Ab wann "darf" man ein Pferd anpiaffieren?

Rund um die klassische Reitkunst

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Janina
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Ab wann "darf" man ein Pferd anpiaffieren?

Beitrag von Janina »

Aus einem anderen Thread (http://www.klassikreiten.de/viewtopic.p ... sc&start=0 hat sich die Diskussion entwickelt, ab wann u. wie ein Pferd anpiaffiert werden darf.
Betreffende Beiträge hier als Zitate aufgeführt:
glovedrider hat geschrieben:Everl Mukis?????
geritten werden ist beim Pferd mehr eine Frage der Reflexe, zu viele Muskeln
schaffen bloß Probleme, können u.U. die Sehnen zerreißen. Im Namen des Muskelaufbaus werden mehr Pferde plattgemacht als aufgebaut.
Wie könnte sich sonst Herr R., oder auch früher Herr Olveira auf ein bisher wenig versammeltes Pferd setzen und damit fröhlich piaffieren?.
lg
Isomer hat geschrieben:@Glovedrider
Wie könnte sich sonst Herr R., oder auch früher Herr Oiveira auf ein bisher wenig versammeltes Pferd sezenund damit fröhlich piaffieren?.
Einfache Antwort! Indem sie durch Zirkustricks sich an den Pferden vergehen!!!

isomer
Everl hat geschrieben: @glovedrider: Nun ja - stimmst Du denn grundsätzlich mit mir überein in der Aussage, dass ein Pferd Rücken- und Bauchmuskulatur braucht, um den Reiter tragen zu können, ohne auf die Dauer Schaden zu nehmen?
Zumindest mein Pferd hat von Natur aus nicht genügend Rückenmuskulatur (d.h. links und rechts der Wirbelsäule geht es leider bergab, wo aber im Idealfall ein Muskelstrang sein sollte). Darum möchte ich mein Pferd so trainieren, dass es dort Muskeln bekommt, und mich nicht mit Rückenschmerzen er-tragen zu müssen.

Um Sehnen zu zerreißen müssen schon sehr starke Kräfte walten.
Ob das durch normales Rücken- und Bauchmuskeltraining riskiert wird,
wage ich mal leise zu bezweifeln...
Bild
Kosmonova hat geschrieben:Everl, klar brauch das Pferd die richitigen Muskeln :roll: :wink: Nur mach dich von dem Gedankenbild frei er trägt dich mit den Muskeln ;) Er trägt dich mit der "oberen Verspannung" - die Muskeln müssen sich unbedingt rhythmisch bewegen können ;) Nur damit erfüllen sie ihren Zweck und wachsen ;) Ist wie gesagt nur gedanklich falsch. :D Dr. Heuschmann erklärt das Suuuuuuuuppper ;) Guck mal in die Artikel.
ottilie hat geschrieben:@Isomer:
Kannst Du denn Deine Aussage auch untermauern? N.O. wird sich nicht mehr wehren können, aber bei Herrn R. konnte ich eigentlich keine Zirkustricks erkennen... Würde mich daher doch mal interessieren, was ich da übersehen habe? Und wie es vor allem richtig funktionieren würde - laß uns doch an Deinem Wissen teilhaben, anstatt hier nur mit Schlagwörtern um Dich zu werfen. Das hilft niemandem.
ottilie
Isomer hat geschrieben:@ottilie

Ich hab gesehen wie er unvorbereitete Pferde zum "piaffieren" gebracht hat ja! Und damit hat er sich für mich als Zirkusreiter offenbart, denn nur weil ich geschickt mit Zügel und Schenkel umgehen kann, heißt es nicht nicht das es sinnig ist!! Für mich hat sowas nichts mir Ausbildung zu tun!

Ein Pferd ist ein Sportler und der braucht eine solide Vorbereitung. Sehnen und Knochen die durch langsames und gezieltes Muskelwachstum unterstützt werden. Und auch eine langsames herantasten an die psychische Belastung ist denke ich nicht zu unterschätzten.

Als ich diese Bilder gesehen habe konnte ich auf einmal die Kritiken der früheren Reiter verstehen, die Baucher als Zirkusreiter bezeichneten.

