Praxisbeispiele unserer Jungpferdeausbildung

Rund um die klassische Reitkunst

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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Shkan hat geschrieben:Hier ging es ja darum, dass Esge die These vertritt, dass sich Pferde in einem üblichen Offenstall nicht genug bewegen und von daher ein Einreiten mit 3 o.k. ist. Ich kann nun aber nicht sooo ganz nachvollziehen, warum eine Arbeitseinheit unterm Reiter von vielleicht 20 Min.? - in Kauf nehmend dass der noch nicht ausgereifte Bewegungs- und Knochenapparat unter der Mehrbelastung vielleicht leidet - die mangelnde Bewegung in einem Offenstall ausgleichen soll....
Da stimme ich zu - und ergänzend ist mir dann noch in den Sinn gekommen, dass die eh schon vermeintlich schlechtere Beschaffenheit des Bewegungsapparates aufgrund der nicht optimalen Haltung dann als "Ausgleich" quasi noch eher mehr-belastet wird. Hm...

Aber nicht falsch verstehen, die Wichtigkeit der Bewegung in hohem Maße grade für Pferde im Wachstum sehe ich auch so, keine Frage.
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Rapunzel hat geschrieben:Also, bei "meinen" Züchtern kann es durchaus auch vorkommen, dass mal ein Jungpferd diese Härten nicht überlebt oder in der Entwicklung deutlich zurückbleibt. Das ist dann aber halt wirklich natürliche Selektion und passiert nur sehr selten.

Ich bekommen dann beim nächsten Pferd wirklich ein Problem, denn ich hätte ja gern einen Warmblüter, aber einen finden, der annähernd sooo aufgewachsen ist - das wird schwierig.
Was für Pferde werden denn dort gezüchtet? Die Aufzuchtbedingungen klingen mehr als optimal - ich hätte gerne die Info dazu, wer wie wo was, wenn du nicht hier schreiben magst natürlich gerne per PN. Danke!
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Beitrag von Rapunzel »

Den Link hat Nandor auf der vorigen Seite gepostet. Es sind Andalusier.
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

Rapunzel hat geschrieben:Den Link hat Nandor auf der vorigen Seite gepostet. Es sind Andalusier.
:oops: Sorry, ist beim Querlesen nicht aufgefallen, dass auch dort "dein" Gestüt ist.
Musste aber ein wenig grinsen, die waren mir eingefallen, zumindest habe ich in Erinnerung, dass es viiiiiel Weide und viiiiiiel Herdenleben auf diesen großen Weiden gibt! Danke für die Info dazu!
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Beitrag von Rapunzel »

Ah, Fotos gefunden. So stell ich mir fitte, gesunde Dreijährige vor. Das hat mit den fetten weichen Schwabbelteilen halt nicht viel zu tun, die man allgemein so als Andalusier verkauft kriegt ;-).

In dem Alter um die drei fangen sie auch dort an, sich gegenseitig ernsthaft zu bekriegen, sodass man manche aus der Gruppe nehmen muss, manche werden verkauft, manche kastriert. Angeritten wird dort aber keiner vor 4-jährig.

Und hier mal so ein wildes Tier dann im neuen Zuhause ;-) (dieser ist in der Schweiz gelandet) https://www.youtube.com/watch?v=OIUHNyh5iYo
Dateianhänge
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Sascha
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Beitrag von Sascha »

@Rapunzel
Stehen da auch noch erwachsene Pferde mit in der Gruppe?

Bei uns haben selbst die 3,5-jährigen Hengste noch keinerlei Anzeichen gemacht, sich gegenseitig zu bekriegen. Was ganz langsam anfing, war, dass sie den rangniedrigsten Wallach nicht mehr ernst nahmen, wenn der sie zurechtweisen wollte. Und ab und an auch schonmal geguckt haben, was sie sich gegenüber den anderen beiden ranghöheren Wallachen rausnehmen können. Wenn mein Dicker (Boss) dann aber böse würde, dann standen die Jungs sofort stramm, da war noch sehr sehr viel Respekt da, mit dem sie ja einfach so auch aufgewachsen sind.
Wir hatten eine Gruppe von 8 Pferden und dass darin 4 Hengste standen, das musste man tatsächlich in der Regel erstmal erwähnen, weil sonst nichts aufgefallen wäre. Und die Stuten standen im Sommer mit einer Koppel Abstand und im Winter nur auf der anderen Seite des Weges in einem seperaten Offenstall.

