Zur Diskussion gestellte Ritte die gefallen

Rund um die klassische Reitkunst

Moderatoren: Julia, ninischi, Janina

Gast

Beitrag von Gast »

le_bai hat geschrieben:
ja, war etwas unvollständig. 2. minute und maximal bis zum nächsten paar.
die beiden sind ja nun absolut nicht zu vergleichen. daher war das für mich selbstredend. :wink:

damals hatte granat aber die nase vorn? wie kam es dazu? der erste ritt wirkt doch wesentlich leichter und flüssiger?
Jetzt laufe ich wieder Gefahr, gesteinigt zu werden!
Die damalige Pferdezucht unterscheidet sich erheblich von den heutigen Zuchtergebnissen. Damals waren die Pferde, die sich eher "aufrollten" eindeutig in der Unterzahl. Üblich war eher der Typ Pferd, der von oben nach unten geritten werden musste. Diese Pferde vor die Senkrechte zu bekommen und auch dort zu halten, gestaltet sich von Natur aus leichter.

Durch jahrzehntelange gezielte Selektion haben wir heute aber vermehrt Pferde, die generell dazu neigen, sich aufzurollen. Diese von unten an die Hand heranzustellen, ist die weitaus grössere reiterliche Herausforderung.
Vor allem aber, diese Pferde vor der Senkrechten zu halten.

Die heute so oft zu sehende Tendenz, die Pferde leicht hinter die Senkrechte zu stellen ist somit in erster Linie der heutigen Pferde geschuldet und geschieht weniger aus Unkenntnis oder gar Unvermögen.

Wobei ich hier definitiv weder von Rollkur oder "Long Deep and Round" rede. Beileibe nicht!
DAS ist auch in meinen Augen eine Vergewaltigung des Pferdes.

Warum tut sich Harry Boldt leichter mit seinem Pferd?
Das mag einmal daran liegen, dass hier das rein körperliche Verhältnis zwischen Reiter und Pferd ausgewogener ausfällt, als bei Christine Stückelberger. Somit können seine Hilfen weitaus dezenter ausfallen, um denselben Effekt zu erzielen.

Auch haben wir es hier offensichtlich auch mit zwei gänzlich unterschiedlichen Pferdetypen zu tun.

Aber wie es der Kommentar zeigt, würde auch damals schon das leichtfüssigere Reiten weniger hoch benötigt.
Allerdings beträgt der Unterschied nur 6 Punkte.

Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass hier lediglich die Schlussphase der jeweiligen Prüfung gezeigt wird. Von daher wird es sehr schwer, ein endgültiges Urteil über die beiden Ritte fällen zu können.

Wie gesagt, sehr aufschlussreich ist der Kommentar der beiden Moderatoren, die das ähnlich sehen, wie Du.
Zuletzt geändert von Gast am Di, 22. Jan 2013 12:44, insgesamt 1-mal geändert.
le_bai
User
Beiträge: 649
Registriert: Do, 16. Dez 2010 09:21
Wohnort: euregio

Beitrag von le_bai »

vielen dank für dein statement :D
warum steinigung? :lol:
Gast

Beitrag von Gast »

Weil das hier nicht so gerne gesehen wird, wenn ich auf das veränderte Zuchtziel verweise und damit die heutige Reitweise mit leicht hinter der Senkrechten eingestellten Pferde begründe.
Motte
User
Beiträge: 1481
Registriert: Do, 12. Jul 2007 15:26
Wohnort: Schnuckenland

Beitrag von Motte »

Im Dressurpferd" von Harry Boldt werden beide Pferde von ihren Reitern charakterisiert und beschrieben.
Woyczeck war das, was man damals als "Kaliber mit Adel - Prototyp des modernen Dressurpferdes" beschrieb. Harry Boldt schreibt, dass der Woyczeck bis dahin hinsichtlich Ausdruck der Bewegung, Arbeitsbereitschaft, Sensibiltät und Temperament, das beste Pferd sei, was er geritten habe.
Der war aber bereits bis Grand Prix ausgebildet (von Udo Nesch). Udo Nesch beschreibt ihn als aufmerksam, sehr schnell lernend und sehr ausgeglichen. So ausgeglichen, "dass man auf seinem Rücken Skat spielen konnte, wenn er sich zum Mittagsschlaf hingelegt hatte".