In wie weit das wirklich das Vorgehen von Baucher war kann man nicht beurteilen, im Buch von Kerbrecht lese ich eine Systematische und langsame Ausbildung heraus. Ich zweifle in der Zwischenzeit aber stark!!

gruß isomer
Jen hat geschrieben:Hallo Isomer

Was genau verstehst du unter "unvorbereitet"? Macht nicht genau das ein guter Ausbilder aus, dass er die natürlichen Reflexe so genau timen kann, dass das Pferd die Verhalten zeigt, die wir von ihm wollen? Ist es nicht genau das, was wir im täglichen Leben mit einem Pferd möglichst versuchen, auszunutzen, um uns gut verständlich zu machen? Wie oft, wie stark, in welchem Ausdruck wurden denn die Lektionen "abgefragt"?

übrigens... Zirkusreiter war früher nicht nur Schimpfwort. Im Gegenteil. Auch Steinbrecht hat Pferde für den Zirkus ausgebildet... ein paar von den begnadetsten Ausbilder haben Pferde für den Zirkus ausgebildet bzw. sind im Zirkus aufgetreten.
Isomer hat geschrieben:Also Leute bin ich im falschen Film?

Wer ein Tier ohne vorherige jahrelange Ausbildung zu Lektionen bringt, ohne vorher es physisch so zu kräftigen das es ohne Schäden die gezeigten Haltungen ausführen kann, hat für mich den Pfad der und ich hasse dieses Wort, aber hier passt es, reellen Ausbildung verlassen!!!

Für mich gibt es da gar keine Überlegungen und ich frage mich wie man auf die Idee kommen kann sowas sei gesund/richtig?

In Wien vollbringen unvorbereitet junge Pferde keine Levaden, Piaffen usw oder irre ich mich so?

Und ich bezog mich auf das Zitat von Glovedrider und die von mir gesehen Kunstücke von baucheristischem Reiten! Und ob das nun ein Oliveira, Racinet,Karl oder der Kollege im Stall um die Ecke ist, ein überspringen von Zeit und Ausbildungsschritten durch Tricks ist für mich Zirkusreiterei und zwar nicht mit den guten Eigenschaften die ich damit verbinde! Das meine ich mit an den Pferden "vergehen" wer da zu viel reininterpretieren will soll es machen. :roll:

Man kann immer von einem Extreme ins andere gehen (siehe Glovedriders beschriebenes übertriebendes Muskeltraining) , aber will ich physiologisch mein Pferd nicht überfordern, dann gehört ein langsames Training des ganzen Pferdes dazu!


isomer
Steedrider hat geschrieben:Also ich muss mich Isomer anschließen.
Klar ist schon etwas an Gefühl nötig, um im richtigen Augenblick die richtigen "Knöpfe" zu drücken, um ein untrainiertes Pferd scheinbar mühelos piaffieren zu lassen.
Nur wenn das Pferd dazu eigentlich weder die psychische noch die physische Kraft hat....sind es dann überhaupt die "richtigen" Knöpfe?

Es ist ja nicht bloß pure Geißelei, dass die ganze Reiterei und Ausbildung von Pferd und reiter so lange dauert. Klar kann ich ein untrainiertes Pferd, wenn ich weiß wie, irgendwie piaffieren lassen....aber was bringt es mir? Und dem Pferd?? Das ist doch wieder ein typisches Lektionenreiten als Selbstzweck und genau das soll es doch nicht sein. Die Lektion soll die Durchlässigkeit und den Ausbildungsgrad des Pferdes überprüfen/verbessern.

