Entlastungssitz

Rund um die klassische Reitkunst

Moderatoren: Julia, ninischi, Janina

Benutzeravatar
Catja&Olliver
User
Beiträge: 346
Registriert: Di, 09. Okt 2007 10:53
Wohnort: Lesmo (Italien)

Entlastungssitz

Beitrag von Catja&Olliver »

In deutschen Texten finde ich immer wieder mal diesen Begriff "Entlastungssitz" den es auf Italienisch nicht gibt.

Erste Frage: Weiss jemand wie der Entlastungssitz auf Englisch oder auf Franzoesisch heisst? Oder gibt es den Begriff ueberhaupt nur auf Deutsch?

Zweite (bloede) Frage: wie der Entlastungssitz aussieht hab ich mehr oder weniger verstanden, glaub ich, nur bin ich mir nicht ganz sicher wie er sich genau vom Dressursitz abgraenzt. Ich dachte immer, dass im Dressursitz das Gewicht des Reiters 100% im Sattel liegt und die Beine locker runterhaengen. Nun behauptete vor kurzem in einem italienischen Forum ein Reitlehrer, dass man beim Aussitzen in Wirklichkeit das Gewicht 50% in den Sattel und 50% in den Buegeln haben sollte. Ich habs mal ausprobiert und finde das toll, mein Pferd findet das auch toll :D ...nur ist das dann vielleicht kein Aussitzen mehr sondern eher ein Entlastungssitz, oder?
Benutzeravatar
Jarit
User
Beiträge: 1217
Registriert: Di, 11. Nov 2008 17:24
Wohnort: L.E.
Kontaktdaten:

Beitrag von Jarit »

Die erste Frage hab ich gerade an meine kleine Freundin weitergeleitet, die zehn Jahre lang in England gelebt hat.

Zur zweiten Frage: Nach meinem Verständnis (so wie es mir von RLn erklärt wurde) hebt man beim Entlastungssitz den Po ein Stück aus dem Sattel. Das Gewicht wird von den Knien getragen. Der Oberkörper ist leicht vorgebeugt, je nachdem, wie sehr man entlastet.
Beim Dressursitz bleibt der Po im Sattel, das Kreuz bleibt am Pferd. Ich hab es so gelernt, dass die Beine nicht locker herunter hängen, da man ja die Bügel austreten soll und somit dort Gewicht reinbringt. Damit steht das Bein unter Spannung, die Ferse ist der tiefste Punkt.

Ich glaube nicht, dass das bei mir 50 % meines Gewichtes sind, ich trete sie nicht so aus, dass ich mich damit aus dem Sattel hebe (allerdings spüre ich nach dem Reiten ein Ziehen in den Fußsohlen wie nach einem langen Shoppingbummel). Mit wirklich locker herunter hängenden Beinen reite ich nur mal im Schritt beim Bummeln. Ansonsten halte ich immer Spannung im Bein, auch wenn ich ohne Sattel reite.

Im Westernsattel entspricht die 50/50-Version in etwa meiner Version des leichten Sitzes. Damit habe ich immer noch das Kreuz am Pferd und im Bedarfsfall die Kontrolle, wenn mal die Fuhre abgehen sollte.

Da man am Westernsattel keine Pauschen hat, läuft der korrekte Entlastungssitz auch auf ein In-die-Steigbügel-Stellen hinaus (das sieht man gut in einschlägigen Filmen). Beim Englisch-Reiten ist das unerwünscht, weil sich aufgrund des anderen Sattels und damit des anderen Sitzes die Beine nach vorn schieben würden. Deshalb hier das Gewicht auf den Knien.

(Später mehr, muss erst mal arbeiten :wink: - So, Problem geklärt, ich editier also ein bissel an meinem Posting. :) )
LG
Jarit

Erfahrung heißt gar nichts. Man kann etwas auch 35 Jahre lang falsch machen. - Tucholsky
Plondy
User
Beiträge: 45
Registriert: Mo, 18. Aug 2008 14:16
Wohnort: Sankt Augustin

Beitrag von Plondy »

Hallo,
wenn Ihr das meint was ich meine nennt es Herr Heuschmann den Remontensitz.
Ist auch hier zu sehen:
http://www.youtube.com/watch?v=mQgAtjIuRrU

Viele Grüße Tanja
padruga
User
Beiträge: 687
Registriert: Fr, 03. Aug 2007 20:37
Wohnort: Bayern

Beitrag von padruga »

Für mich ist das kein Remonte- und kein Entlastungssitz, sorry, weil die Vorhand dabei viel zu viel belastet wird.
Entlastungssitze gibt es viele und in allen Variationen, vom Chiron-Sitz bis zum nicht sichtbaren Verschieben des Gewichts auf die Oberschenkel . Gemeinsamkeit sollte aber immer der annähernd gleich bleibende Schwerpunkt über dem Pferd sein. Nur Bügel kurz und Körper vorbeugen ist KEIN Entlastungssitz!!! Eher ein "Vorhandüberlastungssitz".
Benutzeravatar
Mimi
User
Beiträge: 209
Registriert: So, 23. Nov 2008 21:01
Wohnort: Oberschwaben

