Zum zweiten Mal reihte ich mich unter die Zuschauer und konnte einige Wiederholungstäter ausmachen, die ich bereits das letzte Mal begutachten konnte – teils mit anderen Pferden. Und wie immer war es spannend, die Entwicklung bzw. die Verlagerung der Arbeitsschwerpunkte zu sehen. Andere sind bereits bei DOB geritten, waren mir aber bisher unbekannt (was bei der Menge an Schülern ja kein Wunder ist *g*)und eine Teilnehmerin kannte DOB gar nicht. Alles in allem eine wunderbare Mischung.
Die erste Reiterin betrat mit ihrem, ich glaube 15jährigen, Fellpony die Bahn. Der Mini-Friese lief wirklich schön und war gut geritten. Nach eigener Aussage hat die Reiterin in den ersten Jahren ohne Anleitung herumgewerkelt und dabei viel falsch gemacht. Davon war in der Zwischenzeit nicht mehr viel zu sehen – Fehler machen wir schließlich alle.
Desmond arbeitete mit ihr an der Traversale und gab ihr die Gedankenstütze des „Schulterherein auf der Diagonalen“ mit. Sowohl im Schritt als auch im Trab wurde geformt - mit einem passablen Endergebnis. Ziel war es wohl vorrangig, an Biegung und Stellung zu arbeiten und dies dann mit in den Galopp zu nehmen. Zum Abschluss wurde am Kurzkehrt im Trab gearbeitet und mit Hilfe einer Touchiergerte vom Boden aus diagonalisiert.
Die zweite Einheit der beiden wurde von der Galopparbeit bestimmt. Desmond ließ sie folgende Übung reiten: Handgalopp auf dem Zirkel, durch den Zirkel wechseln, dabei auf der Mittellinie zum Trab durchparieren und nach wenigen Tritten im neuen Handgalopp angaloppieren usw. Dabei sollte sie die Anzahl der Trabtritte immer weiter verringern – als Vorbereitung auf den fliegenden Wechsel, der aber noch ein bisschen dauern wird. Die Vorbereitung darauf sah allerdings schon vielversprechend aus. Um das Pony zu „elektrisieren“, also auf den Schenkel zu sensibilisieren, wurde die Reiterin auf den Zirkel geschickt und sollte im Handgalopp immer wieder zum Trab durchparieren und sofort wieder neu angaloppieren. Ergebnis war ein wunderbar kadenzierter und bergauf gesprungener Galopp.
Das Pony war eifrig und bemüht und die Reiterin konnte die Anweisungen von Desmond gut umsetzen. Die Steigerung allein innerhalb der Einheiten war deutlich zu sehen.
Die zweite Teilnehmerin ging mit dem ältesten Pferd an den Start, eine 22-jährige Stute und mopsfidel. Die beiden arbeiteten überwiegend an der konstanten Anlehnung. Die Stute war sehr sensibel im Maul und die Reiterin nicht schnell und flexibel genug mit der Hand – dafür aber sehr vorsichtig. Desmond ließ die beiden im Leichttraben Tempounterschiede reiten, spielte immer wieder mit Zulegen und Aufnehmen. Je häufiger die Reiterin zulegte bzw. sich darauf vorbereitet, desto flexibler wurde ihre Hand.
In der zweiten Einheit wurde dann folgende Übung geritten: Auf die Diagonale, dabei immer wieder kurze Wechsel zwischen Zulegen und Aufnehmen, danach aus der Ecke kehrt, in der Traversale zum Hufschlag zurück und auch dabei wieder Zulegen und Aufnehmen.
Den Abschluss der Einheiten bildete jedes Mal die Galopparbeit, in dem sie im Handgalopp den Zirkel verkleinern sollte, um die Stute mehr zu setzen. Ergebnis war eine fleißige Hinterhand und ein höchst aufmerksames Pferd.
Als drittes wurde ein 9-jähriges Warmblut mit sehr schwungvollen Gängen vorgestellt. Die Reiterin, relativ klein, war im bisherigen Grundtempo nicht in der Lage auszusitzen und möchte ihren Wallach gerne „bequemer“ bekommen. Desmond war das Grundtempo im Trab zu hoch. Um den Rahmen zu verkürzen ohne ihn dabei eng zu machen, schickte er die beiden immer wieder auf die Volte, um den Schub in Tragkraft umzuwandeln. Das Tempo wurde so im Laufe der Einheit deutlich ruhiger.
Dann sollte die Reiterin das Schulterherein im Leichttraben hinzunehmen und sobald er eiliger wurde in eine Volte abwenden. So lieferten die beiden nachher ein schönes Bild ab.