Bei einem schlecht ausgebildeten Pferd hat eine mal eben gerittene Piaffe weder einen gymnastischen, noch einen überprüfenden Wert. Es wird lediglich gemacht, damit der Reiter sagen kann "Guck mal, ich kann den Bock piaffieren lassen." Das ist wirklich Showreiten und hat für mich nichts mit dem Reiten fürs Pferd zu tun. Das Pferd stirbt davon natürlich nicht....aber wenn wir schon von Kunst reden: Die Leinwand kippt auch nicht hinten über, wenn ich einen fetten schwarzen Strich durch mache, aber es hilft mir in keinsterweise weiter.
Jen hat geschrieben:Isomer, ich weiss nicht wie du zu solchen Aussagen kommst. Was hast du denn genau gesehen? Was waren das für Pferde und was verstehst du unter unvorbereitet?Waren diese PFerde denn roh von der Weide oder wie? Was wollte er denn damals damit bezwecken, zeigen? Ich komme nicht draus. Es gibt viele verschiedene Wege zu einem Ziel zu kommen und dazu gehört auch, dass man zb. so eine Lektion wie eine Piaffe nicht nur als Ziel sondern auch als Weg anschauen kann. Gerade wenn man sich mit der klassischen Reitkunst befasst, so wie wir es in diesem Forum verstehen. Und so wie ich zb. Herr Hinrichs kennengelernt habe, kann ich diese Beobachtungen nicht bestätigen, dass er Pferde psychisch und physisch überfordert. Sicher macht jeder Ausbilder mal Fehler und jeder geht mal über die Grenze. Aber sowohl auf die geistige, wie auf die körperliche Gymnastizierung legt er sehr viel Wert und das versucht er auch seinen Schülern/Kursteilnehmern mitzugeben. Und lustig, dass du Wien ansprichst, denn gerade Hinrichs hat eine sehr starke Verbindung zu Wien... ;)
Kosmonova hat geschrieben:Vielleicht sieht du das irgendwann nicht mehr so streng, Steed ;)

Es ist jedenfall in meinen Augen auch übertrieben es als Zirkustricks abzustempeln wenn ein Pferd sich jung anpiaffieren lässt. Schließlich hat die Lektion selbst einen hohen Wert fürs Pferd WENN (!!!!) es sanft herangeführt wird (also doch vorbereitet z. B. vom Boden aus, Mit Ausbilder zu Fuss) und es die Lektion korrekt ausführt. Viele Ausbilder führen die Pferde sachte über Rückwärts/ Vorwärts in die ersten Diagonalen Tritte ;) Finde ich jetzt NICHT als Zirkusreiterei wenn man sich natürliche Dinge für sich nutzt. Und überhaupt auch Zirkuslektionen haben einen hohen Gymnastischen Wert wenn man sie korrekt ausführt ;) und dies gilt für alle Lektionen die es gibt. Lieblos abgefragt ist es eher Zirkus als wenn ich den Gymnastischen Effekt für mein Pferd nutze - lieber frage ich mich vorher"Ist es zu jung um geritten zu werden?" als das ich einzele Lektionen abstemple. Nur mal so als Denkanstoß ;)

Herr Hess hat in der DVD "Klassik contra Classique" auch Mons. Karl vorgeworfen "Zirkusreiterei" zu betreiben, DAS fand ich sehr unverschämt. Wenn ich mein Pferd in der Piaffe auf den Kopf stelle geht der Gymnastische Effekt flöten soll aber toll sein und wenn ich ein Pferd das "schlecht" galoppiert zuerst Anpiaffiere ist es Zirkusreiterei???!!! Das ist doch Heuschlerei.

Steed, hast du das Topic den nun nachvollziehen können?
Anchy hat geschrieben:Wenn ein Herrn Hinrichis auf einem Seminar mit einem Teilnehmer an einer Piaffe arbeitet, kann man schwer davon ausgehen, daß dieses Pferd eine gewissen "Grundschule" durchlaufen hat.

Und genau dieses habe ich auch in diesem WOchenende auf einem PK Kurs gesehen. Die Piaffe ist kein Selbstzweck, sie hat auch bei jungen Pferden gymnastischen Wert,bzw, der Weg dorthin.
DARUM geht es Isomer nicht :wink:
LG
Anchy
chica hat geschrieben: Dazu möchte ich was loswerden. Letztes Wochenende war ich Zuschauer auf einem O'Brien-Kurs. Bekanntlich Wiener ;) Er benutzt die Piaffe als Muskeltraining und vertritt die Meinung, dass mit Touchierübungen und dem Diagonalisieren bereits ein Jahr nach dem Anreiten begonnen werden sollte. Nur so kann über weitere Jahre die Piaffe zu eben einer solchen werden. Es werden lediglich wenige Tritte gefordert, wobei es am Anfang überhaupt erst einmal um eine Reaktion auf die Touchiergerte geht.