Einen Hengst haben wir knapp 2-jährig aus Spanien dazubekommen, der musste von den Wallachen erstmal wirklich heftig auf den Pott gesetzt werden, weil er wohl keinerlei Respekt vor anderen Pferden gelernt hatte (Vermutlich stand er nur mit einem anderen Gleichaltrigen zusammen). Der kam in den Auslauf und wollte zunächst einmal alles in Besitz nehmen. Nachdem ihm dieser Zahn in der Herde gezogen wurde, war er der bravste überhaupt und auch sein bereits enormes Interesse für die Stuten ließ schlagartig nach.
"Wir wollen dafür Sorge tragen, dass wir das junge Pferd nicht verdrießen und ihm seine freundliche Anmut nicht verleiden. Denn diese gleicht dem Blütenduft, welcher niemals wiederkehrt, wenn er einmal verflogen ist."
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Beitrag von Rapunzel »

Nee, das sind nur Junge zwischen 2 und 3 Jahren. Bei den Jüngeren ist meist ein "Erzieher-Onkel" dabei und bei den jungen Stuten eine oder zwei alte Tanten.
Ich glaube, die Südpferde sind generell weniger tolerant als Hengste und brauchen mehr Individualabstand als Nordpferde.
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Beitrag von esge »

Um nochmal auf mein Statement von vor einigen Seiten einzugehen, den Dreijährigen schon zu arbeiten, falls zu wenig Bewegungsmöglichkeit in der Haltung gegeben ist:

ich ging davon aus, dass das Pferd BIS zu diesem Alter selbstverständlich genügen Bewegungsmöglichkeit hatte!! Aber wie immer, habe ich nicht über den Tellerrand geschaut und nur an meine eigene Situation gedacht. Und die ist: Ich kaufe einen Dreijährigen aus guter (bewegungsreicher) Aufzucht und hole ihn zu mir, damit ich anfangen kann, ihn zu arbeiten, an alles zu gewöhnen etc. Außerdem ist das einfach das Alter, wo man kaufen muss, wenn man das Pferd noch roh haben will. jedenfalls wenn man Portugiesen kauft.

Daraus ergab sich für mich diese Gegebenheit: Das junge, noch ungerittene Pferde kommt zu mir und leider sind im Rhein-Main-Gebiet Ställe, in denen die Winterhaltung genügend Auslauf bietet, seltener als schwarze Diamanten.
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Finchen
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Beitrag von Finchen »

@Esge:
ok, das ist dann ein anderer Zusammenhang (was das "wenig gute Haltung, dann noch früher aus eben diesem Grund reiten" angeht) :)
Glaube ich würde dann die Option wählen beim Züchter früh zu entscheiden und nach Möglichkeit so lange wie möglich dort zu lassen.
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Sascha
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Beitrag von Sascha »

Rapunzel hat geschrieben:Ich glaube, die Südpferde sind generell weniger tolerant als Hengste und brauchen mehr Individualabstand als Nordpferde.
2 PRE's und ein Araber-Berber waren unter anderem meine "Versuchsobjekte".

Ich denke, es hängt wirklich viel mit der Herdenstruktur zusammen, denn was ich ja auch beobachten konnte war, dass sie in diesem Alter beginnen ihre Position in der Gruppe zu klären. Bei uns waren da eben noch richtige erwachsene "Respektspferde" mit drinne, denen sie mental einfach noch unterlegen waren, plus eben die jahrelang gewachsenen Herdenstruktur und damit auch der Respekt vor diesen erwachsenen Pferden.

Ehrlich gesagt, sind meine Erfahrungen mit dieser Herde so gut, dass ich es mir überhaupt nicht mehr vorstellen kann, ein Jungpferd ohne mehrere erwachsene "Respektspferde" aufzuziehen. Es ist einfach enorm, wie viel Ruhe und Sicherheit die Jungs aus dieser Herdenstruktur ziehen konnten.
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Beitrag von Rapunzel »

Es kommt ja auch drauf an, was man unter "Arbeiten" versteht. Ein bisschen anlongieren, ein paar Minuten draufsitzen, beim Spaziergang mal aufsteigen, als Handpferd mitnehmen, insgesamt vielleicht 3mal die Woche - würde ich evtl. auch machen, wenn das Pferd 3-jährig keine großen Flächen mehr zur Verfügung hat.

