Wieviel Anlehnung muss/soll sein?

Rund um die klassische Reitkunst

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lalala

Beitrag von lalala »

moreno hat geschrieben:Hallo Lalala,

es wird halt oft übersehen, daß nicht jeder nachgebende und durchhängende Zügel auch schon ein „Springender Zügel “sein muß. So ist auch nicht jeder anstehende Zügel vor einem Springen gefeit.
Das habe ich auch nicht behauptet. Lediglich auf etwas hingewiesen, was man tagtäglich in den Reitställen sieht und scheinbar ist der "springende Zügel" genau Beas Problem...das Pferd bekommt immer mal wieder Signale, die es nicht einordnen kann...Jen schrieb " es arretiert sich selbst"...die gleichmässige Anlehnung (die ja nicht starr ist) hilft Beas Pferd sich zu orientieren. So wenig wie möglich, so viel wie nötig. Bei der Reiterin handelt es sich um eine Anfängerin mit noch deutlichen Sitzproblemen und einem sensiblen Pferd.

Auch ein durchhängender Zügel kann durchaus weich und kontrolliert den Kontakt mit dem Maul wieder herstellen. Auch bei jedem Schritt oder Tritt. Wie so oft: Nur wer kann, der kann.
Ein durchhängender Zügel ist aber auch wieder etwas anderes als ein springender Zügel. Wer Beas reiterlichen Werdegang inkl. Bilder verfolgt, weiss um ihre Probleme und genau deshalb glaube ich auch, dass die RL mit der Beurteilung "springender Zügel" recht hat.
Anlehnung und Kontakt sind allerdings zwei völlig verschiedene Schuhe.
Niemand hat etwas Gegenteiliges behauptet...
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Jen
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Beitrag von Jen »

von Lala:
Jen schrieb " es arretiert sich selbst"
ups, das war glaubs jemand anders *michnichtmitfremdenlorbeerenschmückenwill*

Grundsätzlich denke ich, kann man als aufmerksamer Beobachter von aussen sehen, ob dem Pferd die Art des Kontaktes angenehm ist oder nicht. Wenn ich zb. einen schwingenden Zügel habe, das Pferd aber im Kopf ganz ruhig ist und schön mit dem Rücken schwingt, dann springt der Zügel nicht. Ist das Pferd mti dem Kopf unruhig, dann stört es etwas. Das ist natürlich schwieriger zu beurteilen, wenn die Anlehnung zu fest ist und der Kopf des Pferdes festgehalten. Doch ich finde, auch dies sieht man dem Pferd und der arbeitenden Muskulatur an, ob das Pferd in der Position festgehalten wird oder nicht. Es ist halt deutlich schwieriger ein Pferd in Balance und Selbsthaltung in allen lektionen korrekt zu reiten, als wenn man das Pferd stützt... ;) zweiteres muss vielleicht in einer bestimmten Situation mit einem bestimmten Pferd nicht unbedingt als Fehler angeschaut werden, wenn es in dieser momentanen, kurzen Situation vorübergehend passt. Darüber möchte ich nicht urteilen, dazu habe ich zuwenig Erfahrung. Aber ein ZIEL sollte es niemals sein, finde ich.
Liebe Grüesslis, Jen
***
Das Maul des Pferdes ist kein Bremspedal! Martin Plewa
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RemonteFrou
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Beitrag von RemonteFrou »

Ich habe auch manchmal ein Anlehnungsproblem. Ich neige oft dazu "alles wegzuschmeissen". Auch nicht Sinn der Sache.

Ich versuche nun wirklich immer soviel Kontakt zum Maul zu haben, das ich es nur spüre, und nicht alles wegzuschmeisen und Remonte allein zu lassen. Womit ich nicht meine, dass ich ihm ein fünftes Bein gewähre.

Habe in der Schnelle nur die Beiträge überflogen, also seht es mir bitte nicht nach, falls ich etwas schreibe, was schon mal da war ;-)

In einem Buch von NO schreibt, er man muss wissen, wann man nachgibt und annimmt. Dazu waren Bilder, glaube in Passage?, einmal mit sagen wir mal in "Anlehnung" und in "Freiheit auf Ehrenwort".