Ich sehe da nichts verwerfliches daran.
glovedrider hat geschrieben:Auch in wien beginnt die Ausbildung der Pi auch nicht erst so spät, wie sich das manche vorstellen. Ich weiß nicht wies heute ist aber lt Akerl haben die nach einem Jahr Grundausbildung mit der Pilarenarbeit angefangen. GEgenüber den heutigen Verkaufausausbidern, die schon von 4 jährigen Pferden perfekte Pi und Pa Videos stolz präsentieren, ganz schön spät.
Natürlich komme ich vom Thema ab. Aber da hatte ja Everl nachgefragt. Ichhabe nur sagen wollen , daß Muskelbildung nicht alles ist.
Die in Wien haben das auch wohl erkannt. Und Reflexe lassen sich nun mal später nur schwerer ausbilden.
Mangelnde Rückenmuskulatur läßt sich oft mit passendem Sattel und etwas mehr futter beheben.
Viele Pferde werden heute auch übertrainiert (abgekocht).
Da ist eben nix mit Muskelaufbau. Was auch für die Reflexthese spricht.
Trägt die Rückenmuskulatur den Reiter?? Ja , wenn er nicht in der Lage ist das Nacken- Rückenband zu spannen. Bei enem vernünftig gerittenem Pferd ist das Band gespannt, die Muskulatur steht zur Fortgewegung zur VErfügung. Das Nacken-Rückenband trägt den Reiter, sagt Dr. Heuschmann. Da mittlerweile fast jeder schon bei dr. H. war, wunderts mich , daß immer noch Muskulatur zum Tragen des Reiters aufgebaut werden soll.
lg
Susanne hat geschrieben:Mit der Pi ein Jahr nachm Einreiten bin ich sehr zweigeteilter Meinung. Der Lipi den ich kenne, könnte man Problemlos sofort anpiaffieren, aber DH tut er sich schwer. Untalentiertere Pferde (z.B. meins) werden wohl sich wohl immer mit dem Takt und der Versammlung schwer tun und ob man denen einen gefallen tut, wenn man so früh damit anfängt? Ich denke, daß muß man absolut von Pferd zu Pferd mit dazugehörigem Reiter entscheiden.
chica hat geschrieben: @Susannes letzten Satz:
DAS gilt aber eigentlich für alle Bereiche der Reiterei, nicht? ;) Und die hier genannten Ausbilder werden wohl in der Lage sein, dies zu sehen...
Steedrider hat geschrieben:Ja, ich habe auch "Verbindung" nach Wien und soweit ich weiß, werden die Pferde dort zwar früh anpiaffiert, aber an der Hand und erst sehr sehr spät unterm Sattel.
amara hat geschrieben:Ich habe kein Problem damit, ein junges Pferd frühzeitig zu versammeln - wenn es altersgerecht ist (kurz und ohne Reiter) und gut aufgebaut. Nichtsdestrotrotz gibt es halt wenig Leute, die Erfahrung damit haben - und vor Selbstexperimenten sei gewarnt.

Ich denke ÄHNLICH dem hier angesprochenen Fall mit dem Lippizzaner - man tue was das Pferd BRAUCHT. Erfahrungsgemäß BRAUCHEN viele Barockpferde wie Spanier oder Lippis nicht die Piaffe oder piaffeartige Tritte, die BRAUCHEN anfangs mehr - wie gesagt - alles was dehnt, alles was vorwärts geht, alles was ENT-sammelt im positiven Sinne.
Ganz anders viele Warm- und Vollblüter! Viele BRAUCHEN nicht jahrelang vorwärts in die Dehnung geschickt werden, wenn es WB/VBs mit gewohnt gutem WB-Exterieur sind. Dagegen brauchen viele schon relativ früh "Ahnungen" in die Versammlung, weil sie sich eben damit einfach schwer tun. Dehnungshaltung habe ich bei meinem z.b. geschenkt bekommen. Dafür bekomme ich eben andere Dinge nicht geschenkt.
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ottilie
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Beitrag von ottilie »

