Routine in der täglichen Arbeit - sinnvoll?

Rund um die klassische Reitkunst

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Josatianma
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Routine in der täglichen Arbeit - sinnvoll?

Beitrag von Josatianma »

Gestern war ich auf einem Lehrgang in der Hofreitschule Bückeburg. Dort werden die Pferde immer etwa nach der gleichen Routine gearbeitet.

Wie haltet ihr das mit euren Pferden. Es geht hierbei nur um die Routine des Reitens, also nicht darum, daß man jeden Tag etwas anderes mit den Pferden machen kann, sondern um den Aufbau der Reitarbeit.

Ich sehe den Vorteil für junge Pferde in der Routine, daß ich sie über die Routine eventuell bei ungewohnten Situationen beruhigen kann. Bei eher phlegmatischen Pferden (wie meinem Friesen) sehe ich den großen Nachteil der Langeweile.
Liebe Grüße, Sabine

Ideale sind wie Sterne, man kann sie nicht erreichen, aber man kann sich an ihnen orientieren

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lalala

Beitrag von lalala »

Wir haben auch eine gewisse Routine in den Einheiten...bei uns gibt Schlüssellektionen, die bestimmte Dinge abfragen und wenn diese klappen geht es einen Schritt weiter zur nächsten Stufe. So hangeln wir uns Stufe um Stufe voran...wobei die Arbeitsphase mit verschiedenen Schwerpunkten gestaltet werden kann, innerhalb dieser Schwerpunkte gibt es aber auch wieder aufeinanderfolgende und aufeinanderaufbauende Übungen. Genauso wie ich immer auf der Schokoladenhand beginne, bei jeder Übung starten wir erstmal mit dem Erfolgserlebnis...
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Picaro
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Beitrag von Picaro »

Als Routine beim Reiten würde ich den groben Aufbau der Einheit sehen,also das ich erst auf großen Linien im Schritt löse,dann Seitengänge im Schritt,dann auch im Trab und Galopp.
Aber wie,wo und wann ich welchen Seitengang abfrage,ob ich Schlangenlinien,Volten,Zirkel reiten,das variert immer stark,da sich meiner sonst auch Langweilen würde und mir dann vor die Füße kotzt.
Er weiß also nie was als nächstes kommt und kann so die Lektionen auch nicht vorwegnehmen.
Grobe Routine ist also schon wichtig,da ich so die Einheit sinnvoll aufbauen kann,aber immer nach Schema F arbeiten wird den meisten Pferden nicht gerecht.
Sicher ist es für junge,unerfahrene Pferde am Anfang sinnvoll eine gewisse Routine einzuhalten,aber man muß auch da aufpassen,das sie sich nicht langweilen und dann anfangen nur das Programm abzuspulen.
Wenn das Pferd nicht weiß,was als nächstes kommt,ist es wesentlich eifriger und aufmerksamer,als wenn immer das Gleiche am Gleichen Ort abgefragt wird.
Meiner hat Probleme mit dem Galopp und eine Zeit habe ich immer an der selben Stelle auf dem Zirkel mit der Galopparbeit begonnen.Da fing er dann an sich schon vorher festzumachen,da ja gleich Galopp kommt.Seit er nicht mehr weiß,wann und wo ich den Galopp abfrage,ist er wesentlich entspannter.Da hat sich die Routine also als negativ herausgestellt.

LG Betina
acoma
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Beitrag von acoma »

Routine beim Reiten macht dann Sinn, wenn man junge, nervöse oder schnell aufgebrachte Pferde reitet. Routine bringt Gehorsam (Oliveira). Für alle anderen Pferdchen pures Gift bzw. eine unnötige Verdummung des fühlenden und denkenden Wesens Pferd. :!:
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stromboli20
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Beitrag von stromboli20 »

