Hallo,
ich wende das Prinzip Balance vor Bewegung gerne an.
Für mich beinhaltet das, das Pferd bevor ich eine Lektion verlage, bereits in ein gutes Gleichgewicht dafür zu bringen. Wir üben z.B. gerade das angaloppieren im Aussengalopp auf dem Zirkel. Ich galoppiere in der Lernphase erstmal aus dem Renvers an, damit das Pferd die größten Chancen hat, wirklich im Aussengalopp zu landen.
Auch die Nachgiebigkeit im Genick übe ich zunächst in der Handarbeit, später unter dem Sattel im Stand, dann erst in der Bewegung. Wichtig ist, dem Pferd die Idee zu vermitteln, dass es sich bei dieser Zügelhilfe biegen soll, bei dieser im Genick nachgeben usw. Diese Übungen im Stand sehe ich 'nur' als Erklärung für das Pferd an. Im Stand ist es erstmal leichter zu verstehen, für Reiter und Pferd. Man hat einfach weniger Probleme auf einmal...
In der Bewegung, im frischen Vorwärts lässt sich das gelernte schließlich abrufen, das Pferd formt sich auch hier über den Impuls der Hinterhand.
Wenn es nicht klappt, und z.B. das Pferd sich auf die Hand legt und davonrollt, dann trabe ich nicht noch 10 Runden "schlecht" auf dem Zirkel, mit 20kg in der Hand, sondern gehe einen Schritt zurück, zum Stand oder Schritt und stelle zunächst die Nachgiebigkeit wieder her. Dann Trabe ich neu an und habe diesmal hoffentlich ein besseres Gleichgewicht und das Pferd geht schön unter dem Reiter.
Meiner Erfahrung ist ein verlorenes Gleichgewicht, das sich z.B. im 'auf die Hand legen oä' äußert, erst im ruhigen Tempo oder Stand leichter zu lösen. Das lösen von solchen Problemen in der Lektion selbst ist meiner Erfahrung nach schwierig und langwierig.
Meine Pferde lernen, sich über die Bewegung der aktiven Hinterhand, über einen sich auf und abwölbenden Rücken sich vorne in die Hand hineinzudehnen, an die Hand heranzutreten. Ich biete die Hand an, das Pferd nimmt sie an und der Kontakt ist weich und federnd vorhanden, kein Drücken, kein Ziehen, kein Pressen.
Diesem Zitat kann ich vollständig zustimmen, das ist es, was meiner Erfahrung nach oft missverstanden wird. Natürlich reite ich mit aktiver Hinterhand vorwärts, das Pferd formt sich über die aktive Hinterhand, den schwingenden Rücken bis zum Hals.
Dem Pferd wird nur vorher schon die Idee gegeben, wie man sich wünscht dass es unter dem Reiter läuft. Es lernt z.B. sich aktiv an die Hand heranzudehnen. Die Nachgiebigkeit im Unterkiefer wird hergestellt und erhalten, damit das ganze Pferd erstmal in einen nachgiebigen und aufnahmefähigen Zustand versetzt. Dies ist in der Bewegung ausgeführt dann eine wirklich schöne Gymnastizierung.
Die Alternative ist doch häufig, in der Bewegung zu warten, bis das Pferd z.B. in die Dehnungshaltung findet. Wenn man es nicht vorher installiert hat, muss man ziemlich lange Kilometer reiten, bis das Pferd vielleicht eine gute Haltung einnimmt- dabei geht das Pferd die ganze Zeit in einer schlechten Haltung. Besonders bei einem Pferd mit schlechtem Gebäude, das vielleicht auf der Weide immer mit einem Hirschhals herumläuft und auch unter dem Reiter gar nicht auf die Idee kommt, die Dehnung zu suchen.
Ich habe kürzlich mit einer Stute die ersten Schritte zur Vorbereitung aufs gerittenwerden unternommen. Die Stute hat ein unvorteilhaftes Gebäude. Sie kannte bereits einen Reiter und man konnte sich ins Gelände tragen lassen, aber die Erfahrung war für beide ziemlich unbequem, da die Stute völlig steif und hohl unter dem Reiter ging. Der Bremsweg war auch sehr lang... In der Bewegung schaffte ich es auch nicht, irgendwas an dem Brett unter mir irgendwas zu ändern, egal wie viele km ich geritten bin....
Ich habe sie zunächst nur im Stand und Schritt an der Hand gearbeitet, bis sie einige Basics der Biegsamkeit verstanden hatte. Sie durfte erst traben, als sie dies (zunächst an der Longe) vom ersten Tritt an in Dehnungshaltung mit Biegung tat und nicht wie ein Brett.
Unter dem Reiter war das vorgehen analog, sich übertrug das an der Hand gelernte dann recht schnell auf die Bewegung dem Reiter.
Die ersten Lektionen dauerten nur ca. 10 min, Bewegung durfte sich das Pferd frei im Offenstall verschaffen.
Gruß Tina