Vielen Dank für die Arbeit Janina.
Ich sehe die Piaffe als Weg und nicht als Ziel. Und habe daher kein Problem, auch ein junges Pferd an die Piaffe heranzuführen. Bloß weil man ein junges Pferd in diese Richtung führt und langsam aufbaut, ist das doch nicht schädlich, wenn es pferdegerecht durchgeführt wird. Ich sehe das wie Anchy (glaube ich zumindest, daß sie es war), daß man eben das vorhandene Potential /Vermögen / Können / den natürlichen Bewegungsablauf des Pferdes so herausarbeitet, daß es durch den Menschen abrufbar wird.
Und insofern sehe ich auch kein Problem, wenn ein Ausbilder auf einem Kurs ein Pferd "anpiaffiert". Denn zum einen werden dort kaum Remonten vorgestellt, die nur kurze Arbeitsreprisen abkönnen, sondern erwachsene, regelmäßig gerittene Pferde, die meistens auch einen höheren Ausbildungsstand haben. Und ich denke, daß die Ausbilder wissen, wie sie eine Piaffe aus dem Pferd herausarbeiten. Sie werden die Lektion auch nicht stundenlang reiten und somit ungeübte Muskeln überstrapazieren. Sondern im Gegenteil ihre Rückschlüsse über Gymnastizierung und Versammlungsfähigkeit des Pferdes ziehen. Daher begreife ich immer noch nicht, was das mit Zirkuslektion oder -reiterei zu tun hat.
Und Jen hat heute noch einen Aspekt angesprochen in ihrem Kursbericht: Wir "Freizeitreiter" gehen doch schon mal zu "übervorsichtig" an unser Pferd heran. Doch richtige Gymnastizierung ist Arbeit - ich hole mal wieder mein Lieblingsbeispiel hervor - den Balletttänzer. Ohne Training kein Spagat. Punkt. Daß es dauert und anfangs nur eine Idee von Spagat da ist - ok. Bei der Piaffe ist es genauso. Also warum nicht damit anfangen und dem Pferd so helfen, seine Muskeln aufzubauen.
Warum sollte es sonst in Klassikkreisen durchaus legitim sein, Pferde erst zu galoppieren, wenn sie "piaffereif" sind? Doch nur deswegen, weil dann die Tragfähigkeit der Hinterhand entsprechend herangebildet wurde. Bloß nimmt sich heute kaum einer die Zeit dazu, ein Jahr nicht zu galoppieren um diese Tragfähigkeit herauszuarbeiten.
Und ganz ehrlich: wie viele Reiter galoppieren mit ihrem Zossen Runde um Runde, wo kein einziger runder, über den Rücken bergauf gesprungener Galopp dabei ist? Aber galoppieren kann ja jeder. Nur Piaffe ist was für die Experten... Deshalb darf das auch keiner, der nicht Experte ist.
Wir denken, was wir sind. Oder sind wir, was wir denken?
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Beitrag von Fiorella »

ottilie hat geschrieben:Doch richtige Gymnastizierung ist Arbeit - ich hole mal wieder mein Lieblingsbeispiel hervor - den Balletttänzer. Ohne Training kein Spagat. Punkt. Daß es dauert und anfangs nur eine Idee von Spagat da ist - ok. Bei der Piaffe ist es genauso.
Ich habe keine praktische Erfahrung mit der Piaffe. Aber, um bei deinem Beispiel zu bleiben, soweit ich weiss kommen die wenigsten zum Spagat indem sie gleich mit Spagat anfangen. Gilt nicht für die Piaffe im übertragenen Sinne dann dasselbe? Also, erst mit Vorübungen anfangen, um dann den Trainigseffekt daraus für die eigentliche Übung zu nutzen.
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amara
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Beitrag von amara »

Eigentlich mag ich MdB nicht sooo gerne, aber dieser Satz hat mir gefallen:


„Die Piaffe ist nie ein Ziel in der Ausbildung, das muss jedem klar sein. Sie ist ein Mittel, um das Pferd zu kontrollieren und es zu runden. Es handelt sich um eine reine Gymastizierung. Das Pferd muss wie eine Kugel werden, die ich vorwärts, rückwärts oder seitlich verschieben kann.“ (Marc de Broissia)


Daraus wird schon auch klar, dass es "den" Zeitpunkt und "die" Piaffe nicht gibt... es ist eben... Mittel zum Zweck!
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Jen
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Beitrag von Jen »