Zu dem Zitierten, man möchte die Aktivität der HH in der Hand spüren, fällt mir spontan nur ein, das man die doch eigentlich am Allerwertesten spürt und in der echten Versammlung in Fr. a. EW die Hilfen ausgesetzt hat, also keine Anlehnung oder so "starken" Kontakt hat, dass man die Aktivität der HH in der Hand spürt, oder?

VlG
Remonte
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Steffen
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Die große Frage nach der Anlehnung...

Beitrag von Steffen »

Das Thema Anlehnung ist ein sehr schwieriges und man neigt dazu, sich von dem einen oder anderen mißlungenen Beispiel aus der Praxis im negaviven Sinne oder von einigen Bildern der großen Reitmeister im positiven Sinne in die Irre führen zu lassen.

Der Grundsatz bei der Anlehnung lautet sicher: "so viel wie nötig und so wenig wie möglich". Aber das hilft natürlich nur wenig weiter. Die Hand soll einen möglichst leichten Kontakt zum Pferdemaul halten. Ob dieser Kontakt sich in Kilogramm oder Gramm oder nur in Gedanken bemessen läßt, ist von sehr vielen Faktoren abhängig.

Was bei den großen Meistern z.B. Nuno Oliveira gerne vergessen wird, ist dass er das Aufgeben der Anlehnung als "Freiheit auf Ehrenwort" versteht. Diese Freiheit verdient sich das Pferd (bzw. Pferd und Reiter) im Laufe der Ausbidlung. Wehe dem Pferd, das es wagt, diese Freiheit auszunutzen. Dominique Barbier (ein Oliviera Schüler) beschreibt es etwas genauer. Er sagt:

Das junge Pferd benötigt zunächst etwas mehr Anlehnung. Je besser und je feiner die Kommunikation wird, desto mehr kann man die Anlehnung reduzieren. Ein wahrer Meister kann die Anlehnung sogar für kurze Momente völlig aufgeben.

Aber er sagt auch:

Wenn das Pferd nicht am Zügel steht, ist alles verloren. Er verlangt, dass man stets das Gefühl haben soll, auf einem Ferrari zu sitzen, der explodiert, sobald man es von ihm verlangt. Ohne Schwung und das immer spürbare Vorwärts, wird man in der Dressur nichts erreichen.

Wer nun in der Lage ist, dies alles ohne Anlehnung umzusetzen, hat meine größte Bewunderung. :twisted:

Meine Erfahrung ist allerdings, dass die Anlehnung nur in dem Maße reduziert werden kann, wie das Pferd bedinungslos vorwärts geht, wobei sich das Vorwärts nicht als ein Eilen, sondern als ein vermehrtes Untertreten bemerkbar macht, was schließlich die Versammlung kennzeichnet.

Ein Pferd, welches vollkommen und bedingungslos den Signalen des Reiters folgt und das bereits sein Gleichgewicht unter dem Reiter sowie den geforderten Takt und Schwung gefunden hat, wird nur sehr wenig Anlehnung benötigen. Ohne Anlehnung wird man dieses Ziel jedoch nie erreichen.

Auch ein Oliveira hat sich nicht auf ein junges Pferd gesetzt und es nur mit Gewichtshilfen ausgebildet. Allerdings sollte die gesamte Ausbildung stets daraufhin ausgerichtet sein, die Hilfengebung d.h. die Kommunikationsmittel zu verfeinern und damit auch die Anlehnung soweit zu reduzieren, wie es möglich ist, ohne dass das Pferd Schwung und Takt verliert. Es ist völliger Unsinn eine grundsätzliche Regel aufzustellen, die das Maß der Anlehnung für alle Ausbildungssituationen festlegt.

Wer seinem Pferd schon in der Grundausbildung die Anlehnung verweigert, hat das Prinzip der klassischen Ausbildung nicht im Ansatz verstanden. Das Pferd muss unter dem Reiter ein neues Gleichgewicht finden. Dabei soll Schwung und Takt erhalten bleiben. Dazu benötigt es insbesondere eine richtig dosierte Anlehnung. Das ist auch der Grund warum die Richter diesem Aspekt soviel Aufmerksamkeit schenken.

