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Sattelformen - Modeerscheinung oder Zeichen für Stiländerung

Verfasst: Fr, 15. Feb 2008 07:49
von Susanne
Hallo,

die Überschrift ist etwas merkwürdig geworden, ich weiß :oops:. Mir geht's um Folgendes: Wenn man so in den Büchern wie Wätjen blättert sieht man recht flache, relativ unbepauschte Dressursättel. Heutzutage wiederum findet man viele Dressursättel mit sehr tiefem Sitz und viel Pausche. Denkt Ihr, daß das Modeerscheinung ist (so wie enge Hosen, weite Hosen...) oder eine Veränderung des Reitstils und des Sitzes spiegelt?

Liebe Grüße
Susanne

Verfasst: Fr, 15. Feb 2008 08:05
von lalala
Für mich ist es eine Modeerscheinung. Die Sitzprothesen sind ja schon wieder auf dem Rückzug und werden von den baumlosen Sätteln abgelöst. Ebenso wie Keilkissen auf einmal furchtbar schlecht sein sollen und Bananenkissen einen Aufschwung erleben.

Verfasst: Fr, 15. Feb 2008 08:15
von chica
Naja, eine Veränderung des Reitstils ist insofern erkennbar, dass Reiten im Hau-Ruck-Verfahren vermittelt wird und da wird natürlich jede "Hilfe" für einen vermeintlich besseren Sitz dankbar angenommen.

Sehe das ähnlich wie lalala, dass diese extremen Sitzprothesen langsam wieder auf dem Rückzug sind. Dafür sind jetzt die ganzen Barocksättel inklusive extrem hoher Galerien in - besser? Na, ich weiß nicht... 8)

Ich lobe mir meinen ganz normalen Dressursattel mit wenig Pausche und flacher Sitzfläche!

Verfasst: Fr, 15. Feb 2008 08:29
von BM Bazooka
Ich sehe das eher so, im Warmblutbereich, daß früher der Standardsattel eher der VS-Sattel war. Also nix halbes und nix ganzes... Bei dem z.T. extremen Antritt durch verbesserte Zucht suchte man den Schwung einerseits und das immer weniger korrekt reiten - German Hang & Bang - durch Sitzprothesen aufzufangen. In der Umkehrentwicklung sind die Springreiter, die früher durch massive Pauschen auffielen, jetzt eher bei der Pauschen-armen Variante angelangt, angeregt durch französische und angelsächsische Sättel.
Ich persönlich bin für die Entwicklung des Dressursattels in Richtun weich-bequem-breite Auflagefläche und Pausche sehr dankbar - in Passier& Co. kriege ich sofort Probleme mit meiner Wirbelsäule.
Ich brauch die alten harten, pauschenlosen Dressursättel nicht.

Verfasst: Fr, 15. Feb 2008 18:04
von Junito
Susanne, eigentlich stichst du mit deiner Frage in ein Wespennest. Die modernen Dressursättel haben mit feinem Reiten nicht viel zu tun. Sie zementieren den Reiter in einem Sitz, der nicht der seine ist. Früher musste der Reiter tatsächlich sitzen lernen, mit den neuen Modellen wird er hingesetzt.

Für mich habe ich sowas stets abgelehnt. Das Wiederauftauchen von Bananenkissen hat wohl mit der Tendenz zu kürzeren Rücken zu tun.

Mehr möchte ich hier jetzt nicht sagen. Aber in dem Jahr, in dem ich mit Junito in einem Turnierstall war, konnte ich live eine negative Sitzveränderung bei einer jungen Reiterin erleben. Sie hat ihren altmodischen, braunen Amerigo gegen einen neuen, schicken So****-Dressursattel ausgetauscht. Nicht wirklich schön! Anfangs hat man gesehen, wie sie sich noch gegen den Sattel gewehrt hat. Irgendwann hat sie sich dann angepaßt.

Verfasst: Fr, 15. Feb 2008 19:31
von Abeja
Also hier bei uns am (Isi)Hof schwören viele auf Isländersättel mit starken Pauschen, weil das Bein (angeblich) "automatisch in die richtige Lage kommt". Ich kann auf diesen Sätteln fast nicht sitzen. Saß dann mal in einem alten Passier-Dressursattel, fast ohne Pauschen, und war begeistert. Das kam einem natürlichen Sitz ohne Sattel erheblich viel näher. (Sattel paßte leider, leider meinem Pferd nicht :( )

Ich glaube, vieles sind Modeerscheinungen. Totzdem gibt es sicherlich auch Weiterentwicklungen, sei es wegen neuer Materialien, oder wegen neuer Erkenntnisse zur Anatomie, oder auch wegen verändertem Körperbau bei den Pferderassen oder anderer Zuchtziele.

Und auch der Reitstil selbst ist bei verschiedenen Reitern unterschiedlich. Z.B. sitzt Nuno Oliveira auf Bildern meiner Meinung nach schon fast im Hohlkreuz, Anja Beran sitzt fast genauso (logisch, hat es ja bei ihm gelernt :wink: ), man sieht aber auch ältere Fotos von Reitern, die mit relativ kurzen Steigbügeln fast ein bißchen im Stuhlsitz sitzen...

