Pladoyer für die Besinnung auf die klassischen Prinzipien

Rund um die klassische Reitkunst

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Sitara
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Beitrag von Sitara »

Gawan hat geschrieben:Zur Kandare: Ist so viel Zug auf dem Zügel, dass die Kandare im Anschlag ist (d.h. die Kinnkette wirkt, und damit auch der Hebel), kommt mehr Druck auf die Zunge als bei gleichem Zug auf dem Trensenzügel. Im Gegensatz zur Trense gibt mir die Kandare aber im Bereich vor dem Anschlag eine Art "Pufferzone" in der meine Handbewegungen je nach Länge der Bäume nicht verstärkt, sondern verkleinert im Maul ankommen. Eine detaillierte Erklärung, wie die Kandare in diesem Sinn wirkt, findet sich bei Stahlecker: http://www.hsh-fritz-stahlecker.de/file ... E_1-10.pdf Arbeite ich also im Sinne Stahleckers mit der Kandare, ist sie sehr wohl ein feines Instrument.
Vielen Dank, Gawan, für den Stahlecker-Link!

Ich habe meine Stute und vor allem mich (!!) in den letzten Wochen auf Kandare umgestellt. Dabei war es für mich anfangs sehr, sehr schwierig, fummelig und ungewohnt, die Zügel 3/1 zu führen. Da mein Pferdchen "sehr an ihrer Umgebung interessiert" ist und sich zu allem Überfluß ein Fasan neben unserem Reitplatz eingenistet hat :roll: , hatte ich einen Riesenrespekt (Horror trifft es besser, wenn ich ehrlich bin), in einer Situation des Erschreckens/zur Seite hüpfens, versehentlich in den Kandaren- statt in den Kappzaumzügel zu greifen. Die 3/1-Zügelführung hat mir da geholfen, den Kappzaumzügel sehr eindeutig gerade in solchen Situationen zu identifizieren. Der Link stellt aber den eigentlichen Sinn der 3/1-Zügelführung sehr deutlich dar!!! Daß die Kandarenhand durch diese Zügelführung ruhiger ist und weniger Einwirkung/Irritation vorne ankommt, war mir schon klar, aber das mit dem Verkanten war mir gar nicht bewußt. Man findet im Netz viele Infos über das Reiten mit Kandare, aber wenig über den Sinn und Hintergrund der 3/1-Zügelführung.

Ach ja: Stuti kaut und sabbert höchst zufrieden auf der Kandare herum (und hat sich zwischenzeitlich an den Fasan gewöhnt). Zäumung auf Trense mochte sie nicht so.

Immerhin habe ich meine Unschuld hinsichtlich des Reitens mit Sporen noch nicht verloren. :twisted: :engel: Da die Dame ohnehin gern ins Rennen kommt, lasse ich das momentan noch lieber bleiben. Ganz abgesehen davon, daß ich finde, daß meine Beine hierfür noch zu unruhig liegen. Die Mistdinger.
maulfrei :o)

Beitrag von maulfrei :o) »

Anchy hat geschrieben: Aber in einem gebe ich Maulfrei schon recht, man sieht den gerechtfertigten Einsatz eher selten. Guckt Euch doch mal um in Euren Ställen und schaut den Leuten auf Hand und Fuß. Von daher kann mich ihre AUssage dazu auch kaum entsetzen.
Anchy
Eben! Die meisten ReiterInnen, die ich mit Kandare sehe, nutzen eher ihre "Verstärkerfunktion" - dasselbe gilt auch für die Sporen. Egal auf welchen Abreiteplatz bzw. in welche Reithalle ich schaue.

Das heißt aber nicht, dass ich hier den Userinnen den feinen Umgang damit abspreche!!

@Gawan: Ich bin mir bei dir sicher, dass du die Kandare ganz fein anwendest! :) Mit 4:0, 3:1 bzw. 1:3 fällst du ja auch gar nicht in die Kategorie (Sport-) ReiterInnen, bei denen ich am meisten den dort praktizierten Einsatz kritisiere...Also hoffe ich, dass du dich nicht von mir angegriffen fühlst!
Ich schaue sehr gerne bei PK- und BB-Seminaren zu, die feinen ambitionierten FreizeitreiterInnen sind mir die liebsten, da kann ich stundenlang zuschauen :D

@Donna: Dein Link ist doppelt interessant! Zum einen zeigt er UG mal von einer anderen Seite :? und zum anderen ist das ihr Abreiten vor der Prüfung, die sie dann gewonnen hat - und diese Prüfung ist als Link von Meg beim "Ritte..." Thread eingestellt. Eine Freundin von mir nennt UG gerne den "Wolf im Schafspelz"...