Wenn man durchhängende Zügel sieht (gerade bei blanken Kandaren) muss man sehr kritisch prüfen, ob dies wirklich Ausdruck von Leichtheit ist, oder das Pferd vielmehr Angst vor der Hand hat, sich im Rücken festhält oder jeden Schwung und Takt verloren hat.

Richter haben es nur selten mit den großen Meistern zu tun. Sie richten den normalen Dressurreiter, der seinem Pferd in aller Regel sehr wohl etwas Anlehnung bieten muss, damit es im klassischen Sinne korrekt unter dem Reiter geht. Das Fehlen von Anlehnung ist fast immer ein Zeichen, dass der Reiter sein Pferd nicht an den Hilfen hat. In den Fällen, wo der durchhängende Zügel ein Zeichen wahrer Reikunst ist, wird es sicher auch nicht getadelt. Solche Fälle wird ein Richter aber in seinem Leben nur äußerst selten zu sehen bekommen.

Auch im großen Dressursport sieht man immer wieder ein kurzes Aufgeben der Anlehnung z.B. in der Piaffe oder der Pirouette, aber bevor man dorthin gelangt, ist es ein sehr weiter Weg.

Ich glaube es ist ein völlig falscher Ansatz, wenn jeder von uns glaubt, er/sie sei ein großer Reitmeister und könne durch Gedankenübertragung ein junges Pferd ausbilden. In der Reiterei wird man im Gegenteil immer wieder feststellen, wie unzureichend die eigenen Fähigkeiten sind. Wir sollten etwas realistisch in der Einschätzung unserer eigenen Fähigkeiten sein und das Ergebnis unserer Bemühungen immer kritisch beobachten.
Die Ausbildung eines Dressurpferdes ist zunächst einmal 99% Grundlagenarbeit.

Das Fehlen von Anlehnung kann sehr viele Ursachen haben, der Meisterreiter in Vollendung ist wohl in höchstens 1 von 100.000 Fällen der Grund. In allen anderen Fällen ist es schlicht schlechte Reiterei oder falsches Verständnis von klassischer Dressur. :wink:

Trotz alledem: Wer sein Pferd schwungvoll und taktrein vorwärts reitet, sollte stets bemüht sein, die Anlehnung dabei soweit wie möglich zu reduzieren und vielleicht auch einmal phasenweise aufzugeben. Das Aufgeben der Anlehnung ist nichts anderes, als die Überprüfung, ob die Anlehnung zuvor korrekt war und das Pferd sich unter dem Reiter im Gleichgewicht befindet. :wink:
Viele Grüße
Steffen, Gavilan & Duende
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pepe
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Beitrag von pepe »

..Du, Steffen, liest Barbier?? Das find ich aber schön! Hätt ich nicht gedacht.... 8)

Ich hatte gestern früh im Kurs bei RH zum ersten Mal das Gefühl der Freiheit auf Ehrenwort bei Tempowechseln im Außengalopp. Wir hatten schon immer mal wieder solche Augenblicke zu Hause, aber eher in ruhigen, konzentrierten Momenten, ohne das verlangte "Tschacka" dieser Lektion. Eigentlich arbeiteten wir an vorbereitenden Übungen für den fliegenden Wechsel. Und dann wars da: Zulegen und sich auffangen lassen am Kreuz und am Bein, Rücken gewölbt, Zügel waren nur zur Zierde.
Leider nur eine lange Seite und eine kurze...Traumhaftes Gefühl.
Zuletzt geändert von pepe am Di, 03. Okt 2006 09:28, insgesamt 1-mal geändert.
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moreno
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Beitrag von moreno »

Hallo pepe,

na, da gratuliere ich aber sehr heftig. Decarpentry, der dieses Wort geprägt hat, sieht darin auch nur eine Freiheit für einige Tritte. Wer dieses beglückende Reiten nie gefühlt hat, kann darüber kein Urteil abgeben. Für mein Reitverständnis ist er nie geritten.

Gavilan, möchten Sie sich nicht endlich mal mit den Grundlagen (z.B. Decarpentry, Beudant, Kerbrech, L`Hotte, u.s.w) beschaftigen, bevor Sie empfehlen und urteilen? Ihre persönliche Meinung dazu kennen wir aus anderen Foren seit Jahren ja zur Genüge. Ihre reiterlichen Fähigkeiten konnte ich vor wenigen Tagen auf einem Video bewundern.