Sascha: Ja, ist sicher super, wenn man so eine Autoritätsperson hat ;-) - ist dort aber schwierig - es gibt halt nur Jungpferde und Deckhengste, die in ihren eigenen Stutenherden laufen. Einen Wallach kannst du zu diesen Kraftpaketen nicht dazustellen, den machen die platt. Die Fohlen bleiben aber bis fast einjährig in der Herde mit den Müttern und dem Vaterhengst.
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Sascha
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Beitrag von Sascha »

@Rapunzel
Das war auch nicht wirklich eine Kritik an der Aufzucht dort, aber so hat eben jede Aufzucht auch ihre Vor- und Nachteile.
Es gibt wirklich viele Dinge, die ich an der Art, wie wir unsere Jungs aufgezogen habe, sehr zu schätzen gelernt habe und andere Dinge habe ich sehr vermisst. Aber im Dithmarscher Plattland gibt es eben keine Berge und keinen steinigen Boden, in diesem Bezug waren mir dann irgendwie auch die Hände gebunden. :)
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Beitrag von esge »

Finchen, das geht bei den Portugiesen so einfach nicht. Wenn die jungen Hengste dort einmal aus den Herden genommen wurden um den Kaufinteressenten präsentiert zu werden, kommen sie nicht mehr zurück in die Herde Dann stehen sie in Portugal nur noch im Stall - und das ist in jedem Fall schlechter als hier bei uns.

Und kaufe ich einen gerittenen Vierjährigen dort, ist der trotzdem 3jährig reingekommen und stand dann ein Jahr im Stall...

Es geht nur, was geht. Sascha kann keine Berge in den Norden zaubern, ich keine endlosen Flächen ins Rhein-Main-Gebiet. *schulterzuck*
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

esge hat geschrieben:Finchen, das geht bei den Portugiesen so einfach nicht. Wenn die jungen Hengste dort einmal aus den Herden genommen wurden um den Kaufinteressenten präsentiert zu werden, kommen sie nicht mehr zurück in die Herde Dann stehen sie in Portugal nur noch im Stall
So ist es in Spanien auch. Und Du kriegst dann auch keinen mehr, der einen Dreijährigen noch mal in eine Aufzuchtherde nimmt. Hatte ich seinerzeit eigentlich geplant: Auf La Palma, also Teneriffas Nachbarinsel, nimmt ein Züchter Jungpferde von den Kanaren, die dort hat im Herdenverband auf viel freier Fläche aufwachsen. Aber dazu war meiner dann schon zu alt. Und ganz generell gilt halt in Spanien: Wer aufgestallt ist, bleibt auch aufgestallt. Die fangen dann halt mit der Arbeit an. Wobei die sich vielfach anders gestaltet als hierzulande, etliche Spanier bilden ja zunächst mal ziemlich weit an der Hand aus, bevor sie aufs Pferd klettern.
„Steinbrecht ist nur schwer für den leichten Geist." (Nuno Oliveira)
Nach der SdA unterwegs :-)
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Beitrag von le_bai »

tolle Diskussion.
finde ich super ;)

man kann gruppen gemischaltrig gerade bei den jungs halten, hat aber mehr Risiken.
bei den derzeitigen dumping-preisen ist das oft das ausschlaggebende Argument.
zumal gerupfte jungpferde auch nicht gut ankommen bei interessenten ...

wir haben auch einen sehr guten Hengst dafür, aber der ist damit charakterlich die ausnahme und ein Resultat seiner nicht so guten Vorgeschichte (Marokko Import).
der "europäische" Berberdeckhengst würde selbst eigene fohlen nicht sehr zimperlich behandeln, dass haben wir zu genüge angetestet.

auf der suche nach einem Pferd (im Internet) will der übliche Pferdebesitzer Hochglanz Pferde mit wallemähne, schönem kopf, keinesfalls Winterfell oder schlamm sehen.

ist es dann sogar noch DÜNN, ohje - dann ist man ein züchter mit mangelhafter aufzucht.
und es stimmt - das stelle ich immer wieder an verschd. punkten fest.


die anlage eines trails und verschd. Stationen auf dem trail können vermehrt animieren, dass die Pferde sich Gründe für Wettrennen und Manöver liefern.
da kann man auch mit kleinen flächen gut arbeiten.

+- 1 ha pro Pferd ist aber unumgänglich, wenn man gute bewegungsreize und trotzdem nutzbare weiden haben möchte.

als züchter mit Pferden mit Familienanschluss (nicht mehr als 10 fohlen) muss man das finanziell noch stärker umlegen, als züchter mit großen herden.

das will niemand bezahlen.
daran scheitert es schlicht.

daher werden dann mit 2 die Jungtiere oft in überschaubarere haltungsbedingungen geholt. die zwangsläufige Konsequenz.
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