@charona: Leider war man früher nicht zimperlich... :shock: Womit wir wieder bei der unschönen Seite der Sporen wären.

@Max: Eigentlich gefällt mir Hubertus Schmidt ganz gut - verglichen mit vielen anderen DressurreiterInnen im großen Sport.
Gegen einen PK wirkt seine Hilfengebung aber deutlich gröber - das Bein ist unruhig, der Sporn immer wieder am Pferd, der Kandarenzügel häufig anstehend bzw. mit etwas Zug drauf, das Pferd tw. deutlich zu eng.
Nachdem ich gerade auf der Hansepferd war, kann mich dieser Ritt bezüglich des Kandaren- bzw. Sporeneinsatzes daher nicht begeistern...Das geht noch deutlich dezenter! :wink:

@sitara: Mir gefallen die Erklärungen von Stahlecker auch immer gut! :)

Bei PKs Auftritt auf der Hansepferd hätte mich einfach ein Ritt auf Trense aus mehreren Gründen mehr gefreut (ganz abgesehen davon, dass ich nun mal kein Kandarenfan bin):
Die meisten ZuschauerInnen kennen vermutlich, sofern sie sich nicht schon länger mit alternativen Reitweisen beschäftigen, eher den "normalen" Gebrauch dieses Werkzeugs - und der sieht in den allermeisten Fällen deutlich unfeiner aus. Nicht unbedingt in den Prüfungen, aber davor oder zu Hause beim Training...
PK nutzt die Kandare IMMER als feines Werkzeug, es wäre für ihn ein absolutes NO-GO, sein Pferd damit einzurollen oder grob am Zügel zu ziehen. Wer ihn und sein System kennt, weiß es - die anderen ZuschauerInnen wissen es aber nicht!
Folglich reiht er sich damit bei denjenigen, die ihn nicht kennen, in die übliche Schublade mit ein. Und das finde ich schade.

Andererseits ist er die ganze Zeit mit deutlich losem Kandarenzügel geritten (die anderen Mitreiterinnen meine ich ebenso, ich habe aber meistens zu PK und High Noon geschaut...) und auch mit sehr dezenten Hilfen/ruhigem Bein.
Um einmal zu zeigen, dass der Kandarenzügel auch durchhängen darf und die Sporen auch dauerhaft tief getragen werden können, war ein solcher Vorführ-Ritt natürlich schon sehr gut :)
Ulrike
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Beitrag von Ulrike »

Guten Morgen,


wenn ich meine damalige Araberin Jahrelang mit Kandare geritten bin, dann IMMER mit der Vorgabe der feinen HIlfengebung.

Der Anblick des "gemeinen Sportreiters" ist ja selten schön , so kann man nicht Birnen mit Äpfeln vergleichen.


Mir wurde das Reiten mit Kandare so beigebracht:

Reite MIT der Kandare, nicht AUF der Kandare.

Das bedeutet für mich, das der Kandarenzügel locker hängt, nicht lose, sondern locker und nur nur durch das etwas weitere Aufrichten der Faust angenommen wird, um SOFORT nach der erwünschten Reaktion wieder zu ruhen.

Damit konnte ich die schönsten Lektionen reiten, ohne jemals den Respekt vor dieser Art der Zähmung verloren zu haben.


LG Ulrike
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Gawan
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Beitrag von Gawan »