Ich habe auch die Erfahung gemacht, dass Routine nervösen Pferden hilft, sich sicher zu fühlen und sich zurecht zu finden. Faule Pferde verfallen oft der Routine und werden unkonzentriert. Recht schlaue Pferde laufen irgendwann wie ein Pudel nur noch ihr Programm runter (sieht man ja bei vielen DRessurturnieren). Je nach Pferd ist da individuell zu entscheiden, wie man vorgeht. UNsere Trakehnerdame braucht ihre Routine und ist wesentlich entspannter. Mein Haflinger hingegen ist sehr schnell gelangweilt und braucht ständig neue Beschäftigung
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Ielke
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Beitrag von Ielke »

Ich habe zwar auch immer einen "ähnlichen" Aufbau meiner Trainingseinheiten (Schrittphase, welche Figuren leichttraben, übergehen zur mehr versammelten Arbeit ("Versammlung" will ichs mal noch nicht nennen), aber auch bei meinem Hotti muss ich gucken, dass er motiviert und bei Laune bleibt. Das geht halt nur wenn er nicht weiß, was als nächstes kommt - vielleicht friesentechnische Eigenschaft?

Ich merke bei ihm immer wieder, dass er ganz eifrig bei der Sache ist, wenn ich etwas ganz neues ausprobiere und er mir evtl. zeigen kann, wie gut er das macht - statt "Och, schoooon wieder den Kram vom letzten Mal" zu reiten.
heike61
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Beitrag von heike61 »

eine sehr schöne frage!,

die mich zuerst dazu animierte spontan (routinemäßig?) zu antworten, da sie einfach erschien......bei genauem hinhören jedoch .........


grundsätzlich bin ich der meinung, dass routine erstrebenswert ist: da sie sicherheit gibt, selbstvertrauen fördert und raum für eigene gedanken schafft.

routine kann jedoch auch bewirken, dass sie unaufmerksamkeit fördert, zur "selbstüberschätzung" beiträgt, "einschläfernd" wirkt und dass sie zur unselbständigkeit beiträgt.

routine hat positive und negative faktoren. die kunst sehe ich darin, die balance zu halten, sodaß die negativen faktoren nicht überwiegen.



volle aufmerksamkeit+ routine eigentlich selbstverständlich bei sogenannten "nervösen" pferden....
ich denke jedoch, dass auch die eher phlegmatisch erscheinenden pferde oder die, die besonders "leicht" (ohne unruhe) lernen, immer auch routine brauchen, um nicht überfordert zu werden, die aufmerksamkeit wach zu halten stellt scheinbar! höhere anforderungen..

aufmerksamkeit erwarte ich persönlich jedoch nicht nur von dem pferd ,sondern auch (gerade) von dem reiter, denn es ist weit aus schwieriger (persönliches empfinden) bei "coolen" pferden absolut aufmerksam zu bleiben und früh genug zu erkennen, wann aufmerksamkeit vom pferd in unaufmerksamkeit (langeweile) umschlägt oder aber in überforderung, denn gerade die "coolen" zeigen dies nicht unbedingt unmißverständlich.


zum beispiel:
ich wünsche mir einen chirurgen,der, falls ich mal "auf-dem-tisch-liege", der absolut routiniert ist und trotzdem! oder gerade deshalb, im notfall blitzschnell die situation übersieht und handelt.


fazit:
routine+ ungeteilete aufmerksamkeit = Ja
routine+ unaufmerksamkeit = Nein
(egal ob reiter oder pferd)


die balance zu halten sehe ich als die kunst des ausbilders.
auch ausbilder können "betriebsblind" werden, nicht nur die pferde :wink:


allgemeingültige aussagen in sachen "pferd" zu tätigen, sehr,sehr schwer: sitzen wir doch alle auf individuen............, die leben.....!





heike



.
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acoma
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Beitrag von acoma »

