Gast hat geschrieben:
Aber wenn ich Lieschen recht verstehe:
Das Fallenlassen des Halses hat sie, auch durch viele unterstützende Arbeiten vom Boden jetzt gut begriffen. Trotzdem bin ich noch weit davon entfernt, sie in korrekter lehrbuchmäßiger Haltung über die komplette Zeit zu arbeiten, ohne, dass sie immer mal wieder hdS kommt.
Letztlich ist es mir aber auch egal. Wo sich die Stirnlinie befindet, ist ohnehin nur eines von vielen Anzeichen, ob ein Pferd gut gearbeitet wird. Mir ist wichtiger, dass sie inzwischen die ruhige Verbindung an die Hand akzeptiert, beginnt, über den Rücken ans Gebiss heran zu ziehen, bei mir bleibt, mir "zuhört", Spaß an der Arbeit hat. Wir machen jetzt erste Biegungsarbeit, erste Übergänge, das Angaloppieren hat sie auch schon gut geschnackelt. In den letzten Minuten der Arbeit habe ich inzwischen schon ein Pferd, was toll durch den ganzen Körper arbeitet und dann ist sie von der Halsung auch schon ganz gut, aber eben nicht von Anfang an.
Da liest es sich so das es ihr letztlich egal ist, passiert immer wieder, längere Zeiträume. Und das ist meiner Meinung nach BÄH.
Ich verstehe überhaupt nicht, wie man sich daran so aufhängen kann.
Ich habe nie behauptet, dass ich es toll finde, wenn meine Stute hdS läuft. Und selbstverständlich arbeite ich daran, dass sich das gibt.
Aber:
Wenn ein Pferd hdS läuft, ist das ein Symptom für etwas, was seine Ursache in anderen Dingen hat. Nämlich in einem nicht arbeitenden Rücken und einer noch nicht unter den Schwerpunkt tretenden HH. Das eine Pferd hebelt sich nach oben raus, andere Pferde rollen sich eben auf. Meine beiden Pferde zuvor gehörten zu den Sternenguckern, meine Stute jetzt ist schon vom ganzen Gebäude her weniger der Typ Pferd, der sich raushebt, sondern entzieht sich der Arbeit halt zunächst eher mit Aufrollen.
Und an diesen Punkten arbeite ich. Und das geht eben nicht von jetzt auf gleich und schon gar nicht von der ersten Sekunde an, wenn ich aufsteige und losreite. Sobald sie anfängt, besser unter den Schwerpunkt zu fußen und ihren Rücken aufzumachen, wird ihre ganze Halsung auch sofort
besser.
Alles andere, was man mit der Hand machen würde, um sie hochzuholen, halte ich für reines Vertuschen von Symptomen. Davon wird weder die HH noch die Rückentätigkeit besser.
Natürlich könnte ich sowohl die Symptome und die Ursache beseitigen, aber das ist das, was ich damit meinte, dass ich es nicht gut finde, Jungpferde zu überfallen und an allen Baustellen gleichzeitig zu arbeiten. Deswegen nehme ich es hin, dass sie sich auch mal 10 Minuten verkriecht, weil ich weiß, sie kommt von ganz alleine hoch, sobald ich sie an den Hilfen habe. Ich mache mir keinen Kopp um ihre Verkriecherei, weil ich weiß, woran es liegt, ich an den Ursachen arbeite und merke, dass es was bewirkt, was soll ich mich und sie dann stressen?
Sie ist ein Pferd, was alles richtig machen will, sie giert geradezu auf das nächste Lob und wird dann immer gleich 3 Meter größer. Umgekehrt wird sie ganz schnell unsicher, wenn ich ihr das Gefühl gebe, dass irgendwas nicht so gut gelaufen ist. Deswegen versuche ich mich schon gedanklich gar nicht auf die Dinge zu focussieren, die nicht so gut laufen -also das Verkriechen- sondern nehme das auf, was gut läuft. Das überträgt sich immer sehr schön auf sie, ich fahre damit gut.
Und nein, mein Pferd wurde nicht lange longiert zu Beginn ihrer Ausbildung und auch erst recht nicht mit Ausbindern. Sie wurde zur Gewöhnung an den Sattel mal kurz an die Longe genommen und ist dann sobald wie möglich mit einem erfahrenen Führpferd ins Gelände gegangen zum Anreiten. Das ist für mich das ideale Anreiten.
Dieses monatelange Longieren ist absolutes Gift für die Beine. Jungpferde müssen viel geradeaus geritten werden, das geht am besten im Gelände, wo sie auch sonst noch gleich viel an Eindrücken mitnehmen.
ich arbeite ausschließlich am Kappzaum und an der DL. Ausbinden bei Jungpferde finde ich aus verschiedenen Gründen nicht gut. Erstmal nimmt es den Jungpferden den Hals als Balancierstange. Wenn die sich mal erschrecken, dann kann das echt böse Unfälle geben. Und dann presst es die Jungpferde minutenlang in eine Form, die sie noch gar nicht halten können. Man kann ja nicht alle 30 Sekunden die Ausbinder umschnallen.
Meine Stute wird mit 3 geritten, weil sie einfach so weit ist. Sie hat sich tierisch gelangweilt im Sommer in ihrer Arbeitspause. Ich arbeite sie wenig, aber kontinuierlich. Zwischendrin hatte sie immer mal wieder etwas Pause, da wurde sie gleich wieder unausstehlich. Hätte ich gemerkt, dass sie noch nicht so weit ist, wäre sie halt auch den Winter über wieder weggestellt worden.
zum Thema ständigen Kontakt zum Pferdemaul halten noch folgendes Zitat aus dem im Bereich Literatur eingestellten Artikelvon Dr. Thomas Ritter:
Die relative oder bedingte Légèreté dagegen kommt entweder dadurch zustande, dass der Reiter die Zügel so lang anfaßt, dass seine Hand für das Pferd unerreichbar ist und kein Kreislauf der Hilfen entstehen kann, oder dadurch, dass der Reiter sich mit einem halbherzigen Arbeitseinsatz des Pferdes zufrieden gibt. Wenn die Zügel zu lang sind und durchhängen, kann das Pferd keine Anlehnung an der Hand des Reiters nehmen. Damit bleibt ihm zwar einerseits die Möglichkeit versagt, in der Hand ein fünftes Stützbein zu suchen. Andererseits fällt mit der Anlehnung jedoch eine äußerst wichtige Kommunikationsleitung weg, denn der Reiter kann durch den Zügel nicht nur das Maul des Pferdes fühlen, sondern jeden Muskel und jedes Gelenk im Pferdekörper. Eine fehlende Anlehnung hat folglich mit Légèreté nichts zu tun.