maulfrei :o) hat geschrieben:@Gawan: Ich bin mir bei dir sicher, dass du die Kandare ganz fein anwendest! :) Mit 4:0, 3:1 bzw. 1:3 fällst du ja auch gar nicht in die Kategorie (Sport-) ReiterInnen, bei denen ich am meisten den dort praktizierten Einsatz kritisiere...Also hoffe ich, dass du dich nicht von mir angegriffen fühlst!
Ich schaue sehr gerne bei PK- und BB-Seminaren zu, die feinen ambitionierten FreizeitreiterInnen sind mir die liebsten, da kann ich stundenlang zuschauen :D
Keine Angst, ich fühle mich nicht angegriffen. Mir geht es einfach darum, Werkzeuge eben als solche zu betrachten, und nicht quasi ideologisch zwischen "guten" und "schlechten" Werkzeugen zu unterscheiden. Wenn jemand versucht, mit dem Hammer eine Schraube in die Wand zu klopfen, ist das ja auch kein Argument gegen den Hammer.
Was BB-Reiter antrifft, habe ich da leider auch schon welche erlebt, die nicht über die Werkzeuge nachdachten, die sie benutzten. Mir fiel z.B. bei einer Reiterin auf, dass ihr Pferd immer wieder mit dem Kopf hinter die Senkrechte nickte, sobald sie etwas mit dem Zügel machte, da sie die Kinnkette zu kurz eingestellt hatte (die Kandare strotzte, folglich fehlte die "Pufferzone"). Darauf angesprochen meinte sie, ihre Tochter hätte ihr das Pferd aufgezäumt und die Kette falsch eingestellt ...
Ulrike hat geschrieben:Mir wurde das Reiten mit Kandare so beigebracht:
Reite MIT der Kandare, nicht AUF der Kandare.
Das bedeutet für mich, das der Kandarenzügel locker hängt, nicht lose, sondern locker und nur durch das etwas weitere Aufrichten der Faust angenommen wird, um SOFORT nach der erwünschten Reaktion wieder zu ruhen.
Damit konnte ich die schönsten Lektionen reiten, ohne jemals den Respekt vor dieser Art der Zähmung verloren zu haben.
Schöne Beschreibung.
"Der Reitlehrer sei unser eigenes Pferd" SGS
(und der Schüler zeige Geduld, Demut und Hingabe)
Draussen bin ich 4:0 unterwegs, in der Halle 3:1, manchmal 1:3.
horsman
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Beitrag von horsman »

Ich stimme maulfrei zu, dass wahrscheinlich 99 von 100 Reitern, Kandare und/oder Sporen schlecht und falsch anwenden. Auf Grundlage einer solchen Anwendung ist daher der Gebrauch eher abzulehnen. Wobei hier zu sagen wäre, dass ein solcher Reiter auch mit der Trense (und dem Bein) groben Unfug anrichten wird.

Aber darum ging es mir nicht. Ich rede von guter Anwendung von Sporen und Kandare als unverzichtbare Hilfmittel für ein wirklich gut, präzise und fein gehendes Pferd. Und da wir in dem Zusammenhang hier über PK geredet hatten, sehe ich durchaus einen Reiter, der reiterlich im Stande ist, Sporen und Kandare gut und richtig einzuzetzen.
Zuletzt geändert von horsman am Mo, 05. Mai 2014 12:31, insgesamt 2-mal geändert.
First a relaxed mind, then a relaxed horse.
cajujo
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Beitrag von cajujo »

http://www.youtube.com/watch?v=H-h9oNZp2yU

Wenn dies als Zielvorstellung und Ideal der Sporennutzung gesehen wird kann ich gut verstehen, dass es abgelehnt werden kann.
Sicher packt der Mann damit nicht zu und streicht eher am Pferd. Bedingt, auch durch seine langen Beine, kommt jedoch bei dem häufigen und verschieden platzierten Einsätze mächtig Unruhe rein.
Ich will eigentlich gar nicht am Ritt rum kritteln und Fehlersuche machen aber in meinen Wunschvorstellungen zu hübschem Reiten und Einsatz von Sporen gehört das Alltägliches, wie z. B. Schritt oder Antraben noch aus dem Sitz heraus geritten werden können.
Ich habe überhaupt gar nichts gegen Sporen und finde sie können wunderbare Hilfsmittel sein, wenn sie aber bei Allem und für Alles plaziert werden müssen, denke ich, das Reitkonzept könnte noch mal überdacht weden.
Gerade wenn wie hier von hohen Ansprüchen ausgegangen wird, würde ich es lieber als Präzisionswerkzeug sehen.
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Sascha
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Beitrag von Sascha »

@maulfrei
Ich verstehe gar nicht, warum es hier jetzt plötzlich um "die meisten Reiter" geht.
Ursprünglich bezog sich deine Aussage doch auf die Vorführung von PK und seinen Schülern, die du lieber ohne Kandare und Sporen gesehen hättest, obwohl dich das Gesamtbild doch wirklich beeindruckte.