Fiorella hat geschrieben: Ich habe keine praktische Erfahrung mit der Piaffe. Aber, um bei deinem Beispiel zu bleiben, soweit ich weiss kommen die wenigsten zum Spagat indem sie gleich mit Spagat anfangen. Gilt nicht für die Piaffe im übertragenen Sinne dann dasselbe? Also, erst mit Vorübungen anfangen, um dann den Trainigseffekt daraus für die eigentliche Übung zu nutzen.
Wer sagt denn, dass jedes einigermassen diagonales Treten schon eine Piaffe ist? ;)
Liebe Grüesslis, Jen
***
Das Maul des Pferdes ist kein Bremspedal! Martin Plewa
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chica
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Beitrag von chica »

amara hat geschrieben:Eigentlich mag ich MdB nicht sooo gerne, aber dieser Satz hat mir gefallen:


„Die Piaffe ist nie ein Ziel in der Ausbildung, das muss jedem klar sein. Sie ist ein Mittel, um das Pferd zu kontrollieren und es zu runden. Es handelt sich um eine reine Gymastizierung. Das Pferd muss wie eine Kugel werden, die ich vorwärts, rückwärts oder seitlich verschieben kann.“ (Marc de Broissia)
So ähnlich hört man das auch von Hinrichs. Ich selbst versuche ebenfalls, das Diagonalisieren (weiter sind wir noch nicht) und die halben Tritte als Muskeltraining einzusetzen und nicht als Lektion zu sehen.
LG Ines
................................................
"Die Kritik an anderen hat noch keinem die eigene Leistung erspart."
(Noël Pierce Coward)
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Mela
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Beitrag von Mela »

Das ist ja für mich einer der großen Unterschiede der klassischen Reiterei zur Tunierreiterei, daß Lektionen nicht um der Lektion willen geritten werden sondern um einem Zweck zu erreichen (mehr Balance, Schwerpunkt verschieben, aktivierung der HH uvm) wenn es die Piaffe ist dann eben die, wann man welche Lektion beginnt liegt am Gespühr des Ausbildner/Reiters und natürlich ganz stark am Pferd, manchen hilft das frühe anpiaffieren enorm, für andere wäre es eine totale Überforderung. Solange man sich immer fragt, was es dem Pferd hilft, ist es o.k. finde ich.

Allerdings glaube ich schon das es einiges an Erfahrung und Wissen bedarf, das richtige Gespühr dafür zu entwickeln, unbedarft an die Sache ran gegangen kann man auch viel Schaden anrichten.
Liebe Grüße
Mela

Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.
Antoine de Saint-Exupéry
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glovedrider
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Beitrag von glovedrider »

Es gibt aber auch gute Gründe für eine bestimmte Reihenfolge der Lektionen.
Da kommen die Seitengänge vor der Piaffe. Piaffiert man , bevor die Pferde durchgeritten sind, kommt es u.U. zu einem unerwünschten piaffieren, dem der Reiter dann relativ hilfos gegenübesteht. Da kann er dann ja endlich mal
die Wirkung der simultanen Gesamteinwirkung mit Einsatz der Sporen
anwenden. Tja nu reite ich Seitengänge aber im Trab und bei der Gesamteinwirkung steht die Kiste, wenn diese denn vorschriftsmäßig funtkoniert. Dann kann leicht passieren, was von Monteon folgendermaßen beschrieb:
Und in dem Sattel saßein Steiß, der sich nicht zu helfen weiß.

Also vorsicht.
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Anchy
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Beitrag von Anchy »

Vor allem sollte das Pferd zuerst einmal ein wenig gerade gerichtet sein.

Beim unerwünschten Piaffieren ist es wie beim Spanischen Schritt, damit kann man sich prima entziehen :lol: , wobei man sagen muß, daß dabei mehr diagonale Tritte ohne Schwung rauskommen als eine wirkliche Piaffe.

Anchy
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Beitrag von esge »

Es gibt in jedem Fall eine Reihenfolge, ja! Aber das bedeutet nicht automatisch, dass das Pferd Jahre braucht, bis es die ersten diagonalisierenden Tritte zeigen darf, bzw. der Reiter/Bodenausbilder sie ihm abfragen darf - sofern dieser Ausbilder das KANN!

Und vom ersten Abfragen bis zur fertigen Piaffe, das dauert dann in der Tat seine Zeit. Und selbst wenn es schon wie eine Piaffe aussieht - bis das PFerd sie wirklich leicht und geschmeidig ausführt, eventuell über sehr viele Tritte hinweg (diese lächerlichen und meist mühsamen 15 Tritte im GP sind ein Witz!), da gehen Monate und Jahre ins Land.