In der zweiten Einheit nahm Desmond dann Schlangenlinien durch die Bahn mit Volten auf der Mittellinie dazu. Pferd und Reiterin wirkten hochkonzentriert. Insgesamt soll die Reiterin viel gebogene Linien nutzen, um sich der Konzentration und Mitarbeit ihres Wallachs sicher zu sein.
Beendet wurden die Einheiten jeweils mit der Arbeit am Travers im Schritt. Als die Reiterin bei der Anweisung Tavers verdutzt in die Runde blickte und meinte, dass sie bisher nur Kruppherein geritten sei, erwiderte Desmond ganz trocken: „Reit, was immer Du willst, hauptsache er geht schief.“ und stellte danach schmunzelnd klar, dass es sich um dieselbe Übung handelt.
Die Reiterin bemühte sich nun um Travers, das Pferd konnte allerdings nicht Stellung und Seitwärts gleichzeitig ausführen und war etwas überfordert. Also ließ er die beiden erst einmal Schenkelweichen, um den seitwärts treibenden Schenkel zu etablieren. Bei den letzten Tritten sollte die Reiterin dann nur durch Körperdrehung und Begrenzung der Zügel (=Schulterkontrolle) die Stellung zum Travers erreichen. Um dies zu festigen, sollte sie später das Kurzkehrt traversartig mit hinzunehmen. Diese Übungen nahm die Reiterin als Hausaufgaben mit nach Hause.
Das vierte Paar wies den weitesten Ausbildungsstand vor und war ein Augenschmaus fürs Publikum. Es handelte sich um einen 16jährigen Lusitano-Fuchswallach, der von einem Stierkampfpferdezüchter stammt. Der Züchter hatte ihn damals ausgemustert, weil er selbst ihm zu „heiß“ war. Um so bemerkenswerter, was die Reiterin hier geleistet hat!
Die beiden begannen ihre erste Einheit mit Seitengänge in allen Gangarten. Es folgte Galopparbeit auf dem Zirkel. Daraus sollte die Reiterin eine halbe Pirouette reiten, fliegend Wechseln und wieder in eine halbe Pirouette gehen. Die Bestandsaufnahme ergab, der Wechsel nach rechts hakt. Daran sollte später gearbeitet werden.
Als nächstes ging es an die Arbeit an der Levade. Die Piaffe war einfach perfekt *schwärm* Die Reiterin sollte nun in der Piaffe ans Rückwärts denken und daraus die Levade entwickeln. Der Wallach konnte sie zwar noch nicht lange halten, aber die Hankenbeugung war beachtlich. Die Levaden wurden immer gesetzter und für das Obenbleiben gab Desmond der Reiterin folgendes innere Bild mit auf den Weg: Der Osterhase, der im Feld sitzt und Ausschau hält

Zum Abschluss der ersten Einheit gab es dann noch eine Augenschmaus-Passage, mit der die zweite Einheit am Nachmittag weitergeführt wurde – in der Traversale! Um aber die Aufgabe vom Vormittag aufzugreifen, wurde wieder an den fliegenden Wechseln gearbeitet. Erneut schickte Desmond die beiden in die Übung halbe Pirouette – Wechsel – halbe Pirouette. Und wieder klappte der Wechsel nach rechts nur bedingt. Also ging es zur Abwechslung auf die Diagonale zu den Serienwechseln. Hier waren ganz klar die Grenzen des Wallachs erreicht. Aber: durch die Arbeit an den Serienwechseln, war dieser eine Wechsel zwischen den Pirouetten auf einmal ein Klacks

Die zweite Einheit der beiden hielt noch eine Piaffe-Pirouette bereit, um sauberere Tritte durch die Seitwärts-Tendenz zu erhalten. In meinen Augen Makulatur… Der krönende Abschluss kam aber noch: der Wechsel zwischen Trabverstärkung und Passage – ich war hellauf begeistert.
Die fünfte im Bunde war unser Forenmitglied ottilie mit ihrem Otto. Sie wird zu ihren beiden Einheiten sicher selbst noch etwas schreiben. Nur soviel vorweg – die Arbeit an Piaffe und Passage war beeindruckend!
Danach betrat eine Schülerin der Lusitano-Reiterin die Bahn. Sie saß auf einer 12-jährigen Warmblut-Stute, die sie demnächst gerne in der L-Dressur vorstellen möchte. Ihr Hauptaugenmerk lag dafür besonders auf Versammlung, Verstärkung und nachher dem Außengalopp. Desmond wollte sich ein Bild von den beiden machen, griff dann aber sehr bald in die Arbeit ein und forderte im Trab zum Beispiel Tempounterschiede sowie Zirkel verkleinern und vergrößern (dies später auch im Galopp). Immer wieder ließ er die Reiterin die Augen schließen, um zu fühlen. Wendungen sollten mal einhändig geritten werden, um die Auswirkung der Körperdrehung deutlicher zu spüren. Diese Beobachtungen waren auch für die Zuschauer äußerst interessant.