Beitrag von Mimi »

Ina Cygon beschreibt 3 Varianten
1. Bild oben "Der Leichte Sitz"
1. Bild unten "Der Entlastungssitz"
2. Bild zeigt den "Effektiven Leichten Sitz" auch Remontensitz genannt


Ich hoffe man sieht die senkrechte gestrichelte Linie, die zeigt, wo der Schwerpunkt des Reiters liegt.
Dateianhänge
DSCN1054a.JPG
DSCN1054a.JPG (41.65 KiB) 15968 mal betrachtet
DSCN1055a.JPG
DSCN1055a.JPG (37.12 KiB) 15968 mal betrachtet
Reiten: Das Zwiegespräch zweier Körper und zweier Seelen, das dahin zielt, den vollkommenen Einklang zwischen Ihnen herzustellen.
Benutzeravatar
Filzi
User
Beiträge: 2711
Registriert: So, 24. Feb 2008 21:24
Wohnort: Österreich

Beitrag von Filzi »

Das letzte Bild ist doch der Chiron Sitz oder?
"Es gibt keinen Weg zum Frieden, denn Frieden ist der Weg." Mahatma Gandhi
Benutzeravatar
Catja&Olliver
User
Beiträge: 346
Registriert: Di, 09. Okt 2007 10:53
Wohnort: Lesmo (Italien)

Beitrag von Catja&Olliver »

Entlastungsitz waere also den Oberkoerper (Schwerpunkt) nach vorne verlagern?
Das mach ich eigentlich nicht... nur stuetzt ich mich jetzt auf die Beine und die Buegel und weniger, oder kaum, auf meinen Po und den Sattel. Mein Pferd findet das prima und laeuft viel besser, wodurch ich das wiederum auch angenehm finde.
Benutzeravatar
Mimi
User
Beiträge: 209
Registriert: So, 23. Nov 2008 21:01
Wohnort: Oberschwaben

Beitrag von Mimi »

Filzi: Sie schreibt nur, dass Frederico Caprilli (1868-1907) der Erfinder des Sitzes war. Weiß nicht :kopfkratz:
Reiten: Das Zwiegespräch zweier Körper und zweier Seelen, das dahin zielt, den vollkommenen Einklang zwischen Ihnen herzustellen.
Ans
User
Beiträge: 101
Registriert: Mi, 12. Nov 2008 20:52
Wohnort: S-H

Beitrag von Ans »

Rolf Becher hat sich bei der Entwicklung des Chiron-Reitens sehr stark an Caprilli orientiert, entsprechend gibt es da deutliche Parallelen.
Zum Springen (und im Gelände) ist das Chiron-System meiner Meinung nach wirklich bisher das fundierteste System, das es gibt.
Auch die Ausbildung der Springpferde nach Rolf Becher...Sowas sieht man heutzutage im Springsport nirgendwo mehr.
Entlastungssitz...Ich finde, da muss man definieren, was man unter Entlastungssitz versteht.
Ein leichtes Entlasten beim Lösen eines jungen Pferdes, den Remontesitz, leichten Sitz, den Gelände-und Springsitz nach Chiron, etc.etc.
Es gibt diverse Varianten, die sich unter dem Oberbegriff "Entlastungssitz" finden.
Gemeinsamkeit sollte aber immer der annähernd gleich bleibende Schwerpunkt über dem Pferd sein. Nur Bügel kurz und Körper vorbeugen ist KEIN Entlastungssitz!!! Eher ein "Vorhandüberlastungssitz".
Annie
User
Beiträge: 111
Registriert: Do, 06. Mär 2008 12:43
Wohnort: Österreich

Beitrag von Annie »

Branderup teilt den Sitz in drei möglickkeiten gut anzusehen auf einer seiner DVDs.Akademische Reitkunst.
Entlastungssitz
Mittelpositur
Belastungssitz
Benutzeravatar
-Tanja-
User
Beiträge: 4129
Registriert: So, 21. Okt 2007 16:35
Wohnort: Pfinztal
Kontaktdaten:

Beitrag von -Tanja- »

Interessant! Ich hab mir noch nie Gedanken gemacht, ob es zwischen Entlastungssitz und Leichten Sitz Unterschiede gibt.

Was mir aber zunächst auffällt: daß man beim Aussitzen 50 % des Gewichts in den Steigbügeln haben soll, kann ich so - zumindest für mich - nicht bestätigen. Früher bin ich sehr oft so geritten, was aber dazu führte, daß ich in Becken und Hüfte ziemlich steif war. Dann bin ich dazu übergegangen, eine längere Zeit ohne Schenkel zu reiten und die einfach locker runterbaumeln zu lassen (Pferdchen war damals ziemlich schenkellahm :oops: ) und habe mich sehr darauf konzentriert, kaum noch Gewicht in den Steigbügeln zu haben, wodurch ich wesentlich besser in der Bewegung mitgehen konnte und mehr Balance hatte.

