mir in diesem Zusammenhang eine Aussage von Herrn Dr. Ritter hängen geblieben, wonach nicht nur der Reiter um einen guten Sitz bemüht sein muss, sondern auch das Pferd den Reiter richtig hinsetzen muss, also der Reitersitz nicht allein vom Reiter, sondern auch wesentlich vom Pferd mitbestimmt wird. Mit diesem Gedanken im Hintergrund habe ich dann angefangen konkrete Übungen aus dem Reitbahnnavi zu reiten und zwar genau mit aufgestellten Pylonen. Der einzige Zweck bestand zunächst darin die konkrete Linie einzuhalten, ganz egal wie der Sitz war, ohne sich groß darauf zu konzentrieren, sondern alles was eben notwendig war, um die Linie einzuhalten. Ich habe mich nicht wie nach der Wanless-Methode darauf konzentriert, meine Rumpfmuskeln anzuspannen oder „auf dem Pferd zu knien“, damit der Rücken hoch kommt, sondern habe dies alles mal einfach sein lassen. Die ersten drei Einheiten war es (vor allem während der Lösungsphase) zu Beginn schrecklich - weit entfernt von der angestrebten Harmonie, aber nach der Lösungsphase mit besseren Resultaten, als ich bislang jemals hatte (sogar noch viel besser als mit den Wanless-Anweisungen, obwohl ich sehr viele Gefühle wiedererkannt habe) und mit sooo vielen neuen Feinheiten und Erkenntnissen. Seit jetzt ca. 3 Wochen reite ich abwechselnd verschiedene Übungen aus dem Reitbahn-Navi, jedes mal auf dem Platz eine andere und mein Sitz hat sich in dieser kurzen Zeit für mich unmerklich phasenweise in die Richtung entwickelt, wie er hier besprochen wird, nämlich mehr nach oben/unten federnd, ohne zuviel Vorwärtsschwingung.
So und nun zu meinen persönlichen Schlussfolgerungen:
Die größere Masse bewegt die kleinere, also ist der konkrete Reitersitz im Idealfall das Ergebnis der Bewegungen des Pferdes. Der Sitz des Reiters dient in erster Linie (wenn man ganz vom früheren Gebrauchsnutzen des Pferdes ausgeht) mal der Kontrolle des Pferdekörpers. Wenn ich den Körper des Pferdes kontrollieren kann, kann ich dem Pferd auch erklären, wie es sich bestmöglich bewegen soll/kann, wobei wir bei der Gymnastizierung des Pferdes wären. Das Pferd muss lernen, den Beckenbewegungen des Menschen eine Bedeutung beizumessen, andererseits muss der Reiter lernen, seine Senkrechte Ausrichtung auf dem Pferd zu bewahren, ohne die Beinmuskulatur im Übermaß zu verwenden und dadurch das Klemmen anzufangen. Gleiches gilt für die Arme. Die Senkrechte Ausrichtung der Wirbelsäule wird wiederum maßgeblich vom Beckenboden beeinflusst. Wenn die Balancierfähigkeit der kleinen Wirbelmuskeln und des Beckens zunehmen, können die Beine des Reiters entspannt hängen und befinden sich die Füße dann auch ohne merkliche Muskelanstrengung bei passender Bügellänge unter den Hüftgelenken und die Beine des Reiters werden sanft vom Pferd mitbewegt, ohne zu schlackern oder zu klemmen und das Pferd lässt sich fast nur mit Gedanken lenken, parieren usw. So und hier kommt der eigentliche Knackpunkt: Der Reiter kann diesen Sitz nur solange halten, solange sich das Pferd auch im Gleichgewicht und im Einklang mit dem Reiter befindet, also „an den Hilfen ist“. Gute Reiter können diesen Sitz selbstverständlich optisch länger aufrechterhalten, als jemand, der noch nicht so viel Körperkontrolle hat, aber es wird sich auch für gute Reiter, auch wenn es optisch vielleicht perfekt aussieht, noch nicht so mühelos anfühlen und wenn man genau hinsieht, dann merkt man es an so Kleinigkeiten, wie einem Knie, das ein wenig tiefer hängen könnte, oder einem Absatz, der etwas tiefer sein könnte usw.