Verfasst: Fr, 15. Feb 2008 21:24
von Janina
Ich denke auch, dass die "Sitzprothesen" ähnlich wie das ganze "Hilfzügel-Gedöns" mit einer bestimmten Entwicklung im Reiten zu tun haben, die auf möglichst "schnell u. einfach" (für den Reiter) abzielte.
Mittlerweile ist eine solche Einstellung doch wieder in Verruf geraten, dementsprechend geht der Trend jetzt wieder zu den unterschiedl. anderen Sattelmodellen.
Ich bin momentan auch auf Sattelsuche, habe mich allerdings noch nicht entschieden, ob ich diesen Trend mitmachen werde/muss/möchte :wink:

Sorry, OT:
@Abeja: Anja Beran hat wohl hauptsächlich bei Manuel Jorge de Oliveira gelernt, nicht bei Nuno Oliveira (Oliveira ist kein seltener Name in Portugal) ;)

Liebe Grüße,
Janina

Verfasst: Sa, 16. Feb 2008 09:40
von fraumelzer
Als ich reiten gelernt habe - in einem ganz "normalen" FN-Gebrüll-Pony-Reitstall - da konnte ich alles sitzen - mit und ohne Sattel und mit gutem und schlechtem Sattel springen, galoppieren (Balance des Kindes eben) - egal.....später dann, als ich Turniere geritten bin - wurde immer mehr auf dieses überlange Bein bestanden, mit dem ich (siehe Zwergen-Fred :wink: ) ja eh schon ein ziemliches Problem habe...
Meine Bügel waren IMMER zu lange eingestellt und ich blockierte im Becken. Es war kein Mitschwingen mehr möglich - somit verkrampfte ich total und verlor beim Aussitzen im Trab auch ständig meine Bügel. Schön ist anders! :roll:
Privat und außerhalb des Trainings schnallte ich die Bügel VIIEEL kürzer als im Training und auf Wettbewerben - einfach weil unser Trainer das nicht erlaubte...und ich hätte mich auch nicht getraut dagegen zu reden (ich war jung und brauchte das Geld... :lol: :lol: :lol: ). Da war wahrscheinlich auch der autoritär Ton den ich in der Ponyreitschule gelernt hatte schuld :oops: .

Erst durch die klassische Dressur machte ich die Erfahrung, die Bügel auch im Dressursattel mal kürzer schnallen zu können. Das war für mich - wie nach Hause kommen. :D
Seitdem hab ich auch einen (oh Wunder) tollen Sitz (den hätte ich wahrscheinlich auch früher schon haben können) und kein Problem mehr mit meinen Bügeln, meinem Becken, meinem Rücken etc. Die natürliche Balance von früher kam wieder zurück...
UND ich brauche weder dicke Pauschen noch einen tiefen Sitz in dem ich im Sattel eingeklemmt werde...das geht jetzt alles ohne - ja inzwischen stört es mich sogar. Liegt vielleicht daran, dass ich ein junges Pferd habe und da einfach mehr Flexiblität und Bewegungsfreiheit brauche.
Früher hätte ich mich ohne Pauschen und tiefe Sitzfläche nicht halten können, denn ich stand ja regelrecht auf dem Pferd - so gerade sollte mein Bein sein. :roll:
Ich kenn immer noch einige Reiter, die ohne ihre "orthopädischen Sitzhilfen" nicht reiten könnten, weil sie es nie anders gelernt haben.
Bzw. kenne ich auch extrem viele Reiter, die sich über ihren Sattel noch nie wirklich Gedanken gemacht haben....aber das ist ein anderes Thema :wink:
Hab schon genug gelabert jetzt...

Gruß, Anja

Verfasst: Sa, 16. Feb 2008 12:56
von Jen
Ich persönlich schätze auch Sättel mit normalem Sitz und flachen Pauschen mehr. Beim Sattel für Leila habe ich sogar einen Vielseitigkeitssattel bestellt: sprich der Sitz und das Sattelblatt sind praktisch identisch mit einem Dressursattel, aber die Pauschen sind kleiner und kürzer, so dass man auch problemlos ein paar Sprünge damit machen kann. Ich fühle mich sehr wohl in dem Sattel. :) Ich denke, der "Trend" geht auch wieder vermehrt zurück in Richtung mehr Beweglichkeit im Sattel. In der Turnierszene braucht es vielleicht noch etwas länger, aber sonst sieht man auch auf Messen und Ständen immer mehr wieder die flachen Sättel. Ah ja, zum Springen habe ich einen Flachsattel, sieht total unbequem aus und als hätte man überhaupt keinen Halt. Aber der Sattel ist spitze und zwar, weil die Steigbügelaufhängung einfach stimmt! Man wird nicht wie bei vielen anderen Springsätteln in einen Stuhlsitz gesetzt, sondern auch in einen sehr geraden Sitz und ist so sehr gut ausbalanciert. Es hat also gar nichts mit dem Sitz an sich zu tun, ob der Sattel gut sitzbar ist... ;)

Verfasst: Sa, 16. Feb 2008 16:21
von kallisto
Ich war mal im Besitz eines uralten Passiersattels. Kaum Kniepauschen und kein tiefer Sitz. Wenn ich so einen ähnlichen passend für meine Pferde später bekomme, dann wäre es ein Traum.
Extra tiefer Sitz, Kniewülste sind für mich ein Kraus.