Der Granat war da wohl ne ganz andere "Hausnummer"...
Der wurde 4-jährig gekauft, keine Schönheit - eher im Wagentyp stehend. Da er aber drei sehr gute Grundgangarten hatte und nicht teuer war, hat man es mit ihm versucht.
Allerdings stellte Frau Stückelberger dann zu Hause wohl fest, dass das erstmal ein Fehlkauf war. Der stieg, biss, schmiss den Reiter runter und verliess gerne auf 2 Beinen das Viereck.
Sogar Harry Boldt hatte wohl dankend abgelehnt, dieses Pferd zu übernehmen.
Da niemand das Pferd haben wollte, hat man ihn halt weitergearbeitet, 1972 errang er sogar siebenjährig den 15 Platz bei den Olympischen Spielen. Der lief dann noch sehr erfolgreich, war aber wohl immer ziemlich schwierig.

Ich denke, alleine aus dieser Charakterisierung erklärt es sich von alleine, warum die Pferde so unterschiedlich vorgestellt werden.
noWay
User
Beiträge: 51
Registriert: Fr, 31. Okt 2008 12:05
Wohnort: Bayern

Beitrag von noWay »

Vielleicht der Vollständigkeit halber:
Nach Granats Karriere-Ende wurde bekannt, dass er auf dem rechten Auge blind war, was sein schwieriges Temperament zum Teil erklärte. Diese Info wurde bis dahin bewusst nicht öffentlich gemacht.
le_bai
User
Beiträge: 649
Registriert: Do, 16. Dez 2010 09:21
Wohnort: euregio

Beitrag von le_bai »

treuerhusar hat geschrieben:Weil das hier nicht so gerne gesehen wird, wenn ich auf das veränderte Zuchtziel verweise und damit die heutige Reitweise mit leicht hinter der Senkrechten eingestellten Pferde begründe.
naja - so ein arbeitshals sieht nicht so schön aus ,aber funktioniert eben.

ein moderner überlang, schwungvoll, mit leichtem genick und viel ganaschenfreiheit - sieht schön aus - aber funktioniert nicht so gut.

ich würde eher sagen, die pferde haben sich schneller entwickelt, als das gereit ;)
wobei "solche Pferde" in zeiten der ersten hysterie und einkreuzung von echten Orientalen in die europäischen Rassen schonmal da waren - und offensichtlich auch ein "reiten dafür". historische belege gibt es dafür einige.
Benutzeravatar
amara
User
Beiträge: 2557
Registriert: Mo, 02. Apr 2007 23:44
Wohnort: Ravensburg

Beitrag von amara »

@Gawan / alimath:
Gibt es jemand, der auf Turnieren 3:1 reitet? Gibt es Videos? Wie kommt das bei den Richtern an?

Ja. Hr. Stahlecker, seine Tochter Frau Stadelmayer und seine Enkelin. Was die Richter dazu sagen? Hm, nichts wenn die Aufgabe korrekt geritten ist. :wink:
Verboten ist das ja nicht. Du kannst auch in Fillisführung antreten. Bisher waren alle Teilnahmen allerdings, die ich in Fillisführung gesehen habe mehr grausam als schön anzusehen.
Benutzeravatar
*Krisi*
User
Beiträge: 437
Registriert: So, 07. Sep 2008 10:35
Wohnort: Niederösterreich
Kontaktdaten:

Beitrag von *Krisi* »

Meine Freundin reitet auch 3:1, das ist am Turnier noch KEINEM Richter aufgefallen, wurde also nicht bewertet.

Das erste mal war eine Bekannte "Schreiberin" bei der Aufgabe und hat den Richter darauf aufmerksam gemacht, worauf dieser ganz erstaunt antwortete: "ja ist denn das überhaupt erlaubt ?" und dann nachgeschaut hat in seinen Unterlagen :roll:
lalala

Beitrag von lalala »

Warum sollte das auch extra bewertet werden ?
Benutzeravatar
amara
User
Beiträge: 2557
Registriert: Mo, 02. Apr 2007 23:44
Wohnort: Ravensburg

Beitrag von amara »

Prinzipiell sollte es eigentlich höher gewertet werden, weil es dem Reiter relativ viel "Spielraum" mit der Hand wegnimmt und in der Führung schlichtweg korrekter ist. Darüberhinaus muss man 3:1 wirklich lernen, es ist eine andere Führung als getrennt, der Umstieg von Trense auf Kandare wird so für den Reiter auch eine ganz andere (wenn mM auch viel klarere und ehrlichere) Sache.