Die Wanless-Methode hat den Gedanken, dass sich das Pferd dem Reiter anpasst, wenn dieser nur lange genug seine (korrekte) Körperaussichtung beibehält und das funktioniert auch ganz sicherlich, wie ich selbst erleben durfte. Allerdings ist es sehr schwer und zum Teil frustrierend, wenn man sich z.B. die ganze Lösungsphase damit abmüht seine eigene körperliche Ausrichtung geradeaus oder auf „einfachen“ Hufschlagfiguren zu halten – ich habe mich da dann (im Nachhinein betrachtet) zu arg versteift und bin nur noch ganze Bahn geritten und hatte vor jeder Wendung einen Grausen, weil ich wusste, dass mein Pferd mich aus der Position bringen wird. Es wurde zwar während des Reitens immer besser, aber in der Lösungsphase hatte ich sozusagen eine innere Aversion gegen mein eigenes Pferd entwickelt, weil ich das Pferd als „Störfaktor“ für meine Konzentration und Körperbeherrschung angesehen habe.
Nachdem ich dieses „Problem“ erkannt habe, habe ich mich wieder mehr mit dem Thema „Pferdeausbildung“ beschäftigt und bin auf meiner Suche nach der „optimalen“ Lösungsphase auf das Buch von Herrn Dr. Ritter gestoßen.
Wenn ich jetzt schon in der Lösungsphase sehr abwechslungsreiche und geistig fordernde Übungen reite, muss ich zwangsläufig meine Position immer ein wenig anpassen und ebenso das Pferd. Je mehr man dann den eigenen Körper mit dem des Pferdes verbindet und desto mehr das Pferd auch aktiv im Gleichgewicht zu gehen beginnt, desto mehr kann ich den optisch lotrechten Sitz mühelos halten.
Wenn hingegen das Pferd mit abgesunkenem Wiederrist auf der Vorhand läuft, wird es mich tendenziell eher in den Spaltsitz drücken wollen. Wenn es den Rücken wegdrückt, in den Stuhlsitz. Wenn ich das Pferd fein genug abstimme und auch selbst mit sehr viel Körperbewusstsein reite und ich ungefähr weiß, wie ich welches Problem beheben kann, dann ergibt sich die richtige Hilfengebung und der richtige lotrechte Sitz automatisch. Wenn jedoch entweder das Pferd oder ich an irgendeiner Stelle noch Probleme habe, werde ich den optisch lotrechten Sitz nur mit Muskelanstrengung aufrecht erhalten können. Sobald ich das merke, versuche ich den Sitz dann in die gegenläufige Richtung zu korrigieren oder reite eine Übung, die das Problem vielleicht verbessert, sodass dem Pferd immer weniger Ausweichmöglichkeiten bleiben. Das ist offensichtlich die Kunst dabei.
Aus diesen Überlegungen heraus ergibt sich für mich auch, warum es so viele unterschiedliche Bilder zum vermeintlich „richtigen Sitz“ gibt – weil es eben Momentaufnahmen sind und der Reiter in diesem Moment gerade möglicherweise auf eine Bewegung ihres Pferdes reagiert haben oder die Reiter für sich und dieses jeweilige Pferd, das sie gerade in dem Moment reiten, herausgefunden haben, dass dieser in dem Moment abgebildete Sitz die für die jeweils beabsichtigte Bewegung Optimum an Einwirkung ermöglicht.
