Nach kurzem Warmlaufen und kleineren Sitzkorrekturen beschließt Susanne, dass Hannes dieses Wochenende den "Spanischen Schritt“ lernt. Pferden seiner Art und Statur würde das sehr zu Gute kommen und zudem hegt sie die starke Vermutung, dass wir das in 3 Tagen "installiert" bekommen. Gesagt, getan. Ich sage vorab, ich hätte es vor ca. einem Jahr probiert und wäre aber an Hannes "Gertenaushalte-Taktik" gescheitert. Susanne hebt den inneren Zügel, spricht ein "Hepp". Zu Beginn braucht es recht deutlichen und anhaltenden Gerteneinsatz, aber mit einem Belohnungskeks für jede tendenziell richtige Reaktion zeigen sich schnell erste Erfolge! Schlaues Pony!
Dann geht es weiter mit aufgenommenem Zügel. Susanne bringt unsere Köpfe mit folgender Aufgabe zum Rauchen: Auf eine Volte, Schulterherein, dann die Schulter mit dem äußeren Zügel "fixieren" und zur Vorhandwendung übergehen UND daraus wieder ins Schulterherein und Voltenlinie entlassen. Bei uns qualmt es. Reiterlein braucht 2 Anläufe, bis er es kapiert und ein Bild davon hat und Ponylein zeigt deutlich, dass es an der Akzeptanz des äußeren Zügels hapert. Überhaupt hat die diagonale Hilfengebung unter französischem und eigenem Einfluss etwas gelitten.
Dann geht es ans Traben und Susanne verlangt etwas mehr Beizäumung, damit Hannes nicht so "Kirmespony-mäßig" daherkommt. So richtig nachgeben will er nicht, also schwingt sich Susanne auf ihn, um heraus zu finden, an wem das Problem liegt. Holla die Waldfee. Hannes packt das PROTEST-Schild aus, aber Susanne lässt sich nicht beirren und setzt durch, was sie will. Und siehe da, wie fein mein Herr Pferd laufen kann! Ich staune Bauklötze und bin gleichzeitig geplättet. Man muss schon ganz schön deutlich sein, bevor Herr Pferd mal mitmacht und fein wird, aber wie er dann mitmacht! Ich steige auf ein ganz anderes Pferd auf. Ein Hauch von Schenkel, Genick beugen kein Problem, die Füße werden bestmöglich gehoben und der Trab ist fluffig und fleißig. Ich falle innerlich vom Glauben ab. Alles in mir rattert. Auch Hannes scheint nach dieser Einheit mächtig zu grübeln. Mit etwas Füße-heben-üben kratzt sich Susanne mit Keksen und Lob wieder bei Hannes ein und wir verlassen etwas verwirrt, aber entspannt die Halle.
Abends gibt es in gemütlicher Runde bei Pestonudeln und Wein noch Theorie. Sehr lustig daher, aber ich habe doch noch einiges gelernt über Sitz und Losgelassenheit. Und dass man "chefig" sein muss.
22.11.2008 / 13.00 Uhr
Wir beginnen wieder mit dem Spanischen Schritt, der schon immer prompter kommt und Hannes sichtlich Freude bereitet. Dann gehen wir wieder zur Sitzkorrektur über. Ich neige dazu, mit der äußeren Hand/Ellenbogen zu sehr mitzugehen und mich innen festzuziehen. Folglich artet Schulterherein & Co. schnell in „über die Schulter wegrennen“ aus. Nach einigen Versuchen setzt sich Susanne wieder kurz auf Hannes und macht ihn feiner. Heute gleich mit 2 Gerten.
Dann üben wir weiter u. a. auch mit der Übung von gestern. Oder mit Schulterherein und dann "entlassen" auf die Volte nur über den äußeren Zügel. Oje, da stell ich mich deppert an. Immer wieder korrigiert sie meinen Ellenbogen.
Zwischendurch traben wir frisch auch am langen Zügel, damit sich Hannes strecken und ausrütteln kann. Beendet wird die Einheit wieder mit Spanischem Schritt und diesmal nehmen wir schon ein bisschen Vorwärts mit dazu. Fein macht er das.
22.11.2008 / 15 Uhr
Nach einer kurzen Pause auf der Koppel tritt Hannes entspannt die nächste Einheit an. Er hatte gewartet, während Flo und Melanie bereits ihre Einheit hatten. Wir beginnen wieder mit Spanischem Schritt. Dann wird weiter am Drehsitz und der diagonalen Hilfengebung gefeilt. Irgendwann hab ich eine Gerte über meine Hände geklemmt, um damit besser zu sehen, wieviel ich die Hände verdrehe (innen ziehend und außen lose). Kurz muss ich nochmal absteigen, damit sie mir am Boden anhand einer Trense erklären kann, wie ich derzeit einwirke (und warum sich das Pferd verkantet und nicht rum kann) und wie es korrekt ist. Dann steige ich wieder auf und bekomme noch eine Gerte hinter dem Rücken durch die Ellenbogen gesteckt. Sehr unbequem, aber langsam fällt der Groschen, nur mein Körper braucht länger als das Pony. Das zieht mir mittlerweile beim Abwenden eine lange Nase. Getreu dem Motto: "Wenn du es nicht richtig machst, wende ich auch nicht ab!" zeigt er mir sehr deutlich, wann ich korrekt einwirke und wann ich nur ziehe. Susanne tauft ihn "Professor". Dasselbe muss ich auch am losen langen Zügel üben.