Liebe Heike,

auch ich würde mir wünschen von einem routinierten, aber nicht überforderten Chirurg operiert zu werden, wenns denn sein muss.
Aber was Pferde betrifft, empfinde ich es etwas anders: Wozu braucht ein Pferd, das in seinem Wesen bereits gefestigt ist, Vertrauen zum Reiter aufgebaut hat und auch sonst keine ernsthafteren psychischen Schäden hat, Routine? Ich denke, ein solches Pferd sollte abwechslungsreich und Spaß orientiert geritten/gearbeitet werden. Ansonsten kann es sein (wie du bereits angesprochen hast), dass das Training eine einschläfernde Wirkung hat, oder dass es wie man so schön sagt "bahnsauer" wird.
Natürlich muss man auch mal definieren, was das Wort Routine bedeutet.
Hat man Routine im Training, wenn man immer die gleiche zeitliche Abfolge von Lektionen hat (zuerst 15min Schritt, dann 10min Trab auf Zirkeln, dann Schulterherein,...), wenn man bestimmte Lektionen jeden Tag reitet oder wenn eine bestimmte Lektion innerhalb einer Trainingseinheit bis zum Umfallen geübt wird (z.B. Schulterherein über 10 Längen in der Bahn)? Ich denke, alle drei Möglichkeiten sollte man als negativ verwerfen. Oder gibt es noch eine weitere Definition???

LG
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Thisbe
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Beitrag von Thisbe »

Bei uns hat sich die letzten Wochen ziemlich viel Routine eingeschlichen. Was unter anderem davon kommt, daß ich rausgefunden habe, was gut funktioniert und Timi gut tut und das natürlich gerne immer wieder mache. An ihm merke ich bisher weniger, daß er gelangweilt ist. Aber ich mag langsam nicht mehr :? Als ich noch planloser war, was es spannender - jeden Tag habe ich was Neues versucht und nichts hat funktioniert :wink:
Ich werde also jetzt versuchen, wieder mehr zu variieren. Heute habe ich damit schon angefangen und mir hat es gut getan. Dem Braunbären auch.
Einen Rahmen hat man sicher immer, aber auch innerhalb einer gewissen" Routine" kann man Abwechslung und Varianten haben. Mir mangelt es nur noch ein bißchen an der entsprechenden Kreativität, aber das wird wohl im Laufe der Zeit auch besser werden.
In der Seele des Pferdes findest du Saiten, die lange in dir nachklingen.
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Greco1704
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Beitrag von Greco1704 »

Also eine gewisse Routine habe ich bei den Arbeiten mit den Pferden schon eingebaut. Bei unserem Isi war es zum Beispiel fast völlig unmöglich ihn dann anzuhalten wenn wir es wollten :?. Immerhin weis er mittlerweile aber, dass er wenn wir eine Straße überqueren wollen dort immer anhalten muss, damit ich in Ruhe schauen kann, dass ich heil die Straße mit ihm überqueren kann. Das habe ich lange auf dem Platz geübt.
Aber ich würde zum Beispiel im Gelände nie die gleichen Wege traben. Also wenn wir dass eine mal eine Strecke im Schritte absolvierten, wurde sie das nächste mal getrabt.
Auch auf dem Platz bauen wir neben den üblichen Übungen wie flexionieren auch immer andere Übungen mit ein. Einmal lasse ich ihn dann "normal" anhalten und dann Anhalten mit anschließendem Rückwärtsrichten.
Santana
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Beitrag von Santana »

ich denke, bis zu einem gewissen Grad ist Routine unerlässlich, um weiterzukommen. Erst die Routine bringt Sicherheit und die Basis, um darauf weiter aufzubauen. Zuviel davon ist auch nicht gut, man erstickt Lerninteresse und Motivation und bleibt stecken.

Die Mischung machts
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Alix_ludivine
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Beitrag von Alix_ludivine »

Also Routine ist bei uns einerseits Pflicht, also die groben Strukturen um mein Pferd locker zu machen. Andererseits ist bei ihm Routine ein absolutes No-Go, weil ihm dann grottenlangweilig wird. Ich muss mir also immer was Neues einfallen lassen um ihn bei Laune zu halten. Auch arbeite ich ja stundenweise an verschiedenen Themen und mache z.B. einen Tag Galopparbeit und dann einen Tag wieder vermehrt seitwärts, dann wieder mehr Trab etc. etc.

Für ein nervöses Tier würde ich das als Möglichkeit sehen ihm Sicherheit zu geben im "zu wissen was kommt"..