So und um es nun noch ein wenig komplizierter zu machen, bezieht man die unterschiedlichen Zwecke der Reiterei mit ein – im Sinne von Gebrauchs- (bzw. Sport-) und Kunstform: Wenn ich zum „Gebrauch“ reite, setzt dies in erster Linie Gehorsam des Pferdes voraus, bei jedoch relativ beschränkte Qualität der Bewegung. Z.B. lernen die Pferde, dass eine Galopphilfe Galopp bedeutet und galoppieren dann gehorsam, aber die Qualität des Galopps (Bergauf usw) ist meist eher mäßig (dieser Gedankengang lässt sich Fortsetzen bis GP-Lektionen). Wenn man andererseits das Reiten als die Kunst betrachtet, dem Pferd zu bestmöglichen Bewegungen zu verhelfen, benötigt man natürlich ebenso einen Grundgehorsam des Pferdes, aber das Pferd muss auch von sich selbst, aus seinem „inneren heraus“, bereit sein, mit dem Reiter zu verschmelzen und „die Hilfen“ nicht im Sinne von „Befehlen“ auszuführen, sondern als „Bewegungsanregung“ zu sehen und diese Anregung nach seinen besten Möglichkeiten auszuführen.
Und nun wieder zurück zum Sitz
Solange Pferd und Reiter sich in der „Gebrauchsform“ bewegen, wird man am Reitersitz und auch an den Bewegungen des Pferdes tausende Kritikpunkte finden, sobald jedoch der gegenseitige „Verschmelzungsvorgang“ vollendet ist und das Pferd seine Hanken mehr beugt, ergibt sich der lotrechte Sitz fast automatisch. Sehr gut z.B. zu sehen bei der Piaffe: sofern sie halbwegs korrekt ausgeführt wird, sitzen hier sämtliche Reiter mit gut gewinkelten Knien im Lot. Umgekehrt z.B. im starken Trab – hier liegt der Unterschenkel in der Regel deutlich weiter vorne (so als ob die Reiter die Pferde mit den Knien nach vorne drücken würden). Es gibt daher offensichtlich für jede Bewegung des Pferdes eine andere Anforderung an den Reitersitz – je nach dem was man beabsichtigt.
Die Wanless-Methode setzt einen schon zu Beginn in der Lösungsphase in einen lotrechten Sitz (welcher jedoch voraussetzt, dass das Pferd schon etwas mehr im Gleichgewicht ist und zumindest ein wenig seine Hanken beugt) erzeugt durch kurze Steigbügel. Nachdem das Pferd in der Lösungsphase jedoch einfach noch nicht so geht- wie man sitzt, braucht es seitens des Reiters schon einiges an Körperspannung, weil man in dieser Phase ja „gegen“ die angebotenen Bewegungen des Pferdes arbeitet. Kann man machen – hat bei mir eine zeitlang sehr gut funktioniert, bis zu dem Punkt, wo ich dann nicht einfach nur wollte, dass das Pferd ganze Bahn und Zirkel gehorsam läuft, sondern sich einfach ein bisschen besser selber trägt - ich konnte dieses Gefühl beim Reiten zwar zeitweise sehr gut herstellen, aber das „gegen die Bewegung des Pferdes gehen“ war mir irgendwie innerlich zu wieder und hat schlussendlich dann auch für mich und mein Pferd nicht mehr funktioniert.