Es ist für den aufmerksamen Leser schon drollig, wie Sie seit einiger Zeit versuchen die Kurve zu kriegen. Wirkt allerdings eher wie ein Glas Wasser in der Kurve.

Schöne Grüße,

Dörr
Reiten sie ihr Pferd glücklich. (N. Oliveira)
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stromboli20
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Re: Die große Frage nach der Anlehnung...

Beitrag von stromboli20 »

Zitat Steffen:
Meine Erfahrung ist allerdings, dass die Anlehnung nur in dem Maße reduziert werden kann, wie das Pferd bedinungslos vorwärts geht, wobei sich das Vorwärts nicht als ein Eilen, sondern als ein vermehrtes Untertreten bemerkbar macht, was schließlich die Versammlung kennzeichnet.

Ein Pferd, welches vollkommen und bedingungslos den Signalen des Reiters folgt und das bereits sein Gleichgewicht unter dem Reiter sowie den geforderten Takt und Schwung gefunden hat, wird nur sehr wenig Anlehnung benötigen. Ohne Anlehnung wird man dieses Ziel jedoch nie erreichen.

Auch im großen Dressursport sieht man immer wieder ein kurzes Aufgeben der Anlehnung z.B. in der Piaffe oder der Pirouette, aber bevor man dorthin gelangt, ist es ein sehr weiter Weg.
Für mich hat eine Anlehnung nicht zwingend etwas mit den Kg in der Hand zu tun. Meiner Meinung nach kann ein Pferd am losen Zügel eine hervorragende Anlehnung zeigen und ein Pferd am zum zerreissen Gespannten Zügel überhaupt keine Anlehnung haben. So kommt man zu dem Thema - wie definiere ich Anlehnung. Für mich ist ein Pferd in perfekter Anlehung ein Pferd, dass sich losgelassen vom Reiter in nur jede gewünschte Form bringen lässt unabhängig vom Zug am Zügel. Ich bin bei weitem nicht so belesen und erfahren wie andere User hier im Forum, also schreibe ich hier nur meine Vorstellung nieder ohne groß irgendwas zu zitieren
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Steffen
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Beitrag von Steffen »

@ moreno: über Ihre reiterlichen "Künste" sind mir auch schon einige sehr drollige Berichte zu Ohren gekommen :D . Ich finde es völlig albern, wie Sie hier den Großmeister makieren.

Ich bin ein Freizeitreiter, der - wie viele andere seine Erfahrungen mit anderen austauscht. Allerdings habe ich wohl genug reiterliche Erfahrung um nicht ihr albernes Guru-Gewäsch bedingungslos nachzuplappern.

Leider haben Sie sich offensichtlich nie die Mühe gemacht, meine Beiträge einmal verstehen zu wollen. Ich brauche keine Kurve zu kriegen,sondern vertrete hier seit Jahren immer den gleichen Standpunkt. Schade, dass Sie jede gute Diskussion durch persönliche Angriffe gegen jeden, der nicht Ihr großtuersches Ego befriedigt kaputt machen.

@ pepe: natürlich lese ich Barbier. Ich kann in seinen Erläuterungen auch nichts finden, was meinem Verständnis von gutem Reiten widerspricht.


Im Gegensatz zu morenos albernen Unterstellungen gibt es hier niemanden, der nicht Leichtheit beim Reiten anstrebt. Aber statt nur große Sprüche zu klopfen, halte ich es für sinnvoller, konstruktiv gemeinsam darüber nachzudenken, wie man dies erreicht.

Dies war das erste und letze Mal, dass ich auf diese albernen persönlichen Angriffe von moreno ragiert habe. Scjön wäre es ja, man könnte so etwas für die Zukunft einfach lassen lieber moreno. Sie halten sich doch selbst für so unglaublich gebildet, dann sollten Sie eigentlich auch gelernt haben, sachlich zu argumentieren. :wink:

@ stromboli: dem würde ich gar nicht widersprechen. Das Maß der Anlehnung ist von der jeweiligen Situation (Ausbildungsstand/Alter des Pferdes, Lektion, etc...) abhängig. Daher ist es ja auch so ein Unsinn zu behaupen, man dürfe immer nur das "Gewicht der Zügel" spüren.
Viele Grüße
Steffen, Gavilan & Duende
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stromboli20
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Beitrag von stromboli20 »