LG Susi

Verfasst: Sa, 16. Feb 2008 16:54
von Melli
Ich habe für Fannan auch einen Sattel mit flachem Sitz und kaum Pausche, den Passier Antares.
Anfangs hab ich geflucht, weil ich vorher einen Albion-Sattel für meinen Haflinger hatte, in dem saß man automatisch recht gut und sicher (obwohl der auch nicht viel Pauschen hatte, aber ein tiefer Sitz macht schon viel aus), aber im Passier - da muss man sich einen stabilen Sitz ehrlich verdienen.
Hätte ehrlich gesagt ganz gerne einen Sattel mit etwas mehr Halt, sowas wie mein alter Sattel, da lag auch die Steigbügelaufhängung günstiger für mich, aber Fannan passte nix anderes. " Never touch a running system".

Und ich glaube, dass die Sitzprothesen vielleicht allmählich mit dem Zuchtziel "ganggewaltiges Pferd" modern wurden.

Verfasst: Sa, 15. Mär 2008 14:38
von Thisbe
Ich habe ja nun die Tage mal den Racinet-Sattel probiert und war, nachdem ich zu meiner Überraschung damit gut und sicher saß, ganz angetan. Nun wüßte ich gerne, wer Sättel in ähnlich minimalistischer Art vertreibt? Fand es nämlich auch angenehm, so dicht am Pferd zu sitzen :)

Verfasst: Mo, 17. Mär 2008 08:55
von Löwe
Der Racinet-Sattel kann bezogen werden über Pascale Berthier email pa.berthier@freenet.de
Sie ist glaube ich auch in diesem Forum untertwegs. Ich hatte sie mal gefragt, was sie auf ihren Merens für einen Sattel verwendet, da mei Fell Pony in etwa das gleiche Format hat und ich auf Sattelsuche war. Er kommt wohl aus den USA. Jedenfalls haben wir dann vorerst etwas anderes gefunden, daher hatte ich mich nicht weiter mit dem Thema beschäftigt.

Ist dieser Sattel so etwas mit Lederbaum oder wie kann ich mir den vorstellen?

Verfasst: Fr, 22. Aug 2008 13:49
von Catja&Olliver
Ich habe bisher einen ganz "normalen" Springsattel. Springen tu ich in Wirklichkeit garnicht und werde es auch in Zukunft nie. Fuer Stangen- und Cavallettiarbeit wuerde ich ihn behalten, aber einen Dressursattel wuerde ich mir gerne dazukaufen, wenn ich einen nach meinem Geschmack finden wuerde...

Was mich an dem Springsattel stoert ist im Grunde nur die Aufhaengung der Steigbuegel, die zu weit vorne liegen und nicht gerade unter dem Schwerpunkt. Ein halbwegs vernuenftiger Dressursitz ist so, glaube ich, nicht moeglich.

Der ideale Sattel sollte einen Sitz haben so flach wie ein Springsattel (einen VS-Sattel finde ich schon unbequem!), nur das Schulterblatt sollte vertikal nach unten geschnitten sein, schoen glatt und ohne Pauschen, und die Buegel unter dem Po aufgehaengt sein und nicht irgendwo weiter vorne. Gibt es so einen Sattel?

Ich habe mich danach im Internet umgesehen, und dabei hab ich gesehen, dass in Deutschland so etwas aehnliches angeboten wird, aber nur fuer Islandpferde. Wieso das? Ich bin neugierig, in Italien sind Islandpferde ganz unbekannt... Wieso werden ausgerechnt fuer Isis flache Dressursaettel angeboten?

Verfasst: Fr, 22. Aug 2008 14:03
von Rinchen
Ich würde nicht unbedingt sagen, dass der Trend wieder von den Sitzprothesen weggeht. Das kommt einem nur so vor, wenn man viel in so speziellen Foren wie hier drin ist. :wink:
Der eine oder andere Hersteller hat jetzt viell. gemerkt, dass man auch ein anderes Modell mit reinnehmen kann, aber das Gros der Sättel hat immer noch: Keilkissen, Tiefsitzer, große Pauschen.
Und ich musste diese Erfahrung auch grad leidvoll machen, weil ich genau sowas suche, was anscheinend einige Glückliche in dieser Box hier haben: eben einen ganz normal geformten Sitz, keine großen Pauschen, keine Keilkissen, alle Sattler mit gebrauchten Sätteln haben bisher abgewunken ! :evil: Tja, am Ende wird es eben ein neuer bzw. Maßsattel sein müssen.