Sollten wir dann nicht eher darüber diskutieren, ob es für solche Reiter wie in dieser Vorführung Sinn macht, Kandare und Sporen zu nutzen?
Was spielt es für diese Frage für eine Rolle, ob "die meisten Reiter" Kandare und Sporen falsch nutzen?
"Wir wollen dafür Sorge tragen, dass wir das junge Pferd nicht verdrießen und ihm seine freundliche Anmut nicht verleiden. Denn diese gleicht dem Blütenduft, welcher niemals wiederkehrt, wenn er einmal verflogen ist."
Antoine De La Pluvinel
Max1404
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Beitrag von Max1404 »

Also, geht es jetzt darum, dass Sporen und Kandare in den Augen einiger hier GRUNDSÄTZLICH physikalische Instrumente sind, die als "Verstärker" dienen, um sich das Pferd auf unlautere Art und Weise gefügig zu machen? Und die deshalb möglicherweise sogar abzulehnen sind? Warum geht es jetzt plötzlich darum, dass viele Reiter (egal in welchem "Lager") Sporen und Kandare falsch einsetzen?

Ich möchte wie Sascha gerne über einen KORREKTEN Umgang mit reiterlichen Hilfsmitteln sprechen und dann über Pro und Contra, nicht jedoch darüber, was die Mehrzahl der Reiter Eurer Meinung nach angeblich falsch macht.

Ich wiederhole mich gerne: ich halte PK für einen ganz hervorragenden Reiter.
Allerdings entsprechen seine älteren Videos deutlich mehr dem was ich unter schöner feiner Reiterei verstehe, als die aktuellen Bilder, die für meinen Geschmack ein wenig zu stark in Richtung Baucher oder Beudant gehen.
Viele Grüße
Sabine
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maulfrei :o)

Beitrag von maulfrei :o) »

Sascha hat geschrieben:@maulfrei
Ich verstehe gar nicht, warum es hier jetzt plötzlich um "die meisten Reiter" geht.
Hm, vielleicht habe ich meinen Gedankengang oben dazu nicht verständlich erklärt:
Mit seiner Präsentation auf der Hansepferd hatte PK die Möglichkeit, sein System einem breiten Publikum vorzustellen - dabei ist davon auszugehen, dass auch viele ZuschauerInnen ihn bzw. seine EdL nicht kennen.
Durch seine Vorstellung auf Kandare riskiert er zum einen, dass er von denen, die ihn nicht kennen, in dieselbe Schublade gesteckt wird wie "die meisten KandarenreiterInnen" (die die Kandare nicht nur als feines Instrument einsetzen...) und zum anderen riskiert er Nachahmer, die sich ja auch bezüglich der "hohen Hand" eingestellt haben...

Das war nur ein Gedankengang von mir, muss natürlich so nicht zutreffen - aber ich sehe ein gewisses Risiko dabei.

Dem entgegen steht natürlich, dass seine Vorstellung mit losem/durchhängenden Kandarenzügel auch einmal die andere Seite der Kandare gezeigt hat, was sehr schön war!

Ein eigenes kleines Beispiel dazu: Bei meinen Vorstellungen mit Maroun habe ich im ersten Jahr (2012) die Blümchen verwendet - und wurde mehrfach darauf angesprochen, auch per Mail - von ReiterInnen, die ihr Pferd nun auch damit reiten wollten. Angenommen man verwendet dafür aber eine Kinnkette und zieht den Nasenriemen stramm, dann ist eine solche Zäumung für das Pferd keineswegs soft! Das hat mir Sorgen bereitet...
Aus dieser Erfahrung heraus habe ich Maroun im darauffolgenden Jahr (2013) extra nur mit Halfter vorgestellt (mit normalen Halfterringen) - weil ich wusste, dass er die gelernten Lektionen auch damit zeigen konnte und für die ZuschaurInnen damit auch offensichtlich war, dass die Ausführung der Lektionen nicht von der Ausrüstung des Pferdes abhängig ist.
Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

Die Ausführung der Lektionen ist allerdings durchaus auch von der Ausrüstung abhängig bzw wird stark von dieser beeinflusst, wenn man denn nicht andressierte Lektionen abruft (dann ist es natürlich tatsächlich egal, was das Pferd am Kopf hat oder eben nicht), sondern das Pferd REITET und sich mit ihm in einem inneren und äußeren Dialog befindet, indem man sich der Sprache der Hilfen bedient. Das ist ein Tanz, ein Zusammenspiel, und natürlich ist die Ausrüstung dabei ein ganz entscheidendes Werkzeug - eine Ballerina tanzt auch nicht in Badeschlappen auf Spitze!
Ulrike
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Beitrag von Ulrike »

eine Ballerina tanzt auch nicht in Badeschlappen auf Spitze!