Ich würde sogar meinen, daß, wenn man ständig 50 % Gewicht in den Steigbügeln hat, zu viel und unkoordiniert Schenkeldruck abgibt? Das Bein stünde ja ständig unter Spannung, oder? Und man hält ja dadurch auch ständig Druck auf den Trapezmuskel (Lage der Steigbügelaufhängung)?

Gibt's zum Gewicht in den Steigbügeln nicht auch eine Aussage von Oliveira? *grübel* Müßte ich mal nachgucken. Im Hübener ist das glaube ich auch ganz gut beschrieben, nur hab ich den gerade verliehen.

Den Entlastungssitz nehme ich meistens dann ein, wenn es bergauf geht: Po raus aus dem Sattel, Oberkörper nach vorne, dadurch natürlich mehr Gewicht in den Steigbügeln, wobei ich allerdings kein Gewicht auf die Knie bringe bzw. mit denen überspitzt gesagt nicht klammere oder mich festhalte.

Das dürfte auch das Schwierigste am Entlastungssitz sein: eine ausgewogene Balance zu finden.
lg, Tanja

Reiten ist nicht weiter schwierig, solange man nichts davon versteht.
Aus: "Vollendete Reitkunst", Dr. Udo Bürger, 1959
horido
User
Beiträge: 310
Registriert: Di, 26. Feb 2008 12:48
Wohnort: B-W

Beitrag von horido »

Ich finde Mimis Bild zum Entlastungssitz sehr gut. Das entspricht zumindest dem, was ich gelernt habe. Der Po hat dabei quasi noch leichten Kontakt zu Sattel. Man kann also jederzeit weiter entlasten oder sich auch wieder hinsetzen.
horido
User
Beiträge: 310
Registriert: Di, 26. Feb 2008 12:48
Wohnort: B-W

Beitrag von horido »

Zwischen Entlastungssitz und leichtem Sitz ist ein sehr großer Unterschied. Beim leichten Sitz ist der Po dann wirklich nicht mehr im Sattel. Die Erklärung mit dem Gewicht aufs Knie bringen hört man zwar häufig, ich halte sie jedoch auch für gefährlich, da es dazu verleitet mit dem Knie zu klammern, was dann zulasten der Stabilität geht (das Knie wird zum Drehpunkt und man kippt nach vorne weg).
Benutzeravatar
Gawan
User
Beiträge: 418
Registriert: Do, 27. Mär 2008 22:03
Wohnort: Basel

Beitrag von Gawan »

Sylliska hat geschrieben: Was mir aber zunächst auffällt: daß man beim Aussitzen 50 % des Gewichts in den Steigbügeln haben soll, kann ich so - zumindest für mich - nicht bestätigen. Früher bin ich sehr oft so geritten, was aber dazu führte, daß ich in Becken und Hüfte ziemlich steif war. Dann bin ich dazu übergegangen, eine längere Zeit ohne Schenkel zu reiten und die einfach locker runterbaumeln zu lassen (Pferdchen war damals ziemlich schenkellahm :oops: ) und habe mich sehr darauf konzentriert, kaum noch Gewicht in den Steigbügeln zu haben, wodurch ich wesentlich besser in der Bewegung mitgehen konnte und mehr Balance hatte.
Geht mir auch so. Beim Aussitzen habe ich eigentlich nur so viel Gewicht in den Bügeln, dass ich sie nicht verliere. Habe ich mehr Gewicht in den Bügeln, fühlen sich meine Beine schnell steif an.
Sylliska hat geschrieben: Gibt's zum Gewicht in den Steigbügeln nicht auch eine Aussage von Oliveira?
Lese gerade "Gedanken über die Reitkunst". Dort schreibt Oliveira u.a. :
(Kapitel Der Sitz des Reiters) Die Haltung des Reiters wird umso besser sein als er mehr sitzt, den Oberkörper aufgerichtet und entspannt, die Beine in gutem Hang dem Pferde weich anliegend ohne zu klemmen.
(Kapitel Die Hilfen) Des Reiters Beine müssen dem Pferde anliegen, aber völlig entspannt und hängend, derart, dass jedesmal, wenn sie tätig werden, sie es in geschmeidiger Weise tun und nicht ruckhaft steif und hart (...).
Tanja Xezal
"Der Reitlehrer sei unser eigenes Pferd" SGS
(und der Schüler zeige Geduld, Demut und Hingabe)
Draussen bin ich 4:0 unterwegs, in der Halle 3:1, manchmal 1:3.
LordFado

Beitrag von LordFado »

soweit ich weiß, wird der entlastungssitz einfach mit längeren Bügeln geritten als der leichte Sitz.
Das Prinzip "OK vorbeugen, Po nach hinten strecken" ist beidesmal dasselbe - wichtig ist eben, dass der Schwerpunkt des Körpers (ganz grob: eine vom Bauchnabel aus gedache Senkrechte Linie) immer über den Steigbügeln liegt, ansonsten verliert man das Gleichgewicht und kann sich nur durch aufstützen halten.

Unterscheid Leichter Sitz/Entlasungssitz also: Bügellänge.
Antworten