Wir sind alle "nur" Freizeitreiter... Insofern hat Steffen sicher recht. ICh hab übrigens auch von Dominique Barbier "Perfekt Dressurreiten" zuhause und bin sehr angetan von diesem schönen Werk.
Ich werde z.B. immer mit meinem Halsring belächelt und jetzt ist die Frage - schafft man auch mit Halsring eine Anlehnung. Für mich ist das machbar - das hängt aber wiederum von der Definition "Anlehnung" ab...
Z.B. hier zwei Fotos... ist das eine Anlehnung oder nicht ??:
http://www.haflinger-schauprogramme.de/ ... 2006/9.jpg
http://www.haflinger-schauprogramme.de/ ... /neu21.jpg
Wir sollten wieder zu Bea`s Ursprüngliche Frage zurückkommen:
"Meine Fragen nun an euch: Wie spürt ihr, wie viel Anlehnung in einem Moment gerade gut ist? (Mein Pferd fühlte sich wohl, das habe ich schon gespürt - aber für mich stimmte es eben nicht.) Was ist für euch "viel" oder "wenig" Anlehnung? Welche Rolle spielt die Anlehnung überhaupt für die Führung des Pferdes (zumal man ja bedenken muss, dass es auch durch den Sitz geführt wird)? Wie könnte ich üben, eine konstante, aber weiche Anlehnung herzustellen? "
Strombo zeigt mir sehr genau, was ihm taugt - er reagiert sofort auf unpassende Zügelhilfen mit Unmut. Ich fühle mich auch mit weniger Zügelkontakt wohler - mein Pferd allerdings auch - im gegensatz zu unserer Traki-Stute. Ich glaube, üben kann man eine konstante Anlehnung nur, wenn einem jemand zusieht und korrigiert oder theoretisch am Boden, z.B. durch einen Kleiderbügel mit zwei Fäden. Ich glaube, rein anatomisch ist eine wirklich konstante Anlehnung gar nicht möglich - der Mensch und das Pferd bewegen sich - eine leichte Unruhe wird immer vorhanden sein...[/url]
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chica
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Beitrag von chica »

Ich bitte unsere beiden Kampfhähne, mit fachlicher Kompetenz zu brillieren und nicht mit persönlichen Angriffen! Bitte in einem angemessenen und sachlichen Ton weiterdiskutieren - danke.
LG Ines
................................................
"Die Kritik an anderen hat noch keinem die eigene Leistung erspart."
(Noël Pierce Coward)
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Re: Die große Frage nach der Anlehnung...

Beitrag von Janina »

