Finchen, sicherlich sind die Unterrichtsmethoden heute etwas moderner (und sanfter) geworden. Aber reiten lernen ist mit körperlicher Anstrengung, Selbstdisziplin, Konsequenz, Respekt und Selbstbeherrschung (sowohl physisch wie psychisch) verbunden.
Leider wird heutzutage genau das zu Gunsten von Schnellausbildung (auch beim Reiter), Oberflächlichkeit und Lob um des Geldes Willen mit Füßen getreten. Da wird jahrelang Geld kassiert, aber einen Fortschritt sieht man nie, und am Ende ist noch der blöde Gaul schuld (klar, Reiterlein ist ja unfehlbar, sagt doch der RL, oder?

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Das typische "Deutschland sucht den Superstar"-Syndrom: von Null auf Hundert in kürzester Zeit (und genau so schnell, wie es steil bergauf geht, geht es auch wieder bergab). Eintagsfliegen. Macht nix, dann gibts eben einen neuen Bock, wenn der alte nix taugt. Das will ich nicht.
Mir geht es um Beständigkeit und Langfristigkeit. Auch wenn ich so manches Mal die Geduld verliere und an mir (ver)zweifle.
Das, was mir mein alter RL vermittelt hat, waren Grundlagen, und zwar die richtigen. Wie gut er war, und wie gründlich er an mir gearbeitet hat, habe ich erst Jahre später bemerkt.
Ich fand es auch schrecklich, wenn er beim Abteilungsreiten auf exakten Abständen bestanden hat und darauf, den blöden Bahnpunkt genauestens zu treffen. Heute bin ich dankbar dafür! Ich glaube, in Reitstunden heute lernt kaum noch einer, wirklich exakt auf den Punkt zu reiten. Und Abteilungsreiten würde so manch einem Kleine-Gruppe-Unterricht-Durchmogler mal so richtig gut tun, da lernt man nämlich, sein Pferd gut zu regulieren, und zwar in jeder Hinsicht!
Egal, wie sein Ton war, und egal, ob ich in den Jahren auch ein oder zweimal heulend aus der Reithalle geschlichen bin, ich lasse nichts auf ihn kommen! Er hat niemals jemanden ungerechtfertigt gerügt. Er hat nicht gebrüllt - sein Ton war einfach militärisch-zackig-laut. Er war immer gerecht und ehrlich. Und ein Lob aus seinem Mund war selten und kostbar.
Was nutzt mir, wenn mir jemand sagt, wie toll ich bin, wenn ich mich nicht weiterentwickle? Ich möchte doch lernen, und dann muss ich Kritik akzeptieren. Auch wenn es zuweilen sehr weh tut.
Und zum Steinbrecht: er hat sich, wie Cubano geschrieben hat, in unvergleichlich klarer Weise ausgedrückt. Ganz im Gegensatz zu Baucher, den man zwischen den Zeilen lesen muss - besseren Zugang zu Baucher bekommt man über seinen Schüler Kerbrech (der äußerst pragmatisch orientiert schreibt) und über Racinet, der ihn sehr intensiv analysiert. Und natürlich über diejenigen Reitmeister, die zumindest in seiner Tradition gearbeitet haben / arbeiten, wie Oliveira und Karl. Nicht zu vergessen Henriquet, der ja zunächst ein Schüler von Bacherach war, bevor er Oliveira-Schüler wurde. Und in Bezug auf Steinbrecht ist seine Tradition durchaus durch Reitmeister wie Stensbeck oder Lörke übermittelt und lebt bis in unsere Zeit weiter über Enkel- und Urenkelschüler, wie z. B. Schultheiß oder Zeilinger. Und zahlreiche andere, die mir im Moment nicht einfallen
