Jen hat geschrieben:ich weiss nicht, ob deine Antwort an mich gerichtet war

Klare Antwort: Jein
Am Rande vielleicht, aber nicht grundsätzlich.
Dein Lösungsansatz klingt nett und kann so funktionieren.
Das "Problem" dabei ist aber das kann.
Wenn man ausbildungsmäßig mit einem Gangpferd ins Stocken gerät kann das viele Gründe haben und die Lösungen liegen oft alle in den jeweiligen Pferd/Reiterpaaren und ihrem jeweiligem Hintergrund/ der Ausbildung. Wenn man an so eine, tatsächliche oder vermeindliche, "Sackgasse" gerät, dann kann es schwierig werden.
Ein erster sehr guter Ansatz ist es, sich an dieser Stelle zurückzulehen und den bisherigen Ausbildungsweg, der oft bis dahin sehr Islandszenetypisch war, zu überdenken. Diesen Punkt haben Hestur und Nakim scheinbar schon hinter sich oder haben so einige Dinge gleich ganz ausgelassen und bilden nun ihre Pferde gründlich aus und scheuen sich sicher nicht, zurück an die Basis zu gehen und sich nebenher selbstständig weiterzubilden und bisherige Wege zu hinterfragen. Wenn man das macht - und dabei schließe ich mal stillschweigend mit ein, dass in diesem Fall auch alles mögliche andere, wie Fütterung, Haltung, Ausrüstung und überhaupt die allgemeine Gesundheit physischer und psychischer Art kontrolliert wurde - dann sollte sich bis zu einem Punkt X eigentlich auch erstmal alles irgendwie ein wenig zum Guten wenden
Kommt man aber trotz aller Mühe an einem Punkt X (erneut) nicht weiter, dann lohnt es, alles, aber auch wirklich alles neu mit seinen Weg miteinzuberechnen.
Nehmen wir mal Nakims Pferd, weil es so typisch ist:
Ich hoffe, dass stört Dich nicht, Nakim, es ist wirklich nur so typisch, dass es für so viele Islandpferdereiter zutrifft.
Nakim hat geschrieben:Ich bekam sie mit 5 Jahren, da war sie vorbereitet auf die Feiff. Ich wollte nicht daß sie sie läuft, da ich Angst hatte, daß sie danach völlig über die Uhr ist.
Das hier läßt vermuten, das ihre Stute eine interessante und auch leider "typische Islandpferde" "Grundausbildung" hatte. Das Ergebnis sieht so aus:
Nakim hat geschrieben: Bei Erhöhung des Tempos habe ich dann entweder totalen Gangsalat oder Pass unter Aufgabe jeglicher Biegung und Stellung. Da wird sie sofort hektisch.
Und das nächste macht deutlich, wie in der "Szene" häufig auf solche Pferde reagiert wird:
Nakim hat geschrieben:Ich habe dann beim Ausbilder Unterricht genommen. Dies hat mir aber nicht wirklich was gebracht. Wenn er sich draufsetzte hat er sie geheizt.
Das werden wohl einige so oder so ähnlich kennen und manch einer von denen bekam dann womöglich noch zu hören, dass man sich doch freuen sollte, weil das Pferd so wahnisinnig viel "Potential" hat.
Das hier sind drei Punkte, die für mich einen zusätzlichen Teil des Bildes ergeben:
Nakim hat geschrieben:Mein Problem ist, daß sie im Tölt einrecht hohes Tempo gehen muss. Trab ist ganz schwierig. Sie ist hypersensibel im Maul und macht sich sofort fest wenn man selbst nicht absolut locker sitzt.
Nakim hat geschrieben:Gelände reiten war schwierig, da sie sehr guckig und schnell ist. Dann stolpert sie schnell und locker ist sie draußen fast nicht zu reiten.
Nakim hat geschrieben: Sie macht aber auch außergewöhnlich gut mit und will unbedingt. Und steht sich damit oft selbst im Weg. Sie versucht immer vorwegzunehmen und würde bis zum umfallen arbeiten. Sie lernt super schnell und drängt immer zum arbeiten.
Nimmt man alles zusammen, dann bekommt man einen Eindruck, was da alles in der Grundausbildung abgelaufen sein muss.
5jährig war die Stute FEIF fertig ausgebildet - Also wurde sie wohl spätestens 4,5 jährig von der Wiese gezupft und los ging es mit einer typischen Schnellbleiche: Pferd dreimal im Kreis sschleudern, Sattel drauf, Bremse und Lenkung installieren und ab geht die Post! Huiiiiii!!!!