Ja, ja und da heißt es immer, wir Damen seien zickig :P
Zum Thema:
Ich gehöre auch zu denen, die tendenziell lieber zu wenig als zu viel am Zügel haben. Dennoch geht es natürlich ohne Kontakt (ich mag einfach das Wort "Anlehnung" nicht), auch mal etwas deutlicheren, nicht oder wenn, dann nur um einiges schwerer (und mal ehrlich, wem tut man dann damit einen Gefallen?)...
Das große Problem ist doch, dass einem niemand sagen kann wann wieviel Kontakt richtig und nötig ist - außer dem jeweiligen Pferd!
Ich habe ja schon ein paar Ausbilder durch :? und natürlich wollte es jeder irgendwie anders. Der eine sagt gar nichts dazu, der andere möchte mehr Kontakt, der andere weniger und die besseren richten sich nach der situationsbedingten Notwendigkeit :wink:
Bei PK durfte ich eigentl. so reiten, wie ich es von mir aus mache, dennoch gibt es auch Situationen, in denen er mehr Zügelkontakt fordert, einfach weil das Pferd das in dem Moment braucht. Und bis jetzt hat mir mein Pferd sehr verlässlich gezeigt, ob´s passend war oder nicht.
Normal halte ich eine weiche Verbindung, wobei weder ich noch mein Pferd aus allen Wolken fallen, wenn dann die Zügel auch mal leicht durchhängen. Ich finde, so lange das Pferd entspannt in der gewünschten Position läuft, ist das doch absolut okay.
Ganz schlimm fand ich es letztens auf einem Lehrgang eines FN-Richters (es tut mir fast leid, dieses Klischee bedienen zu müssen). Permanent wurde mehr Hand gefordert. Ich bin wie immer ohne Riemchen geritten (wofür es natürlich gleich einen "Rüffel" gab) und das Pferd meines Vaters, das sehr angenehm im Maul ist und leicht nachgibt, fing an zu sperren. Das habe ich bei diesem Pferd noch nie erlebt. Der Kommentar des Lehrers: "Ja, siehst du, DESHALB solltest du mit Nasenriemen reiten." :roll: Ich habe ihm nach der Stunde gesagt, dass ich der Meinung bin, dass da mein Handeinsatz zu stark war, aber darauf hat er sich nicht eingelassen (von wegen Richtlinien und so), er meinte, das müsse so sein (keine Angst, war ein nettes Gespräch, kein Streit :) ). Ich habe den Lehrgang abgebrochen, weil ich mich damit nicht arrangieren konnte und wollte...
Neindorff z. B. wollte ja auch Zügelkontakt, aber hätte ich meinem Pferd so im Maul gehangen, dass es ganz offensichtlich versucht, dem Schmerz auszuweichen, hätte er mich oder jeden beliebigen anderen vom Pferd geholt (übrigens hatte er nicht im Geringsten etwas dagegen, dass ich ohne Nasenriemen ritt :D )
So, lange "Rede", kurzer Sinn: Die Frage nach der richtigen Art und Dosierung der "Anlehnung" kann von uns nicht beantwortet werden, man kann nur versuchen, immer wieder zu fühlen, zu vergleichen und vor allem auf sein Pferd zu achten. Na, und wenn das Pferd entsprechend ausgebildet wird, kommt es dann auch mal nur mit Halsriemen oder ganz ohne alles klar. Aber das ist ja eigentl. auch nix Neues...
Wünsche euch allen eine gute Nacht und liebe Grüße,
Janina
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Steffen
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Beitrag von Steffen »

@ stromboli: die Fotos finde ich sehr beeindruckend. Ich weiß nicht, wie weit man in der Ausbildung kommt, wenn man auf bestimmte Hilfen wie z.B. die Einwirkung über die Hand ganz verzichtet. Mich würde auch interessieren, wie der Ausbildungsweg bis zu diesen Fotos war. Ging es wirklich ganz ohne Anlehnung?

Nach meinem Verständnis geht es beim Dressurreiten um zwei Dinge:

1. Der Reiter muss das Pferd unter dem Sattel in ein neues Gleichgewicht bringen und dieses dann in den verschiedenen Lektionen erhalten.

2. Das Pferd muss bestimmte Lektionen verschiedener Schwierigkeit auf Wunsch des Reiters auszühren.

Um dies zu erreichen, benötigt der Reiter ein Kommunikationssystem - die Hilfen. Ziel ist es, dieses System im Laufe der Ausbildung soweit wie möglich zu verfeinern, ohne dass darunter die Qualität der Bewegung leidet. DAS IST LEIDER SCHWIERIG. Diejenigen von uns, die keine Großmeister der Reitkunst sind (wohl so ziemlich alle) - werden sich auf Kompromisse einlassen müssen. Dabei gibt es 2 Wege. Entweder man versucht, die Hilfen von vorneherein minimal zu halten und hofft trotzdem, die Qualität der Bewegung zu erreichen, oder man arbeitet erst an der Qualität der Bewegung und verfeinert dann die Kommunikation. Vermutlich ist es so ähnlich wie die Frage was zuerst kommt, das Huhn oder das Ei.

Ich habe nie eine FN-Ausbildung genossen, sondern bin ursprünglich Buschreiter. Dann habe ich mich sehr intensiv mit der Anfang der 90er aufkommenden sog. Barockreiterei beschäftigt. Außerdem habe ich über die Reiterei Freundschaft mit einigen portugiesisichen Berufsreitern geschlossen und mich sehr intensiv über die verschiedenen Reitweisen in Portugal und Deutschland ausgetauscht. In dieser Zeit habe ich 2 spanische Hengste mit Unterstützung verschiedener Reitlehrer ausgebildet.

