Schwung

Rund um die klassische Reitkunst

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lancia
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Schwung

Beitrag von lancia »

Da ich den Thread mit der Losgelassenheit so spannend finde, wollte ich jetzt einen ähnlichen zum Thema Schwung aufmachen.
Ich habe noch nicht wirklich verstanden was Schwung genau bedeutet und wie man einen schwungvollen von einem schwunglosen Gang unterscheidet.

Also auch hier die ähnlichen Frage:

- Was ist Schwung?
- Wie wird er erreicht?
- Was sind die Kennzeichen?
- Was gefährdet den Schwung?
- Was sieht so ähnlich aus wie Schwung? Also Pseudo-Schwung sozusagen
- Und was hat es das mit der Schubkraft zu tun?
- Erreicht man Schwung nur über ein höheres Grundtempo?
- Ist Schwung wirklich nur mit Anlehnung zu erreichen (bei Takt und Losgelassenheit bejahe ich das jetzt einfach)?
- Wie sind die Grenzen zwischen
- latschen
- eilen
- fleißig gehen
- schwungvoll gehen
und wie erkenne ich sie?

Das sollte erstmal an Fragen reichen :lol:
LG Coco
"...aber dem edlen Pferd, das du reiten willst, mußt du seine Gedanken ablernen, du darfst nichts Unkluges, nichts unklug von ihm verlangen." Goethe
sinsa
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Re: Schwung

Beitrag von sinsa »

lancia hat geschrieben:Das sollte erstmal an Fragen reichen :lol:
:lol: Wirklich sehr bescheiden! :lol:
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lancia
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Beitrag von lancia »

nicht wahr :lol: Ich bin sogar so großzügig und erwarte nicht, dass ihr alle auf einmal beantwortet :lol:
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Carmen
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Beitrag von Carmen »

- Erreicht man Schwung nur über ein höheres Grundtempo?
- Ist Schwung wirklich nur mit Anlehnung zu erreichen (bei Takt und Losgelassenheit bejahe ich das jetzt einfach)?
Beide Antworten sind "Nein". Meiner Meinung nach kann sogar Schritt schwungvoll sein. Versammlung sollte es ebenfalls sein.
Takt und Losgelassenheit sind übrigens auch ohne Anlehnung zu erreichen.
"Es gibt schon viel zu viele Pferde, die Gefangene sind. Wenn wir unser Pferd lieben, müssen wir [...] ihm so viel wie möglich von seiner Freiheit zurückgeben." Sylvia Loch
lalala

Beitrag von lalala »

Schwung ist definiert als die Übertragung des energischen Impulses aus der HH auf die Gesamt-Vorwärtsbewegung des Pferdes. Das Pferd fusst energisch ab und schwingt in der Schwebephase gut nach vorne durch.

Bei zu eiligem Tempo verkürzt sich die Schwebephase und man bekommt natürlich keine Schwungentfaltung (anderes Extrem:Schwebetritte). Für die korrekte Schwungentfaltung braucht man Losgelassenheit, einen schwingenden Rücken und eine korrekte Anlehnung.

Schubkraft entwickeln bedeutet ja eigentlich nur, dass die HH zu vermehrter Aktivität angeregt wird und so weiter in Richtung unter den Schwerpunkt tritt.

Wie entwickelt man Schwung ? Übergänge, Übergänge,Übergänge....zwischen und innerhalb der Gangarten und zwar korrekt gerittene Übergänge.

Gang ist übrigens nicht mit Schwung zu verwechseln. Gang beschreibt die angeborenen Möglichkeiten des Pferdes. Und Schritt ist keine Schwungvolle Gangart (weil keine Schwebephase vorhanden)
Zuletzt geändert von lalala am So, 11. Jan 2009 09:31, insgesamt 1-mal geändert.
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lancia
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Beitrag von lancia »

@ Carmen

Nur damit ich dich richtig verstehe: Nein, Schwung ist nicht nur mit Anlehnung zu erreichen?
Dass Takt und Losgelassenheit auch ohne Anlehnung möglich sind, ist klar. Meinte damit, dass Schwung nicht ohne Takt und Losgelassenheit erreichbar ist.

@ lalala

Also ist es für ein Pferd "in freier Wildbahn" (ohne Reiter bzw ohne Zügel,also ohne Anlehnung) nicht möglich, korrekt schwungvoll zu gehen?
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lalala

Beitrag von lalala »

Ein Pferd in freier Wildbahn, also ohne menschliche Einwirkung/Gymnastizierung, hat Gang - inwieweit es sich selber gymnastiziert und nach einiger Zeit sowas wie Schwung entwickelt möchte ich nicht beurteilen. Ich kenne solche Pferde nicht. Alle Pferde die ich kenne müssen sich mit ihrem Mensch herumschlagen und werden in irgendeiner Form gearbeitet.

Schwung ohne Takt und Losgelassenheit geht nicht.
Carmen
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Beitrag von Carmen »

Meinte damit, dass Schwung nicht ohne Takt und Losgelassenheit erreichbar ist.
Das ist klar. Ich meinte, dass Schwung auch ohne Anlehnung erreichbar ist. Pferde ohne Reiter gehen oftmals schwungvoller als mit (schlechtem) Reiter.
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lancia
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Beitrag von lancia »

Ich meine mit "ein Pferd in freier Wildbahn" eher eins von unseren Pferden. Also wenn zb ein Grand Prix Pferd auf der Weide trabt, dann kann es doch auch schwungvoll traben, ohne dass da oben ein Männchen draufsitzt und in Anlehnung reitet, oder?
Es geht mir darum, WARUM Anlehnung für den Schwung wichtig ist? Takt und Losgelassenheit sind klar, das weiß ich.
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lalala

Beitrag von lalala »

Was ist denn "Anlehnung" für dich ?