Man stelle sich einen verhältnismäßig großen Reiter auf einem kleinen Pferd vor, dass von jetzt auf gleich
alle seine eventuell vorhandenen Gänge gehen soll und sich dabei ausdrucksvoll präsentieren soll, denn wer keine Beine schmeißt kommt auch nicht ins Stutbuch und bringt einen geringeren Preis. Wie immer erreicht man sowas am besten über Tempo.... Ich schätze mal, den Rest kann man sich mit etwas Phantasie auch ausmalen
Glückliche Isis, bekommen in so einer Grundausbildung sogar bis zu ein paar Monaten Pause. Schön, bedeutet aber auch, dass ein Pferd, dass ein typischer Spätentwickler ist, noch früher gearbeitet wurde.
Was haben solche Pferde wohl gelernt?
In etwa das hier: Der Reiter ist ein Tiger auf meinem Rücken und wenn er drauf sitzt soll ich flüchten! Das ist es, was sehr wahrscheinlich gelernt wurde. Eine Hilfe ist es für die Pferde dabei, dass sie mit ungewohntem Gewicht konfrontiert, wenigstens nicht davon abgehalten wurden, dem eigenen Gleichgewicht hinterher zu laufen.
Losgelassenheit? Vergiss es! Das bringt keine Noten!
Vertrauen zum Reiter? Dito.
Takt? Wie und wann sollen sie das gelernt haben?
Anlehnung? Naja, sowas ähnliches: wird vorne mehr gehalten, soll ich tölten.
Hat das Pferd dazu noch eine 5Gangveranlagung, kommt, wenn es ganz dumm läuft, in diese Ausbildung noch der Rennpass. Das lasse ich aber im dunkeln, denn dann wird es meiner Meinung nach eher kriminell....
Nakim hat geschrieben:Für uns sind schon 2 Runden Trab an der Longe ein Erfolg. Und da arbeite ich schon solange dran.
Ich glaube beides.
Zwei Runden können ein erheblicher Erfolg sein, beinahe unabhängig davon, wie gut dabei die Qualität ist. Das in diesem kleinen Ergebnis jede Menge Arbeit stecken kann, glaube ich mittlerweile unbesehen.
Von so einem Pferd Übergänge in den Gangarten zu "verlangen" kann u.U. eine Anforderung sein, die nicht erfüllt werden kann. Dabei hakelt es dann je nach Veranlagung nichtmal unbedingt an den "technischen" Vorraussetzungen, also der wie Du es nanntest "rudimentären" Basisarbeit. Das, was da hakt, kann ganz schlicht die Psyche des Pferdes sein.
Wie man dann vorgeht, ist natürlich vereinfacht gesagt ein erneutes "zurück zur Basis". Wie dieses "zurück" aber insgesamt aussieht, kann man fast nie genau sagen. Man braucht hier meiner Ergahrung nach ganz sicher zum einen Losgelassenheit und man muß die Kommunikation so ändern, dass man an einen Punkt kommt, an dem das Pferd wieder in die Lage versetzt wird zu lernen.
Man muß sich alles genau betrachten, so dass man am Ende alte Bewegungs- und Reaktionsmuster gelöscht bekommt und dann neue Muster installieren.
Was einem dabei hilft, ist eine Art Bestandsaufnahme zu machen.
Welcher Gang fällt meinem Pferd leicht und welcher schwer?
Ist das immer so, oder ändert sich das je nach dem, ob mit oder ohne Reiter?
Wenn man das weiß, dann hat man schonmal einen Ansatz, welchen Gang man wie fördern/verbessern kann. Also was mache ich vom Boden und was mache ich besser unter dem Sattel.
Welche Gangart ist so gut, dass ich mit ihr immer arbeiten kann?
Ist mein Sitz und meine eigene Einwirkung so gut, das ich an das Ziel kommen kann?
Wenn das Pferd schon im freilaufen hektisch wird, wenn ich nur nach einem "schneller" frage, woran liegt das? Ist das Pferd übereifrig oder übermütig? Wie kommt eigentlich meine eigene Körpersprache bei diesem einen Pferd an? Was kann ich daran ändern, um die Gesamtsituation zu verbessern?
Das geht wirklich unendlich so weiter.