Ich kenne Gottfried Magnet nicht, aber so wie der Sitz hier geschildert wird und was ich damit an eigenen Gefühlen verknüpfen kann, macht er im Grunde das Gleiche wie die Wanless-Methode (Kontrolle zunächst aus stabilem Rumpf) – er nimmt das Ergebnis – den „korrekten“ Sitz für die „Versammlung“ und das Gleichgewicht – wenn auch schon auf einer viel höheren Stufe (Kontrolle aus dem Becken und der Wirbelsäule) vorweg. Genial zum mal wirklich fühlen, wie wenig man zu „machen“ braucht, im IDEALFALL. Und es setzt sehr viel Ruhe und Konzentration von Reiter und Pferd voraus – sonst sieht es so aus wie auf dem Video am Anfang: Im Schritt eher stuhlsitzig, das Schenkelweichen/Übertreten (?) ist die äußere Schulter nicht unter Kontrolle (das Knie steht hier vom Pferd weg und bleibt nicht am Sattel), im Trab aussitzen steht die Reiterin über dem Pferderücken in den Steigbügeln, sie „sitzt“ nicht auf ihren Gesäßknochen „im Pferd“, sondern thront spaltsitzig darüber. Wenn man nur die Reiterin ansieht, sieht man ganz leicht, wie sie immer die Tendenz hat, nach vor zu kippen, sodass die lotrechte Linie hier zwar im Reiter lotrecht sein mag, aber nicht im Verhältnis zum Pferd (das ist genau das was ich meine – wenn das Pferd rennt, nicht trägt, dann wird der Reiter immer die Tendenzhaben, nach vorne zu fallen). Der Trab nach dem Galopp ist schon etwas mehr gesessen. Im Galopp wahrscheinlich die Gesäßmuskulatur zuviel angespannt, dadurch steht das Knie dann ab. Jedenfalls sieht es im „Gesamteindruck“ von Pferd und Reiter nicht wie verschmolzen miteinander aus. Im Vergleich dazu Fr. Gräf wirkt wie verwachsen. Die Unterschenkel sind „zuweit“ vorne, die Pferde werden allerdings auch eher in freien Gängen geritten und nicht z.B in einem versammelten Trab. Hängt halt auch mit der schubbetonten Reitweise und dem schubbetonten Pferdematerial zusammen. In einer Piaffe bringt auch Fr. Gräf ihre Füße unter ihren Hintern und federt vertikal

Das Klimke-Video zeigt hingegen fast ausschließlich versammelte Gangarten, sodass natürlich der lotrechte Sitz und das federn in der Senkrechten hier fast durchgehend zu sehen ist. Und in Wendungen kommt es allein schon durch die Beckenstellung zu einer Veränderung der Position, sodass die Beinhaltung wirklich sehr individuell ist (auch z.B. als Gegenmaßnahme um ein hohlmachen des Pferdes zu vermeiden usw.)
Nachdem mich das Thema Sitz eben auch sehr beschäftigt hat, bin ich jetzt generell dazu übergegangen, sitz- und reittechnisch immer das Gesamtbild zu betrachten, ob Reiter und Pferd verwachsen und harmonisch aussehen.
Der Reitersitz ist das Ergebnis der Haltung des Pferdes und das Ergebnis der Hilfengebung des Reiters und eigentlich – reduziert auf das ganz wesentliche – ist der gesamte Reitersitz/der gesamte Reiterkörper das Werkzeug um dem Pferd zu vermitteln, was man von ihm möchte.
Deshalb finde ich es (zumindest zurzeit) sehr effektvoll, die Lösungsphase als Phase des spielerischen Verbindens zwischen Reiterkörper und Pferdekörper anzusehen – und hierbei helfen konkrete, teils knifflige Aufgaben und ein systematischer Aufbau von Hufschlagfiguren zum Vorbereiten von Lektionen oder einfach nur simplen Gangartenwechseln.
Zum Fühlen und Sitzen lernen würde ich empfehlen (hat bei mir funktioniert):
1. Innere Einstellung ändern: Es gibt keine Fehler, sondern nur Gelegenheiten zu lernen.
2. Eigene Körperwahrnehmung schulen (Alexandertechnik und Feldenkrais, beides ausprobieren, damit man die unterschiedlichen Ansätze versteht und die „Vor- und Nachteile“ bei der eigenen Umsetzung erkennt und möglicherweise beides miteinander kombinieren kann).
3. Bei einem braven Pferd eine zeitlang ohne Sattel reiten – dabei erhöht man wegen der fehlenden Stabilität des Sattel fast automatisch seine Körperspannung im Rumpf.
4. Wanless-Methode ausprobieren, insb. hinsichtlich Oberkörperausrichtung und –stabilität (dabei muss man nur aufpassen, dass man früh genug, sobald man mit „Zusammenkneifen“ und „Pressen nach unten“ genügend Stabilität im Oberkörper aufgebaut hat, wieder lernt, die Gesäßmuskeln wieder ganz locker zu lassen, sonst wird man schnell zu steif und blockiert dann die Bewegungen des Pferdes.