Mein Pferd wurde mit 5 an die ersten diagonalisierenden Tritte herangeführt. Nun wird er bald 9 und so seit etwa einem Jahr piaffiert er nun wirklich ganz schön.

Aber in all der Zeit dazwischen hat er sich durch die Arbeit an der Piaffe für diese geformt, gekräftigt und nebenbei einen riesigen Haufen von Vorteilen für die übrige Arbeit daraus gezogen. Er hat DURCH die Arbeit an der Piaffe gelernt, seinen Hintern zu gebrauchen.

Wie bitte soll ein Lebewesen Muskeln aufbauen, ohne sie zu gebrauchen. Es ist ein Trugschluss zu glauben, diese für das Piaffieren notwendige Muskulatur fiele nach vielen Jahren der Ausbildung einfach vom Himmel. Sie wird ganz sicher nicht durch die herkömmliche Arbeit der Klassen A bis M aufgebaut - wie man an den schlechten Piaffen im GP sieht. Tragemuskulatur wird durch Tragearbeit aufgebaut und nicht durch Schubarbeit.

Im übrigen wird meiner Meinung nach der Kraftaufwand der vom Pferd aus nötig ist, um ein paar piaffeartige Tritte zu zeigen, hoffnungslos überbewertet. Letztlich ist piaffieren, hat das Pferd erstmal begriffen was es soll, eine sehr schonende art, ein Pferd zu bewegen - man kann es sogar damit aufwärmen (nach zuvorigem Dehnen im Schritt). Darum ist es mitnichten verdammungswürdiger Zirkus, wenn begnadete Reiter es durch ihr Können schaffen, ein Pferd so in Balance zu setzen, dass einige Piaffetritte möglich sind. Dem Pferd passiert rein gar nichts dabei. Endloses Vorwärts-Abwärts reiten verschleißt erheblich mehr Pferde, soviel ist sicher.
Aber wir normalen Reiter werden es nicht schaffen, ein Pferd so in Balance zu setzen, einfach aus unserem Sitz heraus. Drum brauchen vor allem wir die Zeit, das Pferd vorzubereiten. Es an die Sprache der notwendigen Hilfen zu gewöhnen, es in Balance zu setzen, es gerade zu richten und für unsere FEHLVERSUCHE :wink: zu kräftigen. Geistig und körperlich.

Würde mal um das korrekte Schulterherein soviel Bohei gemacht wie um die Piaffe!
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Beitrag von FoxOnTheRun »

Da kann ich esge nur in allen Punkten zustimmen. Gut gebrüllt, Löwe!
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Beitrag von Carmen »

Ganz oben im ersten Zitat steht etwas davon, dass zu starke Muskeln Sehnenabrisse bewirken können. Das ist völliger Unsinn. Muskeln laufen in Sehnen aus und sind über diese am Skelett befestigt. Sehnen sind zwar nicht besonders dehnbar, aber seeeehr zugfest. Kein Muskel ist stark genug, die eigene Sehne abzureißen. Die eines anderen Muskels schon gar nicht.
"Es gibt schon viel zu viele Pferde, die Gefangene sind. Wenn wir unser Pferd lieben, müssen wir [...] ihm so viel wie möglich von seiner Freiheit zurückgeben." Sylvia Loch
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Beitrag von Big Mama »

Ich halte halbe Tritte, piaffartige Tritte ebenfalls für ein Mittel zur gymnastizierung. Ganz klar an meinem Pferd zu sehen: Seit wir das versuchen zu reiten wurde der Galopp von ganz alleine runder und erhabener. Was hab ich da vorher alles versucht, puh. Und nun geht es mühelos. Tja, leider auch immer ein nettes Mittel sich anstrengenderen Tätigkeiten zu entziehen. Womit wir wieder dabei wären: So anstrengend kann das fürs Pferd nicht sein :wink: Und ich hab keinen leichtfüßigen Vollblüter.
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carmen

Beitrag von glovedrider »

über die Ursache von Sehnenrissen kannst du dich hier informieren:

http://www.medizinfo.de/sportmedizin/mu ... isse.shtml


lg
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Beitrag von Anchy »

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