Aber das ist halt kein Kriterium in der LPO. Ich fand Stahleckers Ansätze zur Änderung der LPO immer Spitze! 3:1 Führung der Kandare, Abreitezeit exklusive Schritt beschränken auf 20 Minuten. Da wäre was los... :wink:
lalala

Beitrag von lalala »

Wenn mehrere Führungen erlaubt sind müssen die auch gleich gewertet werden.
Abreitezeit exklusive Schritt beschränken auf 20 Minuten. Da wäre was los... Wink
Schwachsinnsidee. Jedes Pferd braucht eine individuelle Vorbereitung.
Benutzeravatar
amara
User
Beiträge: 2557
Registriert: Mo, 02. Apr 2007 23:44
Wohnort: Ravensburg

Beitrag von amara »

Gehts noch bitte etwas freundlicher, lalala??????? :roll: :roll: *tocktock*


Ich finde die Idee nicht schlecht. Dahinter steht letztendlich auch der Gedanke, die Pferde zu schonen und sie FRISCH in einer Prüfung zu sehen. Wenn man so viel Schritt reiten kann wie man will sollten für ein GRAND PRIX Pferd 20min Arbeit als Aufwärmung reichen. Denn auch DAS ist eine Frage der Losgelassenheit und Weichheit. Und ein Pferd auf diesem Niveau sollte keine Stunden Warmreitzeit benötigen. AUCH DAS gehört eben für manche zur Grand Prix Reife. Nicht umsonst. :roll:
Es gibt sicherlich Pferde, die länger bewegt werden müssen, welche die weniger lang bewegt werden müssen. Aber dann würden die Reiter automatisch lernen, evt. auch mehr im Schritt zu lösen. Und der ein oder andere würde sehen, dass sein Krachboing ohne 2stundenfertigmachen gar nicht mehr so toll funktioniert.

Im Übrigen ist das nicht frei-erfundener-Blödsinn sondern lehnt sich letztlich an die VS Prüfungen!!!! Als Alternative hat er nicht zu Unrecht vorgeschlagen, dass auch vor Spring- und Dressurprüfungen eine Pulsfrequenzmessung keine schlechte Idee wären, einfacher jedoch die Begrenzung der Trainingszeit.
lalala

Beitrag von lalala »

Wenn man mit dem Regelwerk und den Bewertungskriterien nicht einverstanden ist sollte man nicht aufs Turnier fahren.

Von Stunden Vorbereitungszeit sprach auch niemand. Es muss aber möglich sein das Pferd so individuell zu lösen wie es das braucht und das geht nun mal nicht nach einer Uhr.
Phanja

Beitrag von Phanja »

lalala hat geschrieben:Wenn man mit dem Regelwerk und den Bewertungskriterien nicht einverstanden ist sollte man nicht aufs Turnier fahren.

Von Stunden Vorbereitungszeit sprach auch niemand. Es muss aber möglich sein das Pferd so individuell zu lösen wie es das braucht und das geht nun mal nicht nach einer Uhr.
Du sagst es doch selbst. Mal angenommen, das Regelwerk sähe 20 Minuten vor, dann kann ja jeder, der damit nicht einverstanden ist, dem Turnier fernbleiben :wink:

Ich finde den Vorschlag auch nicht so verkehrt. Keine Reitlehre sieht stundenlanges Abreiten und Lösen vor.
lalala

Beitrag von lalala »

Phanja hat geschrieben:
lalala hat geschrieben:Wenn man mit dem Regelwerk und den Bewertungskriterien nicht einverstanden ist sollte man nicht aufs Turnier fahren.

Von Stunden Vorbereitungszeit sprach auch niemand. Es muss aber möglich sein das Pferd so individuell zu lösen wie es das braucht und das geht nun mal nicht nach einer Uhr.
Du sagst es doch selbst. Mal angenommen, das Regelwerk sähe 20 Minuten vor, dann kann ja jeder, der damit nicht einverstanden ist, dem Turnier fernbleiben :wink:

Ich finde den Vorschlag auch nicht so verkehrt. Keine Reitlehre sieht stundenlanges Abreiten und Lösen vor.
Was dazwischen scheint es für euch ja nicht zu geben.
Antworten