Dabei habe ich festgestellt, dass sehr viele Ausbilder der Barockreiterei zwar theoretisch sehr eindrucksvoll erklären können und man auch sehr schnell das tolle Gefühl hat, man "kann" Seitengänge, Pirouetten und Piaffen reiten, aber wenn man sich genauer überprüfen läßt, stellt man fest, dass die Lektionen nicht reell erarbeitet sind. Insbesondere im Bereich Schwung und Takt zeigen sich doch eine Menge Probleme. Wenn dann mal ein Pferd auftaucht, dass die gleichen Lektionen wirklich beherrscht, sieht man schnell den Unterschied.

Die Ursache dieser Probleme liegt meiner Auffassung nach darin, dass man aus falschem Verständnis auf die klassischen Hilfen verzichtet. Dadurch stimmt die Basisarbeit nicht. Das Pferd schwingt nicht über den Rücken, weil es nie gelernt hat, den Schwung über eine aktive Hinterhand nach vorne zu entwickeln. Dazu ist zunächst etwas Anlehnung erforderlich. Erst, wenn dass Pferd die Bewegung schwungvoll und taktrein ausführt, kann man die Hilfengebung - Anlehnung über den Zügel, das Bein und den Sitz - immer weiter reduzieren. So verstehe ich auch Oliveira und genau so beschreibt es auch Barbier.

Falsch ist es sicherlich, wenn man über die Anlehnung etwas erzwingen will. Genau so falsch ist es, wenn man mit irgendwelchen Tricks versucht, die Basisarbeit zu umgehen oder zu verkürzen. Die Frage ist, wie überwindet man Widerstände, die sich in der Ausbildung immer mal wieder zeigen können? Da ist sicher der Ansatz richtig, wieder einen Schritt zurück zu gehen. Aber das ist keine neue Idee der Barockreiter, sondern wird genau so auch in der klassischen Lehre gefordert. Der Sport und vor allem falscher Ehrgeiz hat dazu geführt, dass man oft unschöne und schlicht falsche Ausbildung sieht. Schon immer hat man versucht, Widerstände mit der Brechstange zu lösen. Ich halte es aber für fatal, wenn man daraus den Schluss zieht, man solle nun auf die so wichtige Hilfe der Anlehnung gleich ganz verzichten.

Mit dem Aussetzen der Hilfen (Hand und Bein) meint Oliveira nichts anderes als das Überprüfen der Kommunikation. Keinesfalls meint er aber, dass man auf die zur Verfügung stehenden Kommunikationsmittel von vorneherein verzichten soll. Das hier in Deutschland teilweise verbreitete Verständnis der Lehren Oliveiras wird von allen portugiesischen Berufsreitern, die ich kenne, als großes Mißverständnis bewertet. Solange ein Pferd die Unterstützung durch die Anlehnung benötigt, um Schwung zu entwickeln und sein neues Gleichgewicht unter dem Reiter zu finden, sollte man dem Pferd auch die erforderliche Hilfe bieten, immer mit dem Ziel, dass Pferd dann wieder möglichst selbständig arbeiten zu lassen. Nichts anderes verlangt auch die klassische Dressurlehre.
Viele Grüße
Steffen, Gavilan & Duende
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Beitrag von stromboli20 »