Bitte, bitte, bitte!

WO ist hier ein Totlachsmily?


Im Moment singe ich hier im Theater die Carmina Burana mit, dazu wird getanzt.

Nun habe ich großes Kopfkino!!!

:lol: :lol:


Es bleibt dabei, das jedes Hilfsmittel zum Tanzen oder zum Knechten genutzt werden kann.

Warum sollte ein Meister nicht die Instrumente, meisterhaft genutzt, vorstellen können?



Das sind Beispiele, die wir uns dann nehmen können.


LG Ulrike
cajujo
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Beitrag von cajujo »

Verstehe ich dich richtig, dass deine Betonung auf der "Ausführung der Lektionen" liegt?
Die gewünschten Übungen und Übergänge sollten nach meinem Ideal schon auch auf Trense und ohne Sporen reitbar sein.
Der Körper des Reiters verbleibt auch ohne Kandare und Sporn das wichtigste Instrument zur Verständigung und Hilfengebung für den Tanz/Dialog zu Zweit.
Die Hilfsmittel sorgen dann für das etwas Mehr an Präzision, Ausdruck, Elektrizität der Umsetzung,......
Das Fehlen von diesen Ausrüstungsgegenständen in die Richtung von andressierten Lektionen zu rücken kommt mir komisch vor. Aber wahrscheinlich ist es so gemeint, dass dann wahrscheinlich kein Unterschied in der Ausfürung zu erkennen sein wird.

Ich reite ja nicht auf einem riesen hohem Niveau und habe immer Respekt vor großen Leistungen, die ohne div Hilfsmittel gezeigt werden.
Ehrlicherweise muss man doch schon auch zugeben, dass Sporen und Kandare oft genutzt werden um Fehlerchen zu kaschieren oder andere Mängelchen zu übertünchen.
Das meine ich natürlich nicht verallgemeinernd und es gibt sicher eine menge Leute die die Teilchen wirklich im Sinne der Verfeinerung und Präzision nutzen aber eben auch viele die nur meinen dies zu tun.
Denn der Reiter empfindet sich ja wirklich i.d.R. feiner da er mit weniger Kraft und kleineren Bewegungen seinerseits mehr zu bewirken verspürt. Ob es beim Pferd auch als weniger, präziser und damit feiner ankommt ist schon sehr einzelfallabhängig und zumindest bei Vielen fragwürdig.

Aber mal so OT reingeworfen, empfinde ich viele nette Geländis, die auf blanker Kandare durch die Gegend tuffeln nicht tierschutzrelevant und die Pferde machen keinen unzufriedenen Eindruck. Von daher, mei, vllt sollte man nicht dauernd Bedenken haben, dass Andere alles falsch machen und alles, wenn nicht meisterlich angewand, abzulehnen ist.
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Cubano
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Beitrag von Cubano »

cajujo hat geschrieben: Das Fehlen von diesen Ausrüstungsgegenständen in die Richtung von andressierten Lektionen zu rücken kommt mir komisch vor. .
Mir nicht. Aber das liegt wohl daran, dass ich mittlerweile zu viele Piaffen gesehen habe, die geklickert waren. :P

Mal ernsthaft: Wie man bei dem Gebrauch der Sporen bei einem Hubertus Schmidt Bauchschmerzen bekommen kann, erschließt sich mir nicht. Der Mann wendet den kurzen Impuls nämlich ganz gezielt an, und kommt mit Sicherheit nicht unabsichtlich ans Pferd. Das ist übrigens schön zu sehen, wenn er um die Ecke reitet - da sieht man deutlich, dass zwar der seitliche Teil des Sporns am Pferd liegt, aber nicht der Sporn selbst.
Und wie hier schon gesagt wurde. Sporen sind eine Verfeinerung der Hilfen. Um genau zu sein, kann man das damit machen, was viele Reiter auch ohne Sporen nicht hinkriegen - gezielt das jeweilige HB ansprechen und zu mehr Energie anregen. Darüber hinaus kann man mit dem Sporn auch versammeln, wenn man es denn kann.
Und nicht anders verhält es sich mit der Kandare. Auch die wirkt beileibe nicht nur vorn im Maul, sondern direkt aufs gleichseitige HB.
Und natürlich werden beide Hilfsmittel auch dazu verwendet, Fehler zu vertuschen. Genauso, wie eine Pfaffe auf Clickern gaaaanz toll aussieht, aber kaum einer sieht, dass sie ohne Rücken stattfindet.
Darüber hinaus geht es nicht darum, sich als feiner zu empfinden, wenn man die Kandare ins Pferd gebastelt hat. Viel mehr agiert man ganz automatisch vorsichtiger mit der Hand. Immer mal vorausgesetzt, das Pferd ist fein im Maul, kommt eine grobmotorische Reaktion nämlich ohne Umweg bei ihm an - und hat die entsprechenden Konsequenzen. Ich habe schon Pferde gesehen, die sind gestiegen, nur weil der Reiter den Kandarenzügel zu stark angenommen hatte...