Ja sicher - das alls gilt im wesentlichen auch für einen Dreigänger. Aber man kann es gar nicht genug betonen, was die Möglichkeit des Spiels mit der Spannung für Auswirkungen haben kann, wenn das Pferd kein Dreigänger ist. Da kann der Zoff in der Herde locker dafür sorgen, dass zuviel Verspannung durch die Gänge geistert und so das Arbeiten behindert. An dem Tag kann man perfekt sein und muss sich den Trab dennoch in die Haare schmieren.
Das selbe gilt dann natürlich noch für die Arbeit unter dem Reiter. Kopfschmerzen, stress auf Arbeit oder ein blockierter Wirbel machen da schnell mal alles zunichte.
Die Theorie und da vor allem die Biomechanik sind wundervolle Helfer.
Aber ein Gangpferd, und vorallem eines mit "Vergangenheit", kann einen schnell mal die Schranken weisen.
Wieder einmal war das wohl verdammt lang, aber hätte es wirklich geholfen, wenn ich nur geschrieben hätte, dass Probleme, die sich im Trab zeigen, nicht immer tatsächlich Probleme mit dem Trab sind?
Was bedeutet das, was ich hier alles so lang und breit erzähle für Nakim und Lysing?
Es bedeutet unter Umständen, das die beiden bisher gar nicht so schlecht miteinander gearbeitet haben und das sie nun ihren Weg verfeinern müssen, um weiter zu kommen. Laut Nakim hat Lysing Varianz im Trab, was schonmal eine Menge ist. Vielleicht fehlt es Lysing tatsächlich an biegender Basisarbeit, vielleicht ist es an dem Punkt, an dem sie stehen aber auch weiterführender, mehr an der Losgelassenheit zu arbeiten, um so die reine "Strecke" im Trab erstmal von 2 Runden auf viele Runden zu bringen. Je besser sich Lysing nämlich entspannen kann, desto weniger störanfällig ist ihr Trab und je besser ihr Trab, desto besser kann man vielleicht im Schritt an der Biegung arbeiten und kommt so am Ende dadurch, dass vielleicht sogar zeitgleich an zwei "Baustellen" gearbeitet wurde am Ende dahin, dass man als Ergebnis nicht nur ein gutes Stück im Trab weitergekommen ist, sondern die Lorbeeren für die Arbeit nicht nur im Trab erntet, sondern auch im Tölt. Momentan fehlt es nämlich scheinbar an der Möglichkeit in irgendeiner zweiten Gangart zu arbeiten. Der Tölt geht nur über Tempo und der Trab ist zu instabil. So kommt man bei allem Fleiß nur sehr langsam weiter.
Ich könnte jetzt noch zu einer weiteren Abhandlung darüber kommen, was sich hinter den Fragen verbirgt, die fifill gestellt hat. Das würde aber definitiv jeden Rahmen sprengen.
Soviel sei aber nochmal gesagt: Meiner hat Tölt bis zum abwinken. Ihm wurde der Trab beigebracht und er trabt seit dem immer zuverläßlich im Gelände und freilaufend auch so gut wie immer. Nach, ich schätze mal gut 7 Jahren im/mit Trab, hat er nur genau eine Geschwindigkeit, mit der man im Trab was anfangen kann. Wird er schneller gemacht, haut es ihn auf die VH und zersemmelt den Takt. Macht man ihn langsamer, bekommt man Beinsalat.
Seit er töltet und da gefördert wird, beginnt er, sich im Trab ein wenig zu verbessern. Das aber ist nach über einem Jahr noch immer so minimal, das es den Kohl echt nicht fett macht. Die gesamte bisherige Ausbildung, Gymnastizierung und die entsprechende Verringerung der Schiefe brachte für den Trab insgesamt herzlich wenig. Unter dem Strich hat er gelernt nun auch hin und wieder in der Halle zu traben und an Sternstundentagen schafft er sogar einen Zirkel. Wohlgemerkt: Das ist das gleiche Pferd, dass ein paar Schritte Trab-SH schafft.
Als letztes: Korrekte Biegung und Tölt beissen sich nicht wirklich.
Es gibt diverse Isländer, die korrekt im Schulterherein tölten.

Und um das alles hier mal ein wenig zu relativieren: Wenn man es schafft, so einen Isi für sich zu gewinnen, dann ist das jeden Aufwand wert, den man bis dahin getrieben hat und man hat so unendlich viel gelernt, dass man es ganz sicher niemals bereuen wird