4. Buch von Dr. Ritter lesen, verstehen versuchen immer wieder und Übungen aus dem Reitbahnnavi probieren und aus dem Reiten praktisch jedes Mal eine Fallstudie machen und nach und nach erkennen, wie alles Zusammenhängt und sich ergänzt: was hat gut funktioniert, was weniger und in einem Tagebuch kurz festhalten, weil die Fortschritte dann objektivierbarer werden.
Und das Wichtigste am Ganzen: Man muss es selber von sich aus seinem Innersten heraus lernen wollen. Reitlehrer ebenso wie Bücher können einem neue Ideen usw liefern. Ausprobieren und Anwenden lernen und versuchen zu verstehen, warum und wie es funktioniert, muss man aber selber – so wie jede Bewegungsform. Ein Kind lernt krabbeln, aufstehen und laufen aus Eigenmotivation, weil man es ihm gar nicht mit Worten erklären könnte, was es alles zu tun hat. Mit wachsendem Alter verlieren wir häufig diese Eigenmotivation aus diversen Gründen und werden immer abhängiger von einem Lehrer, jemandem der uns zeigt wie etwas geht, was richtig und was falsch ist usw. und wir hören so langsam auf zu denken und nachzuforschen und eigene Lösungen zu finden.
Ein Reitlehrer kann einem das Lernen selbst (samt seinen Höhen und Tiefen) nicht abnehmen, das muss man selber machen. Er kann aber durch möglichst sinnvolle Übungen oder Übungsabfolgen dem Reiter helfen, die richtigen Gefühle zu entdecken und diese dann nach etwas Übung selbst herbeizuführen.
Ich denke an dieser Stelle – das Lernen betreffend – muss man auch wirklich mal ganz ehrlich zu sich selbst sein: Ist es mir den Aufwand/die Mühen wert? Die meisten Menschen geben vor, dass sie etwas lernen wollen, dabei wollen sie das, was sie erst lernen sollen, schon können, anstatt den Lernvorgang an sich zu würdigen und quasi als Entdeckungsreise zu betrachten.
Wenn es mir zu mühsam ist, mich mit theoretischen Fragen zu Bewegungsabläufen usw zu beschäftigen, bin ich darauf angewiesen, dass ich irgendwie lerne nach Gefühl zu reiten, was für viele Leute sehr gut funktioniert, aber ich bin darauf angewiesen, immer auf meine bisherigen Erfahrungen zurückzugreifen, und diese erwirbt man eben erst im Laufe der Zeit. Wenn ich mich allerdings auch mit dem Gefühl schwer tue, werde ich eben einfach irgendwie reiten, so wie ich halt meine, dass es richtig ist. Wenn ich in der Theorie gut bin, allerdings hapert es an der körperlichen Umsetzung, dann muss ich halt in den sauren Apfel beißen und mein Körperbewusstsein verändern, mehr Ausgleichsport usw machen.
Wenn ich nicht bereit bin, das erforderliche zu tun, damit ich weiterkomme, dann bleibe ich auf der Stelle oder es geht halt alles langsamer und man endet dann meistens mit der inneren Einstellung „das erreiche ich nie….“ Vor diesem Hintergrund ist es dann aber auch einfach etwas verlogen, wenn man vorgibt, dass man etwas lernen will. Da sollte man dann wenigstens so ehrlich zu sich selbst sein und zugeben: Ich WILL meine Defizite NICHT beheben, sondern derzeit einfach damit leben und werde früher oder später auch die Konsequenzen daraus tragen müssen (z.B. Pferd platt, eigener Rücken kaputt usw). Dann ist man wenigstens ehrlich zu sich selbst, spart sich sinnlose Reitstunden und verlogenes, jammervolles „ich würd ja so gern… aber ich (wahlweise einsetzen: … kann es mir nicht leiste, … habe keinen kompetenten Reitlehrer, ….habe keine Zeit, ….habe keinen passenden Sattel, …. kann nicht weil……). Je mehr „kann nicht, weil“ hier einschlägig sind, desto kreativer muss man halt werden