In der zweiten Einheit ging es dann an den Außen- bzw. Kontergalopp. Hierfür verkleinerte die Reiterin den Zirkel im Handgalopp, wechselte dann aus dem Zirkel, um ihn einmal im Kontergalopp zu umrunden und dann wieder in den Handgalopp zu wechseln. Die Stute stellte sich dabei sehr geschickt an, wechselte aber auf einer Hand ungewollt fliegend. Um dies zu vermeiden, schickte Desmond sie im Galopp auf eine einfach Schlangenlinie. Als Hausaufgabe sollen die beiden diese einfache Schlangenlinie in einem immer größeren Bogen reiten. Das gewünschte Endergebnis wäre dann eine Schlangenlinie durch die Bahn mit drei Bögen ohne fliegenden Wechsel.
Den Abschluss bildete die eingangs erwähnte „Desmond-Debütantin“ mit ihrem 8-jährigen Friesenwallach Caruso – dem Youngster unter den anwesenden Pferden. Schon beim Warmreiten neigte die Reiterin dazu, ihn viel zu eng im Hals zu machen bzw. verkroch er sich. Zum Treiben nahm sie die Unterschenkel viel zu weit zurück. Als sie dann an der Reihe war, schilderte sie, dass es sich bei dem Friesen um einen recht „heißen Ofen“ handelt, der gerne davon stürmt und schwer zu halten sei. Außerdem habe sie Probleme mit dem Angaloppieren, besonders auf der rechten Hand. Desmond ließ ihn sich in allen drei Grundgangarten vorreiten und sollte dann selbst in den Sattel steigen.
Er holte ihn zu Beginn immer wieder mit Aufwärtsparaden nach oben, um das hinter dem Zügel verkriechen zu vermeiden. Mit der nötigen Souveränität gelangen ihm saubere Wechsel von Gangart zu Gangart. Der Friese wirkte mit einem mal wesentlich konzentrierter und aufmerksamer. Beim Absteigen meinte er zur Reiterin, dass die beiden beim Angaloppieren wohl „aufeinander warten würden“. Sie sollte nicht mit dem Gedanken antraben „ich möchte jetzt noch nicht galoppieren“, sondern solle mit der Vorstellung reiten, ihn in den Schritt durchzuparieren.
Als die Reiterin wieder aufgestiegen war, erklärte Desmond, wie sie ihn durch entsprechende Aufwärtsparaden bei sich behalten könne. Hier wurde ersichtlich, dass die Reiterin durchaus eine weiche und flexible Hand hat, diese bisher nur falsch eingesetzt hatte. Und siehe da – durch Souveränität und entsprechende innere Bilder klappte das Angaloppieren auch bei den beiden ohne Renntrabeinlage. Der Vorher-Nachher-Unterschied war frappierend und von uns Zuschauern gab es spontanen Szenenapplaus für diese Leistung. Fest steht, dass auch diese Dame so zum Wiederholungstäter gemacht wurde

Insgesamt waren alle Reiterinnen sehr kritikfähig und um das Wohl ihres Pferdes bemüht. Bei vielen wurde aber deutlich, dass sie sich mit zu wenig zufrieden gaben und einfach konsequenter arbeiten müssen, um die gewünschten Ergebnisse zu erreiten. Alle Pferde waren hochmotiviert und konzentriert – ein Beweis für die gute geleistete Arbeit von Trainer und Reiter.
Mittags wurden alle Teilnehmer hervorragend von der Stallbesitzerin versorgt und konnten so mit vollem Magen in eine äußerst lehrreiche Theorieeinheit starten. Es wurde theoretisch über eine korrekt gerittene Wendung diskutiert, die Unterschiede zwischen Kurzkehrt, Pirouette und Hinterhandwendung wurden ausführlich beleuchtet und nachher wurde zu Fuß alles vom Boden aus „nachgeritten“.
Da ich aufgrund einer Erkältung leider nur den einen Tag miterleben konnte, kann ich nicht sagen, wie die Entwicklung am zweiten Tag war.
Aber schon alleine dieser eine Tag war so intensiv und lehrreich! Ich habe nur durch´s Zuschauen unheimlich viel an Anregungen und inneren Bildern mitgenommen. Desmond ist ein wunderbarer Kursleiter, der mit viel Charme und Humor immer einen Trick 17 parat hat, um Knoten in Hirn, Armen und Beinen zu lösen und zum gewünschten Ergebnis zu kommen.
Ich freue mich wahnsinnig auf meine erste aktive Kursteilnahme in dieser tollen Atmosphäre!