Ach ja: Mal eben zum Ideal des durchhängenden Kandarenzügels, der so oft als Krone der Reitkunst gesehen wird. Unser Herr Schimmel findet so gut wie gar nichts so gruselig wie dieses Geschlackert. Der besteht darauf, dass - wenn man sich schon anmaßt, ihn auf Kandare zu reiten die Zügel leicht, aber gleichmäßig anstehen. Aber wahrscheinlich hat er nur die falschen Bücher gelesen. :wink:
„Steinbrecht ist nur schwer für den leichten Geist." (Nuno Oliveira)
Nach der SdA unterwegs :-)
Rapunzel
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Beitrag von Rapunzel »

Wir reden doch wohl nicht davon, dass man einen Übergang oder eine bestimmte Lektion ohne Sporen oder/und Kandare nicht reiten kann?!
(Dieses Phänomen sieht man übrigens gern auf Barockturnieren 8) )

Ja, klar, man kann beides als Hilfsmittel benutzen, um Dinge zu erzwingen. Es gibt auch Leute, die mit Sporen reiten, um den Bock vorwärtszubekommen. Denen ist dann aber nicht zu helfen und das hat wohl hoffentlich auch in niemandes Wahrnehmung was mit den gezeigten VIdeos von PK, Hubertus Schmidt usw. zu tun.

Cubano: Ich reite so ca. alle 4-6 Wochen mal auf Kandare (mit Unterlegtrense), wenn ich mir mal was Schönes gönnen will. Zum einen ist mein Pferd deutlich aufmerksamer, trägt sich mehr und hört mehr hin und vor allem halte ICH meine Flossen viel stiller aus Respekt vor der Zäumung, was wiederum dazu führt, dass Mister B. bereitwilliger mitmacht.
maulfrei :o)

Beitrag von maulfrei :o) »

cajujo hat geschrieben:Das Fehlen von diesen Ausrüstungsgegenständen in die Richtung von andressierten Lektionen zu rücken kommt mir komisch vor.
Mir auch.
Cubano hat geschrieben: Mal ernsthaft: Wie man bei dem Gebrauch der Sporen bei einem Hubertus Schmidt Bauchschmerzen bekommen kann, erschließt sich mir nicht.
Mir schon.
Wobei ich keine Bauchschmerzen bekomme, es aber nicht meinen Idealvorstellungen entspricht.

Das „descente de main et de jambes“, das Aussetzen der Hilfen wenn das Pferd gerade so läuft wie gewünscht, ist ein Kern der klassischen Reitlehre und ein Ziel, das mich sehr fasziniert - und der Hauptgrund, warum mich die klassische Reitkunst überhaupt so anspricht. PK reitet sehr nach diesem Prinzip! :)
Und genau diesen Unterschied sieht man z.B. im direkten Vergleich von PK und Hubertus Schmidt deutlich.
PK reitet "vorwärts, marsch"! - und lässt dann sein Pferd selbstständig arbeiten,
HS reiten hingegen alla "vorwärts, marsch, marsch, marsch, marsch, marsch usw..." und bleibt konstant bei seiner (deutlich sichtbaren) Hilfengebung... (Ich weiß nicht mehr, wer mal den Vergleich mit diesem militärischen Kommando angeführt hat, aber ich finde ihn sehr zutreffend) :)

Ein paar Zitate aus einem Artikel zu diesem Thema - auch in Hinblick auf das Thema "andressiert", der an dieser Stelle finde ich gut hinpasst:

"Recherchiert man intensiv, fällt auf, dass eine Grundforderung des wohl bedeutendsten Reitmeisters der Geschichte, nämlich Francois Robichon de La Guérinière (1688-1751), vor dem sich die großen Schulen von Wien, Saumur und Hannover jahrhundertelang verbeugt haben, in den modernen Richtlinien für das Reiten nicht vorkommt. Dabei handelt es sich um das sogenannte „descente de main et de jambes“.
Was ist das?
Auf deutsch gerne mit „sinken lassen von Hand und Beinen“ übersetzt.
Die Definition von de La Guérinière lautet wie folgt:
„… sobald ein Pferd ein Ausbildungsniveau erreicht hat, auf dem es sich leicht versammeln lässt, weich im Maul und im Rücken losgelassen ist und Hankenbeugung zeigt, lässt man ihm „Bewährung“ angedeihen, das heißt Schenkel- und Zügelhilfen werden vollständig aufgegeben, während sich das Pferd weiterhin mit der gleichen Biegung und Versammlung, ohne Einbuße von Schwung, Rhythmus und Takt, weiterbewegt." (...)

Das macht den Unterschied zwischen einem konventionell ausgebildeten und einem klassisch ausgebildeten Dressurpferd aus, welches schließlich brilliert! (Text aus „Reitkunst im Wandel“, von Sylvia Loch)
...
Heute sehen wir vereinzelt Reiter am losen Zügel piaffieren, was von Turnierreitern schnell als „Zirkusreiterei“ abgetan wird. Dem ist Folgendes entgegenzusetzen:

Erstens bildete Steinbrecht, genauso wie Baucher und Fillis Pferde für den Zirkus aus, denn der Zirkus hatte früher einen sehr hohen Stellenwert und verlangte korrekt gerittene Pferde – Steinbrecht also ein Zirkusreiter?

Wahre Zirkusreiter gibt es heute kaum noch, doch sollten wir uns vor spöttischen Bemerkungen hüten, war der Zirkus doch um 1800 eine sehr angesehene Einrichtung und es war für Reiter eine große Ehre dort aufzutreten oder Pferde für den Zirkus auszubilden. Damit die kostbaren Zirkuspferde lange gesund blieben und ihre Vorstellungen bis ins hohe Alter gehen konnten, legte man auf eine klassische Ausbildung größten Wert, anschließend wurde das Repertoire dieser Pferde noch mit, für das Laienpublikum ansprechenden, zirzensischen Übungen angereichert, wozu z.B. das Hinknien oder Hinlegen gehörte.

Der moderne Dressursport hat leider, wie bereits erwähnt, eine für die Reitkunst essentielle Erkenntnis, nämlich das „descente de main“ nicht beachtet und sich deshalb und aufgrund des bloßen Wettbewerbsgedankens von der Klassischen Reitkunst entfernt. Obwohl es im Idealfall und in der Theorie keinen Unterschied geben bräuchte, hat sich in der Praxis eine Art „Unvereinbarkeit“ entwickelt.


Den ganzen Artikel gibt es hier:
http://reiter.spass.com/dressur_ordner/ ... tkunst.htm

Irgendwie scheine ich etwas versäumt zu haben: Wer hier im Forum hat den seinem Pferd ausschließlich mittels eines Clickers eine korrekte Piaffe beigebracht, bei der sämtliche Kriterien einer guten Piaffe erfüllt sind? Gerne mit Bild!

Denn das stelle ich mir als nicht machbar vor...

Und zum Thema, dass ein Pferd, das selbstständig piaffiert, ja "nur" dressiert sei (?) folgendes Zitat aus dem Artikel:

Captain Kitt schrieb 1936: „Herr Oberstleutnant Gerhard zeigte mir die Arbeit in den Pilaren. Er ließ „Fels“ durch eine leichte Anregung mit der Peitsche piaffieren, nahm mich unter den Arm und sagte lächelnd: „So Captain jetzt gehen wir frühstücken, und wenn wir zurückkommen, wird Fels noch piaffieren.“
Damit ging er mit mir rund um die Reitbahn, ungefähr fünf Minuten lang, während „Fels“ in feierlicher Haltung und hoher Aktion prachtvoll piaffierte.
Durch das Kommando „Halt“, das Pferd stoppend, sagte Oberstleutnant Gerhard zu mir: „Eine wunderbare gymnastische Übung!“ (Zitat aus dem Buch „Kavallerieschule Hannover“ von Carl Friedrich Mossdorf.
Zuletzt geändert von maulfrei :o) am Di, 06. Mai 2014 23:20, insgesamt 1-mal geändert.
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