LG Janet
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heike61
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Beitrag von heike61 »



Natürlich muss man auch mal definieren, was das Wort Routine bedeutet.


Hat man Routine im Training, wenn man immer die gleiche zeitliche Abfolge von Lektionen hat (zuerst 15min Schritt, dann 10min Trab auf Zirkeln, dann Schulterherein,...), wenn man bestimmte Lektionen jeden Tag reitet oder wenn eine bestimmte Lektion innerhalb einer Trainingseinheit bis zum Umfallen geübt wird (z.B. Schulterherein über 10 Längen in der Bahn)? Ich denke, alle drei Möglichkeiten sollte man als negativ verwerfen. Oder gibt es noch eine weitere Definition???

LG
oder vielleicht doch versuchen routine zu definieren, da man sie so oder so (negativ/positiv) auslegen bzw. verstehen kann.

trainingseinheiten über die maße wiederholen, dabei fällt mir Monotonie ein.



.
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emproada
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Beitrag von emproada »

Eine gewisse Routine ist beim Reiten doch immer gegeben, alleine schon dadurch, dass man mindestens 10 Minuten Schritt reiten muss um die Muskulatur zu lockern. Und egal, wie einfalltsreich man ist, irgendetwas wiederholt sich doch immer. Und seien es die Hufschlagfiguren.
Oder ab wann fängt Routine an?

Meiner braucht z. B. die Routine einer langen (mindestens 20min) Leichttrab- / Galoppphase um locker zu werden. Das wäre für andere Pferde wohl einschläfernd, er braucht es um versammelnde Lektionen ohne Verspannungen gehen zu können.
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Jen
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Beitrag von Jen »

Routine heisst nicht stupides wiederholen einer Lektion/gleicher Lektionenabfolge (Stichwort Monotonie). Es gibt mehrere Gründe, die positiv sind, neben den schon genannten:
- Routine erfordert vom Reiter höchstes Mass an Konzentration. Denn auch wenn man ganz genau weiss was kommt, darf man sich nicht dazu verleiten lassen "schludrig" zu reiten bzw. das Pferd zu stark überhand nehmen zu lassen
- Routine kann etwas "Tranceartiges" haben. Ein Pferd, das genau weiss, was im Voraus kommt, kann seinen Körper optimal darauf vorbereiten und es kann etwas "Yogaartiges" haben, weil es sich ganz in die Lektion hineingibt
- Routine kann durchaus mit leichten Abwechslungen gespickt werden, die die Aufmerksamkeit fördern
zb. Routine = eine lange Seite SH, nächste lange Seite Travers, nächste lange Seite Renvers, dann auf Mittellinie aus der Ecke kehrt: Traversale, neue Hand: lange Seite SH, nächste lange Seite Travers, nächste lange Seite Renvers, auf mittellinie aus der Ecke kehrt: Traversale.

--> es gibt zig Möglichkeiten diese Routine beizubehalten und trotzdem die 100% Aufmerksamkeit zu behalten indem man zb. die Tempi nur leicht und für den Zuschauer fast unmerklich variiert, indem man den Ein- bzw. Ausgang der Lektion variiert (ob Schulter oder Kruppe verschieben, wie komme ich aus der Traversale an die Wand: zb. kurz ins Renvers gleiten und direkt ins SH) fliessende Übergänge zw. den Seitengängen etc.

--> daraus sieht man dann als Reiter, ob das Pferd eine Lektion "abspult" oder ob es voll bei der Sache und "an den Hilfen" ist. Eine sehr gute Überprüfung. Deswegen mache ich es zeitweise so, dass ich eine gewisse Routine aufbaue, die ich für ein paar Reiteinheiten beibehalte, dann verändere ich sie. Je nach Thematik. Ich selber bin da aber sehr "lustgesteuert", das heisst ich entscheide oft ad hoc nach Lust und Laune, an was ich gerade arbeiten möchte. Der Luxus eines Freizeitreiters 8) ;)
Liebe Grüesslis, Jen
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Das Maul des Pferdes ist kein Bremspedal! Martin Plewa
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