Beim Wachklopfen im Trab touchiert Susanne das innere Hinterbein, damit er es mehr unterzieht. Das bringt einen tollen Trab zum Vorschein und Susanne bemerkt, wie Hannes an Ausdruck gewinnt, wenn er sich ein bisschen ärgert. Überhaupt ist sein Auge sofort wacher, wenn es was zum Nachdenken gibt. Er zeigt sich trotz allen Ärgers, dass wir Mädels ihn doch tatsächlich zu Arbeit nötigen, fast ausschließlich hoch motiviert. Hannes präsentiert sich immer feiner und kadenzierter. Ich freue mich riesig und mittlerweile ist die Skepsis verflogen: Wenn er eben die harte Tour will und dann aber sooo fein mitmacht, dann ist es eben so. Wieder beenden wir mit einem wirklich schon tollen und prompten Spanischen Schritt und sogar schon ein bissl Vorwärts dabei. Wieder eine Übung für den übereifrigen Hannes.
Ein kleines Lob bekomme ich auch: Mein Sitz hat sich seit ihrem letzten Besuch sichtbar gebessert.
23.11.2008 / 9.30 Uhr
Wir beginnen - ist ja klar - mit dem Füßeheben. Ich wirke nun schon von oben mit dem Zügel ein, während Susanne ihn vorwärts schickt und Bein heben lässt. Etwas verwirrend zu Beginn für Hannes, da das Heben des Zügels bisher auch ein Kommando für´s Rückwärtsrichten war. Aber wir bekommen ihn halbwegs entknotet und er freut sich ja über Kopfarbeit (und Kekse). Heute reite ich mit dem von Susanne beim gestrigen Abendessen vorgeschlagenen Gummiband um meine Ellenbogen. Da merke ich, wenn mein äußerer Ellenbogen wieder unbewusst vor wandert. Es scheint zu helfen. Wir versuchen uns am SH. Wieder ignoriert er den inneren Schenkel. Den Büffel treibt ihm Susanne kurz aus, dann läuft er wieder wie ein Uhrwerk. (Ich glaube mittlerweile, sie klopft und reitet mein Pferd einfach nur gerne!). Dann klappt es aber viel besser mit dem SH. Damit ich nicht am inneren Zügel ziehen kann (was ich immer noch tue!), muss ich die Gerte halten, die sie mir entgegenstreckt. Damit zieht sie mir die innere Hand vor, wenn ich eswieder versuche, so, um SH und die Biegung zu korrigieren. Sie bemerkt, dass sie schon ordentlich bei mir halten muss. Später korrigiere ich mich selber, indem ich die innere Hand z. B. an einem Schabrackenrand antackere und sie somit nicht zurückziehen kann. Da denkt man, man reitet ach so weich mit der inneren Hand und wenn sie einem verboten wird, merkt man erst, wie sehr man sie (zu) benötig(en scheint)t. Ein kurzer, frischer Trab und weiter geht es mit der Überei der Einwirkung. Zudem lerne ich im Schulterherein, nicht das Bein hinter zu nehmen, sondern stattdessen mit der Fußspitze Richtung Pferdenase zu wollen. Und das bringt uns wieder ein großes Stück „Aha!“ -Gefühl.
Dann soll ich aus dem Schulterherein antraben. Das gelingt nur mühsam, also "installiert" Susanne das zuerst am Boden. Uff, das fällt Hannes schwer, aber er wird von Versuch zu Versuch feiner. Hannes darf dann nochmal Füße heben.
23.11.2008 / 11.15 Uhr
Wir beginnen mit dem Spanischen Schritt, den diesmal ich am Boden abfrage. Es klappt sehr nett und wir nehmen das Vorwärts dazu. Diesmal soll ich aber eher von Sattelhöhe aus (also von hinten her) einwirken. Das führt zur kurzen Ponyverwirrung, aber dann macht er auch das. Weiter geht es mit Handarbeit und ich soll Hannes in das SH führen und daraus antraben. Schon der zweite Versuch war für Hannes Verhältnisse fast „elfengleich“, meinte Susanne. Endlich bekommen wir das auch hin.
Dann aufsteigen und wieder die Übung. SH auf dem 3. Hufschlag und daraus die Schulter fixieren, rumtreten lassen und wieder ins SH. So langsam hab ich es endlich. Die nächsten SH-Versuche werden auch sehr schön. Pony macht das mittlerweile toll. Ein frischer Trab und ich kann endlich auf dem Zirkel abwenden (linke Hand immer ein Problem gewesen) nur über den äußeren Zügel! Beim zweiten Trab zeigt sich aber, dass vomPony jetzt wirklich der Akku alle ist. Er kann einfach nicht mehr. Dabei haben wir dieses Wochenende keinen Schweißtropfen verloren, aber der Kopf rauchte uns beiden mächtig. Und wenn ich schon geistig k.o. bin, wie geht’s dann erst dem Pony?! Also beenden wir. Kurz (weil er ja so gern einen Keks will) übe ich, wie ich vom Sattel aus weiter allein am Span. Schritt feilen kann. Super, das klappt sogar schon vom Sattel aus. Hannes tapert entspannt im Schritt auf die Weide zurück. Endlich Wochenende.
Hauptfazit: Was das Pony alles kann und dann auch will, wenn man erstmal den Büffel weggeklopft hat!
Und: Der Sitz ist mein Mittel zum feinen Kommunizieren.


Autorin: Kosmonova