Steffen hat geschrieben:@ stromboli: die Fotos finde ich sehr beeindruckend. Ich weiß nicht, wie weit man in der Ausbildung kommt, wenn man auf bestimmte Hilfen wie z.B. die Einwirkung über die Hand ganz verzichtet. Mich würde auch interessieren, wie der Ausbildungsweg bis zu diesen Fotos war. Ging es wirklich ganz ohne Anlehnung?
Der Ausbildungsweg von Stromboli war eine mehr oder weniger klassische Dressurausbildung. Da ich Schulter- und Armprobleme rechts habe, musste ich mir Alternativen ausdenken - denn viel Anlehnung tun mir einfach weh. Also hat Stromboli gelernt, auf Schenkelhilfen im Genick nachzugeben. Sicherlich wird er auf diese Art nie so versammelt sein, wie ein gezäumtes Pferd, dennoch habe ich erstaunlich große Einwirkung auf mein Pferd - auch in schwierigeren Lektionen. Zur Korrektur reite ich auch ganz normal mit Sattel und Zaum. Aber ich muss zugeben - auch wenn wir vielleicht am Halsring nicht die perfekte Versammlung erreichen - dann ist es doch die Art und Weise zu reiten, die uns am meisten Spass macht und es ist ein tolles Gefühl, eine Pirouette zu reiten ohne irgendwas in der Hand zu haben. ICh kann Halsringreiten nur jedem einmal empfehlen - denn erst ohne Zügel merkt man, wie sehr man wirklich an dem Hilfsmittel hängt - das ist für jeden Reiter interessant. Für mich ist Anlehnung nicht zwingend mit Zügeln verbunden - auch wenn sie in der AUsbildung sicher eine Rolle spielen. Ich verlasse mich einfach auf mein Gefühl. Jedes Pferd reagiert anders auf Hilfsmittel, wie Zügel.
http://www.haflinger-schauprogramme.de/ ... 004/10.jpg
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Steffen
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Beitrag von Steffen »

stromboli20 hat geschrieben: Ich kann Halsringreiten nur jedem einmal empfehlen - denn erst ohne Zügel merkt man, wie sehr man wirklich an dem Hilfsmittel hängt - das ist für jeden Reiter interessant.
... das glaube ich ganz bestimmt. Man muss als Reiter lernen die Anlehnung nicht als Stütze oder Halt für den Reiter zu benutzen, sondern als Begrenzung für das Pferd.

Ich halte es auch für sehr wichtig, dass es die treibenden Hilfen sind, die ein Nachgeben im Genick veranlassen und nicht die Zügel. Das Pferd soll ja von hinten nach vorn geritten werden. Als Überprüfung finde ich es toll, wenn man in der Lage ist, das Pferd auch mal ohne Anlehnung oder über die sehr geringe Anlehnung am Halsring zu reiten.
Um ein Pferd aber in der Ausbildung voran zu bringen, glaube ich schon, dass die Begrenzung nach vorn eine ganz nützliche Hilfe ist. Spätestens, wenn man mit den Serienwechseln anfängt, merkt man wie wichtig es ist, dass die Anlehnung 100%ig stimmt.

Du beschreibst das tolle Gefühl, dass Du z.B. in der Pirouette ohne Anlehnung hast. Ich hatte ja auch bereits oben geschrieben, dass gerade die Pirouette und die Piaffe sich hierfür anbieten.

Würdest Du mir denn zustimmen, dass alle Hilfen, also auch die Anlehnung über das Gebiss, oder sagen wir eine Begrenzung nach vorn, die den von der Hinterhand entwickelten Schwung auffängt, für die Ausbildung unverzichtbar sind?
Viele Grüße
Steffen, Gavilan & Duende
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Beitrag von Jen »

Steffen hat geschrieben: Würdest Du mir denn zustimmen, dass alle Hilfen, also auch die Anlehnung über das Gebiss, oder sagen wir eine Begrenzung nach vorn, die den von der Hinterhand entwickelten Schwung auffängt, für die Ausbildung unverzichtbar sind?
Das verstehe ich jetzt nicht. Warum soll der Schwung denn aufgefangen werden? Das impliziert für mich irgendwie, dass der Schwung von dort nicht mehr weitergeht. Für mich ist der Zügelkontakt, die Hilfe, den Kopf und die Schultern des Pferdes zu positionieren, solange man diese nicht über den Sitz und die Kontrolle der HH positionieren kann. Ansonsten wird er möglichst frei gelassen, so dass die Bewegung des Pferdes ungestört durch den Körper hindurch kann. Und das kann sie doch, kann ein Pferd doch in freier Natur die schönsten Bewegungen entfalten, wenn es ungestört ist. "Braucht" das Pferd die Anlehnung wirklich, um sich so bewegen zu können, wie wir es wünschen?

übrigens zum "springenden" Zügel noch etwas: für den schwingenden Zügel ist es von Vorteil, wenn der Zügel etwas schwerer ist (zb. Vaquero-Zügel), als ein normaler dünner Kandarenzügel, da man so besser mit dem Gewicht des Zügels arbeiten kann und der Zügel nicht anfängt zu "flattern".
Liebe Grüesslis, Jen
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