Bitte beachte den Unterschied Gang und Schwung. Schwung ist das Ergebnis reiterlicher Arbeit . Ein durchgymnastiziertes Pferd wird sich unterm Reiter anders präsentieren als auf der Weide, einfach weil es der Reiter formt.
**Rubin**
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Beitrag von **Rubin** »

Mir haben bei meinem Bild im Kopf vom Schwung (hatte vorher die gleichen Probleme wie du) die "Dressurstudien" Juli-November 08 sehr geholfen. In der Ausgabe ging es um Schwung und Verstärkungen. Ich versuche mal, etwas daraus wiederzugeben:

Bent Branderup versteht unter Schwung das schwingen der Wirbelsäule, weil ein Pferd auch eine längere Schwebephase haben kann, ohne im Rücken loszulassen. Außerdem meint er, dass die alte Literatur sagt, dass sich Spannung und Schwung gegenseitig ausschließen (man also Losgelassenheit braucht).
Kyra Kyrklund sagt, dass Schwung etwas mit Ausdruck zu tun hat und in keinem fall nur vorwärts ist (jedenfalls nicht mit dem, was mit Geschwindigkeit zu tun hat). Mehr mit einem sorwärts, wie es in einer Piaffe gefordert ist, das Pferd muss selbst vorwärts wollen und denken. Außerdem ist für sie Schwung besonders mit Versammlung verbunden, dabei steigert sich beides im Laufe der Ausbildung. Entscheidend sei außerdem, dass das Pferd unter den Körper schwingt und eben nicht hinten hinausschiebt.
Michael Putz meint, dass alles zusammenhängt: Die Hinterbeine des Pferdes müssen unter den Körper fußen, das können sie nur bei einem losgelassenen Rücken, denn der ist seiner Meinung nach das Bewegungszentrum. Außerdem ist für ihn auch Anlehnung entscheidend, denn nur wenn das Pferd in die Hand zieht und man es dort auch spürt, kann es ordentlichen Schwung entwickeln. Er meint auch, dass Trab und Galopp bei solchen Pferden "leiser" sind als bei falsch gerittenen, da sie besser federn und nicht auf den Boden stampfen...

Das ganze Heft war wie gesagt Schwung und Verstärkungen gewidmet und neben den Definitionen wurde beschrieben, wie man Schwung entwickeln kann usw., immer von unterschiedlichen Menschen. Das hat mir sehr geholfen, auch wenn sich einige Dinge wiederholt haben weil viele der gleichen Auffassung waren.
Carmen
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Beitrag von Carmen »

Es geht mir darum, WARUM Anlehnung für den Schwung wichtig ist?

Und ich sage doch die ganze Zeit, dass ich Anlehnung nicht wichtig für den Schwung halte. :wink:
Außerdem ist für ihn auch Anlehnung entscheidend, denn nur wenn das Pferd in die Hand zieht und man es dort auch spürt, kann es ordentlichen Schwung entwickeln.
Damit gewöhnt man dem Pferd jeden Schwung ab, denn wenn es hinten gut fußt und der Reiter dies in der Hand spürt, bekommt das Pferd als "Lohn" einen Schlag ins Maul.
Als "Franzose" graust mich solch eine Aussage.
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greta j.
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Beitrag von greta j. »

carnacat hat in einem anderen Forum mal geschrieben, dass sie den Eindruck hat, dass ein schwungvoll gehendes Pferd den Boden zum Abfußen benutzt und nicht zum Drauftreten.

Das ist ein schönes Bild, mit dem ich viel anfangen kann. :)
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Nilspferd
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Beitrag von Nilspferd »

Carmen hat geschrieben: Damit gewöhnt man dem Pferd jeden Schwung ab, denn wenn es hinten gut fußt und der Reiter dies in der Hand spürt, bekommt das Pferd als "Lohn" einen Schlag ins Maul.
Als "Franzose" graust mich solch eine Aussage.
Hihi, und mich graust die Franzosen-Aussage :wink: :lol:
Anlehnung ist die stete weich federnde Verbindung zwischen Reiterhand und Pferdemaul. Wenn der Reiter eine feine Hand hat, wie soll sich das Pferd dann einen Schlag im Maul abholen? :kopfkratz:
Das "in die Hand ziehen" oder "den Schwung in der Hand fühlen" ist doch (idealerweise) der fühlbare Vorwärtsimpuls des Pferdes, den der Reiter dann gestattet.
Theorie ist, wenn man alles weiß und nichts klappt. Praxis ist, wenn alles klappt und keiner weiß warum. Oft sind Theorie und Praxis vereint: nichts klappt und und keiner weiß, warum.
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Etienne
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Beitrag von Etienne »

[quote="Carmen]Damit gewöhnt man dem Pferd jeden Schwung ab, denn wenn es hinten gut fußt und der Reiter dies in der Hand spürt, bekommt das Pferd als "Lohn" einen Schlag ins Maul.
Als "Franzose" graust mich solch eine Aussage.[/quote]

Ich bin reiterlich auch französisch angehaucht, aber das kann ich so nicht unterschreiben.
Das ganze hat nichts mit hinten treiben und vorn ziehen zu tun. :wink:
Auch mein Pferd zieht ans Gebiss und es ist nicht so das er bei korrekten Einsatz der HH einen Ruck ins Maul bekommt.
Die Verbindung ist nur zart aber trotzdem zu spüren. Das Pferd "ins Leere" laufen zu lassen, wenn es das Gebiss sucht ist doch auch nicht sinnvoll oder?! :kopfkratz:

LG Sus

EDIT: @ Greta Den Spruch finde ich auch toll!
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